BVwG L518 2135647-1

BVwGL518 2135647-117.11.2016

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2016:L518.2135647.1.00

 

Spruch:

L518 2135647-1/7E

L518 2135646-1/6E

L518 2135654-1/9E

L518 2135658-1/9E

L518 2135655-1/5E

L518 2135657-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch RA Mag. Martin SAUSENG, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 05.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.11.2016, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 und §55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch RA Mag. Martin SAUSENG, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 05.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.11.2016, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 und §55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch RA Mag. Martin SAUSENG, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 02.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.11.2016, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 und §55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch RA Mag. Martin SAUSENG, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 02.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.11.2016, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 und §55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , diese vertreten durch RA Mag. Martin SAUSENG, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 02.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.11.2016, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 und §55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

6.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Markus STEININGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch die Mutter XXXX , geb. XXXX , diese vertreten durch RA Mag. Martin SAUSENG, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 02.09.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.11.2016, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF und § 52 Abs. 2 Z 2, § 52 Abs. 9 iVm § 46 und §55 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch kurz als bP1 - bP6 bezeichnet), sind Staatsangehörige Armeniens und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich bei der belangten Behörde Anträge auf internationalen Schutz ein

Die bP 3 und 4 stellten für sich und ihre minderjährigen Kinder, die bP 5 und 6 am 29.08.2014 gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz. Die bP 1 und 2, die Eltern der bP 1 stellten am 28.09.2014 gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz.

I.1.1. Die bP 1, 2 und 4 stützen sich auf die Fluchtgründe bzw. Probleme der bP 3. Auch für die minderjährigen bP 5 und 6 wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

I.1.2. Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die bP 1 Folgendes vor:

A: Im März 2014 wurde ich Augenzeuge eines Streites zwischen dem Sohn des Premierministers von Armenien und einem Bekannten von mir namens XXXX . Es waren insgesamt mehrere Personen daran beteiligt. Die Polizei war vor Ort und haben mich gezwungen eine Anzeige als Augenzeuge, zu erstatten. Zu diesem Zeitpunkt hat mich mein Vater angerufen und mir gesagt, dass mehrere Autos vor dem Haus stehen und mehrere Leute uns gedroht haben, mich umzubringen, falls ich eine Anzeige erstatte. Ich unterschieb die Anzeige nicht und bekam daraufhin sogar eine Ohrfeige von den Polizisten. Drei Tage später hat mich die Polizei wieder geladen. Ich habe mich wieder geweigert die Anzeige zu erstatten. Darauf wurde ich von der Polizei geschlagen. Wegen Angst und Stress habe ich sehr viel abgenommen und ich wurde krank. Ende Juni 2014, wurde bei mir ein Nierenversagen diagnostiziert. Seitdem bin ich Dialysepatient.

Aus diesen Gründen habe ich zusammen mit meiner Familie Armenien verlassen

I.1.3. Am 10.04.2015 wurde eine Vertreterbekanntgabe übermittelt.

I.1.4. Vor einem Organwalter der belangten Behörde brachte die bP 1 am 02.09.2015 in den Wesentlichen, wiedergegebenen Passagen Folgendes vor:

I.1.5. Am 18.11.2015 wurden medizinische Unterlagen zur bP 3 vorgelegt. Beantragt wurde, von einer Abschiebung der bP 3 Abstand zu nehmen, da die Behandlung im Herkunftsland nicht entsprechend erfolgen könne. Des Weiteren wurde die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt.

I.1.6. Mit Schreiben vom 23.06.2016 wurden weitere medizinische Unterlagen zur bP 3 vorgelegt und wurde unter einem ersucht, eine positive Sachentscheidung zu treffen.

I.1.7. Mit Schreiben vom 12.08.2016 gab die nunmehrige rechtsfreundliche Vertretung der bP das Bevollmächtigungsverhältnis zu bP 3-6 bekannt.

I.1.8. Mit Schreiben vom 29.08.2016 wurde die Vollmachtsauflösung durch den ehemaligen Vertreter der bP bekannt gegeben.

I.1.9. Die bP legten vor der belangten Behörde vor:

I.1.10. Am 01.09.2016 langte eine Säumnisbeschwerde hinsichtlich der bP 3-6 ein.

I.2. Die Anträge der bP 1-6 auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der belangten Behörde vom 02. bzw. 05. September 2016 gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt I.). Gem. § 8 Abs 1 Z 1 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat nicht zugesprochen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen die bP Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Armenien gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

I.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der bP als nicht glaubwürdig aufgrund nachfolgend dargestellter Beweiswürdigung:

"Ihr Vorbringen war auffallend widersprüchlich und daher nicht glaubhaft.

Sie reisten - wie bereits erwähnt - gemeinsam mit Ihrer Gattin und Ihren Kindern im Bundesgebiet ein und Ihre Eltern sind einen Monat später ebenfalls nachgekommen.

Sie alle gaben sowohl in den diesbezüglichen Erstbefragungen als auch in den Einvernahmen als Fluchtgrund ein Problem an, das Sie angeblich gehabt hätten. Auffallend war jedoch, dass jeder Einzelne von Ihnen dieses angebliche Problem bzw. die daraus angeblich resultierenden Umstände gänzlich anders schilderte.

Das Kernvorbringen der gesamten Familie war, dass Sie angeblich in einen Streit bzw. eine Schlägerei verwickelt gewesen wären. Dies ist jedoch das Einzige, das in den Vorbringen übereinstimmt. Auch Sie selbst verwickelten sich bei Ihren eigenen Angaben in grobe Widersprüche.

Die Widersprüche werden wie folgt wiedergegeben:

Bei der Erstbefragung gaben Sie an, Sie wären zufällig Augenzeuge eines Streits zwischen dem Sohn des Premierministers und einem Bekannten von Ihnen gewesen. Die Polizei, die ebenfalls vor Ort gewesen wäre hätte Sie zwingen wollen, Anzeige zu erstatten. Ihr Vater hätte Sie zu diesem Zeitpunkt angerufen und gesagt, Leute wären zu Ihnen nach Hause gekommen und hätten gedroht Sie umzubringen, falls Sie Anzeige erstatten würden. Sie hätten daraufhin die Anzeige verweigert und wären von der Polizei geohrfeigt worden. Drei Tage später wären Sie noch einmal zur Polizei geladen und geschlagen worden, da Sie noch immer keine Anzeige erstatten hätten wollen. Sie hätten Armenien verlassen, da Sie aufgrund dieser Geschichte sowohl seitens der Polizei als auch seitens dieser Leute bedroht und verfolgt worden wären.

Bei Ihrer Einvernahme in Graz gaben Sie dieses angebliche Problem jedoch etwas anders an und zwar:

Bei Ihrer freien - und ausführlichen - Schilderung gaben Sie an, Sie hätten auf dem Heimweg gesehen, wie ein Freund Ihres Vaters Streit mit einflussreichen Kriminellen gehabt hätte. Sie wären dazwischen gegangen und so wäre es zu einer Schlägerei gekommen, im Zuge derer Sie derart geschlagen worden wären - unter anderem von einem Mann namens XXXX -, dass Sie seitdem krank wären. Einige Tage später wäre Ihr Bistro zerstört und Ihr Vater geschlagen worden. Ihre Frau wäre bedroht worden, als Sie das Kind in den Kindergarten gebracht hätte. Deshalb hätten Sie Armenien verlassen. Dies steht jedoch in krassem Widerspruch zu obiger Angaben, wonach Sie lediglich Augenzeuge gewesen wären! Auch erwähnten Sie in der gesamten Einvernahme mit keinem Wort, auch mit der Polizei Probleme gehabt zu haben. Im Laufe der Einvernahme gaben Sie folgenden Ablauf an: der Streitvorfall, am gleichen Tag ins Krankenhaus und zwar für sieben Tage, danach drei bis vier Tage zu Hause - in diesen Tagen der Vorfall mit Ihrer Gattin auf dem Weg zu Kindergarten (Auf Nachfrage April 2014) - und danach zu Ihrer Tante und weiter nach Georgien und nach Österreich. Als Ihnen der Widerspruch hinsichtlich der Polizei vorgehalten wurde, gaben Sie darauf an, die Polizei hätte Sie nach diesem Streit für drei Tage festgehalten - was jedoch absolut nicht in den Zeitplan passt, den Sie zuvor genannt hatten. Auf weiteren Vorhalt gaben Sie an, Sie wären nie von der Polizei geschlagen oder bedroht worden und hätten dies auch nie angegeben!!

Ihre Gattin gab bei ihrer Erstbefragung im Wesentlichen das Gleiche an wie Sie bei Ihrer Erstbefragung, nur mit dem Zusatz, dass Sie Anfang August 2014 - und nicht April 20014, so wie von Ihnen behauptet - Ihre Tochter in den Kindergarten hätte bringen wollen und von einem Mann aufgehalten worden wären. Dieser hätte gesagt, Sie sollte Ihnen ausrichten, dass Sie unbedingt Anzeige erstatten sollten. Bei ihrer Einvernahme in Graz blieb Ihre Gattin zwar beim Grundproblem, gab jedoch auf einmal an diese Situation mit dem Kindergarten wäre gewesen, als sie auf dem Nachhauseweg gewesen wäre. Abgesehen davon gab sie auf einmal an, sie wäre bedroht worden im Falle dass Sie Anzeige erstatten würden! Auch gab es Widersprüche im zeitlichen Ablauf: so gab Ihre Gattin an, sie wären nach dem Streitvorfall zu ihren Eltern gezogen, demnach also von April 2014 bis zu Ihrer Ausreise am 26.08.2014 nicht mit Ihnen zusammen gewesen. Sie hingegen gaben - wie bereits erwähnt - an, Sie hätten nach dem Streitvorfall sieben Tage im Krankenhaus, dann vier Tage mit Ihrer Gattin zu Hause (in dieser Zeit wäre ja der Vorfall mit dem Kindergarten gewesen) und dann die restliche Zeit gemeinsam mit Ihrer Gattin bei Ihrer Tante verbracht!

Auch Ihre Angabe mit dem Krankenhausaufenthalt stimmt nicht mit den Angaben Ihrer Gattin zusammen. Es wurde - um etwaige Missverständnisse zu vermeiden - extra nachgefragt, ob Sie nach diesem Vorfall sofort nach Hause gekommen wären und Ihre Gattin bejahte dies. Als ihr der Widerspruch vorgehalten wurde, gab sie an, es wäre möglich gewesen, dass Sie im Krankenhaus gewesen wären. Sie hätte davon jedoch nichts mitbekommen bzw. hätten Sie ihr davon nichts erzählt. Nun ist es aber so, dass Sie ja angeblich sieben Tage im Krankenhaus gewesen wären. Somit hätte dies Ihrer Gattin doch auffallen müssen, da sie ja zu diesem Zeitpunkt noch mit Ihnen gemeinsam gewohnt hätte!! Als ihr dies vorgehalten wurde gab sie an, vielleicht wäre die Situation mit dem Krankenhaus gewesen, nachdem sie zu ihren Eltern gezogen wäre, da Sie ja auch danach noch von "diesen Leuten" bedroht und geschlagen worden wären. Dies steht jedoch in Widerspruch zu Ihren Angaben, wonach es lediglich diese einzige Situation gegeben hätte!

Weiters wurden Sie gefragt, was der Auslöser für diesen Streit gewesen wäre und gaben an, der Freund Ihres Vaters hätte neben der Gastankstelle einen Kiosk eröffnen wollen und dieser XXXX hätte dies nicht wollen, da ihm dieser Stadtbezirk "gehören würde". Daraufhin wurde mehrmals nachgefragt, wer dieser XXXX sei und weshalb er angeblich so einflussreich wäre (im Hinblick auf Ihre Erstbefragung, bei der Sie angaben, ein Sohn des Premierministers wäre in diese Schlägerei verwickelt gewesen und deshalb hätten Sie all diese Probleme gehabt). Auf jede einzelne Frage antworteten Sie, er wäre deshalb so einflussreich weil er Geld hätte. Nicht ein einziges Mal brachten Sie ihn mit dem Premierminister in Verbindung. Als Ihnen dies vorgehalten wurde gaben Sie auf einmal an, dieser XXXX wäre der Freund des Sohnes des Premierministers gewesen.

Wie bereits erwähnt gab es auch Widersprüche zu den Angaben Ihrer Eltern und zwar wie folgt:

Ihr Vater gab bei seiner Erstbefragung an, Sie wären zufällig Zeuge an einer Tankstelle worden, als ein Freund von Ihnen vom Sohn des Premierministers und anderen Leuten verprügelt worden wäre. Der Grund hierfür wäre anscheinend "Vordrängeln" gewesen. Sie wären Ihrem Freund zu Hilfe gekommen und ebenfalls verprügelt und schwer verletzt worden. Da der Sohn des Premierministers viel Einfluss hätte, hätten Sie aus Angst um Ihr Leben Armenien verlassen. Er erwähnte schon bei der Erstbefragung mit keinem Wort, dass Sie Probleme mit der Polizei gehabt hätten (so wie von Ihnen in der Erstbefragung und von Ihrer Gattin im gesamten Verfahren behauptet).

Abgesehen davon: Wie bereits erwähnt gaben Sie auf Nachfrage an, diese Streiterei wäre aufgrund dessen zustande gekommen, dass der Freund Ihres Vaters ein Bistro eröffnen hätte wollen und nicht wegen "Vordrängeln"!

Ein weiterer grober Widerspruch war folgender:

Ihr Vater gab bei seiner Einvernahme in Graz an, es wären bei der damaligen Schlägerei drei Menschen ums Leben gekommen - Sie hingegen erwähnten davon überhaupt nichts!

Weiters gab Ihr Vater auf Nachfrage an, Sie wären einen Monat im Krankenhaus gewesen und nicht - wie von Ihnen behauptet - sieben Tage!

Weiters gab Ihr Vater an, der Freund dem Sie hätten helfen wollen, wäre ein einflussreicher Krimineller gewesen und nicht einer der Gegenseite ( XXXX , wie von Ihnen behauptet)! Dies wäre auch der Grund dafür gewesen, dass Sie danach noch Probleme mit den anderen Leuten gehabt hätten - was an sich ein Widerspruch in sich ist, denn: weshalb sollten Sie Probleme mit den anderen Leuten bekommen, weil bzw. obwohl doch Ihr Freund so einflussreich wäre?!

Weiters gab Ihr Vater an, diese Leute wären zu ihm gekommen und hätten ihn geschlagen bzw. das Bistro zerstört nachdem Sie Armenien verlassen hätten. Sie hingegen gaben an, es wäre gleich nach der Streiterei gewesen!

Auf das Vorbringen Ihrer Mutter bei der Erstbefragung kann an dieser Stelle nicht eingegangen werden, da es ident mit jenem Ihres Vaters ist. Es wird davon ausgegangen, dass es sich hierbei um eine Fehlprotokollierung handelt - da die Angaben nicht zu Ihrer Mutter passen.

Bei der Einvernahme in Graz konnte Ihre Mutter nicht allzu viel angeben, da Sie und Ihr Vater ihr angeblich nicht viel erzählt hätten. Im Wesentlichen jedoch deckten sich ihre Angaben mit jenen Ihres Vaters, z.B. dass bei jenem Raufhandel drei Personen ums Leben gekommen wären und auch, dass Ihr Vater nach Ihrer Ausreise geschlagen und das Bistro auch nach Ihrer Ausreise zerstört worden wäre bzw. die Scheiben eingeschlagen worden wären (was man noch nicht als "Zerstörung" betrachten kann)!

Wie aus oben aufgelisteten Widersprüchen ersichtlich gab es derart gravierende Widersprüche - sowohl zwischen den Familienangehörigen (Sie, Ihre Gattin, Ihre Eltern) als auch zwischen den Einvernahmen an sich, sodass Ihr gesamtes Vorbringen weder schlüssig, noch nachvollziehbar, noch glaubhaft ist.

Dabei ist festzuhalten, dass auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller grundsätzlich in der Lage sein muss, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Ausreise aus dem Herkunftsstaat zu machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat, gerade in ihrer ersten Einvernahme auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit wohl kaum ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich konsistenter Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung auch möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsland geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich im Bewusstsein dieser Person einprägen, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann. Dies war bei Ihnen - und auch bei Ihrer Familie - nicht der Fall (wie bereits ausführlich erörtert).

Zusammenfassend wird festgehalten, dass es im Asylverfahren nicht ausreichend ist, dass der Asylwerber Behauptungen aufstellt, sondern er muss diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, die Handlungsabläufe den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch der Asylwerber persönlich glaubwürdig sein. Ihre Angaben zu den Fluchtgründen entsprechen diesen Anforderungen nicht. Sie sind in hohem Maße widersprüchlich, nicht plausibel nachvollziehbar und als nicht glaubhaft zu bezeichnen. Die Behörde gelangt demnach zu dem Schluss, dass dem behaupteten Sachverhalt bezüglich einer aktuellen Bedrohungssituation in Armenien kein Glauben geschenkt wird."

I.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.

I.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter § 8 Abs. 1 AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam.

Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Art. 8 EMRK (§§ 55, 10 Abs. 2 AsylG 2005) dar.

I.3. Gegen diese im Spruch genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsätzen innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und wurde vom Vertreter bekannt gegeben, dass er nunmehr auch die bP 1 und 2 rechtsfreundlich vertritt.

In der Beschwerde betreffend die bP 1 und 2 wurde festgehalten, dass diese selbst keine eigenen Wahrnehmungen zu den Problemen der bP 3 hätten. Sie seien jedoch aufgrund der Probleme der bP 3 geflohen und liege ein Familienverfahren vor. Vor allem hätten die im Bescheid aufgezeigten Widersprüche den bP entsprechend vorgehalten werden müssen.

In der Beschwerde betreffend bP 3-6 wurden vorwiegend Ausführungen zum Gesundheitszustand der bP 3 getroffen. Die bP 3 leide an einem Nierenversagen beider Nieren, beide Nieren wären Schrumpfnieren und sei die vorangeschrittene Erkrankung der bP 3 irreversibel, nicht heilbar und tödlich. Nur durch eine Hämodialyse oder durch eine Nierentransplantation sei ein Überleben der bP 3 möglich. Zusätzlich leide die bP an schwerer Anämie, welche mit Medikamenten behandelt werden müsse. Auch bestünde gegenwärtig ein schwerer renaler Hyperparathyreoidismus bedingt durch eine schwere Knochenstoffwechselstörung. Es käme zu Wirbeleinbrüchen und weise die bP 3 einen Rundrücken auf. Es bestünde ein Herzfehler und müsse die bP 3x wöchentlich zur Dialyse. Diese Ersatztherapie müsse bis zum Tode durchgeführt werden, wobei bereits nunmehr die Lebenserwartung durch die Dialyse eingeschränkt sei. Die Nebenschilddrüsenerkrankung sei trotz erfolgter Operation noch nicht ausreichend behandelt. Hinsichtlich der Erkrankungen sei die bP medikamentös eingestellt. Aus den vorgelegten Unterlagen würde sich ergeben, dass eine auch nur kurzfristige Unterbrechung der medikamentösen Einstellung (welche bereits Höchstdosis aufweise), zu einer reellen Gefährdung des Rechtsgutes von Leib und Leben führen würde.

