BVwG W215 2168834-1

BVwGW215 2168834-131.8.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W215.2168834.1.00

 

Spruch:

W215 2108235-1/18E

 

W215 2109415-1/14E

 

W215 2168834-1/6E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerden von 1) XXXX , 2) XXXX und 3) XXXX , geb. 1) XXXX ,

2) XXXX und 3) XXXX , Staatsangehörigkeit Republik Tadschikistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1) vom 22.05.2015, Zahl 1027262706-14856614, 2) vom 18.06.2015, Zahl 1072148710-150615989, und 3) vom 02.08.2017, Zahl 1159721407-170851628, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

A)

 

Die Beschwerden werden jeweils gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG,

 

§ 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, und § 55 FPG, in der Fassung BGBl I Nr. 68/2013, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz des Spruchpunktes III. der zu 1) und

2) erlassenen Bescheide wie folgt lautet:

 

"Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, nicht erteilt."

 

B)

 

Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz,

 

BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

1. Die Erstbeschwerdeführerin (beschwerdeführende Partei 1, in Folge: P1) heiratete den als Asylwerber in Österreich aufhältigen tadschikischen Staatsangehörigen Herrn XXXX , dessen Beschwerdesache in dieser Gerichtsabteilung unter der Zahl W215 1428011-2 anhängig ist und ebenfalls mit Erkenntnis vom heutigen Tage entschieden wird. P1 und Herr XXXX sind die Eltern des in Österreich geborenen Zweitbeschwerdeführers (P2) und der ebenfalls in Österreich geborenen Drittbeschwerdeführerin (P3).

 

P1 reiste problemlos, legal mit ihrem tadschikischen Auslandsreisepass aus ihrem Herkunftsstaat aus, legal mit einem deutschen Schengenvisum nach Österreich ein und stellte erst, einige Tage nach dessen Ablauf, am 06.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

In ihrer am selben Tag durchgeführten Erstbefragung gab P1 zu ihren Fluchtgründen an, dass sie seit 2007 als XXXX gearbeitet habe und im Laufe der Jahre mehrmals ein älterer Mann mit einem größeren Vermögen in die XXXX gekommen sei. Die Bodyguards des Mannes hätten P1 mitgeteilt, dass sie der reiche Mann heiraten wolle, dies hätte sie aber nicht gewollt. Sie habe in der Zwischenzeit in den Jahren 2010 bis 2011 einen jungen Mann kennen gelernt und sie hätten sich verliebt. Er heiße XXXX , geb. XXXX , und sei angeblich 2011 nach Österreich gereist. Er habe P1 mehrmals angerufen und mitgeteilt, dass sie zu ihm nach Österreich kommen solle, was sie nun auch getan habe.

 

Aufgrund des von der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Visums richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für P1 ein Aufnahmeersuchen gemäß

 

Art. 12 Abs. 4 Dublin III-VO an die deutsche Dublin-Behörde, dem diese fristgerecht zustimmte.

 

Im Hinblick auf ihre beabsichtigte Außerlandesbringung in die Bundesrepublik Deutschland wurde P1 am 21.11.2014 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt. Dabei legte sie ihren Mutter-Kind-Pass vor und gab an, zurzeit an Schwangerschaftsbeschwerden zu leiden. Sie habe im XXXX in einer Moschee in Österreich traditionell geheiratet und wolle so bald wie möglich auch standesamtlich heiraten. Sie wolle nicht nach Deutschland, da sie dort niemanden habe. Das deutsche Visum habe P1 lediglich benötigt, um nach Österreich zu dem Mann zu gelangen, den sie mittlerweile in Österreich nach moslemischem Ritus geheiratet habe.

 

Am 18.12.2014 wurde P1 ergänzend niederschriftlich befragt. Dabei gab sie im Wesentlichen an, ihren nunmehrigen Lebensgefährten 2010 über das Internet kennengelernt und regelmäßig über Skype Kontakt gehabt zu haben, das erste Mal getroffen habe sie ihn aber erst in Österreich. Seit P1 in Österreich sei, hätten sie zwei oder dreimal telefoniert und dieser Mann habe ihr gesagt, dass er sich jetzt in Österreich befinde und sie gerne nachkommen könne. Ihre Heimat habe P1 verlassen, weil ein einflussreicher Kunde jener XXXX , in der P1 gearbeitet habe, sie habe heiraten wollen. P1 habe keinen Ausweg mehr gesehen, als ihr Heimatland zu verlassen.

 

Am selben Tag wurde der Lebensgefährte von P1 gesondert als Zeuge niederschriftlich befragt. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass P1 "seine Frau" sei, er habe sie 2010 über das Internet kennengelernt. Persönlich habe er P1 zum ersten Mal in XXXX gesehen. Da P1 in XXXX untergebracht sei, könne er sie nur am Wochenende abholen und die Wochenenden mit ihr verbringen.

 

Nach Ablauf der Überstellungsfrist am 25.04.2015 wurde das Verfahren von P1 in Österreich zugelassen.

 

Am 11.05.2015 wurde P1 neuerlich niederschriftlich zu ihren persönlichen Verhältnissen und Fluchtgründen befragt. Zu Ihrem Gesundheitszustand gab sie an, dass sie schwanger sei, es ihr aber gut gehe. Der Geburtstermin sei XXXX . Im XXXX werde sie ihren Lebensgefährten standesamtlich heiraten. Befragt nach ihren Lebensumständen in der Republik Tadschikistan führte P1 aus, von XXXX die XXXX und von XXXX die XXXX in XXXX besucht zu haben. Nach ihrem Studium im Jahre XXXX habe sie in einer XXXX gearbeitet. Sie habe die XXXX gemacht und sei als XXXX tätig gewesen, sie habe gut verdient und keine wirtschaftlichen Probleme gehabt. In der Republik Tadschikistan würden ihre Eltern, ein Bruder, drei Schwestern und ihre Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen leben. Ihr Vater sei Eigentümer eines Hauses und eines Autos, ihre Schwester und ihre Mutter würden jeweils eine Eigentumswohnung besitzen. P1 habe im Elternhaus gelebt, dort seien derzeit ihre Eltern und eine Schwester wohnhaft.

 

Zu ihren Fluchtgründen führte P1 aus, dass sie Anfang des Jahres 2014 ein einflussreicher älterer Mann als seine dritte oder vierte Frau habe heiraten wollen. Als sie abgelehnt habe, sei sie mit Vergewaltigung oder Entführung bedroht worden. Er hätte abwechselnd mit seinen Bodyguards jeden Tag vor der XXXX auf P1 gewartet und das schwarze Auto habe P1 jedes Mal bis nach Hause verfolgt. Seine Bodyguards hätten ein paar Mal versucht P1 zu verfolgen und sie an den Armen angegriffen, aber P1 habe jedes Mal flüchten können. Ihr Vater sei einige Male von den Bodyguards geschlagen worden und habe öfters Anzeige erstattet, aber es habe nichts gebracht. Im Frühling 2014 sei P1 in Begleitung ihrer Eltern von diesem Mann angesprochen worden und er habe ihren Eltern gesagt, dass er die Eltern umbringen werde, wenn sie P1 nicht freigeben würden. P1 habe immer Angst und Stress gehabt, deshalb habe sie sich entschieden, mit ihrer Mutter ein Touristenvisum zu organisieren und auszureisen. Sie seien nach Europa gereist, weil dieser Mann sie in der näheren Umgebung überall finden würde. An das, was zwischen Frühling 2014 und ihrer Ausreise im Juli 2014 passiert sei, könne sich P1 nicht erinnern.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 22.05.2015, Zahl 1027262706-14856614, den Antrag von P1 auf internationalen Schutz gemäß

 

§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan (Spruchpunkt II.) ab, erteilte gemäß §§ 57 und 55 AsylG einen Aufenthaltstitel aus Berücksichtigungswürdigen Gründen nicht, erließ gemäß

 

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung von P1 nach Tadschikistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und setzte die Frist für ihre freiwillige Ausreise gemäß

 

§ 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt III.).

 

Nach der Geburt ihres Sohnes P2 stellte P1 für ihn am 02.06.2015, als dessen gesetzliche Vertreterin, einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei keine eigenen Fluchtgründe bzw. Rückkehrbefürchtungen geltend gemacht wurden.

 

Am 03.06.2015 erhob P1 gegen den Bescheid vom 22.05.2015, Zahl 1027262706-14856614, fristgerecht gegenständliche Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass sie ihr Heimatland aufgrund wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung durch Privatpersonen und mangelnder Schutzwilligkeit bzw. -fähigkeit der tadschikischen Sicherheitsbehörden verlassen habe. Bei ihrem Verfolger handle es sich um einen einflussreichen Mann, der sie überall in Tadschikistan aufspüren könne, sodass eine Rückkehr nicht in Betracht komme. Zumindest sei ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, da bei einer Rückkehr eine Verletzung von Art. 3 EMRK überaus wahrscheinlich sei. Des Weiteren hätte die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärte werden müssen, da sich der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin in Österreich aufhalte und auch dessen Eltern hier den Status von subsidiär Schutzberechtigten hätten. Zudem sei in Österreich ihr Kind und das ihres Lebensgefährten zur Welt gekommen.

 

2. Die Beschwerdevorlage vom P1 vom 08.06.2015 langte am 10.06.2015 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

 

Mit Bescheid vom 18.06.2015, Zahl 1072148710-150615989, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag von P2 auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan (Spruchpunkt II.) ab, erteilte gemäß §§ 57 und 55 AsylG einen Aufenthaltstitel aus Berücksichtigungswürdigen Gründen nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung von P2 nach Tadschikistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und setzte die Frist für seine freiwillige Ausreise gemäß

 

§ 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt III.).

 

Am 24.06.2015 erhob P1 für P2 Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.06.2015, Zahl 1072148710-150615989.

 

3. Die Beschwerdevorlage von P2 vom 24.06.2015 langte am 29.06.2015 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

 

Am XXXX erfolgte die standesamtliche Eheschließung der Beschwerdeführerin mit dem Vater ihres Sohnes, dem in Österreich als Asylwerber aufhältigen tadschikischen Staatsangehörigen XXXX .

 

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 06.02.2017 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen P1 und ihr Ehegatten. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich bereits in der Beschwerdevorlage für die Verhandlung entschuldigt. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. P1 verzichteten auf Einsichtnahme und Ausfolgung.

 

Nach der Geburt ihrer Tochter P3 stellte P1 für diese am 20.07.2017, als gesetzliche Vertreterin, einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei keine eigenen Fluchtgründe bzw. Rückkehrbefürchtungen geltend gemacht wurden.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 02.08.2017, Zahl 1159721407-170851628, den Antrag von P3 auf internationalen Schutz gemäß

 

§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan (Spruchpunkt II.) ab, erteilte gemäß § 57 AsylG einen Aufenthaltstitel aus Berücksichtigungswürdigen Gründen nicht, erließ gemäß

 

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung von P3 nach Tadschikistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und setzte die Frist für ihre freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt III.).

 

Am 22.08.2017 erhob P1 für P3 fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.08.2017, Zahl 1159721407-170851628.

 

4. Die Beschwerdevorlage von P3 vom 24.08.2017 langte am 25.08.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

 

Mit Schreiben vom 30.04.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht P1 und ihrem Ehegatten in dessen Verfahren aktuelle Länderfeststellungen zur Republik Tadschikistan und ersuchte sie um Stellungnahme zu ihrer aktuellen persönlichen und familiären Situation in Österreich.

 

In einer Stellungnahme vom 14.05.2018 erstatteten P1 und ihr Ehegatte Angaben zu ihrer Integration in Österreich legten ein Konvolut an Unterlagen vor (darunter mehrere Empfehlungsschreiben, Deutschkursbestätigungen, eine Bestätigung einer XXXX für den Ehegatten von P1, Einkommensnachweise des Bruders und des Vaters des Ehegatten von P1 und zwei Schreiben von P1 und ihrem Ehegatten).

 

Am 20.06.2018 wurde ein Unterstützungsschreiben für P1 in Vorlage gebracht, wonach Frau XXXX P1 bei der Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse unterstützt.

 

Am heutigen Tag wurde eine Kopie eines Sprachzertifikates in Vorlage gebracht, wonach P1 am 11.07.2018 eine Sprachprüfung A2 Deutsch bestanden hat und ein XXXX Ambulanzbericht vom XXXX wonach bei P2 eine XXXX durchgeführt wurde.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

1. Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Republik Tadschikistan, gehören der Volksgruppe der Tadschiken an und sind moslemischen Glaubens. Die Muttersprache der Beschwerdeführer ist Tadschikisch, P1 spricht darüber hinaus auch Russisch. P1 hat den in Österreich als Asylwerber aufhältigen tadschikischen Staatsangehörigen Herrn XXXX , nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes, im Jahr XXXX standesamtlich geheiratet. Beide sind die Eltern der in Österreich (nach)geborenen P2 und P3. Das Beschwerdeverfahren des Ehegatten von P1 und Vaters von P2 und P3 ist beim Bundesverwaltungsgericht angängig und sein Verfahren wird mit Erkenntnis vom heutigem Tag, Zahl W215 1428011-2/14E, inhaltsgleich entschieden.

 

P1 lernte bereits im Jahr 2010 Herrn XXXX , einen Staatsangehörigen der Republik Tadschikistan kennen, der rechtmäßig mit einem Schengenvisum in das österreichische Bundesgebiet einreiste und am 13.11.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. P1 hielt jahrelang über das Internet Kontakt zu Herrn XXXX und dieser forderte P1 auf, zu ihm nach Österreich zu kommen, um hier mit ihm gemeinsam zu leben. P1 reiste schließlich im Jahr 2014 problemlos, legal, gemeinsam mit ihrer Mutter aus ihrem Herkunftsstaat aus und legal mit Schengen-Visa in das österreichische Bundesgebiet ein. Ihre Mutter kehrte vor Ablauf des Visums in die Republik Tadschikistan zurück, P1 blieb im Bundesgebiet und stellte einige Tage nach dem Ablauf des Visums, somit erst während ihres illegalen Aufenthaltes im Bundesgebiet, am 06.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Für P2 und P3 stellte P1 nach deren Geburten in Österreich Anträge auf internationalen Schutz.