Im gegenständlichen Einzelfall läge eine lebensbedrohliche Erkrankung der bP 3 vor, welche geeignet sei, die bP 3 dem realen Risiko auszusetzen, unter qualvollen Umständen zu sterben, falls er keine Aussicht auf medizinische Hilfe oder familiäre Unterstützung im Zielstaat hat.

Es wurde aus Länderberichten aus den Jahren 2010 - 2013 zitiert, wonach Zuzahlungen zu medizinischen Leistungen (auch bei Dialysebehandlungen) notwendig wären. Auch die belangte Behörde hätte letztlich festgestellt, dass solche freiwilligen Zuzahlungen zu leisten wären. Aus den Feststellungen ließe sich letztlich entnehmen, dass solche freiwilligen Zuzahlungen nicht nur primär für die notwendige ärztliche bzw. medizinische Versorgung zu erwarten wären, sondern auch zum Bezug von notwendigen Medikamenten (Sekundärversorgung) geleistet werden müsse.

Die belangte Behörde hätte Feststellungen dazu zu treffen gehabt, ob es den bP bzw. der Kernfamilie auch unter Zugrundelegung der Situation bei allfälliger Rückkehr in den Herkunftsstaat überhaupt möglich ist, notwendige Zuzahlungen aufzubringen. Es sei von Entscheidungsrelevanz, Feststellungen dazu zu treffen, ob es der bP 3 und der Kernfamilie allenfalls unter Zuhilfenahme der nächsten Angehörigen möglich ist, solche notwendigen Zuzahlungen überhaupt zu leisten. In diesem Punkt sei kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt worden und sei die bP 3 selbst aufgrund der Erkrankung nicht in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die bP 4 stand noch in keinem Beschäftigungsverhältnis und würde die gesamte Familie über keine Vermögenswerte verfügen, welche sie verwenden könnten. Zuzahlungen im Ausmaß von 50 Dollar pro Dialysesitzung seien gängige Praxis im Herkunftsstaat. Die bP 3 hätte damit für die Primärversorgung 600 Dollar monatlich zu zahlen und müsse dies in Relation zum Durchschnittseinkommen von 180 - 200 Eur gesetzt werden. Weitere Zuzahlungen für die Sekundärversorgung seien da noch nicht berücksichtigt und sei der Familie die Finanzierung der Behandlung nicht möglich. Die bP 3 sei auch nicht in das Gesundheitssystem in Armenien dauerhaft aufgenommen worden sondern habe Armenien gleich nach der diagnostizierten Gesundheitsbeeinträchtigung verlassen. Schließlich würde auch nur eine kurzfristige Unterbrechung der Behandlung eine Gefahr mit sich bringen.

Es liege eine Verletzung der Ermittlungspflicht in einem wesentlichen Punkt, nämlich ob festgestellte, "freiwillige Zuzahlungen bzw. Zuwendungen" überhaupt möglich sind, vor.

I.4. Für den 09.11.2016 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer Beschwerdeverhandlung.

Gemeinsam mit der Ladung wurden den bP Feststellungen zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat, insbesondere auch eine Anfragebeantwortung betreffend Nierenleiden bzw. Nierentransplantationen in Armenien vom 19.05.2014 sowie eine Anfragebeantwortung vom 13.03.2014 betreffend der Kosten der Behandlung und Verfügbarkeit von Medikamenten bei Diabetes Mellitus und Schilddrüsenunterfunktion zugestellt. Ebenso wurde sie -in Ergänzung bzw. Wiederholung zu den bereits bei der belangten Behörde stattgefundenen Belehrungen- ua. hinsichtlich ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren manuduziert und aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen.

I.4.1. Am 02.11.2016 legten die bP einen medizinischen Bericht betreffend die bP 3 vor und wurde eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen erstattet.

Ausgeführt wurde, dass die bP 3 nicht nur an Schrumpfnieren sondern auch an einem schweren, renalen Hyperparathyreoidismus sowie Herzklappenfehler leide. Betreffend der Nebenschilddrüsenerkrankung käme es in den nächsten Monaten zu einer Reoperation. Die zum Nierenversagen hinzukommenden, jeweils für sich gesehenen schweren Erkrankungen seien im Zuge der Gesamtbeurteilung jedenfalls zu berücksichtigen. Diesbezügliche Behandlungsnachweise ließen sich den Länderfeststellungen nicht entnehmen.

Die aktuellen Länderberichte würden ergeben, dass sowohl zu Primärals auch zu Sekundärleistungen Zuzahlungen zu tätigen wären. Die Zuzahlungen könnten die bP nicht leisten und sei zu berücksichtigen, dass die nunmehr bestehenden mannigfaltigen, jeweils für sich als schwer zu bezeichnenden Erkrankungen in einem Zeitpunkt entstanden sind, zu welchem die bP den Herkunftsstaat bereits verlassen hatten. Es werde darauf hingewiesen, dass es von Relevanz sein wird, inwieweit sich die bP 3 überhaupt erstmalig in das Gesundheitssystem mit Erkrankungen, die dort noch nicht behandelt wurden, eingliedern kann und wie schnell eine notwendige, lebenserhaltende Behandlung unverzüglich nach Rückkehr gewährleistet werden kann.

Die bP hätten sämtliche Verbindungen mit dem Herkunftsland abgebrochen, weshalb fraglich sei - und ergäbe sich dies auch nicht aus den Feststellungen - wie rasch die bP 3 ins Gesundheitssystem eingegliedert und behandelt wird. Die bP würden über keine entsprechenden Einkünfte bzw. Arbeitsmöglichkeiten bzw. eine Wohnversorgung bei Rückkehr verfügen.

I.4.2. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung brachten die bP zusammengefasst vor, bisher im Asylverfahren wahrheitsgemäße Angaben gemacht zu haben und letztlich aufgrund der Erkrankung der bP 3 nicht nach Armenien zurückkehren zu können.

Der bP 3 wurden Länderfeststellungen der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland vom 03.06.2013 sowie die Anfragebeantwortung der Staatendoku vom 05.08.2014 (Behandelbarkeit von Herzerkrankungen sowie die Verfügbarkeit von Medikamenten) vorgehalten und wurden die wesentliche Teile durch die Dolmetscherin übersetzt.

I.4.3. Vorgelegt wurden von den bP in der Verhandlung:

I.5. Am 15.11.2016 langte eine ergänzende Stellungnahme und Urkundenvorlage ein. Vorgelegt wurde ein medizinisches Schreiben vom 15.11.2016.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei den beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Armenier, welcher aus einem überwiegend von Armeniern bewohnten Gebiet stammen und sich zum Mehrheitsglauben des Christentums bekennen. Die bP sind Drittstaatsangehörige.

Die beschwerdeführenden Parteien bP 1, 2, 4, sind arbeitsfähige Menschen. Die bP haben familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat und verfügen dort über eine -wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich- gesicherte Existenzgrundlage.

Die Pflege und Obsorge der minderjährigen bP 5 - bP 6 ist durch bP3 und bP4 gesichert.

Die bP 1, 4, 5 und 6 sind gesund.

Die bP 2 wurde in Österreich wegen eines Myoms operiert. Inzwischen ist sie diesbezüglich beschwerdefrei. Sie leidet weiters an benigner Hypertonie, erhöhtem Cholesterin, vergrößerter Schilddrüse, Bronchitis und Diabetes Mellitus Typ II. Sie ist wegen Diabetes und Bluthochdruck in Behandlung (Insulin).

Die bP 3 leidet an Schrumpfnieren sowie Begleiterkrankungen des Nierenversagens (Anämie, Durchblutungsstörungen, tertiärer Hyperparathyreoidismus-Knochenstoffwechselstörung). Sie wurde bereits in Armenien behandelt und erhielt sie ab Juni 2014 dort eine Dialysebehandlung. Sie muss in Österreich 3x wöchentlich zur Dialyse. Zusätzlich leidet sie an einem Herzklappenfehler. Sie wurde in Österreich wegen ihrer Nebenschilddrüsenerkrankung operiert, am 29.11.2016 soll eine weitere Operation an der Nebenschilddrüse erfolgen, um die Knochenstoffwechselstörung zu behandeln. Es wurde der bP 3 mitgeteilt, dass noch weitere Operationen (an den Knochen, Herzklappen) geplant sind. Die bP 4 pflegt und versorgt die bP 3. Die bP 1 und bP 2 besuchen die bP 3-6 regelmäßig.

Zahlreiche Familienangehörige leben nach wie vor im Herkunftsstaat der bP. Die bP haben regelmäßigen Kontakt (Telefonisch, Internet) zu den Familienangehörigen.

Ein Bruder mit seiner Familie und die Mutter der bP 1 leben in Armenien. Die Gattin des Bruders arbeitet bei einer Netzbetreiberfirma, die Mutter bezieht eine Pension. Die Kinder vom Bruder studieren und lebt die Familie mit der Großmutter in einer eigenen Wohnung.

Die Eltern und drei Schwestern der bP 2 leben in Armenien. Sie haben gearbeitet und erhalten jetzt staatliche Pensionen. Die Schwestern leben in eigenen Wohnungen, die Eltern bei der Frau des verstorbenen Bruders.

Die Eltern und mehrere Onkel und Tanten der bP 4 leben ebenfalls in Armenien. Die Familienangehörigen betreiben kleine Geschäfte, der Vater war im Handel tätig.

Die bP besitzen ein Haus in Armenien, in welchem die bP vor der Ausreise lebten. Dort leben aktuell Verwandte der bP, welche noch über eine aktuell leerstehende Wohnung verfügen, in welcher sie davor lebten.

Die bP 2 hat die Schule und ein College abgeschlossen und ist ausgebildete Kindergärtnerin und Köchin. Vor der Ausreise hat die bP 2 als Köchin im Bistro der Familie gearbeitet sowie zusätzlich für eine Bäckerei Bachwaren hergestellt. Die bP 1 und 3 haben im familieneigenen Bistro gearbeitet, welches im Oktober 2015 an einen Nachbarn verkauft wurde. Die bP 4 war Hausfrau und betreute die Kinder. Die bP 4 hat im Anschluss an die Schule die Universität besucht und ein Jus-Studium abgeschlossen.

Die bP haben über die im gegenständlichen Erkenntnis genannten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend keine relevanten familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich.

Die bP verfügen in Österreich über keine eigenen, den Lebensunterhalt deckenden Mittel. Sie leben von der Grundversorgung und sind die volljährigen bP in Österreich noch keiner sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgegangen.

Die bP nehmen an einem Pfarrcafe teil und besuchen eine katholische Kirche. Die bP 1 und 2 helfen freiwillig in der Unterkunft mit.

Die bP 5 besucht die Schule, die bP 6 den Kindergarten.

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

Die bP 4 hat einen Deutschkurs besucht. Es liegen bei den bP 1, 2, 3 und 4 geringfügige Deutschkenntnisse vor.

Die Identität der bP steht nicht fest.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.

II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Armenien

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Armenien werden folgende Feststellungen getroffen:

1. Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 2.8.2016, Geiselnahme in Polizeistation durch Regierungsgegner (relevant für Abschnitt 3/ Sicherheitslage)

Mitglieder der Oppositionsgruppe "Gründungsparlament" haben am 17.7.2016 in Jerewan eine Polizeistation besetzt und zeitweise mehrere Geiseln genommen, ein Polizist starb dabei (RFE/RL 17.7.2016). Die Geiselnehmer forderten die Freilassung von Schirajr Sefiljan, eines inhaftierten Oppositionsführers, und den Rücktritt des Staatspräsidenten. Sefiljan kritisiert vor allem das Verhalten der Regierung im Konflikt um die Region Berg-Karabach (DW 17.7.2016). In der darauffolgenden Woche kam es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Demonstranten verlangten eine Versorgung der Geiselnehmer mit Lebensmitteln, was die Polizei jedoch ablehnte. Nach offiziellen Angaben wurden 51 Personen verletzt und 136 verhaftet (NZZ 21.7.2016). Am 29.7.2016 kam es erneut zu Zusammenstößen zwischen Sympathisanten der Besetzer der Polizeistation und Sicherheitskräften, bei denen 75 Personen verletzt und 20 verhaftet wurden (RFE/RL 30.7.2016). Nach zwei Wochen endete der Konflikt um die besetzte Polizeistation mit der Kapitulation der bewaffneten Gruppe unter Führung von Varuzhan Avetisian (RFE/RL 1.8.2016, vgl. Spiegel online 31.7.2016).

KI vom 6.4.2016, Gefechte um Bergkarabach (relevant für Abschnitt 3/ Sicherheitslage)

Bei heftigen Gefechten vom 2.4 bis zum 5.4.2016, den schwersten seit 22 Jahren, zwischen den Nachbarländern Armenien und Aserbaidschan an der Frontlinie zu Bergkarabach kam es zu Opfern unter den militärischen Einheiten. Laut aserbaidschanischen Angaben starben auch Zivilisten. Während Vertreter der Internationalen Gemeinschaft inklusive Russlands als Schutzmacht Armeniens beide Seiten zur Deeskalation aufriefen, erklärten sowohl der türkische Staatspräsident Erdogan als auch Ministerpräsident Davutoglu mehrmals, Aserbaidschan bis zum Ende zu unterstützen (HDN 5.4.2016, vgl. Standard 3.4.2016, RFL/RL 4.4.2016). Das Verteidigungsministerium der de facto Republik Bergkarabach berichtete ebenfalls von zivilen Opfern (CN 2.4.2016). Am 5.4.2016 vereinbarten Aserbaidschan und Bergkarabach einen Waffenstillstand (Standard 5.4.2016). Im Zuge der viertägigen Kampfhandlungen starben mehr als 64 Menschen (Standard 5.4.2016).

KI vom 14.12.2015, Verfassungsreferendum (relevant für Abschnitt 2/ Politische Lage).

Am 6.12.2015 entschied sich die Mehrheit der ArmenierInnen in einem Referendum für die Änderung der Verfassung zugunsten eines parlamentarischen Systems, das Befugnisse des Präsidenten auf den Regierungschef übertragen würde. Die Opposition warf dem amtierenden Präsidenten Sarksyan, dessen letzte Amtszeit 2018 ausläuft, vor, das Amt des Regierungschefs anzustreben (Standard 7.12.2015). Laut zentraler Wahlkommission stimmten bei einer Wahlbeteiligung von 50,5 Prozent 63,5 Prozent für die Annahme der Verfassungsänderungen. Die Oppositionspartei Armenischer Nationalkongress warf der Regierung Wahlbetrug vor. Hunderte Demonstranten protestierten gegen den Ausgang (RFE/RL 7.12.2015). NGOs wie das Anti-Korruptions-Zentrum von Transparency International berichtete von massiven Unregelmäßigkeiten, darunter über 900 Verletzungen der Wahlordnung sowie Fälle von Einschüchterung (Caucasian Knot 9.12.2015, vgl. EN 7.12.2015)

2. Politische Lage

Armenien (arm.: Hayastan) ist knapp 29.800 km² groß und hat etwas über 3 Millionen Einwohner. Davon sind laut der Volkszählung von 2011 98,1% ethnische Armenier, 1,2% Jesiden, 0,4% Russen und Angehörige kleinerer Minderheiten wie Assyrer, Kurden oder Griechen (NSS-RA 2013, vgl. CIA 28.10.2015).

Armenien ist seit September 1991 eine unabhängige Republik mit einem seit 1995 semi-präsidentiellen System (SPO 17.2.2014). Allerdings ist für den 6.Dezember 2015 ein Verfassungsreferendum vorgesehen, dass das Land in ein parlamentarisches System umwandeln soll, wobei der Präsident nicht mehr durch das Volk, sondern vom Parlament gewählt wird. Die Oppositionsparteien protestierten gegen die Verfassungsänderung, weil sie dahinter die Absicht einer Machtkonzentration der Regierungspartei unter dem jetzigen Staatspräidenten, Serzh Sarksyan, vermuten (RFE/RL 8.10.2015).

Das Einkammer-Parlament (Nationalversammlung) hat 131 Mitglieder und wird alle fünf Jahre gewählt. Dabei kommt eine Mischung aus Verhältnis- und Mehrheitswahlrecht zur Anwendung. Die Parlamentswahlen vom 6.Mai 2012 ergaben folgende Stimmenverteilung:

Republikanische Partei 44,1%, Partei „Blühendes Armenien" 30,2%, Armenischer Nationalkongress 7,1%, Rechtsstaatspartei 5,5%, Armenisch-Revolutionäre Föderation (Daschnaken) 5,7%, Partei "Erbe" 5,8%. Dank der zusätzlich errungenen Direktmandate verfügt die Republikanische Partei über die absolute Mehrheit der Parlamentssitze. Gleichwohl bildete sie eine Koalition mit der Rechtsstaatspartei, die jedoch im April 2014 die Regierung verließ. Der einstige Koalitionspartner "Blühendes Armenien" war bereits 2012 in Opposition gegangen (AA 3.2015a, vgl. RA-CEC 6.5.2012).

Obschon der Wahlkampf für die Parlamentswahlen kompetitiv verlief, und die mediale Wahlberichterstattung ausgewogen war, herrschte in der Öffentlichkeit ein Mangel an Vertrauen in die Integrität des Wahlprozesses, begleitet von Vorwürfen des Stimmenkaufs. Laut OSZE gab es Fälle von Missbrauch durch die Verwendung von Verwaltungsressourcen zugunsten der Republikanischen Partei, beispielsweise durch den Einsatz von Lehrern und Schülern im Wahlkampf (OSCE/ODHIR 26.6.2012).

Nach dem überraschenden Rücktritt von Premierminister Tigran Sargsyan Anfang April 2014 ernannte Präsident Serzh Sargsyan den bisherigen Parlamentspräsidenten Hovik Abrahamyan zu dessen Nachfolger. Im neuen Kabinett sind 12 der insgesamt 19 Minister parteilos. Viele stehen jedoch der Oppositionspartei "Blühendes Armenien" nahe (AA 3.2015a, vgl. RFL/RL 3.4.2014).

Am 1.Jänner 2015 wurde Armenien offiziell Mitglied der von Russland angeführten Eurasischen Wirtschaftsunion, deren Zollverträge schrittweise bis 2022 implementiert werden sollen. Die Unterzeichnung im Oktober 2014 wurde von Protesten und scharfer Kritik begleitet. Gegner des Vertrages fürchten insbesondere ökonomische Nachteile sowie Einschränkungen der Meinungsfreiheit (CN 2.1.2015).

Aus armenischer Sicht stellte die Vorverlegung der türkischen Feierlichkeiten zum hundertjährigen Gedenken an die Schlacht bei Galipoli just auf den 24. April, den Tag des Genozids, eine Provokation dar. Der armenische Präsident warf der Türkei Geschichtsrevisionismus vor, mit dem Versuch durch die vorverlegte Galipoli-Gedenkveranstaltung vom Völkermord abzulenken. Sargsyan ordnete Mitte Februar 2015 daraufhin an, die noch nicht ratifizierten Zürcher Protokolle zur Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen Jerewan und Ankara aus dem Parlament zurückzuziehen (NZZ 24.4.2015, vgl. RFE/RL 16.2.2015, Standard 24.4.2015).