 

2. Das Vorbringen von P1 zu den Gründen für ihre Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat ist nicht glaubhaft. Es kann nicht festgestellt werden, dass P1 in der Republik Tadschikistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war oder P1 bis P3 sein werden.

 

3. In den gegenständlichen Verfahren können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die gesunden Beschwerdeführer im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik Tadschikistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würden.

 

P1 hat in ihrem Herkunftsstaat XXXX studiert und als XXXX in einer XXXX gearbeitet. Die Eltern, drei Schwestern und ein Bruder von P1 leben ebenso wie mehrere Tanten, Onkeln, Cousinen und Cousins in der Republik Tadschikistan. Der Vater von P1 ist dort Eigentümer eines Hauses und eines Autos, ihre Schwester und ihre Mutter besitzen jeweils eine Eigentumswohnung. P1 lebte bis zu ihrer Ausreise im Elternhaus und es ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer zumindest für die Anfangszeit bei ihren Eltern oder ihren übrigen Familienangehörigen Unterkunft finden können.

 

Der Ehegatte von P1 hat XXXX Klassen Schule absolviert, XXXX Jahre XXXX an der Universität studiert und ist gelernter XXXX . Er konnte seinen Lebensunterhalt in der Republik Tadschikistan als XXXX durch den Verkauf von XXXX finanzieren. In der Republik Tadschikistan lebt noch eine Schwester des Ehegatten von P1. Weiters können P1 bis P3 und der Ehegatte von P1 bzw. Vater von P2 und P3 sich von dessen Bruder und Vater, die sie auch im österreichischen Bundesgebiet finanziell unterstützen, Geldleistungen zukommen lassen.

 

Die Existenz von P1 bis P3 ist somit im Falle ihrer Rückkehr durch Erwerbstätigkeit von P1 und ihres Ehegatten bzw. Vater von P2 und P3 gesichert. Beide verfügen über Berufserfahrung und hatten vor ihrer Ausreise keine wirtschaftlichen Probleme. Zudem verfügen sie über ein soziales Netz in der Republik Tadschikistan.

 

4. Nicht festgestellt werden kann eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration der Beschwerdeführer in Österreich.

 

Die unbescholtene P1 hält sich seit ihrem Antrag auf internationalen Schutz am 06.08.2014 durchgehend in Österreich auf, verfügte aber nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens und musste sich somit ihres unsicheren Aufenthaltes bewusst sein. P2 und P3 wurden im Bundesgebiet geboren und befinden sich in einem anpassungsfähigen Alter.

 

In Österreich halten sich neben dem Ehegatten von P1 dessen Eltern, dessen Bruder, eine volljährige Schwester mit deren Familie und weitere Verwandte des Ehegatten auf. Die Beschwerdeführer leben mit dem Ehegatten von P1 sowie dessen Eltern und dessen Bruder gemeinsam in deren Wohnung. Zwischen den Beschwerdeführern und den Familienangehörigen des Ehegatten von P1 kann kein besonders Abhängigkeitsverhältnis festgestellt werden. Die Beschwerdeführer sind in die Grundversorgung einbezogen und werden zusätzlich vom Vater und vom Bruder des Ehegatten von P1 finanziell unterstützt.

 

P1 hat am 25.04.2018 das A1-Sprachdiplom und am 11.07.2018 das A2-Sprachdiplom Deutsch abgelegt und besucht derzeit gemeinsam mit ihrem Ehegatten regelmäßig ein Sprachcafé. In der mündlichen Verhandlung konnte sie an sie gestellte Fragen größtenteils verstehen und gebrochen auf Deutsch beantworten. P2 besucht regelmäßig eine Kindergruppe.

 

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" kamen nicht hervor.

 

5. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer wird festgestellt:

 

Allgemein

 

Tadschikistan hatte im Juli 2017 mehr als 8,4 Millionen Einwohner und ist über. 144 000 Quadratkilometer groß (CIA Factbook 20.04.2018).

 

Die Republik Tadschikistan hat eine Bevölkerung von 8,75 Millionen (hochgerechnet 2017) und ist ein Tadschikistan ist ein Binnenstaat im Süden Zentralasiens mit einer West-Ost-Ausdehnung von 700 km und von Nord nach Süd erstreckt es sich über 350 km. Seine Fläche wird allerorten mit 143.100 km² angegeben (muss eigentlich 142.100 km² lauten, da 2002 Tadschikistan vertraglich 1.000 km² im Pamir an China abgetreten hat, das im Gegenzug auf weitere 28.000 km² Gebietsansprüche verzichtete; das zugehörige Protokoll wurde Januar 2011 vom Tadschikischen Parlament ratifiziert). Dies entspricht etwas mehr als einem Drittel der Fläche Deutschlands. - Tadschikistan grenzt im Westen und Norden an Usbekistan (ca. 1330 km), im Norden an Kirgisistan (ca. 980 km), im Osten an China (ca. 520 km), und im Süden an Afghanistan (ca. 1340 km [LIP Überblick März 2018]).

 

Nach der Unabhängigkeit von der UdSSR am 09.09.1991 wuchsen die Spannungen zwischen der kommunistischen Regierung unter Präsident Nabiev und oppositionellen Gruppen. In diesem Konflikt entluden sich politischen, religiösen und regionale Gegensätze. Im Zuge der gewaltsamen Eskalation 1992 verlor Nabiev seine Macht. Nach einer kurzen Übergangszeit wurde Emomali Rahmon zuerst Vorsitzender des Obersten Sowjets Tadschikistans (1992), später Staatspräsident (1994). Innertadschikische Gespräche unter russischer und iranischer Vermittlung führten am 17.09.1994 zu einem Waffenstillstand (Dokument von Teheran). Der Bürgerkrieg wurde mit Unterzeichnung des "Allgemeinen Abkommens über Frieden und Nationale Versöhnung in Tadschikistan" durch Präsident Rahmon und Oppositionsführer Nuri am 27.06.1997 in Moskau beendet. Zum Vorsitzenden der mit der Umsetzung der Friedensvereinbarungen beauftragten Nationalen Versöhnungskommission (NVK) wurde der 2006 verstorbene UTO-Chef Nuri gewählt. Zu den wichtigsten Ergebnissen der NVK-Tätigkeit zählen die Rückführung aller tadschikischen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Afghanistan, der Austausch der Kriegsgefangenen und eine Amnestie für bürgerkriegsbedingte Straftaten. Der Opposition wurde eine 30-Prozent-Quote an hohen Regierungsämtern eingeräumt. Nach Aufhebung des Verbots der Parteien und politischen Gruppierungen der UTO am 12.08.1999 konnten sich diese und andere Parteien registrieren und am politischen Leben teilnehmen. Seit der 2006 erfolgten Entlassung des damaligen Katastrophenschutzministers Mirzo Ziyoyev wurden prominente Regierungsämter nicht mehr mit Politikern der Opposition besetzt. Die Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans (PIWT), ehemals Teil der Vereinigten Tadschikischen Opposition, wird der Unterstützung eines Putschversuchs im September 2015 bezichtigt und wurde auf Grundlage dieses Vorwurfs verboten. Tadschikistan hat ein Zweikammer-Parlament mit einer Legislaturperiode von fünf Jahren. Die Abgeordneten des Unterhauses werden laut Verfassung in gleicher, freier, direkter und geheimer Wahl gewählt. Es gilt ein gemischtes Mehrheits- und Verhältniswahlrecht sowie eine Fünfprozent-Klausel. Die Abgeordneten des Oberhauses werden zum Teil von den Regionen entsandt, zum Teil vom Staatspräsidenten ernannt. Die Präsidentschaftswahlen am 06.11.2013 gewann Staatspräsident Rahmon nach offiziellen Angaben mit 86,6 Prozent der Stimmen; seine derzeitige Amtszeit endet 2020. Am 01.03.2015 fanden Parlamentswahlen statt. Im Mai 2016 wurden in einem Referendum mehrere Verfassungsänderungen angenommen, darunter die Möglichkeit einer lebenslangen Präsidentschaft Rahmons sowie die Senkung des Mindestalters für das Präsidentenamt auf 30 Jahre. Im Januar 2017 übernahm Rustam Emomali, Sohn des Staatspräsidenten, das Bürgermeisteramt der Hauptstadt Duschanbe (AA Innenpolitik März 2018).

 

Die Republik Tadschikistan stellt sich nach außen hin, von ihrer 1994 angenommenen Verfassung her gesehen, als ein eng an westlichen Vorbildern und Werten orientiertes Staatswesen dar - mit Gewaltenteilung, Parlament, Mehrparteiensystem und freien Wahlen, mit Presse-, Meinungs-, und Versammlungsfreiheit... Lediglich die starke, überwiegend in den Händen des Präsidenten konzentrierte Exekutive sticht bei den Regelungen der Verfassung ins Auge. Praktisch gesehen aber kommt den nominell anderen Gewalten und Organen des Staats gegenüber dem autoritären, klientelistischen und patriarchalen Regime, das ganz auf den Präsidenten und seinen mächtigen präsidialen Apparat zentriert ist, keine eigenständige Bedeutung zu. Nicht nur bei der Regierung sondern auch bei der Verwaltung, dem Justizapparat und den Sicherheitsorganen liegt die Besetzung der Schlüsselposten in der Hand des Präsidenten und lässt mithin im Zweifelsfall die nötige Unabhängigkeit - bis hinauf zum Verfassungsgericht - und rechtsstaatliches Handeln einschlägiger Institutionen missen. Die Rolle des Parlaments - Majlisi Oli, das sich seit 1999 in ein Oberhaus (Majlisi Milli) mit ernannten Deputierten und ein alle fünf Jahre neugewähltes Unterhaus (Majlisi Nemoyandagon) teilt - erscheint hinsichtlich seiner legislativen Funktion weitgehend auf die periodische Verabschiedung anderweitig vorgefertigter Gesetzesentwürfe reduziert. Dem Justizapparat mangelt es an Unabhängigkeit. Die formal gegebene Kompetenzenteilung durch die administrative Gliederung in fünf Provinzen (1. die Hauptstadt Duschanbe als eigenständige Einheit innerhalb des Gebiets der 2. von ihr aus verwalteten Bezirke, die der Republik unterstellt sind; 3. Sughd; 4. Chatlon; 5. die Autonome Provinz Berg-Badachschan ), welche sich wiederum in Bezirke (nohija) und jene in Dorfgemeinschaften (dschamoat) untergliedern, verblasst hinter einem allerorten spürbaren Zentralismus (LIP Geschichte und Staat März 2018).

 

(CIA, Central Intelligence Agency, The World Factbook, Tajikistan, last update 24.04.2018,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ti.html

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Überblick, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/ueberblick

 

AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Innenpolitik, Stand März 2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/geschichte-staat )

 

Sicherheitslage

 

Aufgrund von verstärkten und voraussichtlich andauernden Kampfhandlungen im Großraum Faizabad (Afghanische Provinz Badachschan) wird bis auf weiteres von Reisen in den tadschikischen Grenzbezirk Ischkaschim (Autonomer Oblast Gorno Badachshan) abgeraten. Zudem kann es an der Grenze zu Afghanistan vereinzelt zu Schusswechseln zwischen afghanischen Drogenschmugglern und Angehörigen der tadschikischen Grenztruppen und der Drogenkontrollbehörde kommen. Fahrten nahe der Grenze zu Afghanistan sollten nur nach vorheriger Information über die aktuelle Sicherheitslage und unter größtmöglicher Umsicht durchgeführt werden. Es wird dringend davor gewarnt, die unzureichend demarkierte und bisweilen ungesicherte afghanisch-tadschikische Grenze illegal zu überschreiten, um z.B. auf afghanischem Territorium Fotos für Soziale Netzwerke zu erstellen. Darüber hinaus ist es seit Anfang 2014 im Grenzgebiet zwischen Tadschikistan und Kirgisistan wiederholt zu bewaffneten Auseinandersetzungen teilweise mit Todesopfern gekommen. Ausländische Reisende waren zwar nicht betroffen, dennoch sind auch hier Vorsicht und Wachsamkeit geboten. Das Risiko terroristischer Anschläge auch auf westliche Einrichtungen erscheint derzeit weiterhin gering, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Es wird daher weiterhin zur Vorsicht und Wachsamkeit aufgerufen (AA Reise- und Sicherheitshinweise 27.04.2018).

 

Von eigenen nächtlichen Überlandfahrten sollte wegen verbreiteter Erscheinungen grob mangelhafter Verkehrssicherheit abgesehen werden - in ganz besonderem Maße im grenznahen Gebiet zu Afghanistan (Schmuggler und Grenzschutz im Einsatz [LIP Alltag März 2018]).

 

Von Reisen in die unmittelbaren Grenzgebiete zu Usbekistan und Kirgisistan wird abgeraten, es ist Vorsicht und Wachsamkeit geboten. Die Grenze ist stellenweise vermint. An der Grenze zu Afghanistan kommt es vereinzelt zu Schusswechsel zwischen afghanischen Drogenschmugglern, tadschikischen Vertretern der Grenztruppen und der Drogenkontrollbehörde. Fahrten nahe der Grenze zu Afghanistan sollten nur nach vorheriger Information über die aktuelle Sicherheitslage unter größtmöglicher Umsicht durchgeführt werden. Das Risiko terroristischer Anschläge auf westliche Einrichtungen erscheint derzeit gering, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Es wird allgemein zu erhöhter Vorsicht und Wachsamkeit aufgerufen. In den Grenzgebieten zu Usbekistan und Kirgisistan (Masdcho Tal) hielten sich in der Vergangenheit islamistische Gruppierungen mit potenziell terroristischer Ausrichtung auf (BMEIA 27. 04.2018).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Reise- und Sicherheitshinweise, unverändert gültig seit 03.04.2018, Stand 27.04.2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/TadschikistanSicherheit_node.html

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Alltag, letzte Aktualisierung März 2018, https://www.liportal.de/tadschikistan/alltag

 

BMEIA, Österreichisches Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Reiseinformation, Tadschikistan, unverändert gültig seit 09.11.2017, Stand 27.04.2018, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/tadschikistan )

 

Justiz

 

Obgleich das Gesetz eine unabhängige Gerichtsbarkeit vorsieht, übt die Exekutive Druck auf Staatsanwälte, Verteidiger und Richter aus. Korruption und Ineffizienz stellen erhebliche Probleme dar (USDOS 20.04.2018).

 

Die Gerichtsbarkeit in der Republik Tadschikistan ist laut Gesetz zwar unabhängig und organisatorisch abgegrenzt, in der Praxis ist sie jedoch weitgehend der Exekutive untergeordnet. Der Staatspräsident kontrolliert durch sein verfassungsmäßiges Prärogativ die Richter und den Generalstaatsanwalt zu ernennen bzw. zu entlassen die Justiz. Die Gerichte werden in ihrer Spruchpraxis durch die Staatsanwaltschaft beeinflusst. Bezüglich Einfluss und politischer Macht steht die Staatsanwaltschaft über den Gerichten. In politisch heiklen Fällen urteilen die Richter gemäß den Anweisungen mächtiger Beamter der Präsidialverwaltung oder des Geheimdienstes (BTI 2018).

 

Dem Justizapparat mangelt es an Unabhängigkeit. Rechtsstaatlichkeit ist nur sehr bedingt gewährleistet; Repressionen sind zu einem konstanten Wesensmerkmal des Regimes geworden. Korruption, Patronage und Nepotismus genießen unter der Regierung, in Verwaltung und Justiz hohe Verbreitung. Eine überraschende Präsidentenschelte in diese Richtung von Anfang 2012 und damit verbundene Postenumbesetzungen werden an der Situation schwerlich etwas Grundlegendes geändert haben, da Rahmon, seine Familie und Günstlinge selbst als tief in derlei Netzwerke verstrickt gelten (LIP Geschichte und Staat März 2018).

 

(USDOS, U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices for 2017, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper

 

BTI, Bertelsmann Stiftung Transformation Index, Tadschikistan, Country Report 2018,

http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/TJK

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/geschichte-staat )

 

Sicherheitsbehörden

 

Das Innenministerium ist vorrangig für die Erhaltung der Öffentlichen Ordnung zuständig und leitet die Polizei. Die Drogenkontrollbehörde, die Antikorruptionsbehörde und die staatliche Steuerbehörde können spezifischen Straftaten verfolgen und berichten dem Präsidenten. Das Staatskomitee für Nationale Sicherheit (GNKB) ist für den Nachrichtendienst verantwortlich, kontrolliert den Grenzschutz und untersucht Fälle von vermeintlichen extremistischen Aktivitäten im politischen oder religiösen Bereich, Fälle von Menschenschmuggel und politisch sensible Fälle. Die Zollbehörde berichtet direkt dem Präsident. Die Generalstaatsanwaltschaft beaufsichtigt die strafrechtlichen Untersuchungen die von zuständigen Behörden durchgeführt werden. Es kommt zu beträchtlichen Überlappungen bei der Zuständigkeit. Die Vollzugsbehörden unterstehen dem GNKB und sind bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität nicht effizient, da kriminelle Banden über Beziehungen in hohen Regierungskreisen und Sicherheitsbehörden verfügen (USDOS 20.04.2018).

 

Straffreiheit bei Behörden stellt weiterhin ein gravierendes Problem dar. Während Behörden geringe Anstrengungen unternehmen um Straftäter zur Verantwortung zu ziehen, gibt es weiterhin Berichte von Folter und Misshandlungen von Häftlingen. Die Kultur von Straffreiheit und der Korruption behindern die Ermittlungen und die Strafverfolgung (USDOS 20.04.2018).

 

(USDOS, U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices for 2017, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper )

 

Korruption

 

Auf einer Pressekonferenz der Agentur für Finanzkontrolle und den Kampf gegen Korruption wurde am 15.02.2018 bekannt, dass 2017 im Ministerium für Bildung und Wissenschaft die meisten Korruptionsfälle (70) aufgedeckt wurden, gefolgt vom Gesundheitsministerium (60) und dem Innenministerium mit 57 (ZA 122 23.02.2018).

 

Zwei problematische Wirtschaftsfaktoren von unbestimmter Größe stellen seit Jahren Korruption und Drogenhandel dar. 2007 wurden rund 5,2 Tonnen Rauschgift, darunter 2,5 Tonnen Opium und 1,5 Tonnen Heroin konfisziert, 2010 waren es 4 Tonnen Rauschgift, darunter 1 Tonne Heroin, und 2013 wurden nach Angaben der Drogenkontrollagentur Tadschikistans 6,6 Tonnen beschlagnahmt und 2016 3,5 Tonnen. Dies wird auf einen nur geringen Anteil an derjenigen Menge von Drogen geschätzt, die das Land im Transit von Afghanistan her passieren. So wird in einer vom UNODC 2012 vorgelegten Studie angenommen, dass 2010 75-80 Tonnen Heroin und 18-20 Tonnen Opium ihren Weg über Tadschikistan genommen haben. Eine andere, 2014 angefertigte Studie bestätigt diese Ergebnisse und hält zudem fest, dass die Einnahmen aus Drogenhandel sich auf mindestens 30% des BIP belaufen und Tadschikistan hinsichtlich seiner registrierten Drogenkriminalität die niedrigste Rate in Zentralasien aufweist. Transparency International listet Tadschikistan im Corruption Perceptions Index für 2017 auf Platz 161 von 180. Eine 2007 vom UNDP veröffentlichte Studie zur Schattenwirtschaft beziffert den informellen Sektor für 2005 auf 60,93% des BIP (32,98% Steuerhinterziehungen, 14,74% Eigenproduktion und -konsum von Nahrungsmitteln, 13,21% Schwarzarbeit und Tauschgeschäfte), wobei Einkünfte aus kriminellen Aktivitäten bei dieser Studie nicht berücksichtigt wurden. Nach neueren Schätzungen des IWF belief sich 2012 das Volumen der Schattenwirtschaft auf rd. 30% des BIP, also etwa 2 Mrd. US$; allerdings war dann für 2013 schon wieder von über 50% die Rede. Bei der Bewertung des Risikos von Geldwäsche durch den Basel AML Index für 2017 ist Tadschikistan auf Platz 4, also mit an der Spitze unter den dort gelisteten 146 Ländern zu finden. Zur Frage der Korruption im Land hat das Strategische Forschungszentrum unter dem Präsidenten 2006 einen eigenen Survey der öffentlichen Meinung vorgelegt und 2010 dazu eine Nachfolgeuntersuchung durchgeführt. Aus letzterer geht hervor, dass seit 2006 der Anteil korrupter Dienstleistungen von 60% auf 83% gestiegen war, das Risiko in eine Bestechungssituation zu geraten von 31% auf 46%, und Forderungen nach Bestechung waren von 25% auf 40% gewachsen. Als korrupteste Strukturen gelten: die Verkehrspolizei (32,3%), medizinische Einrichtungen (30,6%), Institutionen für Höhere Bildung (23,9%) und die Antikorruptionsbehörde (21,4%). In den letzten Jahren wurde seitens der Tadschikischen Regierung zumindest formal einiges gegen Korruption unternommen. Valide Hinweise auf eine grundlegende Veränderung der Situation liegen aber nicht vor, wie z.B. auch ein OECD-Bericht von 2014 zum Stand der Anti-Korruptionsreformen in Tadschikistan und ein Update dazu von 2016 sowie ein weiteres von Ende 2017 erkennen lassen. Zwar sind angemahnte Veränderungen an der Gesetzeslage vorgenommen worden, aber der Frühjahr 2017 losgetretene Skandal um die Antikorruptionsbehörde wirft etliche praktische Fragen auf (LIP Wirtschaft März 2018).

 

Am 23.01.2017 wurde Sulajmon Sultonsoda neuer Chef der Agentur für den Kampf gegen Korruption, der bis zu seiner Ernennung zum Bürgermeister von Duschanbe in der Vorwoche Rachmons Sohn Rustam Emomali vorgestanden hatte (ZA 110 24.02.2017)

 

Staatliche Verfolgung von Korruption erfolgt fast ausschließlich aus politischen Gründen auf den unteren Ebenen der staatlichen Verwaltung, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Landwirtschaft (BTI 2018). Im Corruption Perceptions Index 2017 von Transparency International liegt Tadschikistan auf Platz 161 von 180 bewerteten Ländern (TI 2017).

 

Das Gesetz sieht Sanktionen nach dem Strafrecht für bestechliche Beamte vor, doch setzt die Regierung dieses Gesetz nicht effektiv um. Beamte sind häufig in korrupte Praktiken verwickelt und kommen ungestraft davon. Korruption kommt im Bildungsministerium systematisch vor. Für die Zulassung zu den prestigeträchtigsten Hochschulen des Landes müssen Studenten tausende Somoni (hunderte Dollar) an Schmiergelder zahlen. Studenten bezahlen oft zusätzlich Bestechungsgelder um gute Prüfungsnoten zu erhalten. Viele Verkehrspolizisten behalten sich Bußgelder, welche für sie Verwaltungsübertretungen eingenommen haben. Das Problem ist verbreitet und zum Teil eine Folge der niedrigen Gehälter der Verkehrspolizei. Viele Verkehrspolizisten sollen selbst Bestechungsgelder für ihre Aufnahme bezahlt haben und versuchen sich auf diese Weise bei motorisierten Verkehrsteilnehmern schadlos zu halten. Das Innenministerium, die Antikorruptionsbehörde und das Büro des Generalstaatsanwalts sind für die Verfolgung, Verhaftung und Anklageerhebung von als korrupt verdächtigen Beamter zuständig. Die Regierung gesteht Probleme mit Korruption ein und unternahm einige Maßnahmen zur Bekämpfung, darunter Beamten unteren Ebenen wegen Annahme von Bestechungsgeldern vor Gericht zu bringen (USDOS 20.04.2018).

 

Am 04.02.2017 berichtet in einem Interview mit dem tadschikischen Dienst von RFE/RL der oberste Auditor der Rechnungskammer, dass sieben Mitarbeiter lokaler Behörden in Bochtar (Gebiet Chatlon), Kanibadam (Gebiet Sogd), Ruschan (Autonomes Gebiet Berg-Badachschan, GBAO) und Kurgan-Tjube (Gebiet Chatlon) wegen des Vorwurfs der missbräuchlichen Verwendung von Haushaltsmitteln entlassen und weitere 200 disziplinarisch zur Verantwortung gezogen wurden (ZA 110 24.02.2017).

 

Zum Nachfolger auf dem machtpolitisch bedeutsamen Bürgermeisterposten ernannte der Präsident seinen eigenen ältesten Sohn Rustam Emomali, einen jungen Mann (er wird Ende 2017 30 Jahre alt), der mit einer zweifelerweckenden Reputation ausgestattet ist, seit 2013 als Leiter der Zollbehörde und seit März 2015 als Chef der Antikorruptionsbehörde fungiert hatte, wobei letztere bemerkenswerterweise unmittelbar danach ihrerseits heftig in die Schusslinie des Präsidenten geraten ist (LIP Geschichte und Staat März 2018).

 

Am 14.06.2017 berichtete der tadschikische Dienst von RFE/RL, dass bereits zwei Wochen zuvor Chursched Dschabborsoda, stellvertretender Leiter einer Abteilung der Generalstaatsanwaltschaft, unter Korruptionsverdacht verhaftet wurde. Am 20.06.2017 meldete der tadschikische Dienst von RFE/RL die Verhaftung eines weiteren hochrangigen Ex-Mitarbeiters der Agentur zur Finanzkontrolle und für den Kampf gegen Korruption. Kosim Saidsoda war in leitender Funktion in der Hauptverwaltung für den Kampf gegen Wirtschaftskriminalität tätig (ZA 114 30.06.2017).

 

Der tadschikische Dienst von RFE/RL berichtete am 22.01.2018, dass als Maßnahme im Kampf gegen Korruption in allen Räumen und Korridoren des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Handel Videokameras installiert wurden (ZA 122 23.02.2018).

 

(ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr.114, 30.06.2017,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen114.pdf

 

BTI, Bertelsmann Stiftung Transformation Index, Tadschikistan, Country Report 2018,

http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/TJK

 

TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2017, Tajikistan, http://www.transparency.org/country/TJK

 

ZA, Zentralasien-Analyse, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 110, 24.02.2017,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen110.pdf

 

USDOS, U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices for 2017, 20.04.2018, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Wirtschaft und Entwicklung, letzte Aktualisierung März 2018, https://www.liportal.de/tadschikistan/wirtschaft-entwicklung

 

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 122, 23.02.2018,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen122.pdf

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/geschichte-staat )

 

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

 

2009 wurde ein "Beauftragter der Regierung für die Wahrung der Menschenrechte" - ein sogenannter Ombudsmann - per Dekret des Präsidenten eingesetzt; seine Wirkungsmöglichkeiten sind jedoch begrenzt (AA Innenpolitik März 2018).