Nichtsdestoweniger sprach sich Sargsyan in einem Interview mit der türkischen Zeitung Hürriyet Daily News am Vorabend der Gedenkfeiern für die Normalisierung der bilateralen Beziehungen ohne Vorbedingungen aus. Insbesondere die Öffnung der Grenze würde helfen, eine Atmosphäre des Vertrauens herzustellen und die regionale Wirtschaft zu fördern (HDN 24.4.2015).

3. Sicherheitslage

Kernproblem für die armenische Außenpolitik bleibt der Konflikt um Nagorny Karabach und die in diesem Zusammenhang geschlossenen Grenzen zu Aserbaidschan und zur Türkei. Seit dem Krieg um das überwiegend von Armeniern bewohnte Gebiet Bergkarabach (1992-94) halten armenische Verbände rund 17% des aserbaidschanischen Staatsgebiets (Bergkarabach und sieben umliegende Provinzen) besetzt (AA 3.2015b).

Der Territorialkonflikt um Nagorny Karabach zwischen Armenien und Aserbaidschan ist immer wieder durch Perioden von höherer bzw. niedrigerer Intensität gekennzeichnet. Eine Lösung zeichnet sich derzeit nicht ab, trotz gegenteiliger Beteuerungen seitens der Konfliktparteien (ICG 26.9.2013).

Im Februar 2015 stimmten die Vertreter der Minsker Gruppe, die seit 1994 unter der OSZE-Schirmherrschaft als diplomatisches Instrument zur Lösung des Konflikts dient, darin überein, dass sich die militärische Situation sowohl entlang der Grenze zwischen Armenien und Aserbaidschan als auch entlang der sogenannten Kontaktlinie (das heißt, der international nicht anerkannten Grenze zu Bergkarabach) verschlimmert habe. Im Jänner 2015 gab es mit zwölf Toten die höchste Zahl an Opfern seit dem Waffenstillstandsabkommen von 1994 (OSCE 7.2.2015).

Am 24.9.2015 wurden laut armenischer Seite durch aserbaidschanisches Gefechtsfeuer drei Zivilisten getötet und mehrere verletzt (RFE/RL 25.9.2015). Daraufhin kam es zu Grenzzusammenstößen in der Berg-Karabach-Region zwischen Aserbaidschan und Armenien, bei denen ein aserbaidschanischer und vier armenische Soldaten getötet wurden. Als Konsequenz drohte Baku, den vermeintlichen armenischen Angriff mit schweren Waffen zu vergelten (EN 27.9.2015; vgl. RFE/RL 26.9.2015). Auch Armenien drohte mit einer Eskalation des Konfliktes. Das armenische Verteidigungsministerium drohte am 26.9.2015 mit dem Einsatz von Artillerie und Raketen als Antwort auf den aserbaidschanischen Artillerieangriff (VK 26.9.2015, vgl. Eurasianet 27.9.2015).

Die Minsker Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zeigte sich über den Einsatz schwerer Waffen und die zivilen Opfer besorgt und erinnerte beide Seiten an die Verpflichtung der Genfer Konvention, die Sicherheit und den Schutz von Nicht-Kombattanten zu gewährleisten (OSCE 25.9.2015). Außerdem wurden beide Seiten aufgerufen, die OSZE-Mechanismen zu akzeptieren, die die Untersuchung von Verletzungen des Waffenstillstandes vorsehen (OSZE 26.9.2015).

Die Verletzung der Waffenruhe ist durch wechselseitige Schuldzuweisungen gekennzeichnet. Überdies droht Aserbaidschan angesichts der ausbleibenden diplomatischen Lösung, das umstrittene Territorium mit Gewalt zurückzuerobern (BBC 7.4.2015, vgl. RFE/RL 23.1.2015, FH 23.1.2014).

Aserbaidschan sieht für 2015 Militärausgaben von fünf Milliarden Dollar vor, was mehr als das Staatsbudget Armeniens ist. Russland ist der Hauptverbündete Armeniens in der Region und beliefert das Land mit Waffen im Gegenzug für das Beibehalten der russischen Militärpräsenz in Armenien (FPN 23.1.2015).

4. Rechtsschutz/Justizwesen

Im Rahmen der Strategie zur Justizreform (2012-16) wurde die Unabhängigkeit der Richter durch Festlegung der Pflichten der Selbstverwaltungsstrukturen gesetzlich gestärkt. Die Ernennung, Beurteilung und Beförderung von Richtern wurde transparenter gestaltet. Die formelle Rolle des Staatspräsidenten in der endgültigen Bestellung der Richter wurde in der Gesetzesreform jedoch bestätigt. Das öffentliche Misstrauen gegenüber dem Justizsystem und dessen Integrität besteht weiterhin (EC 25.3.2015).

Die Rechtsstaatlichkeit bleibt durch die mangelnde Gewaltenteilung geschwächt. Der starken Rolle des Präsidentenamtes, begleitet von einem ineffizienten Parlament, steht ein fügsames Justizwesen gegenüber. Der Mangel an Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz schwächt in weiterer Folge auch die Effizienz der staatlichen Verwaltung (BS 2014).

Trotz der verfassungsmäßig garantierten richterlichen Unabhängigkeit mangelt es an dieser in der Praxis. Die richterliche Unabhängigkeit wird durch externe Akteure sowohl der vollziehenden Gewalt als auch innerhalb des Justizsystems, etwa durch Richter der höheren Instanzen, beeinflusst (CoE-CommDH 10.3.2015).

Das Prinzip der "Telefonjustiz" - Machthaber nehmen Einfluss auf laufende Verfahren - ist in politisch heiklen Fällen nach wie vor verbreitet. Wenige Fortschritte wurden somit hinsichtlich des Grundrechts auf ein faires Gerichtsverfahren und des Zugangs zur Justiz erzielt (AA 24.4.2015).

Der Gerichtsbarkeit mangelt es nicht bloß an Vertrauen, sondern sie gilt auch als von Korruption durchdrungen und in enger Verbindung zur Exekutive stehend. Die Korruption in der Justiz wurde auch vom UN-Hochkommissar für Menschenrechte bei einem Besuch im Oktober 2014 kritisiert. Nur ein Viertel der Bevölkerung hat Vertrauen in die Justiz (FH 28.1.2015, vgl. BS 2014).

Im Dezember 2013 veröffentlichte der armenische Ombudsmann einen Sonderbericht, worin er nicht nur die unfairen und willkürlichen Entscheidungen der Gerichte kritisierte, sondern auch die grassierende Korruption im Justizwesen. Die Studie, basierend auf zahlreichen anonymen Interviews mit Richtern, Staats- und Rechtsanwälten, ergab, dass Richter oft bestochen werden. In der Regel werden zehn Prozent der Schadensersatzsumme verlangt (AL 10.12.2013).

So beschuldigte der Ombudsmann insbesondere das Kassationsgericht als eine kriminelle Struktur, die wirksam die Entscheidungen der meisten niederen Gerichte kontrolliert und auf diese Druck ausübt (USDOS 25.6.2015).

Der Justizrat ist für die Ernennung und Entlassung von Richtern zuständig. Dieser kann Richter wegen des Delikts eines Justizirrtums auch dann anklagen, wenn gegen das Ersturteil kein Einspruch erhoben wurde. Gegen die Entscheidungen des Justizrates kann keine Berufung eingelegt werden. Laut Ombudsmann wendet der Justizrat Disziplinarmaßnahmen gegen Richter willkürlich, unter Verletzung des Gesetzes, an (USDOS 25.6.2015, vgl. CoE-CommDH 10.3.2015).

Verfahren erfüllten üblicherweise die meisten Standards für einen fairen Prozess, jedoch waren sie der Sache nach oft unfair, da viele Richter sich veranlasst sehen, gemeinsam mit den Staatsanwälten Verurteilungen zu erwirken. Die Richter sträuben sich Expertisen von Polizeiexperten anzufechten, wodurch sie es dem Angeklagten erschweren, sich glaubwürdig zu verteidigen. Angeklagte und ihre Verteidiger verfügen kaum über die Möglichkeit, Regierungszeugen und Beweismittel der Polizei, die das Gereicht zumal als unanfechtbar ansieht, in Frage zu stellen (USDOS 25.6.2015, vgl. CoE-CommDH 10.3.2015).

Laut dem Menschrechtskommissar des Europarats werde überproportional, oft ohne richterlichen Bescheid, die Untersuchungshaft verhängt, welche zudem unverhältnismäßig lange sei. Ansuchen auf Freilassung auf Kautionen werden per se abgelehnt (CoE-CommDH 10.3.2015).

Überdies verabsäumten armenische Gerichte laut der Internationalen Föderation für Menschenrechte, wie eigentlich von Gesetz wegen vorgesehen, spezifische Fakten oder Erläuterungen zum jeweiligen Fall vorzulegen, warum die Untersuchungshaft als Zwangsmaßnahme anzuwenden sei. Stattdessen würden abstrakte Annahmen hinsichtlich des Fluchtrisikos oder der möglichen Behinderung weiterer Ermittlungen als Gründe angeführt (FIDH/CSI 5.5.2014).

Das Gesetz garantiert das Prinzip der Unschuldsvermutung, doch die Behörden respektieren dieses Recht nicht. Angeklagte, Strafverteidiger und die geschädigte Partei haben das Recht, gegen ein Gerichtsurteil in Berufung zu gehen. Es gibt keine Geschworenengerichtsbarkeit. Ein Einzelrichter entscheidet in allen Gerichtsverfahren außer bei Verbrechen, die mit lebenslanger Haftstrafe bedroht sind. Angeklagte haben das Recht, eine Rechtsberatung zu beanspruchen. Der Staat ist verpflichtet, auf Antrag einen Verteidiger zur Verfügung zu stellen. Außerhalb Jerewans wurde diese Verpflichtung aufgrund des Mangels an Verteidigern oft nicht eingehalten (USDOS 25.6.2015).

5. Sicherheitsbehörden

Die Polizei führt willkürliche Festnahmen ohne Haftbefehl aus, schlägt Häftlinge während der Einvernahme und des Haftaufenthaltes und gebraucht Folter, um Geständnisse zu erwirken (FH 28.1.2015, vgl. AA 7.2.2014, HRW 29.1.2015).

Laut armenischem Ombudsmann gab es 2013 zahlreiche Beschwerden über Polizeigewalt, wobei lediglich vier Beschwerden von der Polizei registriert wurden. Zahlreiche Personen, darunter auch Jugendliche, seien von den Polizeistellen "eingeladen" und gegen deren Willen festgehalten worden, obwohl die Polizei keine solche Befugnis habe. Zu den positiven Entwicklungen zähle, dass 2013 141 Polizisten infolge der Untersuchung durch die Interne Sicherheitsabteilung für unrechtmäßiges Verhalten zur Verantwortung gezogen wurden (RA-HRD 2014).

Die Polizei ist, ebenso wie der Nationale Sicherheitsdienst (NSD), direkt der Regierung unterstellt. Allein der Präsident hat die Befugnis, die Leiter beider Behörden zu ernennen. Die Aufgaben beider Organe sind voneinander abgegrenzt. Für die Wahrung der nationalen Sicherheit sowie für Nachrichtendienst und Grenzschutz ist der Nationale Sicherheitsdienst zuständig, dessen Beamte auch Verhaftungen durchführen dürfen. Fallweise treten Kompetenzstreitigkeiten auf, z.B. wenn ein vom NSD verhafteter Verdächtiger ebenfalls von der Polizei gesucht wird.

Der Polizeichef füllt in Personalunion die Funktion des Innenministers aus. Ein Innenministerium gibt es nicht mehr. Das Fehlen der politischen Instanz wird damit begründet, dass damit eine "Politisierung" der Sicherheitsorgane verhindert werden soll (AA 24.4.2015).

Der Polizei und dem Nationalen Sicherheitsdienst mangelt es an Ausbildung, Ressourcen und an Strukturen zur Vorbeugung von Misshandlungsfällen. Straffreiheit bleibt weiterhin ein Problem und es gibt keinen unabhängigen Mechanismus für Untersuchungen von Übergriffen durch die Polizei. Bürger können die Polizei vor Gericht in eingeschränktem Ausmaß anklagen. Korruption bei der Polizei bleibt weiterhin ein Problem (USDOS 25.6.2015).

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Armenien ist Signatarstaat des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Die Verfassung verbietet die Anwendung von Folter. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass systematisch Folter praktiziert wird. Menschenrechtsorganisationen berichten aber immer wieder glaubwürdig von Fällen, bei denen es bei Verhaftungen oder Verhören zu Folterungen gekommen sein soll. Es gibt keine Erkenntnisse über systematische Folterungen. Gleichwohl ist bekannt, dass festgenommene Personen in Polizeistationen mitunter geschlagen werden, etwa um Geständnisse zu erhalten. Betroffene beschweren sich nur selten, weil sie Repressalien befürchten (AA 24.4.2015).

Die meisten Fälle von Misshandlungen kamen in den Polizeistationen vor, die nicht unter öffentlicher Beobachtung standen, und nicht in Gefängnissen oder Hafteinrichtungen der Polizei, die solcher Beobachtung unterliegen (USDOS 25.6.2015).

Der Menschenrechtskommissar des Europarates zeigte sich besorgt, dass erzwungene Geständnisse regelmäßig bei Gericht Verwendung finden. Überdies gäbe es Fälle, bei denen Personen, die Beschwerde gegen Misshandlung während der Einvernahme einlegten, wegen Falschaussage verurteilt wurden (CoE-CommDH 10.3.2015).

Der armenische Ombudsmann kritisierte, dass die Rechtsorgane nicht adäquat auf Berichte über Folter antworteten, sondern sich überhaupt weigerten Untersuchungen durchzuführen. Gleichzeitig würde in Fällen, bei denen eine Untersuchung standfindet, oft nur oberflächlich und voreingenommen ermittelt (RA-HRD 26.6.2015).

Folteropfer können den Rechtsweg nutzen, einschließlich der Möglichkeit, sich an den Verfassungsgerichtshof bzw. den EGMR zu wenden. Abgesehen davon gibt es allerdings keinen Mechanismus, Folterverdachtsfälle gegenüber Beamten zu untersuchen, da beispielsweise Dienstaufsichtsbeschwerden nicht vorgesehen sind. Betroffene beschweren sich nur selten, weil sie Repressalien befürchten (AA 24.4.2015).

Die armenischen Behörden bekennen sich zum Ziel, die Standards des Europarats bezüglich des Vorgehens gegen Folter und Misshandlung einzuhalten. Gleichzeitig wurden 2014 Beschwerden über Folter und Misshandlungen während der Untersuchungshaft ignoriert, ohne dass entsprechende Untersuchungen eingeleitet wurden.

Das armenische Gesetz verbietet Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Allerdings sind greifbare Ergebnisse ausgeblieben, die das nationale Recht hinsichtlich der Kriminalisierung von Folter in Einklang mit Artikel 1 der Konvention gegen Folter bringen. Die gegenwärtige Definition von Folter in Armenien beinhaltet nicht Straftaten, welche durch Behördenvertreter begangen werden. Infolgedessen wurde niemand aus den Exekutiv- oder Sicherheitsorganen je wegen Folter verurteilt. Wenn es überhaupt zur Bestrafung oder Verurteilung kommt, dann für geringere Delikte, wie den Missbrauch der Amtsgewalt. In mehreren Fällen wurden verurteilte Beamte amnestiert (CoE-CommDH 10.3.2015, vgl. EC 25.3.2015).

Der Direktor des Civil Society Instituts und Mitglied des UN-Unterkomitees für die Folterprävention, Arman Danielyan, bezeichnete die Aussage des Justizministers als Hoffnungsschimmer, wonach der Folterbegriff im Strafrecht in Einklang mit dem Wortlaut der UN-Anti-Folterkonvention gebracht werden soll. Dies bedeute, dass auch bei Ausbleiben einer privaten Klage von Amtswegen ermittelt werden muss, wenn es sich um einen Fall von Folter handelt. Überdies sah er im Jahr 2014 eine gestiegene Bereitschaft seitens der Betroffenen, offiziell Beschwerden einzureichen. Insbesondere habe der Sonderermittlungsdienst (Special Investigation Service - SIS) verstärkt Aktivitäten gesetzt, wobei konkrete Resultate noch abzuwarten seien (HRA 16.1.2015).

Der Sonderermittlungsdienst, eine Beschwerdeeinrichtung zur Untersuchung von strafrechtlichen Vergehen von Behörden, berichtete für das Jahr 2014 von 546 Fällen, in denen ermittelt wurde. Dies bedeutete eine deutliche Steigerung gegenüber den Jahren 2012 und 2013, als lediglich 204 bzw. 239 Fälle behandelt wurden (SIS 26.1.2015).

7. Korruption

Die Korruption in Armenien durchdringt alle Bereiche der Gesellschaft. Die öffentliche Verwaltung, speziell die Justiz, die Polizei, der Strafvollzug, das Gesundheitswesen und das öffentliche Beschaffungswesen sind anfällig. Eines der signifikantesten Korruptionsthemen ist die Vermengung von Politik und Geschäftswelt. Obgleich die Verfassung es Parlamentsmitgliedern verbietet ein Geschäft zu betreiben, wird dieses Verbot ignoriert. Mächtige Politiker und Offizielle kontrollieren wiederholt Privatfirmen via Strohmänner und Verwandte. In den Augen des US Department of State gehörten die systematische Korruption und der Mangel an Transparenz in der Regierung zu den signifikantesten Menschenrechtsproblemen im Jahr 2014. Das Gesetz sieht zwar strafrechtliche Sanktionen für Korruptionsdelikte von Beamten vor, doch setzt die Regierung das Gesetz nicht effektiv um, sodass viele Beamte, die sich korrupter Praktiken bedienen, straffrei gehen (USDOS 25.6.2015).

Korruption bis in die höchsten Instanzen ist weiterhin ein sehr verbreitetes Problem. So sind bei öffentlichen Ausschreibungen sogenannte "Kickback"-Zahlungen an die ausschreibenden Behörden üblich, um Aufträge zu erhalten (AA 24.4.2015).

Auf dem Korruptionswahrnehmungsindex 2014 belegte Armenien wie im Jahr davor Platz 94 von insgesamt 175 untersuchten Staaten (TI 2014).

Laut Transparency International ist die Schattenökonomie, die von Oligarchen beherrscht wird, ein spezielles Merkmal der Korruption in Armenien. Dieser Bereich macht 35 Prozent des BNP aus. Angesichts der Vermengung von Wirtschaft und Politik im Zeichen der Korruption, sei es nicht erstaunlich, dass 82 Prozent der ArmenierInnen glauben, dass Korruption im öffentlichen Sektor ein (ernsthaftes) Problem sei, wobei vor allem die Justiz und die Verwaltung betroffen seien. Nur 21 Prozent glauben andererseits, dass die Regierung effektiv in ihren Anti-Korruptionsbemühungen sei (TI 4.2015)

Im April 2014 wurde ein Strategiepapier für den Kampf gegen die Korruption angenommen, welches sich auf den Bildungs- und Gesundheitsbereich sowie auf die Staatseinnahmen konzentriert (EC 25.3.2015).

Der neue Anti-Korruptionsrat soll die Koordination von Anti-Korruptionsmaßnahmen vornehmen, die durch die unterschiedlichen Regierungsinstitutionen umzusetzen sind. Überdies soll der Rat Debatten und Diskussion organisieren sowie Empfehlungen an die Regierung geben. Unter dem Vorsitz des Premierministers sollen nebst Vertretern aus dem Justiz- und dem Finanzministerium sowie der Generalstaatsanwaltschaft auch die parlamentarische Opposition und die Zivilgesellschaft Vertreter entsenden (AL 19.2.2015).

Als Lichtblicke in Hinblick auf die Korruptionsbekämpfung und angesichts der mangelnden Gewaltenteilung werden die Kontrollkammer, die zentrale Wahlbehörde und die Ombudsmannstelle angesehen. Insbesondere letztere wird für ihren Mut, dem Druck staatlicher Stellen zu widerstehen, gelobt (TI 4.2015).

Unter Anführung erwähnter Missstände empfahl der UN-Ausschuss für Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte (CESCR) in seinem Bericht vom Juli 2014, die Effektivität der rechtlichen, strukturellen und politischen Maßnahmen seitens der Regierung, der öffentlichen Verwaltung und der Gerichtsbarkeit im Kampf gegen Korruption zu stärken, wozu auch die vermehrte Untersuchung und Bestrafung gehören (CESCR 16.7.2014).

8. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Nichtregierungsorganisationen sind registriert. Diese haben Zugang zu Medien, Behörden und Vertretern internationaler Organisationen.

Die Arbeit der NGOs, die sich mit Themen wie Medien, Versammlungs- und Meinungsfreiheit oder Korruption beschäftigen, wird allerdings seitens der Exekutive nicht unterstützt. Gelegentlich werden Fälle bekannt, in denen NGOs behindert werden. So wird immer wieder berichtet, dass Menschenrechtsorganisationen der Zugang zu verwertbaren Informationen und Zahlen durch Behörden und Regierung erschwert wird (AA 24.4.2015).

Einige Regierungsmitglieder und Pro-Regierungsmedien titulierten NGOs, die aus dem Ausland finanziert wurden, wie beispielsweise bekannte Menschenrechtsgruppen und Anti-Korruptions-Wächter als "große Fresser" und Verräter, die die nationalen Interessen, die Sicherheit und die Traditionen unterminieren würden (USDOS 25.6.2015).

Im September 2014 initiierte die Regierung ein neues Gesetz über Öffentliche Organisationen. Zur Ausarbeitung des Gesetzesentwurfs wurde eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern des Justizministeriums und zivilgesellschaftlicher Organisationen gebildet. Hierbei wurden zahlreiche öffentliche Diskussionen mit über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen veranstaltet. Der Gesetzesentwurf erlaubt eine flexible Regulierung der öffentlichen Organisationen und stärkt deren Rolle. Durch die Festlegung der erlaubten Geschäftstätigkeiten, beispielsweise die Gründung einer Stiftung sowie einer gesteigerten Transparenz der staatlichen Finanzierung, sollen die Entwicklung, Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit gestärkt werden. Die Schaffung des neuen Gesetzes wurde seitens der EU durch das Programm: "Unterstützung für ein demokratisches Regieren in Armenien" mit rund 950.000 Euro gefördert (EC 25.3.2015, vgl. EU 10.4.2015).

9. Ombudsmann

Das Büro des Ombudsmannes hat das Mandat die Menschenrechte und grundlegende Freiheiten vor dem Missbrauch durch die Regierung zu schützen. Die Effektivität ist durch die begrenzten finanziellen Mittel eingeschränkt. Eine Zusatzfinanzierung seitens der Regierung, um die Rolle als "Nationaler Präventiver Mechanismus (NPM) im Sinne des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe der Vereinten Nationen" auszuüben, blieb aus (USDOS 25.6.2015).

Die Verfassungsänderung im November 2005 hat die Institution einer vom Parlament gewählten Ombudsperson für Menschenrechte geschaffen. De facto muss die Ombuds-person einen schwierigen Spagat zwischen Exekutive und den Rechtsschutz suchenden Bürgern vollziehen. Der Ombudsmann bemüht sich um die Stärkung der Institution sowie um die Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft. So sollen regionale Büros aufgebaut werden. Mit 80 NGOs wurden "Memoranda of Understanding" zur vertieften Zusammenarbeit und konstruktivem Dialog gezeichnet. Im armenischen Haushalt 2015 sind insgesamt 481.300 Euro für die Arbeit der Ombudsperson eingeplant (2013: 440.000 Euro) (AA 24.4.2015).

Angesichts des Versagens der Justiz, was den Schutz der Bürger- und Menschenrechte anlangt, gilt die Ombudsmannsstelle als positive Ausnahme. Als einzige Institution stellt sie das staatliche Versagen beim Schutz und der Verletzung der bürgerlichen Freiheiten in Frage (BS 2014).

Die Menschenrechtssituation stellte sich 2014 weiterhin uneinheitlich dar. Der Eingriff seitens der Behörden bei friedlichen Demonstrationen setzte sich fort. Folter und Misshandlungen bei Festnahmen bleiben ein Problem, während Untersuchungen in derartigen Fällen ineffizient sind. Journalisten sind weiterhin mit Druckausübung und Gewalt konfrontiert. Obgleich der Zivildienst eingeführt wurde, kommt es zu schweren Misshandlungen in der Armee. Von Zwangseinweisungen in psychiatrische Anstalten wird ebenso berichtet wie von Gewalt und Diskriminierung infolge der sexuellen Orientierung (HRW 29.1.2015, vgl. CoE-PA 27.8.2014).

Menschenrechte werden zum größten Teil durch die Sicherheitsorgane, politische Amtsträger und Privatpersonen aus dem Umfeld der sich über dem Gesetz wähnenden Oligarchen oder deren Strukturen verletzt (AA 24.4.2015).

Im Juni 2014 lobten die OSCE, Delegation der EU, die Vereinten Nationen und der Europarat in einer gemeinsamen Erklärung die armenische Regierung für die Verabschiedung des Menschenrechts-Aktionsplanes. Der Plan anerkenne, dass die Rechte vulnerabler Gruppen Schutz bedürfen und die Regierung aufgerufen sei, Bemühungen voran zu treiben, die gleiche Rechte und Chancen für alle sichern (OSCE 30.6.2014).

Allerdings kritisierte die Europäische Kommission, dass der Plan wichtige Bereiche, die Vorrang haben sollten, wie die Einhaltung der UN-Konvention gegen Folter, ausspare. Die Europäische Kommission beurteilte die Fortschritte im Bereich der Menschenrechte und der fundamentalen Freiheiten als beschränkt (EC 25.3.2015).

10. Meinungs- und Pressefreiheit

Obgleich Kritik an der Regierung und Amtsträgern im Allgemeinen toleriert wird, sind gewisse Themen nach wie vor Tabu. Insbesondere Menschenrechtsaktivisten und Journalisten, die Minderheitenmeinungen zu kontroversen Themen wie den Nagorny Karabach-Konflikt oder Gender-Themen äußern, sind mit Einschüchterungen, Schikanen, Drohungen oder Tätlichkeiten konfrontiert (EC 25.3.2015, vgl. AA 24.4.2015).

Im September 2014 äußerte sich die OSCE Vertreterin für Medienfreiheit, Dunja Mijatovic, besorgt über Attacken auf Journalisten und den Mangel an effektiven Maßnahmen, um das Klima der Straffreiheit zu beenden. Die Straffreiheit für solche Übergriffe würde das Gewaltpotential erhöhen und die Meinungs- und Medienfreiheit beeinträchtigen (OSCE-RFM 30.9.2014).

Laut dem "Komitee zum Schutze der Meinungsfreiheit" wurden 2014 77 Fälle der Verletzung der journalistischen Freiheiten gemeldet, im Vergleich zu 65 im Jahre 2013. Hiervon waren neun Fälle mit körperlicher Gewalt gegen Journalisten verbunden. Unter den 22 gerichtsanhängigen Fällen, die 2014 zugänglich gemacht wurden, befanden sich 17, in denen es um Beleidigung und Rufschädigung ging (CPFE 30.1.2015).

Die Medienfreiheit ist weiterhin unzureichend. Entwicklungen in Richtung einer Vielfalt im Bereich des Rundfunks und einer Transparenz hinsichtlich der Eigentümerstrukturen blieben aus (EC 25.3.2015).

Die meisten dominanten Rundfunkanstalten werden von der Regierung oder regierungsfreundlichen Einzelpersonen kontrolliert. Der Printmedienbereich ist klein und verringert sich, während die On-Line-Medien in ihrer Popularität und Zugänglichkeit wachsen. Fast alle Printmedien sind privat, und tendieren dazu, die politische und ideologische Richtung ihrer Eigentümer wiederzugeben (FH 28.4.2015).

Artikel 27 der Verfassung schützt die Meinung-, Informations- und Medienfreiheit. Es gibt offiziell keine Zensur. Viele Journalistinnen und Journalisten neigen aber zur Selbstzensur. Üble Nachrede und Verleumdung werden nach einer Gesetzesänderung nicht mehr strafrechtlich verfolgt. Damit wurde eine langjährige Forderung der internationalen Gemeinschaft umgesetzt. Betroffenen steht stattdessen der zivilrechtliche Klageweg offen. Die Zahl der zivilrechtlichen Klagen gegen Medien und Journalisten hat in der Folge stark zugenommen, und es ergingen eine Reihe unverhältnismäßig hoher Geldstrafen (AA 24.4.2015, vgl. HRW 29.1.2015).

Mitte September beschrieb der Vorsitzende von CPFE, XXXX , die Wirkung der neuen Gesetzlage entgegen den optimistischen Prognosen als wirkliche Hausausforderung für die Medien, denn Politiker und Wirtschaftstreibende würden objektive Kritik als Beleidigung und Verleumdung betrachten und versuchten mittels Klagen Rache an den Medien zu üben. Seit Beleidigung und Verleumdung als Delikte entkriminalisiert wurden, wären 126 Klagen gegen Medien und Journalisten eingereicht worden (CPFE 16.9.2015).

Im World Press Freedom Index 2014 der Organisation "Reporter ohne Grenzen" rangierte Armenien auf Platz 78 von 180 Ländern (RWB 2015).

11. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Die Verfassung garantiert das Recht auf "friedliche, nicht bewaffnete, öffentliche Versammlungen". Mitte März 2008 erfolgte eine Verschärfung des Versammlungsgesetzes mit weitreichenden Verbotsmöglichkeiten, die jedoch auf Druck des Europarates mit der Novellierung des Versammlungsgesetzes 2011 teilweise zurückgenommen wurden. Demonstrationen auf dem Opernplatz ("Platz der Freiheit") in Jerewan werden wieder regelmäßig genehmigt, insbesondere nach den Präsidentschaftswahlen im Februar 2013. Vertreter der Opposition haben teilweise mit Einschränkungen zu kämpfen. Die Interpretation des Gesetzes über die Versammlungsfreiheit erscheint mitunter willkürlich. Andererseits werden manche spontane Demonstrationen geduldet (AA 24.4.2015).

Das gegenwärtige Recht auf Versammlungsfreiheit entspricht den EUund anderen internationalen Standards. Trotz des Rechts auf Versammlungsfreiheit mischen sich die Behörden dahingehend ein, dass sie Zusammenkünfte nicht genehmigen, Demonstrationen auflösen oder Teilnehmer physisch attackieren bzw. festnehmen, wie dies auch 2014 der Fall war (EC 25.3.2015, vgl. FH 28.1.2015, FCO 28.1.2015).

Demonstrationen der Opposition werden zwar wieder regelmäßig genehmigt, die verfassungsmäßig garantierte Versammlungsfreiheit wird jedoch in der Praxis durch das Gesetz über administrative Haft und das Versammlungsgesetz spürbar eingeschränkt (AA 24.4.2015).

Auch die Vereinigungsfreiheit hat Verfassungsrang. Die aktuelle Gesetzgebung entspricht im

Wesentlichen internationalen Standards, weist aber in der Umsetzung Defizite auf. Das Recht auf Streik gilt nicht uneingeschränkt. Bestimmten Berufsgruppen (z.B. Polizei) ist das Recht verwehrt, Gewerkschaften beizutreten. Wegen der hohen Arbeitslosigkeit und der ungünstigen Wirtschaftslage machen Arbeitnehmer von ihrem Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, nur in geringem Umfang Gebrauch (AA 24.4.2015).

11.1. Opposition

Die Opposition besteht aus dem Bündnis des Armenischen Nationalkongresses, der "Daschnakzutiun" (Armenische Revolutionäre Föderation, ARF) und der "Erbe"-Partei. Die Partei Bargavach Hayastan ("Blühendes Armenien") ging in die "konstruktive" Opposition. Es gibt immer wieder belastende Berichte in der Presse und von NGOs über Behinderungen und Ungleichbehandlungen der Oppositionsparteien durch die Behörden, z.B. bei Demonstrationen oder Wahlen (AA 24.4.2015).

Überdies gab es fortwährend Beschwerden, dass die Regierung ihre erheblichen administrativen und rechtlichen Ressourcen gebrauche, um finanzielle Zuwendungen an die Opposition zu verhindern. Die Unfähigkeit der Oppositionsparteien Gelder aufzutreiben, entweder durch staatliche Mittel oder durch private Spenden, die wegen des Drucks der Regierung auf potentielle Spender ausbleiben, marginalisiert die Oppositionsparteien noch mehr (USDOS 25.6.2015).

12. Todesstrafe

Armenien hat im September 2003 das 6. Protokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention ratifiziert. Die Todesstrafe ist damit abgeschafft; dies ist in Artikel 15 der Verfassung verankert (AA 24.4.2015, vgl. DPF o.D.).

13. Religionsfreiheit

Die Religionsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert (Art. 26) und darf nur durch das Gesetz und nur soweit eingeschränkt werden, wie dies für den Schutz der staatlichen und öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral notwendig ist (AA 24.4.2015).

Reformen des Gesetzes über Gewissens- und Religionsfreiheit brachten 2011 Verbesserungen mit sich. Laut einer Fact-Finding-Mission der Parlamentarischen Versammlung des Europarates legt das Gesetz sowohl die Freiheit der Glaubens- und Religionsausübung als auch die damit verbundenen religiösen Veranstaltungen fest. Überdies verleiht es den religiösen Vereinen und Gruppen den Rechtsstatus, sofern sie über 25 Mitglieder verfügen, ohne dass eine Registrierung bzw. amtliche Genehmigung notwendig wären. Allerdings bestehen noch etliche Mängel im Gesetz insbesondere in Bezug auf die komplizierte und verwirrende Definition des Proselytismus (CoE-PA 27.8.2014).

Das Gesetz verbietet zwar Proselytismus, was so genanntes "soul hunting" und erzwungene Konversion beschreibt, doch eine nähere Definition besteht nicht. Diese Bestimmung betrifft alle Gruppen, auch die Armenisch-Apostolische Kirche (USDOS 14.10.2015).

Die Armenische Apostolische Kirche hat quasi den Status einer Staatskirche und nimmt eine faktisch privilegierte Stellung ein. In der Verfassung verankert, ist sie zwar formell anderen kirchlichen Organisationen gleichgestellt, allerdings genießt der Katholikos, das Oberhaupt der Kirche, besonderes Gehör bei Regierung und Bevölkerung. Vertreter religiöser Minderheiten beklagen, dass sie kaum Zugang zu den meist staatlich kontrollierten Medien erhalten, weshalb sie kaum eine Chance haben, gegen weit verbreitete Vorurteile und gelegentliche Hetzkampagnen durch private Organisationen anzugehen (AA 24.4.2015).

Der Unterrichtsplan enthält immer noch das Pflichtfach "Die Geschichte der Armenischen Kirche", was von vielen lokalen Experten als Indoktrinationsmittel gegenüber den Kindern verstanden wird. Die Regierung hat diesbezüglich bekräftigt, dieses Fach nicht streichen zu wollen (USDOS 14.10.2015)

Trotz gesetzlicher Verbesserungen, was die Rolle der religiösen Minderheiten anlangt, wie die Einführung des Zivildienstes für Zeugen Jehovas, bleibt die gesellschaftliche Akzeptanz von religiösen Minderheiten niedrig bzw. nicht zufriedenstellend (EC 25.3.2015, vgl. CoE-PA 27.8.2014, RA-HRD 2014).

Protestantisch-evangelikale Gruppen und Zeugen Jehovas, im Unterschied etwa zur alteingesessenen Evangelischen oder der Römisch-Katholischen Kirche, werden besonders angefeindet. Sowohl für Vertreter der Armenisch Apostolischen Kirche als auch für zahlreiche Medien gelten diese als anti-armenische, vom Ausland finanzierte Sekten, die sich des Proselytismus, des Abwerbens von Gläubigen, bedienen (oDem 24.9.2014).

Das Gesetz verbietet zwar Bekehrungen durch religiöse Minderheiten. Missionarisch aktive Glaubensgemeinschaften wie die Zeugen Jehovas oder die Mormonen werden jedoch staatlicherseits darin nicht behindert, wie dies etwa Vertreter der Zeugen Jehovas bestätigten. Im Laufe des Jahres 2014 kam es bisweilen zu Zwischenfällen - zwei Überfälle auf evangelische Kirchen in Armenien, die nach Aussagen von Kirchenvertretern nicht vollständig aufgeklärt wurden (AA 24.4.2015).

Vertreter der religiösen Minderheiten beschwerten sich hingegen, dass Baugenehmigungen für religiöse Einrichtungen verweigert würden. Vandalismus an bestehenden Gebäuden und gelegentlichen Manifestationen von Intoleranz würden behördlicherseits unzureichend verfolgt bzw. ignoriert (CoE-PA 27.8.2014). Diskriminierungen gegen religiöse Minderheitengruppen am Arbeitsplatz, in der Schule und in den Medien sind weiterhin vorhanden (EC 25.3.2015, vlg. USDOS 14.10.2015). Viele Medien stellten Minderheitenreligionen weiterhin als Sekten dar. In Rundfunkdiskussionen und Presseberichten brandmarkten Vertreter der Armenisch-Apostolischen Kirche die religiösen Minderheiten als Staatsfeinde (USDOS 14.10.2015).

14. Bewegungsfreiheit

Aufgrund des zentralistischen Staatsaufbaus der geringen territorialen Ausdehnung gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten gegenüber zentralen Behörden. Bei Problemen mit lokalen Behörden oder mit Dritten kann jedoch ein Umzug Abhilfe schaffen (AA 24.4.2015).

Das Gesetz sieht die Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung vor. Es gab jedoch Einschränkungen vor allem im Zusammenhang mit Reisen zu oppositionellen Kundgebungen in der Hauptstadt. Um das Land vorübergehend oder dauerhaft zu verlassen, müssen sich Bürger eine Ausreisebewilligung besorgen. Ausreisebewilligungen für vorübergehende Reisen werden üblicherweise innerhalb eines Tages ausgestellt zum Preis von 1.000 Dram (ca. 2,44 USD) pro Gültigkeitsjahr (USDOS 25.6.2015).