 

Ebenso wie bei den Medien ist das Wirken von tadschikischen NGOs mittlerweile stark reglementiert, zunächst durch eine Novelle des Vereinsrechts, welche u.a. eine Neuregistrierung aller NGOs bis Januar 2008 verlangte, und jüngst (2015) durch eine Verschärfung des Gesetzes, das nun u.a. eine Offenlegung ihrer Finanzierung verlangt. Die Aktivitäten von NGOs sind zumeist - auch im Fall des Eintretens für Pressefreiheit - von außen, durch internationale Organisationen inspiriert und gefördert, so z.B. vom Open Society Institute, das auch in Tadschikistan eine Zweigstelle unterhält, und anderen us-amerikanischen Stiftungen, von UN-Organisationen oder auch von der OSZE, die seit 1994 mit einer Langzeitmission (Oktober 2002 in ein OSZE-Zentrum, Juni 2008 in ein OSZE-Büro in Tadschikistan umgewandelt und schließlich Juli 2017 [auf Drängen der Tadschikischen Regierung] zu einem OSZE-Programmbüro in Duschanbe herabgestuft) vor Ort vertreten ist (LIP Geschichte und Staat März 2018).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Innenpolitik, Stand März 2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/geschichte-staat )

 

Menschenrechte

 

Im Vergleich zur Zeit des Bürgerkriegs hatte sich die Menschenrechtslage zunächst verbessert. Tadschikistan hat alle wichtigen Menschenrechtskonventionen der Vereinten Nationen ratifiziert. 2009 wurde ein "Beauftragter der Regierung für die Wahrung der Menschenrechte" - ein sogenannter Ombudsmann - per Dekret des Präsidenten eingesetzt; seine Wirkungsmöglichkeiten sind jedoch begrenzt. Defizite bestehen in den Bereichen Freiheit der Medien, Rechtsstaatlichkeit, Haftbedingungen sowie innerhalb der Streitkräfte. Verhaftungen von Rechtsanwälten und Politikern im Zusammenhang mit oppositionellen Akteuren wie der Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans verstärken die Sorge über Rückschritte. Das Verhältnis zum Islam, dem 98% der tadschikischen Bevölkerung angehören, ist von Kontrollbemühungen der Regierung und dem Zurückdrängen fundamentalistischer Einflüsse gekennzeichnet. Damit wird versucht, dem wachsenden Einfluss radikaler Strömungen entgegenzuwirken. Eine Grundlage bildet das 2009 in Kraft getretene "Gesetz über Gewissensfreiheit und religiöse Organisationen", das von OSZE und EU in vielen Punkten kritisiert wurde (AA Innenpolitik März 2018).

 

Polizei und Sicherheitsbehörden verfolgen Menschenrechtsanwälte und deren Familien (AI 22.02.2018).

 

Die Arbeit der Zivilgesellschaft wird durch selektive Justiz und willkürliche Anwendung bestehender Regularien und Gerichtsurteile in Einzelfällen behindert. Seit dem Jahr 2012 wurde eine rechtlich wirksame Definition der Folter in den Gesetzeskanon aufgenommen, die Strafen für Folter wurden verschärft und inzwischen auch einzelne Fälle vor Gericht gebracht und abgeurteilt. Tadschikistan hatte 2012 den Sonderberichterstatter für Folter sowie den Sonderberichterstatter für das Recht auf Gesundheit der Hochkommissarin für Menschenrechte eingeladen und gewährte ihnen im Rahmen ihrer Besuche weitgehend freien Zugang zu Haftanstalten und anderen geschlossenen Institutionen(AA Innenpolitik März 2018).

 

(AI, Amnesty International, Report 2017/18, The State of the World's Human Rights, Tajikistan, 22.02.2018, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/tajikistan/report-tajikistan

 

AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Innenpolitik, Stand März 2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html )

 

Todesstrafe

 

Tadschikistan hat die Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe kraft Gesetzes mit Rückwirkung zum 30.04.2004 ausgesetzt. Für Frauen ist die Todesstrafe gänzlich abgeschafft (AA Innenpolitik März 2018).

 

(AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Innenpolitik, Stand März 2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Innenpolitik_node.html )

 

Grundversorgung

 

Die volkswirtschaftliche Struktur ist unter anderem geprägt durch die Folgen des Bürgerkriegs, Abwanderung und Arbeitsmigration, die Gebirgslage, geringe fossile Rohstoffvorkommen und eine anhaltend negative Außenhandelsbilanz. Tadschikistan ist der ärmste der fünf zentralasiatischen GUS-Staaten. Nach Angaben der Weltbank lebten 2015 31% der Bevölkerung unterhalb der nationalen Armutsgrenze, 2000 hingegen noch 83%. In wichtigen Feldern wie Korruptionsbekämpfung, Registrierung und Schutz von Privateigentum sowie Wirtschaftsförderung sind weitere Reformschritte nötig. Nach wie vor gibt es keine bedeutende ausländische Direktinvestitionen westlicher Staaten. Auch 2016 ist das BIP (Bruttoinlandsprodukt) in US-Dollar laut Weltbank weiter gesunken, auf 6,95 Mrd. insgesamt und 796 USD pro Kopf. In Landeswährung hingegen lag lt. offiziellen Zahlen ein reales Wachstum von 6,9% vor, ähnliche Werte werden von offiziellen Stellen für 2017 und 2018 erwartet. In den letzten Jahren wurden die Aluminium- und Baumwollproduktion - und damit auch der Export - nicht zuletzt aufgrund deutlich gesunkener Weltmarktpreise stark zurückgefahren. Seit Ende 2014 hat der tadschikische Somoni krisenbedingt deutlich an Wert gegenüber dem US-Dollar verloren. Bis 2016 gingen die Zahl der tadschikischen Gastarbeiter in Russland und Kasachstan und deren Rücküberweisungen stark zurück. Gleichwohl entsprachen sie 2016 laut Internationalem Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD) 29% des BIP (Bruttoinlandsprodukt); einen höheren Wert erzielten weltweit nur Nepal und Liberia. Derzeit reisen wieder mehr Gastarbeiter nach Russland. Die Diversifizierung der heimischen Wirtschaft hat nur punktuell Fortschritte gemacht. Faktoren wie Problemfälle im Bankensektor sich nachteilig auf die ökonomische Entwicklung aus. In den letzten Jahren haben sich einige Länder, vor allem die Volksrepublik China, mit einer Reihe von Infrastruktur-Großprojekten (Energie, Bergbau, Straßenbau) sowie industriellen Investitionen engagiert. Tadschikistan wirbt um Kooperation mit Golfstaaten mit Katar und Saudi-Arabien, die unter anderem Großbauten in der Hauptstadt finanzieren. Verbesserungspotenzial besteht in der Diversifizierung der Wirtschaft und der Stärkung des Bildungssystems sowie des Privatsektors. In den Bereichen Korruptionsprävention, Rechtssicherheit, der Steuerverwaltung und Infrastrukturentwicklung sind weiterhin Fortschritte nötig. Eine positive Entwicklung ist im Agrarbereich zu verzeichnen, wo das Angebot sichtbar gewachsen ist (AA Wirtschaft März 2018).

 

Am 26.06.2017 wurde bekannt, dass die Regierung vor einigen Wochen die Bildung einer Staatsagentur für Ernährungssicherheit beschlossen hat (ZA 115 28.07.2017).

 

Ein Blick auf Wirtschaftsdaten Tadschikistans kann nicht mehr als einer groben Orientierung dienen, da 1) ein erheblicher Anteil der tadschikischen Ökonomie sich in Grauzonen abspielt, 2) die Erhebung von Daten durch die nationale Statistikbehörde - eine wichtige Quelle, auch für die multilateralen Geber - noch auf relativ schwachen Beinen steht, und mithin 3) die Angaben häufig auf Fortschreibungen, Schätzungen und Hochrechnungen basieren und nur selten auf einem aktuellen Stand angeboten werden. Die merkliche Verbesserung der Sicherheitslage im Land auf der einen Seite sowie Folgen des "11. September" 2001 auf der anderen Seite unterstützten, dass Tadschikistan mit der Jahrtausendwende gesamtwirtschaftlich gesehen in eine Phase des Wachstums eintrat. Das anhaltende, im Zuge der internationalen Finanzkrise lediglich vorübergehend gebremste Wirtschaftswachstum mag als Indikator einer gewissen Konsolidierung zu verstehen sein, entbehrt aber weitgehend einer soliden Grundlage. Es ist in erster Linie makroökonomisch begründet und basiert zu einem überaus hohen Prozentsatz auf Arbeitsmigration sowie zwei Exportgütern, die beide in bis heute staatseigenen bzw. -kontrollierten Betrieben hergestellt werden: Aluminium (sorgte lange Zeit für rund die Hälfte der Exporterlöse, wobei aber Tadschikistan selbst über keine abbauwürdigen Bauxitvorkommen verfügt, sondern lediglich über eine riesige Aluminiumschmelze aus sowjetischer Zeit), und Baumwolle (macht rd. 15% der Exporterlöse aus). Die Preise für diese Güter auf dem Weltmarkt sind unbeständig. Die einseitige Zusammensetzung der Exporte setzte sich über die Jahre fort (2015 machen Aluminium noch 30% und Baumwolle 9,8% aus), auch wenn in jüngster Zeit hier eine leichte Diversifizierung und statistisch ein zunehmender Anteil des Dienstleistungssektors am BIP zu konstatieren sind, welche aber hinsichtlich der makroökonomischen Stabilität offenbar keine rechte Wirkung zeigen. Ein Wachstumsfaktor, der seit 2004 unversehens zu erheblicher Bedeutung aufgestiegen ist, sind die Rücktransfers tadschikischer Arbeitsmigranten. Aus der Not der Bevölkerung geboren, hat das Phänomen Arbeitsmigration im Lauf der Jahre gewaltige Dimensionen angenommen. 2008 wurde geschätzt, dass von gut 1,5 Mio. Arbeitsmigranten (98% davon nach Russland) an die 2,5 Mrd. US$ (praktisch die Hälfte des BIP) nach Tadschikistan und dort zu einem guten Teil in privaten Konsum, aber auch kleinere Privatinvestitionen geflossen sind. An diesen Verhältnissen hat sich in den darauf folgenden Jahren zunächst wenig geändert. Für 2011 wurde Tadschikistan mit einem Anteil von 47% am BIP in dieser Relation mit weitem Abstand auf Platz 1 derjenigen Länder der Welt gelistet, die Rücktransfers von Arbeitsmigranten empfangen, und dies mit leicht steigender Tendenz wie jüngere Berechnungen ergaben. Mit 2015 hat sich diese Situation jedoch spürbar gewandelt, da Russland einerseits verschärfte Einreisebestimmungen für tadschikische Arbeitsmigranten eingeführt hat (u.a. Visumspflicht, Sprachtest, Gesundheitscheck) und andererseits durch die Ukrainekrise mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, was sich bereits im letzten Quartal 2014 für Tadschikistan bemerkbar gemacht hat: erste Berechnungen der ADB (Anmerkung: Asian Development Bank) ergaben, dass die Rücktransfers um 8,3% gesunken waren. Für das 1. Halbjahr 2015 meldete die Russische Zentralbank, dass die Überweisungen tadschikischer Arbeitsmigranten um 58,6% gesunken seien, wohingegen die Tadschikische Nationalbank von einem Rückgang von 32% sprach; und schließlich gelangte die Russische Zentralbank zu der Feststellung, dass die Rücktransfers im Gesamtjahr 2015 um 67% auf 1,2 Mrd. US$ gefallen seien. Dahingegen geht die Weltbank für 2015 von einem Rückgang auf 28,8% des BIP aus, also ein Sinken der Transfers auf 2,26 Mrd. US$, und für 2016 auf 26,9%. Laut einem Vertreter der Russischen Regierung soll sich 2016 die Summe der Transfers auf 1,9 Mrd. US$ belaufen haben, was mit einer Schätzung der Weltbank von 1,8 Mrd. korelliert, und nach Angaben der Russischen Zentralbank für 2017 auf 2,5 Mrd. US$ (LIP Wirtschaft März 2018). Nach Angaben des Ministeriums für Arbeit und Migration vom 19.01.2017 haben 2016 517.300 Arbeitsmigranten Tadschikistan verlassen, 437.000 und damit 12% mehr als im Vorjahr sind zurückgekehrt. Am 12.01.2017 senkt die Weltbank ihre Prognose für die Entwicklung des BIP Tadschikistans wegen des voraussichtlichen Rückgangs der Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten für 2017 um 0,3% auf 4,5%, für 2018 sagt das Institut ein BIP-Wachstum von 5,2% voraus (ZA 109 27.01.2017). Nach Angaben der russischen Zentralbank haben tadschikische Arbeitsmigranten 2017 mehr als 2,5 Mrd. US-Dollar in ihre Heimat rücküberwiesen, über 600 Mio. US-Dollar mehr als 2016 (ZA 123 29.03.2018).

 

Auch jenseits der aktuell sich abzeichnenden Krise ist die tadschikische Arbeitsmigration langfristig eher als ein wirtschaftlicher Risikofaktor einzustufen (Abhängigkeit vom russischen Markt; hohe soziale Kosten; fehlender (qualifizierter) lokaler Arbeitsmarkt gepaart mit mangelnden Reformen im Privatsektor machen Tadschikistan für Direktinvestoren unattraktiv... [LIP Wirtschaft März 2018]). Im neuesten Index of Economic Freedom 2018 steht Tadschikistan nahezu unverändert auf Rang 106 (von 180), direkt vor der Russischen Föderation (ZA 122 23.02.2018).

 

Auf dem Gelände des Heizkraftwerkes von Duschanbe wurde am 19.02.2018 die ersten Chargen der insgesamt 10.000 Tonnen Heizöl im Wert von 3,9 Mio. US-Dollar, die Kasachstan Tadschikistan als humanitäre Hilfe zur Verfügung stellt, feierlich übergeben (ZA 123 29.03.2018).

 

Was die Mittel angeht, so hatte die EU für 2011-2013 noch 321 Mio. €

nachgelegt. Davon sollten jährlich 35 Mio. in die Förderung regionaler Kooperation und gutnachbarschaftlicher Beziehungen fließen sowie 72 Mio. in nationale Hilfsprogramme (Armutsreduzierung, gute Regierungsführung, Wirtschaftsreformen). 29% davon (= 20,7 Mio. € p.a.) waren für Tadschikistan vorgesehen. 2012 beschloss die EU an ihrer Zentralasienstrategie unverändert festzuhalten, und ebenso blieb das Monitoring bei seiner Kritik an deren marginaler Wirkung und der problematischen Verknüpfung von eigenen Sicherheitsinteressen mit Entwicklungspolitik. In ihrer Planung für 2014-2020 hält die EU im bislang geübten Rahmen an ihrem Engagement in Tadschikistan fest und hat dafür ein Gesamtbudget von 251 Mio. € (also 35 Mio. pro Jahr) für Programme in den Bereichen Gesundheit (24,8%), Bildung (29,9%), ländliche Entwicklung (43,8%) und sonstige Unterstützungsmaßnahmen (1,5%) eingeplant. Das Monitoring mahnt weiterhin an, sich besser auf ein paar wenige und dafür wirkungsvolle Maßnahmen zu konzentrieren (LIP Geschichte und Staat März 2018).