Einschränkungen der Bewegungsfreiheit beziehen sich oft auf die Versammlungsfreiheit, indem der Zugang zu Örtlichkeiten seitens der Behörden behindert wird. Das Norwegische Helsinki Comittee sieht seit 2014 eine Zunahme der Einschränkungen der Bürgerfreiheiten, darunter auch der Bewegungsfreiheit (NHC 4.2.2014).

15. Grundversorgung/Wirtschaft

Das verheerende Erdbeben von 1988, der Konflikt mit Aserbaidschan um die Region Bergkarabach (1988-1994), der Zusammenbruch des sowjetischen Wirtschaftssystems und die Unterbrechung der Energieversorgung in den 1990er Jahren führten zu einem drastischen Niedergang der armenischen Industriestruktur. Dies und die andauernde Isolation durch geschlossene Grenzen zur Türkei und zu Aserbaidschan belasten die armenische Wirtschaft bis heute (AA 3.2015c).

Die Wirtschaft hat sich immer noch nicht zur Gänze von der tiefen Rezession, die durch die globale Wirtschaftskrise 2008 ausgelöst wurde, erholt. Damals fiel das Bruttonationalprodukt um 14,1%. Der steile Wirtschaftsabschwung 2009 ist der Hauptfaktor für die steigende Armut. Rund 1,2 Millionen Armenier leben von circa 3 Euro pro Tag. Die sozioökonomische Kluft hat zudem einen regionalen Aspekt. Durch die überproportionale Wirtschaftsaktivität in den urbanen Zentren hat sich die Einkommensschere zwischen Stadt und Land verstärkt. Der Zugang etwa zum Gesundheitswesen und zur Bildung sowie deren Qualität divergiert stark zwischen urbanen und ländlichen Regionen (BS 2014).

Laut Europäischer Kommission gab es 2014 weitere Fortschritte in der Wirtschaftspolitik im Makrobereich, der Armutsbekämpfung und der sozialen Kohäsion. Allerdings nahm die wirtschaftliche Aktivität 2014 infolge der ökonomischen Verlangsamung in Russland und der schwachen Nachfrage aus der Europäischen Union ab. Zu wenig würde unternommen, um die Wirtschaft zu diversifizieren. Es bestünde ein übermäßiges Vertrauen speziell in die Landwirtschaft und den Bergbau (EC 25.3.2015).

Zu den strukturellen Defiziten gehört nebst den abnehmenden Investitionen auch eine übermäßige Abhängigkeit von Überweisungen aus dem Ausland (BS 2014).

In Armenien ist ein breites Warenangebot in- und ausländischer Herkunft vorhanden. Auch umfangreiche ausländische Hilfsprogramme tragen zur Verbesserung der Lebenssituation bei. Die Gas- und Stromversorgung ist grundsätzlich gewährleistet. Leitungswasser steht dagegen in manchen Gegenden, auch in einigen Vierteln der Hauptstadt, insbesondere während der Sommermonate nur stundenweise zur Verfügung. Ein beachtlicher Teil der Bevölkerung ist nach wie vor finanziell nicht in der Lage, seine Versorgung mit den zum Leben notwendigen Gütern ohne Unterstützung durch humanitäre Organisationen sicherzustellen. Angaben des nationalen Statistikamtes für das Jahr 2013 zufolge leben 32% der Armenier unterhalb der Armutsgrenze (2009: 34,1%). Ein Großteil der Bevölkerung wird finanziell und durch Warensendungen von Verwandten im Ausland unterstützt. Das die Armutsgrenze bestimmende Existenzminimum beträgt in Armenien 56.600 armenische Dram (AMD) (ca. 110 Euro) im Monat, der offizielle Mindestlohn 50.000 AMD (derzeit ca. 96 Euro). Die wirtschaftliche Lage führt nach wie vor dazu, dass der Migrationsdruck anhält. In den ersten drei Quartalen 2014 haben 105.000 Menschen Armenien dauerhaft verlassen (1.-3. Quartal 2013: 120.998). Unter den Auswanderern sind auch viele Hochqualifizierte, wie etwa Ärzte oder IT-Spezialisten (AA 24.4.2015).

Laut Statistikamt betrug 2013 die Netto-Migrationsquote minus 8,1 pro 1.000 Einwohner, was eine deutliche Steigerung zu den Vorjahren indiziert (2012: -3,1; 2011: -1,2). Die Armenische Bevölkerung nahm im Zeitraum zwischen 2010 und 2014 um mehr als 230.000 Personen bzw. 7% ab (NSS-RA 2014a).

Das 2014 erreichte Wirtschaftswachstum von 3,4% ist nicht ausreichend für einen nachhaltigen Aufschwung der Ökonomie. Vor allem die drastische Anhebung des Gaspreises durch Russland, der Rückgang von Auslandsüberweisungen und die Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland haben die Wirtschaft negativ beeinflusst. Die Inflationsrate lag 2014 offiziell bei 3% (AA 3.2015c).

Die offizielle Arbeitslosenrate betrug 2013 16,2% und lag damit unter jener der Vorjahre (NSS-RA 2014b). Das Arbeitslosenamt meldete hingegen mit Stand 1.1.2015 17,1% Arbeitslose (SEA o.D.).

15.1. Sozialbeihilfen

Das soziale Sicherungssystem Armeniens wird derzeit durch den Staatshaushalt (Familien-und andere Beihilfen, Pensionen für Militärbedienstete, soziale Unterstützungsprogramme sowie seit 2003 auch Sozialrenten) sowie durch die staatliche Sozialversicherung (Staatsrenten, Arbeitslosenunterstützung und Beihilfen bei vorübergehender Berufsunfähigkeit oder Schwangerschaft) finanziert. Eine Reihe von Sozialprogrammen wird wesentlich durch Spenden unterstützt. Dies gilt insbesondere für öffentliche Arbeiten und Sozialversicherungsprogramme (IOM 8.2014).

Familienbeihilfen

Als bedürftig registrierte Familien können Familiensozialhilfe erhalten, sofern die errechnete Bedürftigkeit einen von der Regierung der Republik Armenien im Jahr 2005 festgelegten (und noch immer gültigen) Schwellenwert von 34,00 Punkten überschreitet.

Einmalige Beihilfen

Dies können Familien gewährt werden, deren Bedürftigkeitspunktzahl unter dem Mindestschwellenwert von 34,00 (jedoch über 0) liegt. Die Entscheidung über die Bedürftigkeit einer Familie obliegt dem Sozialrat. Des Weiteren wird Familien verstorbener Soldaten eine Beihilfe in Höhe der Familiensozialhilfe gewährt. Die Anerkennung des Anspruchs der einmaligen Beihilfe wird alle drei Monate geprüft. Die Summe beträgt 6.000 AMD (entsprechend dem Leistungsgrundbetrag).

Kindergeld

Kindergeld wird Personen gewährt, die Kinder unter zwei Jahren versorgen. Die monatlichen Leistungen für Personen, die Kinder unter zwei Jahren versorgen, belaufen sich auf etwa 3.000 Dram.

Mutterschaftsgeld

Derzeit bestehen in Armenien drei Arten von Beihilfen in Verbindung mit Kindsgeburten. Einerseits die einmalige Mutterschaftsbeihilfe von 50.000 Dram. Darüber hinaus gibt es eine monatliche Zahlung von ca. 18.000 Dram im Monat an alle erwerbstätigen Elternteile, die ein Kind (bis zum 2. Lebensjahr) versorgen und sich in einem teilweise bezahlten Mutterschaftsurlaub befinden. Außerdem haben Mütter das Recht auf einen Mutterschutzurlaub von 70 Tagen vor und 70 Tagen nach der Geburt. Dieser Zeitraum wird bei schwierigen oder Mehrlingsgeburten erhöht. In diesem Zeitraum wird das Gehalt weiterbezahlt und errechnet sich durch 100% des Durchschnittseinkommens, geteilt durch 30,4, multipliziert mit der Anzahl der Tage des Mutterschutzes. Anspruch auf Mutterschutz haben nur Frauen im formellen Sektor. Daher haben viele Frauen, die im informellen Sektor beschäftigt sind und Hausfrauen keinen Anspruch auf Mutterschutz (IOM 8.2014).

Senioren und Behinderte

Die sozialen Unterstützungsprogramme für Senioren und Behinderte basieren auf den Anforderungen des Gesetzes über die soziale Absicherung behinderter Personen in Armenien. Hierzu zählen die Vorbeugung von Behinderungen, die medizinische und soziale Rehabilitation und Prothesen sowie insbesondere prothetische und orthopädische Unterstützung behinderter Personen, die Bereitstellung von Rehabilitationsmitteln und soziale Dienste für Senioren und Behinderte.

Bereits personalisierte Pensionisten können einen Preisnachlass von den öffentlichen Versorgungseinrichtungen (einschließlich Preisnachlässe für Gas und Strom) fordern. Alleinstehende Pensionisten über 70 Jahre und alleinstehende behinderte Erwachsene können Pflegeleistungen beim "In-house Social Service Center for lonely old and disabled persons" beantragen.

Alleinstehende Frauen

Alleinstehende Frauen können eine Familienbeihilfe erhalten, wenn sie die entsprechende Punktzahl erreichen. Derzeit gewährt die armenische Regierung dieser Bevölkerungsgruppe keine Sozialleistungen (IOM 8.2014).

Renten

Personen, die 63 Jahre (bei Frauen beginnt der Grundrentenanspruch mit 59) und älter sind und mindestens fünf Jahre gearbeitet haben, erhalten Anspruch auf eine Altersrente. Darüber hinaus besteht für Frauen eine Alterstabelle, nach der sich das Alter bis zur Anspruchsberechtigung pro Jahr um sechs Monate erhöht, bis das 63. Lebensjahr erreicht wird. Personen im Alter von 55 Jahren, die 25 Jahre gearbeitet und hiervon 15 Jahre besonders schwere Arbeit geleistet haben, können eine Vorzugsrente beanspruchen. Die armenische Regierung hat eine Liste der betreffenden Positionen und Tätigkeiten veröffentlicht. Bis zum Erreichen des Rentenalters besteht eine Alterstabelle. Personen, die mindestens 35 Jahre gearbeitet haben und durch den Arbeitgeber gekündigt wurden (mit Ausnahme bei Austritten aufgrund von Verstößen gegen Arbeitsvorschriften) und innerhalb von 30 Tagen nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis bei dem zuständigen Arbeitsamt einen Antrag gestellt haben, erfüllen die Voraussetzungen um eine Pension zu erhalten. Im Fall einer Berufsunfähigkeitspension für die Altersgruppe ab 30 Jahre muss die betreffende Person mindestens 5 Arbeitsjahre vorweisen können (IOM 8.2014).

Arbeitslosenunterstützung

Als arbeitssuchend gelten alle Personen ab 16 Jahren, die sich ungeachtet ihrer Beschäftigung bei den staatlichen Arbeitsämtern arbeitssuchend melden. Der Status des Arbeitssuchenden wird allen arbeitslosen Jobsuchern zuerkannt, die das arbeitsfähige Alter erreicht haben und keine gesetzlichen Leistungen beziehen, sofern sie mindestens 1 Jahr gearbeitet haben und sich beim Arbeitsamt anmelden. Die Mindestbezugsdauer beläuft sich auf sechs, die maximale Bezugsdauer auf zwölf Monate. Die Arbeitslosenbeihilfe beträgt 18.000 Dram pro Monat (IOM 8.2014).

Sie beträgt 60% des staatlich garantierten Mindestlohnes. Während des Besuchs von Weiterbildungsmaßnahmen erhalten Teilnehmende 120% des Arbeitslosengeldes. Nichtbezugsberechtigte Arbeitslose bekommen im Fall von Trainingsmaßenahmen ebenfalls eine Unterstützung, nämlich im Ausmaß von 50% des Mindestlohnes (SEA o.D.).

Gemäß den von der armenischen Regierung vorgegebenen Verfahren kann Arbeitslosen, deren Zahlungsanspruchsfrist abgelaufen ist, sowie Arbeitssuchenden, die nicht als arbeitslos gelten und daher gemäß diesem Gesetz keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben, finanzielle Hilfe gewährt werden. Die armenische Regierung bestimmt den Grundbetrag der Arbeitslosenunterstützung (IOM 8.2014).

16. Medizinische Versorgung

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet. Das Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung regelt den Umfang der kostenlosen ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten und Medikamenten sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (z.B. Kinder, Flüchtlinge, Invaliden). Es hängt allerdings von der Durchsetzungsfähigkeit und Eigeninitiative der Patienten ab, ob es gelingt, ihr Recht auf kostenlose Behandlung durchzusetzen. Nichtsdestotrotz ist die Qualität der medizinischen Dienstleistung weiterhin häufig von "freiwilligen Zuzahlungen" bzw. "Zuwendungen" an den behandelnden Arzt abhängig, auch bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung. In letzter Zeit erschienen in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung; immer mehr Patienten bestehen erfolgreich auf diesem Recht. Die Behandlung in der Poliklinik des jeweiligen Wohnbezirks ist grundsätzlich kostenlos.

Die Kliniken sind finanziell unzureichend ausgestattet, um ihren Betrieb und die Ausgabe von Medikamenten sicherzustellen. Daher sind die Kliniken auch in Fällen, in denen sie eigentlich zu kostenloser Behandlung verpflichtet sind, gezwungen, von den Patienten Geld zu nehmen. Da dies ungesetzlich ist, erhalten die Patienten jedoch keine Rechnungen. Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten: Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und billig verkauft werden (AA 24.4.2015).

Die primäre medizinische Versorgung wird in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder ländliche Behandlungszentren/Feldscher-Stationen erbracht. Das Verhältnis der Ärzte zur Einwohnerzahl beträgt: ein Arzt pro 1.200 bis 2.000 Einwohner und ein Kinderarzt für 700 bis 800 Kinder (IOM 8.2014).

Die sekundäre medizinische Versorgung wird von 37 regionalen Krankenhäusern und einigen der größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Jerewan vorbehalten ist. Darüber hinaus finden sich in der Hauptstadt sechs Kinder-und Mutterschaftskrankenhäuser. Die meisten Krankenhäuser sind staatlich. Derzeit bestehen vier private Krankenhäuser und ein teilweise privates Hospital. Des Weiteren gibt es ein privates Diagnosezentrum in Jerewan, das zu 80% im privaten Sektor aktiv ist. Ein fundamentales Problem der primären medizinischen Versorgung betrifft die Zugänglichkeit, die für einen großen Teil der Bevölkerung extrem schwierig geworden ist. Dieser Teil der Bevölkerung ist nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener Tasche zu bezahlen. Die Reformen haben den Patienten bereits die freie Wahl des Arztes garantiert. Das Recht der freien Arztwahl sollte auch die Qualität der Behandlung verbessern, da das Einkommen des Arztes jetzt die Anzahl der von ihm behandelten Patienten reflektiert. Für die Ärzte besteht nun ein höherer Anreiz, die Patienten zufriedenzustellen (IOM 8.2014).

16.1. Behandlungsmöglichkeiten von bestimmten Krankheit und Leiden

Insulinabgabe und Dialysebehandlung erfolgen im Prinzip kostenlos:

Die Anzahl der kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt, aber gegen Zahlung ist eine Behandlung jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. USD 50 pro Sitzung. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze müssen aber noch in geringem Umfang zuzahlen. Derzeit ist die Dialysebehandlung in fünf Krankenhäusern in Jerewan möglich, auch in den Städten Vanadzor und Gyumri sind die Krankenhäuser entsprechend ausgestattet.

Die größeren Krankenhäuser sowie einige Krankenhäuser in den Regionen verfügen über psychiatrische Abteilungen und Fachpersonal. Die technischen Untersuchungsmöglichkeiten haben sich durch neue Geräte verbessert. Die Behandlung des posttraumatischen Belastungssyndroms (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos (AA 24.4.2015).

Die öffentlichen Sozialpflegedienste in Armenien sind sehr begrenzt. Der private Sektor ist an der Erbringung dieser Leistungen nicht beteiligt. Es gibt nur ein einziges Krankenhaus für geistig und körperlich behinderte Menschen und keine Pflegeheime für Patienten, die eine dauerhafte, langfristige Betreuung benötigen. Es gibt keine Vorkehrungen für eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen und keine Tagespflegeeinrichtungen für Patientengruppen mit speziellen Bedürfnissen und ebenfalls kein Sozialarbeiternetzwerk. Es gibt sieben regionale psychiatrische Kliniken, die lediglich eine langfristige Aufnahme von Patienten mit chronischen Erkrankungen bei nur geringer medizinischer Versorgung bieten.

Medizinisch-soziale Einrichtungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales:

Quellen:

Rückkehrer werden nach Ankunft in die Gesellschaft integriert. Sie haben Zugang zu allen Berufsgruppen, auch im Staatsdienst, und überdurchschnittlich gute Chancen, Arbeit zu finden. Fälle, in denen Rückkehrer festgenommen oder misshandelt wurden, sind nicht bekannt.

Es werden nur die von den armenischen Botschaften ausgestellten Heimreisedokumente oder Pässe anerkannt. Eine Rückreise ohne Vorlage eines dieser Dokumente ist nicht möglich. In Einzelfällen sind Rückführungen auch ohne die Feststellung der richtigen Identität möglich. In diesen Fällen werden Heimreisedokumente nach Autorisierung durch das Außenministerium auf Alias-Personalien ausgestellt (AA 24.4.2015).

Aufgrund fehlender finanzieller Mittel gibt es zurzeit kein staatliches Programm zur Vorbereitung auf die Unterbringung von Heimkehrern in Armenien. Eine vorübergehende Unterkunft (maximal 2 Monate) kann den Flüchtlingen, die einen Antrag auf Asyl gestellt haben, von der Migrationsbehörde der Republik Armenien zur Verfügung gestellt werden. Jeder Fall wird jedoch ausführlich geprüft und die endgültige Entscheidung über die Bereitstellung der Unterkunft erfolgt nach dem Kollegialprinzip (IOM 08.2014).

Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

Republik Armenien (Stand: Februar 2016)

1.3. Medizinische Versorgung

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet.

Die primäre medizinische Versorgung ist größtenteils noch immer wie zu Sowjet-Zeiten

organisiert. Die Leistungen werden in der Regel entweder durch regionale Polikliniken oder

ländliche Behandlungszentren/Feldscher-Stationen erbracht. Die sekundäre medizinische

Versorgung wird von 37 (Stand: Ende 2013) regionalen Krankenhäusern und einigen der

größeren Polikliniken mit speziellen ambulanten Diensten übernommen, während die tertiäre medizinische Versorgung größtenteils den staatlichen Krankenhäusern und einzelnen Spezialeinrichtungen in Eriwan vorbehalten ist.