 

Asia-Plus berichtet am 26.02.2018 unter Berufung auf offizielle Statistiken, dass Tadschikistan 2017 humanitäre Hilfe vom mehr als 73,6 Mio. US-Dollar, und damit fast 18 Mio. US-Dollar mehr als 2016, erhalten hat. Größter Geber war China (32,2 %), gefolgt von Russland

 

(18,65 %). Der deutsche Anteil wird mit 2,7 % angegeben (ZA 123 29.03.2018).

 

Die dennoch bemerkenswert starke Verminderung der Armutsrate - 2012 soll sie bei 36% und 2016 bei 30,3% gelegen haben - ist in hohem Maße auf die Rücktransfers von Arbeitsmigranten und gestiegene Löhne zurückzuführen, nicht aber auf nachhaltiges Wachstum und neue Arbeitsplätze (LIP Wirtschaft März 2018).

 

Mietbarer Wohnraum steht insbesondere in der Hauptstadt Duschanbe (von ca. 200 US$ im Monat an aufwärts) in ausreichender Menge zur Verfügung. Eine Suche über Makler oder ein Anzeigenportal ist möglich - empfehlenswerter ist es jedoch, persönliche Kontakte zu nutzen. Die Mietpreise für Ausländer sind vergleichsweise überhöht. Vorsicht ist bei der Lage, Ausstattung und dem Zustand von Wohnraum angebracht, was insbesondere die Wasser- und Stromversorgung angeht sowie die Frage der Heizmöglichkeiten im Winter. Die Wohnungssuche auf dem Lande kann sich schwierig gestalten. Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs werden in den größeren Städten in genügender Menge und Vielfalt angeboten, wobei westliche Produkte - etwa in Supermärkten der Hauptstadt - recht teuer gehandelt werden. In ländlichen Gebieten ist die Produktvielfalt erheblich reduziert. Die Auswahl und das Angebot an frischen Lebensmitteln auf den Märkten, wo sich insbesondere auch alles für die tadschikische Küche finden lässt, sind saisonalen und/oder Import-Schwankungen unterworfen. Alles in allem aber zählt Duschanbe zu den Orten der Welt mit relativ niedrigen Kosten für die Lebenshaltung (LIP Alltag März 2018).

 

Am 04.05.2017 stellt die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) tadschikischen Kreditinstituten 7 Mio. Euro zur Finanzierung des Baus von Wohnhäusern in ländlichen Siedlungen zur Verfügung. Der entsprechende Vertrag wird von Nematullo Chikmatullosoda, Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Handel, und Kristin Laabs, Direktorin der KfW-Vertretung in Tadschikistan, unterzeichnet (ZA 112-113 26.05.2017).

 

Noch in den 1990er Jahren führte Tadschikistan ein Konzept zur Reformierung des Sozialsystems ein. Im April 2014 publizierte die Weltbank eine umfassende Analyse bezüglich der Effizienz der getroffenen Maßnahmen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einfluss der Sozialbeihilfenprogramme die finanzielle Situation der Menschen und die Nahrungsmittelsicherheit verbessert hat. Auch die Anzahl der arbeitenden Personen ist um 20% gestiegen und die bezahlte und nicht bezahlte Kinderarbeit ist um 25% gefallen. Das größte Problem in Tadschikistan sind die sehr niedrigen sozialen Unterstützungen und das Fehlen eines effektiven sozialen Sicherheitsnetzes. Das Sozialsystem besteht hauptsächlich aus Alters- und Behindertenpensionen und macht nur 0,58% des BIP aus - der geringste Prozentsatz in Europa und Zentralasien. Da zielgerichtete Unterstützungsprogramme für die arme Bevölkerung die Situation verbessern können, werden solche momentan von der Weltbank in Yovon und Istaravshan versuchsweise eingeführt.

 

Familienbeihilfe

 

Bei der Geburt eines Kindes können Eltern eine einmalige Geburtenunterstützung (innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt) und eine monatliche Kinderbeihilfe beantragen. Die einmalige Geburtenunterstützung beträgt 120 TJS für das erste, 80 TJS für das zweite und 40 TJS für das dritte oder weitere Kind. Die monatliche Kinderbeihilfe bis zum Alter von 1/1/2 Jahren, beträgt 40 TJS, wenn wenigstens ein Elternteil berufstätig ist. Laut dem Gesetz zur Sozialversicherung wird Mutterschaftsgeld solange ausgezahlt, wie die Frau in Karenz ist. Das volle Gehalt wird 70 Tage vor und nach der erwarteten Geburt ausbezahlt (86 Tage für schwierige Geburten und 110 Tage bei Mehrlingsgeburten.)

 

Temporäre Arbeitsunfähigkeitsunterstützung

 

Laut dem Gesetz zur Sozialversicherung wird die temporäre Arbeitsunfähigkeitsunterstützung bei arbeitsbedingten Krankheiten oder Verletzungen an arbeitende Personen, die persönliche Fürsorge brauchen oder für Personen mit Krankheiten bedingt durch Arbeitslosigkeit ausbezahlt.

 

100 Prozent des Durchschnittseinkommens werden ausbezahlt an Personen mit:

 

arbeitsbedingten Krankheiten oder Verletzungen

 

acht und mehr Jahren durchgängiger Arbeit

 

drei und mehr Angehörige und Studenten unter 15 bzw. 18 Jahren

 

Teilnehmer am Großen Vaterländischen Krieg

 

Personen die aus radioaktiv kontaminierten Zonen oder ökologisch giftigen Zonen evakuiert wurden, Personen mit Krankheiten der blutbildenden Organe (akute Leukämie), Schilddrüsenadenom und Krebs

 

80 Prozent des Durchschnittseinkommens werden ausbezahlt an Personen mit:

 

Fünf bis acht Jahre durchgängige Arbeit

 

Waisen bis 23 Jahre

 

60 Prozent des Durchschnittseinkommens werden ausbezahlt an Personen mit:

 

Bis zu fünf Jahre durchgängiger Arbeit

 

Ein Arbeitnehmer ist auch anspruchsberechtigt bei einer kurzen Krankheit oder Behinderung durch einen Arbeitsunfall, der vor, während oder nach der Arbeit passiert und sogar im Falle einer Kündigung. Die Unterstützung wird nicht länger als vier Monate gezahlt, im Falle von Tuberkulose nicht länger als ein Jahr. Nach der Zeitspanne für die Krankheitsunterstützung muss die Arbeitsunfähigkeit vom staatlichen medizinischen Dienst festgestellt werden.

 

Pensionssystem

 

Die Sozialversicherung umfasst alle Arbeitnehmer und Selbstständigen. Die Sozialhilfe umfasst Personen, die nicht durch die Sozialversicherung erfasst sind. Eine Alterspension im Zuge der Sozialversicherung gilt für Männer ab 63 Jahre mit mindestens 25 Jahre versicherter Arbeitstätigkeit, für Frauen ab 58 Jahre mit 20 Jahre versicherter Arbeitstätigkeit. Die Anzahl der Jahre für eine volle Alterspension bei Frauen mit fünf Kindern oder mit behinderten Kindern wird reduziert. Eine Mindestpension wird an versicherte Personen mit mindestens fünf Jahren versicherter Arbeitstätigkeit ausgezahlt. Die Höhe beträgt 55 Prozent des Durchschnittseinkommens der letzten zwei Jahre vor der Pensionierung, plus ein Prozent für jedes Jahr der versicherten Arbeitstätigkeit, die über 25 Jahre bei Männer und über 20 Jahre bei Frauen hinausgehen, bis höchstens 80 Prozent. Eine Alterspension im Zuge der Sozialhilfe gilt für Männer ab 65 Jahre und Frauen ab 60 Jahre, die nicht durch die Sozialversicherung erfasst sind. Bezahlt wird 50 Prozent der Mindestpension pro Monat. Eine Behindertenpension im Zuge der Sozialversicherung wird an drei unterschiedliche Gruppen ausgezahlt, je nach Behindertengrad. Gruppe I (Vollinvalidität, unfähig zur Arbeit, braucht ständige Betreuung), Gruppe II (Invalidität, eingeschränkte Arbeitsfähigkeit, braucht zeitweise Betreuung) und Gruppe III (Behinderung und eingeschränkte Arbeitsfähigkeit). Anspruchsberechtigt sind Personen, die während des Militärdienstes invalid wurden, Kinder unter 16 Jahren mit Behinderungen und Personen mit Behinderungen seit der Kindheit. Höhe der Ansprüche:

 

Für Gruppe I zehnmalige Mindestpension,

 

für Gruppe II achtmalig,

 

und für Gruppe III sechsmalig

 

50 Prozent eines Grundbetrages kann monatlich an Angehörige der Gruppe I und II gezahlt werden.

 

Eine Behindertenpension im Zuge der Sozialhilfe wird an Personen bezahlt, die nicht für die Behindertenpension im Zuge der Sozialversicherung anspruchsberechtigt sind, wenn die Behinderung nach der Kindheit passierte oder für Kinder unter 16 Jahren mit Behinderungen. Bezahlt wird mindestens 100 Prozent (Gruppe I) und 50 Prozent (Gruppe II) eines Grundbetrages pro Monat.

 

Eine Hinterbliebenenrente im Zuge der Sozialversicherung und Sozialhilfe wird an die Hinterbliebenen (Witwe und verwaiste Kinder, die vom Toten finanziell abhängig waren) bezahlt, egal ob der Verstorbene versichert war. Bezahlt wird 50% des Einkommens des Verstorbenen, jedoch nicht weniger als 50 Prozent der Mindestpension an jeden berechtigten Hinterbliebenen. Das Minimum ist 104 TJS (IOM 05.2014).

 

Das öffentliche Wohlfahrtssystem ist seit der Unabhängigkeit am Erodieren. Bargeld und Beihilfen für Pensionen, Krankengeld, Arbeitslosigkeit, Behinderung und Mutterschutz sind gesetzlich vorgesehen und werden generell gewährt. Allerdings sind die finanziellen Zuwendungen in den meisten Fällen dermaßen niedrig, dass viele der vulnerablen Gruppen, so wie Pensionisten oder Behinderte von der staatlichen Unterstützung alleine nicht überleben könnten, sondern nur durch zusätzliche private Zuwendungen. Im Jahr 2013 betrug die monatliche Mindestpension ungefähr $ 21, während die Höchstbemessung bei $ 107 lag. Seither wurden die Pensionshöhen im staatlichen Budget erhöht. Eine nicht signifikante Zahl von Arbeitslosen erhält eine Unterstützung, obwohl die Arbeitslosenrate laut Schätzungen der Weltbank zwischen 40 und 50 Prozent beträgt. Nur zwei Prozent des Bruttosozialproduktes werden für das Gesundheitssystem ausgegeben, wovon die Hälfte für die Gehälter und die Erhaltung der Einrichtungen bestimmt sind. Die Rücküberweisungen der Arbeitsemigranten stellen für zwei Drittel der Bevölkerung, insbesondere am Land, ein alternatives Netz der sozialen Sicherheit dar (BTI 2018).

 

Nach Angaben der Agentur für Statistik wurden 2017 in Tadschikistan mehr als 125.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, vor allem in der Landwirtschaft (ZA 122 23.02.2018).

 

Ebenso wie das Gesundheitssystem befindet sich auch die Sozial- und Alterssicherung schon seit langem in einem Prozess fundamentaler Reformen, ohne dass bislang durchschlagende Erfolge zu verzeichnen wären. Etwa in der Frage der Renten, die sich im Übrigen auf einem extrem niedrigen Niveau bewegen (2014 um die 2-3 US$ im Monat), wurde zu deren Sicherung das System einer staatlichen Sozialversicherung eingerichtet. In dieses zahlen aber nur wenige Arbeitnehmer und -geber ein, da über 50% der Erwerbstätigen im informellen Sektor beschäftigt sind und die 100.000de von Arbeitsmigranten ebenfalls keine Beitragszahlungen leisten. Auch im Bereich Behinderung und Rehabilitation liegt trotz erster Verbesserungen der Lage noch vieles im Argen, insbesondere auf dem Lande (LIP Gesellschaft März 2018).

 

(ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 122, 23.02.2018,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen122.pdf

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Wirtschaft und Entwicklung, letzte Aktualisierung März 2018, https://www.liportal.de/tadschikistan/wirtschaft-entwicklung

 

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 112-113, 26.05.2017, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen112-113.pdf

 

AA, Auswärtiges Amt, Tadschikistan, Wirtschaft, Stand März 2018, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Tadschikistan/Wirtschaft_node.html

 

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr.115, 28.07.2017,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen115.pdf

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Geschichte und Staat, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/geschichte-staat

 

IOM, International Organization for Migration, Country Fact Sheet - The Republic of Tajikistan, 05.2014, http://iomvienna.at/sites/default/files/IOM 2014_CFS Tajikistan.pdf

 

BTI, Bertelsmann Stiftung Transformation Index, Tadschikistan, Country Report 2018,

http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/TJK

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Gesellschaft, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/gesellschaft

 

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 109, 27.01.2017,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen109.pdf

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Alltag, letzte Aktualisierung März 2018, https://www.liportal.de/tadschikistan/alltag

 

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 123, 29.03.2018,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen123.pdf )

 

Medizinische Versorgung

 

Die Gesundheits- und Medikamentenversorgung vor Ort entspricht nicht unbedingt aktuellen europäischen Standards. Dennoch ist es natürlich möglich, vor Ort ärztliche Hilfe zu erhalten (LIP Alltag März 2018).

 

Die Einhaltung normaler Hygienemaßnahmen wie häufiges Händewaschen wird dringend empfohlen. Vorsicht ist beim Genuss von Fleischgerichten, rohem Obst und Salaten angeraten, Leitungswasser sollte nicht getrunken werden. Die sanitären und hygienischen Verhältnisse entsprechen nicht dem europäischen Standard (BMEIA 27.04.2018).

 

Tadschikistan ist auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung stark auf fremde Hilfe angewiesen. Die Weltbank, die EU und die WHO sind die Hauptunterstützer. Das Hauptziel der Nationalen Gesundheitsstrategie ist die Verbesserung der Mutter-Kind-Gesundheitsstandards, welche zu einer Verringerung der nach wie vor hohen Sterblichkeitsrate auf diesem Gebiet führen soll. Ein weiteres großes Problem der öffentlichen Gesundheit ist die hohe Rate an Tuberkulosefällen und sexuell übertragenen Infektionskrankheiten. Eine große Anzahl der Tadschiken, insbesondere am Land, leben in extremer Armut und haben kaum Zugang zu sauberem Wasser und Bewässerungswasser. Eine fehlende Abwasserentsorgung, die Verschmutzung durch Tierzuchtfarmen und der generelle Wassermangel führen überdies zum Ausbruch von parasitären Erkrankungen. Das Gesundheitssystem ist in vier Ebenen gegliedert:

auf nationaler-, regionaler-, Bezirks- und Dorfebene. Die Gesundheitsstrategie 2010-2020 ist insbesondere auf die Reorganisation und Restrukturierung der Dienstleistungsanbieter durch Verkleinerung des Spitalsbereichs ausgerichtet, trotzdem bleibt das Spitalsbett-Bevölkerungsverhältnis nach wie vor hoch. Die Bezahlung einer Behandlung im Krankenhaus erfolgt durch den Patienten, sogar dann, wenn die Behandlung eigentlich kostenlos ist. Tadschikistan hat bereits einige Anstrengungen unternommen, um den öffentlichen Gesundheitssektor durch staatliche Initiativen und Programme zu verbessern. Um den Ausbildungsstand des Gesundheitspersonals zu heben, bestehen internationale Austausch- und Ausbildungsprogramme mit den Nachbarstaaten und Geberorganisationen (IOM 05.2014).

 

Ähnlich wie im Bildungsbereich haben zu niedrige Gehälter und ein geringer Haushaltsetat im staatlich geführten Gesundheitssektor zu einer erheblichen Erosion geführt: Missmanagement, Personalmangel, sinkende Qualifikation, fehlende technische Ausstattung, Zerfall bestehender Einrichtungen und hohe Korruption (nach Angaben im zweiten Armutsstrategiepapier [von 2007] sollen 70% der finanziellen Ausstattung des Gesundheitsbereichs aus "inoffiziellen Privatzahlungen" resultieren; EuropeAid geht 2014 noch von 62,5% aus). Besonders stark vom Verfall betroffen ist die medizinische Grundversorgung im ländlichen Raum. Diese Umstände tragen zweifelsohne zu der erhöhten Kindersterblichkeit (u.a. wohl die Folge einer überproportional hohen Anzahl von Hausgeburten) und gesunkenen Lebenserwartung bei, ebenso wie zu einer verstärkten Gefahr der Ausbreitung von Seuchen und Infektionskrankheiten (AIDS ist in Tadschikistan noch kein Faktor von gravierender Bedeutung; bedenklich stimmt allerdings, dass sich die Infizierungsrate in den letzten Jahren vervielfacht hat, wohl nicht zuletzt aufgrund des gewachsenen lokalen Drogenkonsums). Schon seit 1992 ist die WHO vor Ort vertreten und verfolgt in ihrer Zusammenarbeit mit der Regierung gesundheitspolitische Grundfragen wie Stärkung der Kernfunktionen des Gesundheitssystems, Mutter-Kindschutz, Bekämpfung und Prävention von chronischen und Infektionskrankheiten. Auch wenn derzeit sich über 100 Geber in einer Vielzahl von Projekten engagieren, so ist eine grundlegende Gesundheitsreform noch nicht erfolgt. Wie eine Studie des Gesundheitssystems von 2010 zeigt, befand sich eine übergreifende Strategie 2009 noch in Vorbereitung, ein Gesetz zur Pflichtversicherung ist erst 2010 verabschiedet worden (dazu hält ein Survey der Weltbank von 2012 fest, dass nur 0,8% der Bevölkerung in eine Krankenversicherung einzahlen und lediglich 2,5% der über 15-Jährigen über ein Bankkonto verfügen). Der Gesundheitssektor leidet weiterhin unter chronischer Unterfinanzierung, schlechter Qualität und geringer Nutzung. Die Ergebnisse eines 2012 durchgeführten Surveys zur Demographie und Gesundheit lassen kaum, allenfalls geringfügige Verbesserungen des Systems erkennen - ebenso eine Nachfolgeuntersuchung der WHO von 2016. Gegen die medizinische Unterversorgung im ländlichen Raum hatte die WHO 2011 ein Programm zur Entwicklung eines Hausärztewesens aufgelegt, das aber nur sehr langsam voranschreitet. Für eine nach wie vor problematische Situation im Gesundheitswesen sprechen auch erste Ergebnisse von Beratungen mit Projektträgern und Bevölkerungsvertretern über die Vorgehensweise nach Ablauf der Millenium Development Goals-Kampagne 2015. Hierbei schälten sich mit Abstand als prioritär empfunden eine Fortsetzung von Maßnahmen im Rahmen der Sustainable Development Goals 2030 zur Entwicklung der Sektoren Bildung und Gesundheit heraus (LIP Gesellschaft März 2018).

 

Am 26.05.2017 wurde in Chorog (Autonomes Gebiet Berg-Badachschan,GBAO) der Grundstein für ein medizinisches Zentrum der Aga-Khan-Stiftung gelegt, in dem nicht nur Bürger GBAOs, sondern auch aus der afghanischen Provinz Badachschan ärztliche Hilfe bekommen sollen (ZA 114 30.06.2017).

 

(LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Alltag, letzte Aktualisierung März 2018, https://www.liportal.de/tadschikistan/alltag

 

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr.114, 30.06.2017,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen114.pdf

 

IOM, International Organization for Migration, Country Fact Sheet - The Republic of Tajikistan, 05.2014, http://iomvienna.at/sites/default/files/IOM 2014_CFS Tajikistan.pdf

 

LIP, Liportal, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), Tadschikistan, Gesellschaft, letzte Aktualisierung März 2018,

https://www.liportal.de/tadschikistan/gesellschaft

 

BMEIA, Österreichisches Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Reiseinformation, Tadschikistan, unverändert gültig seit 09.11.2017, Stand 27.04.2018, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/tadschikistan )

 

Behandlung nach Rückkehr

 

Arbeitsmigration ist der wichtigste sozioökonomische Push-Faktor. Die Russische Föderation ist das führende Zielland. Tadschikistan registriert den Zu- und Abgang von Personen mittels Migrationskarten, die am Flughafen, an Zugstationen oder Grenzübergängen ausgefüllt werden müssen. Mit November 2013 lebten laut russischer Migrationsbehörde (FMS) mehr als 1.145.713 tadschikische Migranten in der Russischen Föderation. Laut Asian Development Bank überwiesen tadschikische Arbeitsmigranten 2012 Geld im Wert von

 

3,8 Milliarden USD. Das sind ca. 47 Prozent des tadschikischen BIPs. Das wirtschaftliche Wachstum des Landes beruht vor allem auf diesen Geldüberweisungen (IOM 05.2014).

 

IOM führt ein Projekt durch, dass Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten zur Entwicklung der Herkunftsgebiete durch Bildungsmaßnahmen und Investitionen optimieren soll. Darüber hinaus soll die legale Migration durch Informationskampagnen und die Ausbildung von Gemeindemitgliedern sowie lokalen Gruppen hinsichtlich der Arbeitsmigration gefördert werden (IOM). Nach Angaben des Ministeriums für Arbeit und Migration vom 19.01.2017 haben 2016 517.300 Arbeitsmigranten Tadschikistan verlassen, 437.000 und damit 12% mehr als im Vorjahr sind zurückgekehrt (ZA 109 27.01.2017).

 

(IOM, International Organization for Migration, Country Fact Sheet - The Republic of Tajikistan, 05.2014, http://iomvienna.at/sites/default/files/IOM 2014_CFS Tajikistan.pdf

 

IOM, International Organization for Migration, Harnessing Remittances for Development and Promoting Legal Migration in Tajikistan's Rural Areas, ohne Datum, https://www.iom.int/harnessing-remittances-development-and-promoting-legal-migration-tajikistans-rural-areas

 

ZA, Zentralasien Analysen, Deutsche Gesellschaft für Osteuropakunde (DGO), Nr. 109, 27.01.2017,

http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen109.pdf )

 

2. Beweiswürdigung:

 

1. Die Identität von P1 (siehe Feststellungen 1.) konnte aufgrund der Vorlage ihres tadschikischen Reisepasses festgestellt werden, die Identitäten der in Österreich geborenen P2 und P3 stehen aufgrund der festgestellten Identitäten ihrer Eltern fest; es wurden Geburtsurkunden vorgelegt. Dass die Muttersprache der Beschwerdeführer Tadschikisch ist und P1 auch Russisch beherrscht, ergibt sich aus den Angaben von P1 in der Beschwerdeverhandlung. Die Feststellungen zur Eheschließung ergeben sich aus einer vorgelegten Eheschließungsurkunde. Die Feststellung zur problemlosen legalen Ausreise aus der Republik Tadschikistan, der legalen Einreise von P1 ins Bundesgebiet und Asylantragstellung erst nachdem das Schengen-Visum abgelaufen und ihr Aufenthalt in Österreich illegal war, ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem vorgelegten tadschikischen Auslandsreisepass.

 

2. Dass die Beschwerdeführer keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt waren (siehe Feststellungen 2.), ergibt sich aus den nicht glaubhaften Angaben von P1.

 

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen betont, dass die Aussage des Asylwerbers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt und daher der persönliche Eindruck des Asylwerbers für die Bewertung der Glaubwürdigkeit seiner Angaben von Wichtigkeit ist (VwGH 24.06.1999, 98/20/0453; VwGH 25.11.1999, 98/20/0357).

 

P1 brachte zu ihrem Fluchtgrund zusammengefasst vor, dass ein älterer, reicher Mann sie habe heiraten wollen und P1 dies abgelehnt habe, woraufhin er sie und ihre Eltern verfolgt habe.

 

Abgesehen davon, dass der Mann " XXXX " heiße, XXXX Jahre alt und sehr einflussreich sein soll, konnte P1 kaum Angaben zum Verfolger machen. Dies erscheint seltsam, da er bzw. seine Bodyguards ihr täglich gefolgt sind und es sich überdies um einen Kunden der XXXX gehandelt haben soll, in der P1 gearbeitet hat.

 

Weiters fällt auf, dass P1 angegeben hat, dass der Heiratsantrag Anfang 2014 gewesen sein soll, sie jedoch trotz täglichen Auflauerns durch den Mann bzw. seine Bodyguards, mehrmaligen Schlagens ihres Vaters und einer im Frühjahr ausgesprochenen Morddrohung gegenüber ihren Eltern erst im Juli 2014 ausgereist ist, was in Anbetracht der geschilderten Situation einen verhältnismäßig langen Zeitraum darstellt:

 

"...LA: Wo hat er Ihnen den Antrag gemacht?

 

VP: Das war Anfang des Jahres 2014. Er kam in die Bank und machte mir einen Antrag.

 

[...]

 

Nach dem Antrag und meiner Ablehnung wartete er, abwechselnd mit seinen Bodyguards, jeden Tag vor der Bank auf mich. Das schwarze Auto verfolgte mich jedes Mal bis nach Hause. Einige Male wurde mein Vater von den Bodyguards geschlagen.

 

[...]

 

VP Wie gesagt, mein Vater wurde ständig geschlagen. Ich hatte immer Angst und hatte Stress. deshalb bin ich mit meiner Mutter ausgereist.

 

[...]

 

LA: Wie wurden Sie und Ihre Eltern bedroht?

 

VP: Als ich mit meinen Eltern unterwegs war, sprach uns XXXX an und sagte meinen Eltern, dass wenn sie mich nicht freigeben, er sie (Eltern) umbringen würde.

 

LA: Wann war dieser Vorfall?

 

VP: Das war im Frühling 2014.

 

LA: Erzählen Sie bitte weiter!

 

VP: Ich will mich nicht mehr erinnern.

 

LA: Sie sagen, der Vorfall war im Frühling 2014. Sie sind mit Ihrer Mutter und Juli 2014 ausgereist. Was geschah in dieser Zeit?

 

VP: Ich kann mich nicht mehr erinnern.

 

LA: Sie wissen, dass Sie hier heute alles erzählen müssen?

 

VP: Ja das weiß ich..." (niederschriftliche Befragung am 11.05.2015)

 

Es erscheint nicht nachvollziehbar und lebensfremd, dass P1 bei einem derart intensiven Nachstellen noch knapp ein halbes Jahr ihrer bisherigen Routine nachgegangen sein soll und nicht (vor einer Flucht auf einen anderen Kontinent mit einer anderen Kultur und Sprache) den Versuch unternommen hätte, eine alternative und mit einem Verbleib in ihrem Herkunftstaat verbundene Lösung - beispielsweise durch einen Wechsel ihres Arbeitsplatzes oder ihrer Unterkunft - zu finden, um dadurch den Aufdringlichkeiten zu entgehen. Dass P1 keinen Angaben zu dem Zeitraum von mehreren Monaten zwischen dem Vorfall und ihrer Ausreise machen kann, wirkt so als habe P1 die Geschichte bloß auswendig gelernt, aber sich keine Gedanken bezüglich der Details gemacht, die man aber immer dann angeben kann, wenn man etwas tatsächlich erlebt hat.

 

Auch die von P1 geschilderten mehrmaligen erfolglosen Verfolgungen durch Bodyguards ihrer auf ihrem Heimweg von ihrer Arbeit habhaft zu werden bzw. die jedes Mal erfolgreiche Flucht nach deren Angriffen wirkt angesichts des Umstandes, dass P1 eine Frau ist, die sich gegen als Bodyguards ausgebildete Männer wehren hätte müssen, in Verbindung mit deren zahlenmäßiger Überlegenheit und dem Umstand, dass man davon ausgehen könnte, dass nach erfolglosen Versuchen die Taktik der Verfolger verbessert worden wäre, nicht sehr realistisch:

 

"...Als ich von der Arbeit kam, sind mir seine Bodyguards gefolgt. Sie haben ein paar Mal versucht mich zu verfolgen und griffen mich bei den Armen an. Ich konnte aber jedes Mal flüchten..."