Die primäre medizinische Versorgung ist wie früher grundsätzlich kostenfrei. Anders als zu

Zeiten der UdSSR gilt dies allerdings nur noch eingeschränkt für die sekundäre und die

tertiäre medizinische Versorgung. Das Fehlen einer staatlichen Krankenversicherung

erschwert den Zugang zur medizinischen Versorgung insoweit, als für einen großen Teil der

Bevölkerung die Finanzierung der kostenpflichtigen ärztlichen Behandlung extrem schwierig

geworden ist. Viele Menschen sind nicht in der Lage, die Gesundheitsdienste aus eigener

Tasche zu bezahlen. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung übersteigt die

finanziellen Möglichkeiten der meisten Familien bei weitem.

Ein Grundproblem der staatlichen medizinischen Fürsorge ist die überbordende Korruption

auf allen Ebenen, ein weiteres Problem die schlechte Bezahlung des medizinischen Personals

(für einen allgemein praktizierenden Arzt ca. 200,- Euro / Monat). Dies führt dazu, dass die

Qualität der medizinischen Leistungen des öffentlichen Gesundheitswesens in weiten

Bereichen unzureichend ist. Denn hochqualifizierte und motivierte Mediziner wandern in den privatärztlichen Bereich ab, wo Arbeitsbedingungen und Gehälter deutlich besser sind.

Der Ausbildungsstand des medizinischen Personals ist zufriedenstellend. Die Ausstattung

der staatlichen medizinischen Einrichtungen mit technischem Gerät ist dagegen teilweise

mangelhaft. In einzelnen klinischen Einrichtungen - meist Privatkliniken - stehen hingegen

moderne Untersuchungsmethoden wie Ultraschall, Mammographie sowie Computer- und

Kernspintomographie zur Verfügung.

Insulinabgabe und Dialysebehandlung erfolgen grundsätzlich kostenlos: Die Anzahl der

kostenlosen Behandlungsplätze ist zwar beschränkt, aber gegen Zahlung ist eine Behandlung

jederzeit möglich. Die Dialysebehandlung kostet ca. 50 USD pro Sitzung. Selbst Inhaber

kostenloser Behandlungsplätze müssen aber noch in geringem Umfang zuzahlen. Derzeit ist

die Dialysebehandlung in 5 Krankenhäusern in Eriwan möglich, auch in den Städten

Vanadzor und Gyumri sind die Krankenhäuser entsprechend ausgestattet.

Die größeren Krankenhäuser sowie einige Krankenhäuser in den Regionen verfügen über

psychiatrische Abteilungen und Fachpersonal. Die technischen Untersuchungsmöglichkeiten

haben sich durch neue Geräte verbessert. Die Behandlung von posttraumatischem Belastungssyndrom (PTBS) und Depressionen ist auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos.

Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten: Nicht immer sind alle Präparate

vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland üblichen Preise verkauft werden. Importierte Medikamente (z.B. von Bayer, Gedeon Richter oder Solvay) sind dagegen überall erhältlich und ebenfalls billiger als in Deutschland; für die Einfuhr ist eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich.

Anfragebeantwortung vom 19.05.2014

Zusammenfassung:

Der nachfolgend zitierten Quelle ist zu entnehmen, dass die Kosten für eine Nierentransplantation nicht vom Staat getragen werden, wohl aber die postoperativen Rehabilitationskosten.

Einzelquellen:

IOM berichtet, dass im "Arabkir" Medizinzentrum Nierentransplantationen möglich sind.

IOM berichtet, dass die medizinische Grundversorgung und der Krankenwagen für alle Bürger in Armenien kostenlos sind. Der Patient muss sich in der Poliklinik seines Bezirkes wo er/sie lebt registrieren, um von der Kostenlosen Behandlung zu profitieren. Gemäß der Order 1155-A des Gesundheitsministers, erhalten Patienten, die an chronischem Nierenversagen leiden (einschließlich Nierentransplantation oder Dialyse), kostenfrei Medikamente in Spitälern oder Polikliniken. Die spezielle Behandlung in Spitälern ist nicht kostenfrei.

IOM berichtet, falls der Patient nicht der staatlichen Unterstützung unterliegt und kein Einkommen hat, können seine Angehörigen ihn unterstützen und die Kosten übernehmen. In diesem Zusammenhang ist keine NGO-Unterstützung verfügbar. Das durchschnittliche Einkommen in Armenien beträgt zirka 200 Euro und die Behandlung ist 75 mal teurer als das durchschnittliche Einkommen.

1) In welchen Krankenhäusern bzw. in welchen Institutionen in Armenien, sind Nierentransplantationen und notwendige Nachbehandlungen möglich?

2) Gibt es spezielle Behandlungszentren (Krankenhäuser, Spezialkliniken usw.)?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Siehe oben

Einzelquellen:

IOM berichtet, dass es in Armenien 10 medizinische Zentren (5 in Jerewan und 5 in den Regionen) mit Dialyse-Abteilungen und die Kosten für die Dialyse vom Staat übernommen werden. Nierentransplantationen werden im "Arabkir" Medizinzentrum durchgeführt und die Kosten werden nicht vom Staat getragen. Die Kosten betragen ungefähr 15.000 Euro. Das sind die Kosten der medizinischen Behandlung. Gemäß der armenischen Gesetzgebung kann die Niere selbst nicht verkauft werden, sie kann aber kostenfrei durch einen Spender (in der Regel Angehörige) gespendet werden. Die nachoperativen Rehabilitationskosten inklusive der Medikation werden durch den Staat getragen. Die Medikamente die für die Behandlung notwendig sind, sind in den Spitälern und Polikliniken erhältlich.

3) Welche Richtlinien gibt es für Nierentransplantationen (Wie kommt man auf eine Liste für Nierentransplantationen)?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Siehe oben

Einzelquellen:

IOM berichtet, dass der Patient seine Identität nachweisen und seinen Krankheitsverlauf dem Medizinzentrum "Arabkir" beibringen muss.

4) Sind Statistiken, Erfahrungswerte, bzw. Studien hinsichtlich Nierentransplantationen in Armenien vorhanden? (Daten insbesondere hinsichtlich: Seit wann Nierentransplantationen in Armenien durchgeführt werden. Wie viele bzw. wie oft werden Transplantationen (seither) durchgeführt? Mit welcher Wartedauer haben Patienten, die für eine Nierentransplantation in Frage kommen, zu rechnen? Wie ist die Situation bei besonderer Dringlichkeit?)

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Siehe oben

Einzelquellen:

IOM berichtet, dass Nierentransplantationen in Armenien seit 1991 durchgeführt werden und derzeit über 150 Transplantationen durchgeführt wurden. Für den Fall, dass die Angehörigen des Patienten nicht seine Spender werden können, muss der Patient auf eine Spenderniere warten. Nach dem armenischen Gesetzt können menschliche Organe und Gewebe nicht Handelsgegenstand sein, wodurch Patienten angehalten sind eine lange Zeit zu warten. Sie können jedoch von der kostenfreien Dialyse profitieren.

Anfragebeantwortung vom 13.03.2014

1. Ist die Krankheit "Morbus Cushing" in Armenien behandelbar?

2. In welchen Krankenhäusern bzw. in welchen Institutionen in Armenien, ist eine Behandlung dieser Erkrankung möglich?

Einzelquellen:

IOM berichtet, dass sowohl Morbus Cushing, als auch Diabetes Mellitus und die Schilddrüsenunterfunktion in den nachfolgend genannten Spitälern in Armenien behandelbar sind.

All the mentioned medical conditions including the Cushing's disease are treatable in Armenia. The patient can apply to the Endocrinological departments of the following hospitals:

• "Erebuni" Medical Center; Address: 14 Titogradyan Street

• "Saint Grigor Lusavorich" MC; Address: 10 Gurjian str., Nor Nork 3rd Micro-District "NAIRI medical Center" CJSC; Adress: 21, st. H.

Paronyan

• "Clynical Hospital # 3" CJSC; Adress: 40, st. Dzorapi

• "Malatia" CJSC; Adress: 28a, st. D. Varuzhan IOM - International Organisation of Migration (11.3.2014): Anfragebeantwortung per Email

3. Gibt es spezielle Behandlungszentren (Krankenhäuser, Spezialkliniken usw.) für diese Krankheit?

a) Wenn ja, wer trägt die Kosten der Behandlung?

b) Werden die Kosten von Krankenversicherungen übernommen?

c) Wenn a) und b) nein, gibt es soziale Einrichtungen, die zumindest einen Teil der Kosten für Behandlung und Medikamente übernehmen bzw. wer übernimmt die Bezahlung von Arztbesuchen und Medikamenten, wenn der Betreffende über kein Einkommen verfügt?

d) Werden Betroffene, denen zB die finanziellen Mittel für die Bezahlung der Behandlungs-/Medikamentenkosten fehlen bzw. über kein Einkommen verfügen, durch NGO's udgl. unterstützt?

Einzelquellen:

IOM berichtet zusammenfassend, dass Morbus Cushing auch auf der endokrinologischen Abteilung der angeführten Krankenhäuser behandelt werden kann. Im Bedarfsfall kann der Patient auch an die Nervenchirurgie oder ophthalmologischen Abteilung überwiesen werden.

Die Behandlung von Diabetes I und II wird vom Staat getragen. Ist Morbus Cushing des Patienten das Ergebnis eines Adenoms kann sie von einer gebührenfreien Behandlung profitieren da onkologische Erkrankungen auch vom Staat getragen werden.

Cushing's disease is also an endocrinological condition the cause of which is characterised by increased secretion of adrenocorticotropic hormone from the anterior pituitary (secondary hypercortisolism). Thus it also can be treated at the endocrinological departments of the mentioned hospitals. In case if the Cushing disease is a result of a pituitary adenoma and Cushing's syndrome from exogenously administered corticosteroids can be excluded, the doctor in charge can refer the patient to the relevant department (neurosurgery). In addition to the severe hormonal effects related to increase blood cortisol levels, the eye conditions (glaucoma and cataracts) also may occur in Cushing's syndrome. In these cases the patient should be referred to the ophthalmological department.

Treatment of I and II type diabetes are covered by the State. Moreover, if the Cushing's syndrome of the patient is the result of adenoma, she can benefit from free of charge treatment as oncological diseases are also covered by the State.

IOM - International Organisation of Migration (11.3.2014):

Anfragebeantwortung per Email

IOM berichtet, dass eine kostenlose Gesundheitsfürsorge in den örtlichen Polikliniken und die Ambulanz kostenfrei für Jedermann sind. Der Patient kann ebenso in ihrer lokalen Polikliniken kostenlos behandelt und untersucht werden. Der Patient erhält auch kostenlos Insulin in ihrer/seiner Poliklinik.

Für den angefragten Patienten ist die Poliklinik und Insulin kostenlos. Ferner kann sie kostenfrei behandelt werden, wenn der praktische Arzt der Poliklinik sie an ein Spital für eine spezielle Behandlung überweist. Die erwähnten Konditionen werden vom Staat übernommen, wenn der Patient einen Behindertenstatus hat, (Antragstellung beim Ministerium für Arbeit und Soziales; Regierungsgebäude 3, 3. Stock, Eriwan) und/oder der Patient von der Poliklinik wo er/sie gemeldet ist ins Spital überwiesen wird. Der Behindertengrad wird durch eine spezielle Kommission festgelegt. Damit besteht auch Anspruch auf Invalidenrente.

Patienten mit Behinderungsstufe 1 oder 2 erhalten die Medikamente kostenlos, Patienten mit Behindertenstufe 3 erhalten 50% Rabatt auf Medikamente.

Falls der Patient nicht unter die staatliche Unterstützung fällt, und kein eigenes Einkommen hat, können ihn die Verwandten unterstützen und die Kosten übernehmen.

Free of charge health care provided by the local policlinics and the ambulance is free of charge for everybody in Armenia and the patient can be treated and examined at her local policlinic free of charge. She can receive free of charge insulin at her policlinic as well.

For our patient policlinic and insulin are free of charge and she can be treated free of charge if the family doctor of her policlinic refers to a hospital for specialized treatment.

The above mentioned conditions can be covered by the Government if the patient will obtain disability rank (must apply to the Ministry of Labor and Social Issues; address: Government building 3, III floor, Yerevan, Armenia) and/or will be referred to the hospital by the policlinic where he/she is registered. The disability rank is granted by a special commission based on the patient's epicrisis and the current condition. Persons registered as disabled are subject to disability pension.

Patients with 1st or 2nd disability ranks can obtain the medications free of charge, and patients with 3rd disability rank can obtain the medications for 50% discount.

If the patient is not subject of Government support and has no income, her relatives can support and cover the costs.

IOM - International Organisation of Migration (11.3.2014):

Anfragebeantwortung per Email

Ergänzend allgemeine Informationen zur medizinischen Versorgung in Armenien und Kostendeckung.

Das Auswärtige Amt berichtet:

Die medizinische Versorgung ist grundsätzlich gewährleistet. [...]

Die medizinische Grundversorgung ist flächendeckend gewährleistet.

Das Gesetz über die kostenlose medizinische Behandlung regelt den Umfang der kostenlosen ambulanten oder stationären Behandlung bei bestimmten Krankheiten und Medikamenten sowie zusätzlich für bestimmte sozial bedürftige Gruppen (z.B. Kinder, Flüchtlinge, Invaliden). Es hängt allerdings von der Durchsetzungsfähigkeit und Eigeninitiative der Patienten ab, ob es gelingt, ihr Recht auf kostenlose Behandlung durchzusetzen. Nichtsdestotrotz ist die Qualität der medizinischen Dienstleistung weiterhin häufig von "freiwilligen Zuzahlungen" bzw. "Zuwendungen" an den behandelnden Arzt abhängig, auch bei Abschluss einer privaten Krankenversicherung. In letzter Zeit erschienen in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung; immer mehr Patienten bestehen erfolgreich auf diesem Recht. Die Behandlung in der Poliklinik des jeweiligen Wohnbezirks ist grundsätzlich kostenlos.

Die Kliniken sind finanziell unzureichend ausgestattet, um ihren Betrieb und die Ausgabe von Medikamenten sicherzustellen. Daher sind die Kliniken auch in Fällen, in denen sie eigentlich zu kostenloser Behandlung verpflichtet sind, gezwungen, von den Patienten Geld zu nehmen. Da dies ungesetzlich ist, erhalten die Patienten jedoch keine Rechnungen.

Nur wenige machen von der Möglichkeit, private Krankenversicherungen abzuschließen, Gebrauch. Die Versicherungen arbeiten nur mit bestimmten Kliniken zusammen. [...]

Insulinabgabe und Dialysebehandlung erfolgen im Prinzip kostenlos.

[...]

Problematisch ist die Verfügbarkeit von Medikamenten: Nicht immer sind alle Präparate vorhanden, obwohl viele Medikamente in Armenien in guter Qualität hergestellt und zu einem Bruchteil der in Deutschland üblichen Preise verkauft werden. Importierte Medikamente (z.B. von Bayer, Gedeon Richter oder Solvay) sind überall erhältlich und ebenfalls erheblich billiger als in Deutschland; für die Einfuhr ist eine Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erforderlich. Die Medikamentenpreise steigen weiter an, die Preise variieren hierbei von Apotheke zu Apotheke.

AA - Auswärtiges Amt (Stand: Dezember 2012, 25.1.2013): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien

4. Stehen folgende Medikamente bzw. wirkungsgleiche Präparate für die Behandlung der Erkrankung in Armenien zur Verfügung bzw. sind diese erhältlich und leistbar?

Einzelquellen:

IOM berichtet, dass die angefragten Medikamente in Armenien erhältlich sind. Manche jedoch nicht in Apotheken in Dörfern, aber in Städten.

The above mentioned drugs are available in Armenia. May be some of them will not be available in drugstores of villages but they are registered and are available in cities.

1. Thyrex 50 (Levothyroxine-Natrium) - available registered analogue is Euthyrox 100, Nycomed, 2500 AMD for 100 tablets

2. Oleovit D3 (Cholecalciferol) - available registered analogue is Aquadetrim 10 ml flacon, Poland, 2500 AMD

3. Lantus 24IE (Insulin glargine) - 13000 AMD for 1 flacon or 30000 AMD for 5 cartridges, French production

4. Novorapid (Insulin aspart) - Danish production, 7500 AMD for 1 cartridge

IOM - International Organisation of Migration (11.3.2014):

Anfragebeantwortung per Email

Anmerkungen:

Obwohl die Behandlung von Personen mit Behinderung kostenfrei ist, muss der Patient für Behandlung und Medikamente zahlen, bis er/sie eine Invalidenpension erhält. Auch können Aufwendungen für Krankenschwester und Therapeutenbesuche nicht durch das staatliche Programm übernommen werden. Es kann bis zwei Monate dauern bis zur Feststellung des Behindertengrades.

Das durchschnittliche Einkommen in Armenien ist ca. 110.000 AMD und verglichen mit den oben genannten Kosten der Medikamente kann es schwer die Kosten decken. Die Behandlung in den Spitälern ist Abhängig vom jeweiligen Spital und der Dauer der Behandlung. Die besten Spitäler und Ärzte sind in Eriwan.

Remarks:

Though the treatment of persons with disability rate is free of charge, the patient may need to pay for medications and treatment until she/he will receive the disability pension. Also the expenses for nurse and therapist's visits cannot be covered by the State Program. It can take about two month before the patient can receive the disability rate.

The average income in Armenia is about 110,000 AMD and compared with the above mentioned costs of the drugs it can hardly cover their cost. The treatment in the hospitals depends on the duration of the treatment and the prices of the particular hospital.

The best hospitals and doctors are in Yerevan.

IOM - International Organisation of Migration (11.3.2014):

Anfragebeantwortung per Email

Anfragebeantwortung vom 05.08.2014

1. Sind die in der Anfrage genannten Erkrankungen in Armenien behandelbar?

2. In welchen Krankenhäusern bzw in welchen Institutionen in Armenien ist eine Behandlung dieser Erkrankungen möglich?

3. Gibt es spezielle Behandlungszentren (Krankenhäuser, Spezialkliniken usw.) für diese Krankheiten?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Es konnten im Rahmen der zeitlich begrenzten Internetrecherche in deutscher und englischer Sprache mit den zur Verfügung stehenden Quellen keine Informationen zu diesen Fragen gefunden werden, weshalb diese an MedCOI weitergeleitet wurden.

MedCOI ist ein durch den ERF finanziertes Projekt, in dessen Rahmen einerseits eine Homepage mit Informationen zur medizinischen Versorgung in Herkunftsländern zur Verfügung steht und andererseits medizinische Anfragen gestellt werden können. Es ist eine Standardquelle der Staatendokumentation und als verlässlich einzustufen.

Zusammenfassung:

Gemäß den nachfolgend zitierten Quellen kann davon ausgegangen werden, dass die Krankheiten in den genannten Spitälern behandelt werden können.

Anmerkung: Ggstl. Dokument (AM-3405-2014 EUR - Anmerkung: 58 Jähriger mit Herzerkrankung, Lungenerkrankung, Herzschrittmacher und Magenproblemen) ist der AFB als Anhang beigefügt.

Einzelquellen:

Bild kann nicht dargestellt werden

MedCOI gibt an, dass eine stationäre und ambulante Behandlung sowie eine Nachbehandlung durch Kardiologen in den nachfolgend genannten Krankenhäusern verfügbar ist.

Bild kann nicht dargestellt werden

MedCOI (18.7.2014): Auskunft AM-3405-2014 EUR durch Medical Advisors¿ Office BMA, Immigration and Naturalisation Service

MedCOI gibt an, dass eine stationäre und ambulante Behandlung sowie eine Nachbehandlung durch Internisten in den nachfolgend genannten Krankenhäusern und Polikliniken verfügbar ist.

Bild kann nicht dargestellt werden

MedCOI (18.7.2014): Auskunft AM-3405-2014 EUR durch Medical Advisors¿ Office BMA, Immigration and Naturalisation Service

MedCOI gibt an, dass Kontrollen des Herzschrittmachers in den nachfolgend angeführten Anstalten verfügbar sind.

Bild kann nicht dargestellt werden

MedCOI (18.7.2014): Auskunft AM-3405-2014 EUR durch Medical Advisors¿ Office BMA, Immigration and Naturalisation Service

MedCOI gibt an, dass eine Untersuchung von Herz, Lunge und Magen in den angeführten Spitälern möglich ist.

Bild kann nicht dargestellt werden

Bild kann nicht dargestellt werden

MedCOI (18.7.2014): Auskunft AM-3405-2014 EUR durch Medical Advisors¿ Office BMA, Immigration and Naturalisation Service

Aus der Anfragebeantwortung vom 16.04.2013 geht hervor, dass Kardiomyopathi bzw. Herzmuskelerkrankungen in verschiedenen Krankenhäusern in Jerewan behandelt werden.

II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

Es konnte nicht festgestellt werden, dass den bP in ihrem Heimatland Armenien eine begründete Furcht vor einer asylrelevanten Verfolgung droht. Ebenso konnte unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht festgestellt werden, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wären.

Weiters konnte unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Armenien eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die bP als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Abschiebung der bP nach Armenien zulässig und möglich ist.

Die Vorgetragenen Fluchtgründe betreffend Problemen der bP 3 mit Privatpersonen in Armenien konnten nicht als glaubhaft angenommen werden. Die Erkrankungen der bP 2 und 3 an sich sind im Hinblick auf die Länderberichte betreffend Behandlungsmöglichkeiten nicht iSd Art. 3 EMRK relevant.

2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.2.2. Die Feststellungen zur Person der bP ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus ihren in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen.

Mangels im Akt erliegenden Dokumenten konnten die Identitäten der bP nicht festgestellt werden. Insbesondere fanden sich keine Originale oder Kopien des Wehrdienstbuches und Führerscheins der bP 3 im Akt.

II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten - von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen - diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten -immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse- der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen -allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werdenaufzuzeigen (vgl. Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zur den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vgl. etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).

Die volljährigen bP traten auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

Zu den Ausführungen der bP betreffend Behandlungsmöglichkeiten und Kosten hierfür wird auf die rechtlichen Ausführungen unten verwiesen.

Hinsichtlich des Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens betreffend dem Gesundheitszustand der bP 3 vor der belangten Behörde ist festzuhalten, dass dieser Antrag im Beschwerdeverfahren nicht wiederholt bzw. aufrecht erhalten wurde. Dazu wäre im Übrigen festzuhalten, dass der Gesundheitszustand der bP 3 an sich gemäß dem Vorbringen und den vorgelegten Unterlagen festgestellt wurde und der Entscheidung ausreichendes Material betreffend den Behandlungsmöglichkeiten in Armenien zugrunde gelegt werden konnte.

II.2.4.1. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig ist.

Im Rahmen der oa. Ausführungen ist durch das erkennende Gericht anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten --z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461)- zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

Weiters ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach § 7 AsylG [numehr: § 3 AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen (vgl zum Bericht der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts [1991] 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).

II.2.4.2. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn diese anführt, dass das Fluchtvorbringen der bP nicht glaubwürdig war und sich die Erkrankungen der bP 3 und bP 2 als nicht relevant iSd Judikatur zu Art. 3 EMRK, insbesondere im Hinblick auf die vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten darstellen.

II.2.5. Die Einschätzung der belangten Behörde wird auch durch das Ergebnis des vom BVwG durchgeführten ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie einer Beschwerdeverhandlung bestätigt.

II.2.5.1. Der belangten Behörde ist vollinhaltlich zu folgen, wenn sie festhält, dass das Vorbringen der bP zu den Fluchtgründen aufgrund der gravierenden Widersprüchlichkeiten nicht glaubwürdig war und wird der oben widergegebene Beweiswürdigung in allen Punkten gefolgt.

Das Vorbringen der Familienmitglieder (bP 1-4) war zwar allesamt auf die Fluchtgründe der bP 3 und dessen angebliche Probleme bezogen. Jedoch verwickelten sich die einzelnen Familienmitglieder in zahlreiche Widersprüchlichkeiten und machten schon zu den Eckpunkten des Vorbringens unterschiedliche Angaben. Einziger Punkt, welchen allen Vorbringen gemein war, ist dass die bP 3 im Zusammenhang mit einer Schlägerei Probleme bekommen hätte.

Völlig richtig hielt die belangte Behörde fest, dass sich die bP 3 auch selbst bei ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde in Widersprüche verwickelte und zusätzlich im Rahmen der Erstbefragung noch eine ganz andere Fluchtgeschichte schilderte. Die belangte Behörde stellte diese zwei Vorbringen zusammengefasst gegenüber und hielt die sich daraus ergebenden Widersprüche entsprechend fest (Augenzeuge des Streites - Bei Streit dazwischen gegangen, Anzahl der Tage im Krankenhaus, Probleme mit der Polizei oder nicht, grundsätzliche Widersprüche bei der Chronologie der behaupteten Geschehnisse).

Vor allem hielt die belangte Behörde auch richtig fest, dass die bP 3 in der Einvernahme vor der belangten Behörde trotz mehrfacher Nachfragen lediglich davon sprach, von einem XXXX , welcher einflussreich sei, da er Geld hätte, verfolgt zu werden. Nicht einmal brachte die bP 3 von sich aus nunmehr wie in der Erstbefragung behauptet ins Spiel, dass ein Sohn des Premierministers in den angeblich fluchtauslösenden Streit verwickelt gewesen wäre. Über Vorhalt dieses Widerspruches konnte die bP 3 diesen mit der Angabe, XXXX wäre ein Freund des Sohnes des Premierministers gewesen, nicht nachvollziehbar aufklären.

Beispielsweise wurden von der belangten Behörde auch die Widersprüche zwischen den Angaben der bP 3 und ihren Familienangehörigen angeführt. So gab die bP 4 an, dass sie Anfang August 2014 bedroht worden wäre, während die bP 3 von einer Drohung im April 2014 sprach.

Die bP 4 hat überdies in der Erstbefragung noch angegeben, dass sie bedroht worden wäre, während sie die Tochter in den Kindergarten bringen hätte wollen, während sie vor der belangten Behörde angegeben hat, dass sie auf dem Nachhause-Weg gewesen sei. Darüber hinaus behauptete die bP 4 - entgegen den Angaben der bP 3 - dass die bP 3 bedroht worden sei für den Fall, dass sie Anzeige erstattet, während die bP 3 behauptete, dazu genötigt worden zu sein, Anzeige zu erstatten. Auch die Vorbringen der bP 3 und bP 4 lassen sich - wie von der belangten Behörde ausführlich angegeben - zeitlich nicht in Einklang bringen, selbst die Anzahl der Tage, in welchem sich die bP 3 im Krankenhaus aufgehalten hätte, wurde nicht konsistent geschildert.

Zu den Widersprüchen zwischen der bP 3 und ihren Eltern wurden von der belangten Behörde die Umstände angeführt, dass der Vater in der Erstbefragung mit keinem Wort erwähnte, dass die bP 3 Problem mit der Polizei gehabt hätte. Der Vater führte auch an, dass der Streit wegen "Vordrängelns" entstanden sei und nicht wie von der bP 3 behauptet wegen dem Umstand, dass ein Freund des Vaters ein Bistro hätte eröffnen wollen. Auch dass wie vom Vater behauptet bei diesem Vorfall drei Menschen umgekommen wären, erwähnte die bP 3 selbst nicht. Der Vater wiederum behauptete, dass die bP 3 einen Monat im Krankenhaus gewesen sei und nicht wie letztlich von der bP 3 behauptet 7 oder 3-4 Tage. Hinsichtlich der weiteren Widersprüche wird auf die oben widergegebene Beweiswürdigung verwiesen. Betreffend die Mutter ist festzuhalten, dass auch ihr Vorbringen die Fluchtgeschichte der bP 3 nicht stützen konnte.

Zu Recht hat die belangte Behörde damit letztlich festgehalten, dass es zu derart gravierenden Widersprüchen zwischen den Familienangehörigen (bP 3, Gattin und Eltern) sowie zwischen und in den Einvernahmen der bP 3 selbst kam, sodass das gesamte Vorbringen weder schlüssig, nachvollziehbar oder glaubhaft war.

Richtig führte die belangte Behörde weiters aus, dass auf Grund der allgemeinen Lebenserfahren davon ausgegangen werden kann, dass ein Antragsteller grundsätzlich in der Lage ist, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Ausreise aus dem Herkunftsstaat zu machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat, gerade in ihrer ersten Einvernahme auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit wohl kaum ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich konsistenter Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung auch möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsland geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich im Bewusstsein dieser Person einprägen, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann. Dies war weder bei der bP 3 noch bei ihren Familienangehörigen der Fall.

Zusammenfassend wurde von der belangten Behörde noch abschließend zutreffend festgehalten, dass es im Asylverfahren nicht ausreichend ist, dass der Asylwerber Behauptungen aufstellt, sondern er muss diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß substantiiert und nachvollziehbar sein, die Handlungsabläufe den allgemeinen Lebenserfahrungen entsprechen und auch der Asylwerber persönlich glaubwürdig sein. Die Angaben zu den Fluchtgründen entsprechen diesen Anforderungen nicht (vgl. die oben angeführte Einvernahme der bP 3). Sie sind in hohem Maße widersprüchlich, nicht plausibel nachvollziehbar und als nicht glaubhaft zu bezeichnen. Die Behörde gelangt demnach zu Recht zu dem Schluss, dass dem behaupteten Sachverhalt bezüglich einer aktuellen Bedrohungssituation in Armenien kein Glauben geschenkt wird.

Soweit Ungereimtheiten zwischen den Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und jenen vor einem Organwalter der belangten Behörde dargestellt wurden, wird im Hinblick auf das Erkenntnis des VfGH vom 27.6.2012, U 98/12 festgehalten, dass das Bundesverwaltungsgericht die vom genannten Höchstgericht aufgezeigten Spezifika der Befragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw. den Inhalt des § 19 Abs. 1 AsylG 2005 unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Regierungsvorlage hierzu nicht verkennt. Es ist jedoch auch festzuhalten, dass dem genannten Erkenntnis ein völlig anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde liegt. Es handelte sich beim betroffenen Asylwerber um einen psychisch angeschlagenen und von den Strapazen der Schleppung gezeichneten jugendlichen Afghanen, der über traumatische Ereignisse aus seiner Kindheit berichtete. Es kann dem genannten Erkenntnis nicht entnommen werden, dass die Angaben des Beschwerdeführers vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zum Ausreisegrund generell kein Beweiswert zukommt, sondern führt das Höchstgericht aus, dass im Rahmen der Beweiswürdigung die Spezifika dieser Befragung besonders zu berücksichtigen sind. Nicht außer Acht zu lassen ist der Umstand, dass es sich bei der Befragung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienst um die erste sich bietende Möglichkeit für den Asylantragssteller handelt, vor den Organen jenes Staates, den sie offensichtlich für gewillt und befähigt hält, ihr Schutz vor Verfolgung zu gewähren, darzulegen, aus welchen Gründen sie diesen Schutz begehrt.

Im konkreten Fall scheint es nicht nachvollziehbar, dass die bP diese erste sich bietende Möglichkeit ungenützt lässt und wider besseren Wissens nicht eine tatsächlich stattgefundene Verfolgung, sondern andere Ausreisegründe schildert. Das Vorbringen in der Einvernahme stellt im Verhältnis zur Erstbefragung auch keine Konkretisierung des Vorbringens dar, sondern ein in Teilbereichen völlig neues Vorbringen.

II.2.5.2. Im Verfahren nach dem Asylgesetz ist es unabdingbare Voraussetzung für die Bewertung des Vorbringens eines Asylwerbers zu den Fluchtgründen als glaubhaft, dass der Antragsteller nicht bloß eine "leere" Rahmengeschichte im Zuge der Einvernahme vorbringt, ohne diese durch das Vorbringen von Details, Interaktionen, glaubhaften Emotionen etc. zu substantiieren bzw. "mit Leben zu erfüllen".

Da in einem Asylverfahren unzweifelhaft die niederschriftliche Aussage eines Antragstellers vor den Asylbehörden die zentrale Erkenntnisquelle für die Entscheidung darstellt, reicht es keinesfalls aus, dass der Asylwerber lediglich nicht zu widerlegende Behauptungen aufstellt, welche - oftmals aufgrund zu geringer "Öffentlichkeitswirksamkeit" oder " Drittwirkung" - einer Verifizierung nicht zugänglich sind.

Vielmehr sind die Aussagen des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen und zum Fluchtweg daran zu messen, wie eine durchschnittliche "Maßfigur" über tatsächlich persönlich erlebte Sachverhalte berichten würde.

Die Wiedergabe von tatsächlich selbst erlebten Umständen bzw. Ereignissen zeichnet sich jedoch gerade dadurch aus, dass man nicht lediglich objektive Rahmenbedingungen darlegt, sondern entspricht es vielmehr der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Menschen über persönlich Erlebtes detailreich, oft weitschweifend unter Angabe der eigenen Gefühle bzw. unter spontaner Rückerinnerung an auch oft unwesentliche Details oder Nebenumstände berichten.

Weiter ist die Darlegung von persönlich erlebten Umständen dadurch gekennzeichnet, dass man beim Vorbringen der eigenen "Lebensgeschichte" vor allem sich selbst in die präsentierte Rahmengeschichte dergestalt einbaut, dass man die eigenen Emotionen bzw. die eigene Erlebniswahrnehmung zu erklären versucht, sich allenfalls selbst beim Erzählen emotionalisiert zeigt, bzw. jedenfalls Handlungsabläufe bzw. die Kommunikation und Interaktion zwischen den handelnden Personen der Geschichte darlegt. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um wichtige Ereignisse im Leben eines Menschen handelt, die oftmals das eigene Schicksal oder einen Lebensweg dergestalt verändern, dass man sich letztendlich dazu veranlasst sieht, sein Heimatland oder das Land des letzten Aufenthaltes deshalb "fluchtartig" zu verlassen.

Die bP wurden eingangs der Einvernahmen zu den Fluchtgründen aufgefordert, alle Gründe anzuführen, weshalb sie Heimatland verlassen haben und weshalb sie in Österreich einen Asylantrag gestellt haben.

Allein diese Aufforderung an einen Antragsteller erfordert wohl ein wie bereits oben angeführtes erwartetes Verhalten und Vorbringen eines Asylwerbers.

Im konkreten Fall vermochten die bP jedoch diesen Voraussetzungen für die Qualifizierung eines Erlebnisberichtes nicht entsprechen. Vor dem Hintergrund dieser Prämissen ist die von Ihnen vor der Asylbehörde präsentierte "Fluchtgeschichte" tatsächlich als zu "blass", wenig detailreich und zu oberflächlich und daher in Folge als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt schließlich zur Ansicht, dass die bP Armenien verlassen haben, da sie sich eine bessere medizinische Behandlung für die bP 3 erwarteten und war das Vorbringen betreffend der angeblichen Verfolgung als unglaubwürdig zu beurteilen. Erwähnenswert scheint an dieser Stelle, dass die bP auch anfangs noch behaupteten, die Erkrankung der bP 3 stünde im Zusammenhang mit dem Problem bzw. den Streitigkeiten. Erst vor der belangten Behörde gestand die bP 3 dann ein, dass wohl doch kein Zusammenhang bestünde.

II.2.5.3. Soweit nun in der Beschwerde betreffend die bP 1 und 2 ausgeführt wird, dass diese keine eigenen Wahrnehmungen zu den Fluchtgründen der bP 3 hätten ist festzuhalten, dass dies auch auf die bP 4 zutrifft. Es kann jedoch bei einer Familie, welche in einem gemeinsamen Haushalt lebt und im Familienbetrieb ein Bistro führt, angenommen werden, dass sie über die Gründe, welche angeblich die gesamte Familie zum Verlassen der Heimat zwingen, ausführlich spricht, diese diskutiert und Möglichkeiten erörtert. Zusätzlich wurde bereits von der belangten Behörde richtig festgehalten, dass gerade im Zusammenhang mit der Dauer des Krankenhausaufenthalts sowie auch beim chronologischen Ablauf davon auszugehen wäre, dass dies von allen Familienmitgliedern konsistent geschildert werden kann.

Zur Behauptung, die belangte Behörde hätte das Recht auf Parteigengehör verletzt, weil sie den bP die Widersprüche in Parteienvorbringen nicht vorhielt, ist festzustellen, dass die Angaben der Partei (und somit auch die darin ersichtlichen Widersprüche) nicht dem Parteiengehör unterliegen (vgl. ho. Erk. vom 13.8.2012, E10 414399-1/2010/12E mwN).

Am Rande sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Verfahren der bP zwar zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung gemäß § 39 AVG verbunden wurden, es sich bei den bP 1 und 2 sowie bP 3-6 jedoch um zwei Familien handelt, welche rechtlich unabhängig voneinander zu betrachten sind (vgl. Familienbegriff § 2 Abs 1 Z 22). Zusätzlich liegen auch keine besonderen Beziehungen, welche über die normalen sozialen Kontakte zwischen Eltern, ihren Kindern und Enkelkindern hinausgehen würden, vor. Die bP leben ca. 20 km voneinander entfernt, es liegt sei der Ankunft in Österreich kein gemeinsamer Haushalt mehr vor und wurde gerade kein Pflege- oder Abhängigkeitsverhältnis behauptet, sondern lediglich ausgeführt, dass die bP 1 und 2 die bP 3-6 zwei bis viermal wöchentlich besuchen. Es besteht damit kein besonderes Naheverhältnis iSd Judikatur zu Art. 8 EMRK sodass letztlich auch keine gemeinsame Abschiebung notwendig ist.

II.2.5.4. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab die bP 3 an, dass sie ihre Probleme vor der belangten Behörde vollständig schildern konnte und sie wegen kriminellen Personen sowie aus gesundheitlichen Gründen geflohen sei.