(niederschriftliche Befragung am 11.05.2015)

 

Weiters brachte P1 vor, ihr Vater sei nach der Ausreise soweit misshandelt worden, dass er einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall erlitten habe und einen Monat im Krankenhaus gewesen sei. Er habe es aber, da er sein Haus und Arbeit gehabt und nicht gewusst habe, wohin er gehen solle, nicht einmal in Erwägung gezogen, das Land zu verlassen:

 

"...LA: Wie geht es Ihren Eltern? Werden Sie immer noch bedroht?

 

VP: Sie haben nach unserer Ausreise meinen Vater stark geschlagen, dass er einen Herzinfarkt und Schlaganfall erlitt. Er war über einen Monat im Krankenhaus. Sie sagen mir, dass die Bodyguards immer wieder nach mir fragen.

 

[...]

 

LA: Warum sind Ihre Eltern nicht geflüchtet?

 

VP: Weil sie dort alles haben - Haus und Arbeit. Sie wussten auch nicht, wohin sie fahren sollen..." (niederschriftliche Befragung 11.05.2015)

 

Es kann nicht nachvollzogen werden, wieso es dem Vater von P1, der ihrem Vorbringen zufolge auch Adressat der Bedrohungen gewesen sein soll, möglich sein kann, im Herkunftsstaat zu leben, dies P1 aber nicht möglich sein sollte. Weiters erscheint es nicht plausibel, dass die Mutter von P1 - insbesondere angesichts des behaupteten Bedrohungsszenarios - nach Ablauf ihres Touristenvisums wieder den Herkunftsstaat zurückgekehrt ist. Dass die Eltern nicht wüssten, wohin sie fliehen sollten - obwohl ihre Tochter P1 und ihre beiden in Österreich geborenen Enkelkinder, die sie noch nie persönlich getroffen haben - in Österreich leben, kann ebenfalls nicht nachvollzogen werden.

 

P1 hat erst in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptet, dass ihre Eltern die Eigentumswohnung verkauft und eine andere Wohnung weiter weg gefunden hätten, damit sie nicht so oft belästigt würden (Verhandlungsschrift Seite 23), was jedoch nicht glaubhaft ist, denn Distanzen können mit dem Auto jederzeit überwunden werde und entscheiden daher üblicherweise nicht darüber, wie oft man belästigt wird.

 

Schließlich gab P1 in der Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zunächst an, dass sie ihrem nunmehrigen Ehegatten ihre Probleme mit diesem Mann bereits 2011 geschildert habe, als dieser sie angerufen habe und erzählt habe, dass er ausreisen müsse. Zu diesem Zeitpunkt haben aber die Probleme von P1 ihrem Vorbringen zufolge noch gar nicht bestanden:

 

"...LA: Haben Sie Ihrem Freund darüber berichtet, dass Sie verfolgt werden?

 

VP: Nein. Ich habe es ihm erst 2011 erzählt, als er mich anrief und mir sagte dass er ausreisen müsste. Ach nein, das muss 2014 gewesen sein..." (niederschriftliche Befragung am 11.05.2015)

 

Die sofortige Revidierung von P1, wonach es im Jahr 2014 gewesen sein müsse, überzeugt jedenfalls nicht, da P1 den Anruf mit der Ausreise ihres nunmehrigen Ehegatten verknüpfte, die bereits im Jahr 2011 erfolgte; seine Asylantragstellung war am 13.11.2011.

 

In einer Gesamtbetrachtung liegt der Schluss nahe, dass P1 eine Fluchtgeschichte konstruierte, um unter Umgehung der österreichischen Einwanderungsvorschriften zum Zwecke der Eheschließung und Familiengründung mit ihrem nunmehrigen Ehegatten ins Bundesgebiet zu gelangen. So gab P1 bereits in der Erstbefragung an, mehrmals von ihrem nunmehrigen Ehegatten angerufen und aufgefordert worden zu sein, zu ihm nach Österreich zu kommen:

 

"...Ich habe in der Zwischenzeit in den Jahren 2010 bis 2011 einen jungen Mann kennen gelernt und wir haben uns verliebt. Er heißt XXXX , geb. XXXX . Er ist angeblich 2011 nach Österreich gereist. Er hat mich mehrmals angerufen und mitgeteilt, dass ich zu ihm nach Österreich kommen soll, was ich nun auch tat..." (niederschriftliche Befragung am 06.08.2014)

 

Im Hinblick auf die beabsichtigte Außerlandesbringung in die Bundesrepublik Deutschland führte P1 weiters aus:

 

"...Ich habe in Deutschland niemanden. Ich habe lediglich das deutsche Visum benötigt, um nach Österreich zu meinem Mann zu gelangen..." (niederschriftliche Befragung am 21.11.2014)

 

Auch das Verhalten von P1 nach ihrer Einreise ins Bundesgebiet (insbesondere der erst einige Tage nach Ablauf des Visums gestellte Asylantrag, die Heirat nach islamischem Ritus, nicht einmal zwei Wochen nach ihrer Antragstellung und die sehr schnell eingetretene Schwangerschaft, die freiwillige, problemlose Rückkehr ihrer Mutter in die Republik Tadschikistan) legen die Vermutung nahe, dass nicht der Schutz vor Verfolgung der ausschlaggebende Grund für die Reise von P1 nach Österreich war.

 

Das Bundesverwaltungsgericht geht, in Übereinstimmung mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung, davon aus, dass P1 keiner wie immer gearteten Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat ausgesetzt war. P1 ist es aufgrund ihres wenig konkreten und nicht nachvollziehbaren Fluchtvorbringens nicht gelungen, individuelle und konkrete Verfolgungsgründe glaubhaft zu machen, weil sie nicht in der Lage war, das Szenario, das zu ihrer Ausreise geführt haben soll, glaubhaft darzustellen.

 

3. Die Feststellungen, dass die Beschwerdeführer gesund sind (siehe Feststellungen 3.), ergeben sich aus den Angaben im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, der Beschwerdeverhandlung und der schriftlichen Stellungnahme vom 14.05.2018. P1 hat im Verfahren angegeben, dass alle Beschwerdeführer gesund sind. Am heutigen Tag wurde ein XXXX vom

XXXX vorgelegt, wonach bei P2 eine XXXX durchgeführt wurde bei Verdacht auf XXXX , laut diesem Bericht wurden aber kein XXXX festgestellt und ausgeführt, dass der dreisprachig/trilingual erzogene P2, dessen Muttersprache Tadschikisch ist, kaum Deutsch spricht.

 

Dass die Beschwerdeführer im Herkunftsstaat von Obdachlosigkeit oder existentieller Gefahr betroffen sind, muss nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht befürchtet werden. P1 gab sowohl vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht übereinstimmend an, in ihrem Herkunftsstaat XXXX studiert und bis zur Ausreise in einer XXXX als XXXX gearbeitet zu haben. Auch der Ehegatte von P1, ein gelernter XXXX , konnte seinen Lebensunterhalt bis zur Ausreise aus der Republik Tadschikistan als XXXX durch den Verkauf von XXXX finanzieren und beschrieb seine dortige finanzielle Situation als gut. P1 hat deren Angaben in den gegenständlichen Verfahren zufolge viele Familienangehörige in der Republik Tadschikistan, die sie im Falle ihrer Rückkehr unterstützen könnten. Außerdem werden sie im österreichischen Bundesgebiet von Vater und vom Bruder des Ehegatten von P1 finanziell unterstützt, diese können P1 und ihren Ehegatten im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat auch dort finanzielle Unterstützungen zukommen lassen; siehe dazu auch unten rechtliche Beurteilung zu Spruchpunkt II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

4. Die Feststellungen, dass die Beschwerdeführer in Österreich auf keine ausreichend ausgeprägten und verfestigten individuellen integrativen Anknüpfungspunkte hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens verweisen können (siehe Feststellungen 4.), gründet sich auf den Umstand, dass Gegenteiliges im Verfahren nicht hervorgekommen ist. Die Feststellungen zur Einbeziehung in die Grundversorgung ergeben sich aus einem aktuellen Speicherauszug des Betreuungsinformationssystems, die Feststellung zur zusätzlichen finanziellen Unterstützung durch Vater und Bruder des Ehegatten von P1 ergeben sich aus den Angaben ihres Ehegatten vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dem Bundesverwaltungsgericht und der schriftlichen Stellungnahme vom 14.05.2018. Von den bei P1 vorhandenen Deutschkenntnissen konnte sich das Bundesverwaltungsgericht in der Beschwerdeverhandlung überzeugen und werden diese durch das vorgelegte

 

A1-Deutschzertifikat und die Kopie eines A2- Deutschzertifikates belegt. Die Feststellung zur Unbescholtenheit traf das Bundesverwaltungsgericht nach Einsichtnahme in einen aktuellen Strafregisterauszug. Die Feststellungen zur Wohnsituation der Beschwerdeführer ergeben sich aus den Angaben von P1 und ihrem Ehegatten vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, dem Bundesverwaltungsgericht, dem in der Beschwerdeverhandlung vorgelegten Mietvertrag, der schriftlichen Stellungnahme vom 14.05.2018 sowie einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister; siehe dazu auch unten rechtliche Beurteilung zu Spruchpunkt III. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

 

5. Die Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer (siehe Feststellungen 5.) beruhen auf dem in der Beschwerdeverhandlung dargetanen Dokumentationsmaterial und etwas aktuelleren Berichten derselben Quellen. Die Parteien des Beschwerdeverfahrens haben keinen Einwand gegen die Heranziehung dieser Informationsquellen (deren Inhalt sich seit der Beschwerdeverhandlung nicht entscheidungswesentlich geändert hat) erhoben. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen hauptsächlich von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen. Die inhaltlich übereinstimmenden Länderberichte befassen sich mit der aktuellen Lage in der Republik Tadschikistan und die verwendeten Feststellungen wurden P1 und ihrem Ehegatten mit Parteiengehör des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.04.2018 vorab übermittelt.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

 

Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), regelt dieses Bundesgesetz das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

 

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

 

Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt

 

(§ 58 Abs. 2 VwGVG).

 

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG).

 

Zu A)

 

Zu Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

 

In Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm

 

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

 

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; VwGH 19.04.2001, 99/20/0273).

 

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG).

 

Für P2 und P3 wurden keinen Fluchtgründe vorgebracht. Da die Angaben von P1 zu den Gründen, weshalb sie ihren Herkunftsstaat verlassen haben soll, unglaubwürdig waren, erübrigt sich die Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Herkunftsstaat.

 

P1 konnte in ihren Asylverfahren weder eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende maßgebliche Gefahr asylrelevanter Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat glaubhaft machen, noch waren von Amts wegen Anhaltspunkte für eine solche ableitbar, weshalb die Beschwerden gegen die Spruchpunkte I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abzuweisen waren.

 

Zu Spruchpunkt II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

 

In Spruchpunkt II. der Bescheide wurde jeweils der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigen einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

 

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden (§ 8 Abs. 2 AsylG).

 

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

 

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulation gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573).

 

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Gemäß § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG).

 

Gemäß § 124 Abs. 2 FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) verwiesen wird, die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes an deren Stelle.

 

Der Fremde hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall seiner Abschiebung in den von seinen Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG 1997 glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 02.08.2000, 98/21/0461, VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011).

 

Das Vorbringen von P1 zu sämtlichen angeblichen Ausreisegründen war als unglaubwürdig zu werten (siehe Beweiswürdigung 2.) und es bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit der Beschwerdeführer aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, vorliegt.

 

§ 50 Abs. 1 FPG verweist auf Art. 2 oder 3 EMRK. Gemäß Art. 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG 1997 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.1997, 98/21/0427).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Beschluss vom 22.11.2017, Ra 2017/19/0482, ausgeführt, dass die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 MRK eine Einzelfallprüfung voraussetzt, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 MRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0063, mit weiteren Nachweisen).

 

Vor dem Hintergrund der genannten Erkenntnisquellen und den darauf basierenden Feststellungen finden sich weder Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 50 Abs. 1 FPG ausgesetzt sind, noch das "außergewöhnliche Umstände" der Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat entgegenstünden. Es lässt sich nicht ersehen, dass es den Beschwerdeführern in der Republik Tadschikistan an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde.

 

Weder aus den Angaben von P1 noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat in Widerspruch zu Art. 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443).

 

Im eben zitierten Erkenntnis des VwGH wird die maßgebliche Judikatur des EGMR dargestellt. Vor dem Hintergrund dieser Judikatur kommt es unter dem hier interessierenden Aspekt darauf an, ob die Abschiebung die betreffende Person in eine "unmenschliche Lage" versetzen würde.

 

Das Vorbringen von P1 bezüglich sämtlicher Ausreisegründe war unglaubwürdig. Es ist somit nicht zu befürchten, dass P1 bis P3 in ihrem Herkunftsstaat Angst vor Verfolgung haben müssen. P1 war bis zur Ausreise in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sie wird daher im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wieder dazu in der Lage sein, zumal sie nicht alleine, sondern gemeinsam mit dem Vater ihrer Kinder zurückkehrt, der ebenso wie P1 gesund und im erwerbsfähigen Alter ist. Dass die P1 bis P3 Hunger leiden müssten, hat sich im Verfahren nicht ergeben. Die Eltern, drei Schwestern und ein Bruder von P1 leben ebenso wie Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins nach wie vor in der Republik Tadschikistan. Weiters ist noch eine Schwester des Ehegatten von P1 bzw. Vaters von P2 und P3 in der Republik Tadschikistan aufhältig. P1 bis P3 haben somit nach wie vor ein familiäres Netzwerk bzw. zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte in der Republik Tadschikistan, wo P1 nicht weniger als XXXX Jahre lang gelebt hat.

 

Es ist nicht davon auszugehen, dass den Beschwerdeführern im Falle ihrer Rückkehr in die Republik Tadschikistan eine extrem schlechte wirtschaftliche Lage und "außergewöhnliche Umstände" wie etwa Hungertod, unzureichende medizinische Versorgung, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens droht.

 

Für die Republik Tadschikistan kann auch unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen nicht festgestellt werden, dass in diesem Staat eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat als unrechtmäßig erscheinen ließe.

 

Irgendein besonderes "real risk", dass es durch die Rückführung der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe gekommen wäre, kann nicht erkannt werden, außergewöhnliche Umstände im Sinne der Judikatur des EGMR, die gegen eine Abschiebung in die Republik Tadschikistan gesprochen hätten, sind nicht erkennbar.

 

Im Ergebnis war daher auch der Ausspruch in Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide zu bestätigen und die Beschwerden gegen Spruchpunkt II. abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt III. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

 

In Spruchpunkt III. der Bescheide wurden gemäß § 57 (bzw. bei P1 und P2 auch § 55) AsylG Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß

 

§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Tadschikistan gemäß § 46 FPG zulässig ist. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

 

1. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

 

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

 

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

 

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

 

Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

 

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

 

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (§ 58 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012).

 

Wie bereits zu Spruchpunkt I. und II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ausgeführt wurde, wurden die Anträge auf internationalen Schutz gemäß

 

§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG und in Spruchpunkt II. jeweils der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen, weshalb das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, von Amts wegen zu prüfen hatte.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist zutreffender Weise davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, nicht vorliegen, weil der Aufenthalt der Beschwerdeführer weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 145/2017, geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch die Beschwerdeführer Opfer von Gewalt gemäß § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wurden.

 

2. Gemäß § 10 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

 

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

 

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

 

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

 

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

 

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

 

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

 

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

 

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

 

Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist (§ 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017).

 

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG).

 

Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ist der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre. (§ 9 Abs. 3 BFA-VG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 70/2015).

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

 

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt. Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen. Als Kriterium hiefür kommt etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht (vgl. EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979).

 

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. EGMR 8.3.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

 

Im Erkenntnis vom 26.06.2007, Zahl 2007/01/0479, hat der Verwaltungsgerichtshof - unter Hinweis auf das Erkenntnis des VfGH vom 17. März 2005, VfSlg. 17.516, und die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fremdensachen - darauf hingewiesen, dass auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen ist, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (VwGH 17.02.2007, 2006/01/0216).

 

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei sind Beginn, Dauer und Rechtsmäßigkeit des Aufenthalts, wobei bezüglich der Dauer vom EGMR keine fixen zeitlichen Vorgaben gemacht werden, zu berücksichtigen. Bei der Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der tatsächlichen beruflichen Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit bzw. bei strafrechtlichen Verurteilungen auch die Schwere der Delikte und die Perspektive einer Besserung/Resozialisierung des Betroffenen bzw. die durch die Aufenthaltsbeendigung erzielbare Abwehr neuerlicher Tatbegehungen, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen (vgl. VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 26.06.2007, 2007/01/479; 26.01.2006, 2002/20/0423; 17.12.2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention2, 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005, S. 282ff).

 

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren sowie die Frage zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (vgl. VfSlg. 18.224/2007, 18.135/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

 

Betreffend Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer war Folgendes zu erwägen:

 

Da P1 bis P3 sowie der Ehegatte von P1 bzw. Vater von P2 und P3, dessen Beschwerde mit Erkenntnis vom heutigen Tag inhaltsgleich entschieden wird, im gleichen Maße von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind, kann im Fall der gemeinsamen Rückkehr der Familie kein Eingriff in das zwischen ihnen bestehende Familienleben erkannt werden.

 

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass P1 bis P3 und der Ehegatten von P1 gemeinsam mit dessen Eltern und Bruder, die zum dauernden Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet berechtigt sind, in einem Haushalt in deren Wohnung leben und von ihnen auch finanzielle Unterstützung erhalten. Allerdings darf nicht verkannt werden, dass die Beschwerdeführer im Rahmen der Grundversorgung (in die alle nach wie vor eingebunden sind) ohnehin Anspruch auf Unterkunft und Versorgung im Österreich haben, sodass von einem diesbezüglichen Abhängigkeitsverhältnis nicht ausgegangen werden kann. Es konnten auch keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer oder der im selben Haushalt wohnenden Angehörigen erkannt werden, die eine dauernde Pflegebedürftigkeit nach sich ziehen würden, sodass eine ständige Pflege und Betreuung notwendig wäre.

 

Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben der Beschwerdeführer in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten der Beschwerdeführer aus und die Ausweisung stellt jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.

 

Der EGMR hat in seiner Judikatur zu Art. 8 EMRK (vgl. dazu etwa das Urteil vom 31.01.2006, Nr. 50435/99, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande) wiederholt ausgeführt, dass der Staat unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK im Zusammenhang mit positiven wie auch negativen Verpflichtungen einen fairen Ausgleich zwischen den konkurrierenden Interessen des Einzelnen und jenen der Gemeinschaft als Ganzes schaffen müsse und hiebei den Vertragsstaaten jedoch ein gewisser Ermessenspielraum zukomme. Art. 8 EMRK enthalte keine generelle Pflicht für die Vertragsstaaten, die Wohnortwahl von Immigranten zu respektieren und auf ihrem Staatsgebiet Familienzusammenführungen zuzulassen. In Fällen, die sowohl das Familienleben als auch die Thematik der Zuwanderung beträfen, werde das Maß an Verpflichtung, Verwandte von rechtmäßig aufhältigen Personen auf seinem Staatsgebiet zuzulassen, je nach den Umständen des Einzelfalls der betroffenen Personen und des Allgemeininteresses variieren. Dabei sei zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß das Familienleben tatsächlich gestört werde, wie stark die Bande mit dem Vertragsstaat seien, ob es für die Familie unüberwindbare Hindernisse gebe, im Herkunftsland eines oder mehrerer Familienmitglieder zu leben, ob konkrete Umstände im Hinblick auf die Einreisekontrolle (z.B. Verstöße gegen die Einreisebestimmungen) oder Überlegungen im Hinblick auf die öffentliche Sicherheit eher für eine Ausweisung sprechen würden und auch ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstanden sei, als sich die betroffenen Personen bewusst gewesen seien, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart gewesen sei, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland von vornherein unsicher gewesen sei. Dazu hat der EGMR auch wiederholt festgehalten, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitglieds in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirke (VwGH 19.02.2009, 2008/18/0721 mwN).

 

Im Hinblick auf ihr gemäß Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Achtung des Privatlebens ist zu berücksichtigen, dass sich P1 seit ihrer Einreise bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht einmal ein Jahr im Bundesgebiet aufgehalten hat; P2 und P3 seit deren Geburt. Die Verfahrensdauer war nicht der Sphäre der Beschwerdeführer zuzurechnen. Der Aufenthalt im Inland war P1 und ihren Kindern aber lediglich auf Grund ihrer Anträge erlaubt, die sich im Ergebnis als unberechtigt erwiesen haben. Die Beschwerdeführer verfügten nie über Aufenthaltsrechte außerhalb ihrer Asylverfahren. Der vier Jahre dauernde Aufenthalt von P1 im Bundesgebiet steht zudem in keinerlei Verhältnis zu ihrem XXXX Jahre dauernden Aufenthalt im Herkunftsstaat. P1 konnte aufgrund vager und nicht plausiblen Angaben nicht glaubhaft machen, dass sie aus Furcht vor Verfolgung(sgefahr) aus ihrem Herkunftsstaat ausgereist ist. Sie konnte nie auf die Erteilung eines dauernden Aufenthaltsrechtes vertrauen und sie musste sich von Anbeginn an der Unsicherheit des Aufenthaltsstatus bewusst sein. P1 wurde zudem bereits im Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.05.2015 darüber informiert.

 

P1 verfügt nach wie vor über sehr starke Bindungen zum Herkunftsstaat, hat sie doch bis zum Alter XXXX Jahren in ihrem Herkunftsstaat gelebt. Sie verfügt dort über Schulbildung, ein Universitätsstudium, mehrjährige Berufserfahrung bis zur Ausreise und beherrscht die tadschikische und die russische Sprache. Des Weiteren sind ihre Eltern, drei Schwestern, ein Bruder und zahlreiche weitere Familienangehörige mit deren Familien im Herkunftsstaat geblieben. Es ist daher davon auszugehen ist, dass sich P1 wieder in die dortige Gesellschaft eingliedern kann, wobei ihr auch ein soziales Netzwerk behilflich sein wird und sie auf die Unterstützung der zahlreichen Verwandten zählen können, womit P1 mit ihrem Ehegatten und P2 und P3 nicht völlig auf sich alleine gestellt ist. Nach alledem kann nicht gesagt werden, dass P1 ihrem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfinden würde.

 

P1 besucht Deutschkurse und ein Sprachcafé, hat das A2-Deutschzertifikat abgelegt (Anmerkung: Teilnehmenden sollten in der Lage sein, auf elementarer Ebene in einfachen, routinemäßigen Situationen des Alltags- und Berufslebens zu kommunizieren. Nachweis sprachlicher Kompetenz in routinemäßigen Situationen mit vertrauten Themen und Tätigkeiten dar. Geprüft werden die Fertigkeiten Lesen, Hören, Schreiben und Sprechen. Der Schwerpunkt dieser Stufe liegt im Bereich der rezeptiven Fertigkeiten Lesen und Hören) und spricht auf einfachem Niveau Deutsch. Anhaltspunkte, wonach P1 in Vereinen oder sonstigen Organisationen aktiv war, sind nicht hervorgekommen. Sie ist und war nie nicht in den österreichischen Arbeitsmarkt eingebunden, von einer wirtschaftlichen Integration kann daher nicht im einmal Ansatz ausgegangen werden. Alle Beschwerdeführer beziehen Leistungen aus der Grundversorgung. Es ist den Beschwerdeführern nicht verwehrt, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG in Zukunft rechtmäßig in das Bundesgebiet einzureisen. Es kann ein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften und Missbrauch des Asylverfahrens erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen.

 

Soweit, wie im vorliegenden Fall, Kinder von der Rückkehrentscheidung betroffen ist, sind nach der Judikatur des EGMR die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen (vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 18.10.2006, Üner gegen die Niederlande, Beschwerde Nr 46410/99, Rz 58, und vom 06.07.2010, Neulinger und Shuruk gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 41615/07, Rz 146). Maßgebliche Bedeutung hat der EGMR dabei den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie seine Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter ("adaptable age"; vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 31.07.2008, Darren Omoregie und andere gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07, Rz 66, vom 17.02.2009, Onur gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 27319/07, Rz 60, und vom 24.11.2009, Omojudi gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 1820/08, Rz 46) befinden (vgl. VwGH 21.04.2011, 2011/01/0132).

 

Dabei ist zusätzlich zu beachten, dass den minderjährigen P2 und P3 der objektiv unrechtmäßige Aufenthalt subjektiv nicht im gleichen Ausmaß wie ihren Eltern zugerechnet werden kann (vgl. VfGH 07.10.2014, U 2459/2012 u.a.).

 

P2 und P3 wurden im österreichischen Bundesgebiet geboren und sind XXXX alt. P2 besucht in Österreich eine Kindergruppe. P2 und P3 werden von ihren Eltern betreut und in ihrer Muttersprache Tadschikisch erzogen. Es ist zu berücksichtigen, dass aufgrund des jungen Alters von P2 und P3 eine noch kaum begonnene Sozialisation in Österreich vorliegt und aufgrund ihres mit einer hohen Anpassungsfähigkeit verbundenen Alters davon ausgegangen werden kann, dass ein Leben im Herkunftsstaat für sie nicht mit unzumutbaren Härten verbunden wäre, zumal sie gemeinsam mit ihren Eltern dorthin zurückkehren und dort mit ihren Großeltern und zahlreichen anderen Verwandten ein soziales Netz vorfinden.

 

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG,

 

in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Die Voraussetzungen des § 10 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, liegen vor: Da die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz abgewiesen wurden, ist die Rückkehrentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, zu erlassen. Es ist auch - wie bereits ausgeführt - kein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, von Amts wegen zu erteilen.

 

§ 52 Abs. 2 Z 4 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, setzt weiters voraus, dass kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG vorliegt und den Beschwerdeführern kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Weil die Anträge der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG abgewiesen wurden, liegt weder ein Fall des

 

§ 8 Abs. 3a, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, noch des § 9 Abs. 2 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, vor. P1 gab an, dass keiner der Beschwerdeführer über ein Aufenthaltsrecht außerhalb der Asylverfahrens verfügt.

 

3. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 145/2017, gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung gemäß § 46 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 87/2012, unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder

 

Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde bereits verneint (siehe oben zu Spruchpunkt II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).

 

Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 87/2012, unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005). Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde ebenfalls bereits aufgrund der unglaubwürdigen Angaben von P1 verneint (siehe oben zu Spruchpunkt I. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).

 

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, unzulässig, solange dieser die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für die Republik Tadschikistan nicht.

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG, in der Fassung

 

BGBl. I Nr. 87/2012, 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige besondere Umstände von P1 nicht behauptet wurden und im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

 

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl entschied in den zu P1 und P2 ergangenen Bescheiden auch über die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen gemäß § 55 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012. Da der Verwaltungsgerichtshof jedoch mittlerweile klargestellt hat, dass das Gesetz nunmehr keine Grundlage dafür bietet, in Fällen, in denen eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen wurde, darüber hinaus noch von Amts wegen negativ über eine Titelentscheidung nach § 55 AsylG abzusprechen

 

(VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0174; 05.10.2016, Ra 2016/19/0158-6), war der erste Satz der Spruchpunkte III. der genannten Bescheide von P1 und P2 spruchgemäß zu berichtigen und die Beschwerden gegen Spruchpunkte III. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl von P1 bis P3 abzuweisen.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

 

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

 

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der Beweiswürdigung wurde ausführlich, unter Bezugnahme auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Asylverfahren (siehe dazu oben Beweiswürdigung 2.), ausgeführt, dass den Angaben von P1 keine Glaubwürdigkeit zuzubilligen war und sämtliche Angaben zu den behaupteten Ausreisegründen nicht den Tatsachen entsprechen. Diese Erkenntnisse beschäftigen sich vor allem mit der Erforschung und Feststellung von Tatsachen und es ergaben sich im Lauf des Verfahrens keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung.

 

Weder weichen die gegenständliche Entscheidungen von der langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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