Soweit die bP 3 in der Beschwerdeverhandlung ausführte, dass es in Armenien keine Transplantationen gäbe und nur Geschwister eine Niere spenden könnten, ist auf die Anfragebeantwortung vom 19.05.2014 zu verweisen. Darüber hinaus bestritt die bP 3 selbst abschließend nicht, dass es in Armenien die Möglichkeit gäbe, eine Nierentransplantation zu erhalten. Sie führte lediglich an, dass sie keinen "passenden" Familienangehörigen" bzw. nicht das nötige Geld dafür hätte. Auch abschließend befragt zu den Rückkehrbefürchtungen gab die bP 3 an, dass ihr Leben wegen Kriminellen in Armenien in Gefahr sei und sie die Behandlung und Nierentransplantation dort nicht bezahlen könnte.

Die bP 3 steht in Österreich nicht auf der Transplantationsliste. Wenn die bP ausführen, dass die bP 3 einen "Status" benötigen würde, um auf die Liste zu kommen, ist hierzu festzuhalten, dass entgegen der Meinungen der bP in Österreich die medizinische Versorgung und Behandlung abhängig vom Gesundheitszustand ist. Dass die bP 3 eben noch nicht auf der Transplantationsliste steht, hängt damit mit ihrem Gesundheitszustand und nicht mit einem Status zusammen. Jedenfalls kann festgestellt werden, dass für die bP 3 eine Transplantation nicht lebensnotwendig ist, da sie ansonsten auf der Liste aufgenommen worden wäre.

Auch die bP 4 gab befragt zu Rückkehrbefürchtungen in der Verhandlung lediglich an, dass sie ersuche, wegen der Erkrankung des Mannes unterstützt zu werden. Das Leben des Mannes sei dort in Gefahr. Er leide an hohem Blutdruck und würde sterben, wenn er mit dem Flugzeug fliegen müsse. Weiter befragt dazu, welche Erkrankungen der bP 3 in Armenien nicht behandelt werden könnten, führte die bP 4 aus, dass eine Nierentransplantation sehr viel in Armenien koste, es dort keine Versicherung gäbe und die Medikamente sehr teuer wären. Abschließend befragt führte die bP 4 an, dass in Armenien alle Erkrankungen der bP 3 behandelbar wären, aber es sehr viel kosten würde.

Zum Vorhalt in der mündlichen Verhandlung betreffend Behandlungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Herzerkrankungen führt die bP 3 lediglich aus: "Es gibt Herzspezialisten. Die Operation hängt mit hohen Kosten zusammen. Mein Leben ist in Armenien in Gefahr, ich hätte schon Probleme bei der Ankunft am Flughafen. Ich habe auch hohen Blutdruck."

Auch die bP 2 gab an, dass sie die Kosten ihrer eigenen Behandlung (Diabetes - Insulin) nicht bezahlen könnte, eine Behandlung aber möglich sei.

II.2.5.5. Hinsichtlich der Ausführungen zu den Behandlungsmöglichkeiten und Kosten für die Behandlung der bP ist festzuhalten:

Die Behandlung der bP 2 wegen Bluthochdruck und Diabetes bzw. Insulingabe ist in Armenien möglich und kostenfrei. Diesbezüglich wurde von den bP auch nichts substantiiertes Gegenteiliges vorgebracht bzw. wurden diese Umstände nicht als Rückkehrbefürchtungen konkret geltend gemacht.

Alle bP gaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung an, dass die bP 3 in Armenien zwar behandelt werden konnte, eine Behandlung bei Rückkehr auch möglich sei und die bP 3 auch schon dort eine Dialyse erhielt, die Familie aber die Kosten der Behandlung für die bP 3 nicht tragen könnte. Die bP 3 gab an: "Pro Dialyse musste ich 80 US Dollar bezahlen, aber nicht für die Dialyse, diese ist gratis. Ich habe die 80 US Dollar für das Eisen-Medikament bezahlt. Außerdem sind Fahrkosten entstanden."

Zwar mag es tatsächlich so sein, dass wie in der Beschwerde bzw. Stellungnahme ausgeführt, grundsätzlich nur die primäre Versorgung in Armenien gratis ist und im Rahmen der sekundären und tertiären Versorgung Zuzahlungen notwendig werden können, so wie die bP 3 offensichtlich auch für die zusätzlichen speziellen Medikamente eine Zuzahlung leisten musste. Dennoch sind jedenfalls laut Anfragebeantwortungen und Länderfeststellungen alle Erkrankungen der bP 3 (Nierenversagen mit Folgeerkrankungen und Herzerkrankung) in Armenien behandelbar und ist die medizinische Grundversorgung, dh die primäre Versorgung gratis. Zur anstehenden Reoperation an der Nebenschilddrüse ist festzuhalten, dass dieser Eingriff als nicht schwer und jedenfalls von der medizinischen Grundversorgung abgedeckt angesehen werden kann. Dass die bP 3 akut und lebensnotwendig diese Reoperation benötigen würde (vgl. Schreiben vom 15.11.2016 - "wäre geplant"), geht aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervor und kann sie diese und die weiteren in Aussicht gestellten Operationen im Zusammenhang mit ihren Erkrankungen auch in Armenien erhalten. Zum im Schreiben vom 15.11.2016 weiters festgehaltenen Unvertretbarkeit einer Außerlandesbringung auf dem Landweg ist festzuhalten, dass Abschiebungen nach Armenien grundsätzlich auf dem Luftweg erfolgen. Weiters wird eine zum gegebenen Zeitpunkt im Rahmen der konkreten Durchführung der Abschiebung durzuführende Untersuchung ergeben, ob die bP 3 dann zu diesem Zeitpunkt abschiebefähig oder flugtauglich ist.

Hinsichtlich der Medikamente ist festzuhalten, dass in Armenien die Erkrankungen der bP 3 eben behandelbar sind und grundsätzlich alle Medikamente bzw. Generika mit gleichwertigen Wirkstoffen verfügbar sind ( vgl. hierzu die Liste der in Armenien verfügbaren Medikamente, List of Essential Medicines of Republic of Armenia - http://www.pharm.am/files/juristdocs/20131118_114728_en_Himnakandexeri_ cank_17-N_ENG.pdf).

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die bP in der Beschwerde und in den Stellungnahmen zwar ausgeführt haben, dass sie keinerlei Kontakte mehr in Armenien hätten und auch kein Vermögen mehr besitzen würden. Demgegenüber brachten die bP jedoch übereinstimmend in der mündlichen Verhandlung vor, dass sie über Telefon und Internet mit den zahlreichen, in den Feststellungen angeführten Verwandten Kontakt haben. Die bP wollten offensichtlich zugunsten eines positiven Verfahrensausganges für sie diese Kontakte vorerst verschleiern. Darüber hinaus leben diese Verwandten in gesicherten Lebensumständen und könnten bei Bedarf aufgrund der engen verwandtschaftlichen Bindungen in Armenien die bP, insbesondere die bP 3 auch finanziell unterstützen. Auch dass die bP über keine gesicherte Wohnsituation in Armenien bei Rückkehr verfügen würden, kann aufgrund der Angaben in der Verhandlung entgegen den Ausführungen in der Beschwerde nicht angenommen werden. Das Haus, in dem die bP vor ihrer Ausreise lebten, gehört noch immer ihnen und lebt darin eine Verwandte, welche selbst noch über eine leerstehende Wohnung verfügt. Damit kann angenommen werden, dass die bP jedenfalls im Falle der Rückkehr wieder in ihrem Haus in Jerewan leben können, wo sich auch die diversen Spezialkliniken zur Behandlung der bP 3 in unmittelbarer Nähe befinden.

Darüber hinaus verfügen die bP nicht nur über das Haus in Armenien, sondern wurde - wie übereinstimmend angegeben wurde - das Bistro in Armenien letztes Jahr verkauft. Dass die bP dieses Geld für den Schlepper bzw. um Schulden zu zahlen verwenden mussten, wie von den bP behauptet, kann einerseits aufgrund des Gesamtverhaltens der bP, Vorbringen zu erstatten, welche opportun erscheinen, nicht angenommen werden. Andererseits haben die die bP 3 und 4 ihre Schleppung gemäß ihren Angaben vor der belangten Behörde aufgrund der Einnahmen aus zwei vermieteten Wohnungen und die bP 1 und 2 ihre Schleppung aus Ersparnissen bezahlt. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die bP neben dem Haus in Armenien jedenfalls auch noch finanzielle Mittel besitzen.

Festzuhalten ist überdies, dass die Kosten der Therapie und der nötigen Medikamente vom Staat auch völlig gedeckt werden können, wenn der Patient eine sozialschwache Person ist (beispielsweise von der staatlichen Sozialhilfe profitiert) oder eine Behindertenrate hat.

Obwohl die Behandlung von Patienten ab einer gewissen Behinderungsrate kostenlos ist, kann es zwar sein, dass der Patient für Medikamente und Behandlung bezahlen muss, wenn er/sie nicht registriert ist um eine Behindertenpension zu erhalten und nicht in das staatliche Programm für kostenlose Behandlung inkludiert ist. Die bP 1 hatte aber offenbar eine Registrierung, da sie gemäß eigenen Angaben selbst die Dialysebehandlung kostenlos erhielt. Dass die bP 1 im Falle der Rückkehr nunmehr nicht auf diese Umstände zurückgreifen könnte, wurde weder vorgebracht, noch erschließt sich dies aus den zahlreichen Feststellungen. In den Länderfeststellungen wurde auch festgehalten, dass in letzter Zeit in der Presse Artikel mit Informationen über die kostenlose Behandlung erschienen und daher immer mehr Patienten erfolgreich auf diesem Recht bestehen.

Gemäß der Order 1155-A des Gesundheitsministers, erhalten Patienten, die an chronischem Nierenversagen leiden (einschließlich Nierentransplantation oder Dialyse), kostenfrei Medikamente in Spitälern oder Polikliniken. Nur die spezielle Behandlung in Spitälern ist nicht kostenfrei (vgl. Länderfeststellungen, Quellen, Anfragebeantwortungen sowie die Entscheidung des BVwG vom 25.08.2014. Zl. L518 1410613-3/18E).

Selbst wenn die Kosten für die spezielle - über die Dialyse hinausgehende - Behandlung der bP 3 von den bP selbst getragen werden müssten und diese Behandlungskosten im Verhältnis zum Mindesteinkommen in Armenien hoch wären, so ist dennoch einerseits festzuhalten, dass die bP jedenfalls bereits in Armenien kostenlos medizinisch grundversorgt wurde. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die bP im Falle der Rückkehr mittellos wären und ist es den bP 1, 2 und 4 zumutbar, entsprechend Arbeit zu finden, um Kostenbeiträge zur Behandlung zu bezahlen. Die bP 3 ist auch selbst in Österreich nicht auf der Transplantationsliste gelistet, weshalb von einer weiteren, ausreichenden Dialysebehandlung ausgegangen werden kann und der Umstand, dass die bP 3 eventuell keinen Spender für eine Nierentransplantation finden kann, schon aus diesem Grund keine Relevanz entfalten.

Die bP haben letztlich auch selbst eben übereinstimmend angegeben, dass alle Erkrankungen der bP 2 sowie der bP 3 in Armenien behandelbar sind. Hingewiesen wird auf die weiteren rechtlichen Ausführungen zu Erkrankungen und deren Relevanz im Sinne von Art. 3 EMRK, insbesondere auf die Judikatur betreffend Behandlungsmöglichkeiten und Unwesentlichkeit etwaiger, auch erheblicher Kosten.

3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Zu A)

II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

II.3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 3 AsylG lauten:

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) ...

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1.-dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2.-der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

..."

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (§ 4 AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (§ 4a AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (§ 5 AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der bP inhaltlich zu prüfen ist.

Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

II.3.2.2. Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der volljährigen bP zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt (vgl. VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der bP behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Weiters ist festzuhalten, dass selbst bei Wahrunterstellung des Fluchtvorbringens der bP von einer Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des armenischen Staats auszugehen ist.

Rein hypothetisch betrachtet ohne hierdurch den behaupteten ausreiskausalen Sachverhalt als glaubwürdig werten zu wollen- wäre es den bP bzw. der bP 3 möglich und zumutbar, sich im Falle der behaupteten Bedrohungen durch Kriminelle an die Sicherheitsbehörden ihres Herkunftsstaates zu wenden, welche willens und fähig wären, Schutz zu gewähren.

Auch wenn ein solcher Schutz (so wie in keinem Staat auf der Erde) nicht lückenlos möglich ist, stellen die von der bP geschilderten Übergriffe in ihrem Herkunftsstaat offensichtlich amtswegig zu verfolgende strafbare Handlungen dar und andererseits existieren im Herkunftsstaat der bP Behörden welche zur Strafrechtspflege bzw. zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit berufen und auch effektiv tätig sind. Die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der Behörden ist somit gegeben (vgl. hierzu auch die Ausführungen des VwGH im Erk. vom 8.6.2000, Zahl 2000/20/0141 zu den Voraussetzungen der Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des [in diesem Erkenntnis] türkischen Staates; Im soeben zitierten Erk. führte der weiter aus:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die Gewährung von Asyl an einen algerischen Staatsangehörigen betreffenden Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0256, ausgesprochen, dass mangelnde Schutzfähigkeit des Staates nicht bedeute, dass der Staat nicht mehr in der Lage sei, seine Bürger gegen jedwede Art von Übergriffen durch Dritte präventiv zu schützen, sondern dass mangelnde Schutzfähigkeit erst dann vorliege, wenn eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung "infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt" nicht abgewendet werden könne (wobei auf die hg. Erkenntnisse vom 7. Juli 1999, Zl. 98/18/0037, und vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311, Bezug genommen wird). Dies sei dann der Fall, wenn für einen von dritter Seite Verfolgten trotz des staatlichen Schutzes der Eintritt eines - entsprechende Intensität erreichenden - Nachteiles mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei.

Die belangte Behörde leitete aus dem Umstand, dass der türkische Staat bereits die Androhung einer schweren und rechtswidrigen Schadenszufügung strafgerichtlich verpöne, jedenfalls aber eine mit dem Motiv der Blutrache begangene Tötung mit der [Anm: nunmehr in der Türkei nicht mehr angewandten] Todesstrafe bedrohe, die nicht unschlüssige Folgerung ab, dass der türkische Staat gewillt sei, den erforderlichen Schutz zu gewähren. Nach den Feststellungen der belangten Behörde hat der türkische Staat sowohl den Willen als auch die Fähigkeit, den Beschwerdeführer vor den Gefahren einer befürchteten Blutrache ausreichend zu schützen. Die Beschwerde hält dem Argument, der Beschwerdeführer hätte bei staatlichen Stellen Schutz vor Verfolgung finden können, lediglich entgegen, dass ein einmal gegebenes Versprechen, für eine getötete, nahe stehende Person Blutrache zu verüben, nicht einfach wieder zurückgenommen werden könne. Das Versprechen, Blutrache zu üben, binde - nach islamischer Weltanschauung - jene Person, die das Versprechen abgegeben habe, und keine wie auch immer geartete Strafdrohung könne eine die Vollziehung der Blutrache versprechende Person von der Ausübung ihrer nunmehrigen "Pflicht" abschrecken. Der Vollzug der versprochenen Blutrache werde zur Lebensaufgabe des Versprechenden. Es erscheine nicht möglich, sich unter den Schutz des türkischen Staates zu stellen, weil der Beschwerdeführer rund um die Uhr bis zu seinem Lebensende vom türkischen Staat beschützt werden müsste. Der türkische Staat habe weder die finanziellen Mitteln noch ein Interesse an einem solchen Personenschutz.

... Die belangte Behörde hat ...klar zum Ausdruck gebracht, dass sie von einer ausreichenden Schutzgewährung durch den türkischen Staat ausgehe und sie hat den Beschwerdeführer erfolglos aufgefordert, Beweismittel vorzulegen, die diese Annahme erschüttern könnten .... Staatliche Schutzgewährung ist um so eher zu erwarten, als es sich bei den mutmaßlichen Verfolgern um verhältnismäßig leicht auszuforschende Verwandte des vom Beschwerdeführer widerrechtlich Getöteten handeln würde. Der Beschwerdeführer hat überdies nicht einmal den Versuch unternommen, etwa durch Anzeige im Sinne des Art. 191 des türkischen Strafgesetzbuches staatlichen Schutz vor möglicher Blutrache in Anspruch zu nehmen. Es ist auch nicht offenkundig, dass der Beschwerdeführer der von ihm behaupteten Gefahr in der gesamten Türkei ausgesetzt wäre und ihm daher keine Möglichkeit offen stünde, innerhalb seines Heimatstaates einen sicheren Aufenthaltsort zu finden.").

Die bloße Möglichkeit, dass staatlicher Schutz nicht rechtzeitig gewährt werden kann, vermag eine gegenteilige Feststellung nicht zu begründen, solange nicht von der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit der Nichtgewährung staatlichen Schutzes auszugehen ist.

Unter richtlinienkonformer Interpretation ( Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004) kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten (das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation der entsprechenden asylrechtlichen Bestimmungen entspricht auch dem Gesetzgeber (vgl. Wortlaut der RV zum AsylG 2005: "...Mit dem

vorgeschlagenen Entwurf werden folgende Richtlinien umgesetzt ... :

Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom 30.09.2004 S. 12, CELEX Nr. 32004L0083; ...".

Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" (vgl § 45 Abs 2 AVG) allerdings keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vgl auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu § 45).

In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Art 7 leg cit zu bieten - besteht für den Berufungswerber somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Art 6 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden. Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Art 7 Abs 2 leg cit, dass "generell Schutz gewährleistet ist".

Im gegenständlichen Fall haben die Beschwerdeführer weder behauptet noch bescheinigt, dass das geschilderte Verhalten, jener Personen die gegen die bP vorgingen, in ihrem Herkunftsstaat nicht pönalisiert wäre oder die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grds. nicht einschreiten würden, um einen Schaden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden. Darauf weisen auch die den Feststellungen der belangten Behörde bzw. des erkennenden Gerichts zu Grunde liegenden Quellen nicht hin, wenngleich die Berichte zu erkennen geben, dass durchaus auch noch erhebliche Defizite bestehen, ergibt sich weiters aus den von der belangten Behörde bzw. vom erkennenden Gericht herangezogenen Quellen, dass im Herkunftsstaat der bP kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.

Die bP bescheinigte im Rahmen ihrer Ausführungen zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, gerade in ihrem Fall Schutz zu gewähren. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass sie keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätte, bzw. dass gerade in ihrem Fall ein qualifizierte Sachverhalt vorliege, der es als "erwiesen" erschein lässt, dass die im Herkunftssaat vorhandenen Behörden gerade im Fall der bP untätig blieben. Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre.

Im Ergebnis hat die bP letztlich im Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, welches hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht (vgl. EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätte.

Die bP haben ihren Herkunftsstaat letztlich aus persönlichen und wirtschaftlichen Gründen verlassen. Diese Gründe - gesundheitliche Probleme der bP 3 und damit einhergehende Behandlungskosten - stellen jedoch keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar. Es war daher im Hinblick auf die ausschließlich persönlichen und wirtschaftlichen Beweggründe der bP, den Herkunftsstaat zu verlassen, der Schluss zu ziehen, dass die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz nur aus dem Grund erfolgte, sich nach erfolgter Einreise unter Umgehung der den Aufenthalt regelnden Vorschriften den weiteren Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen.

Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 AsylG lauten:

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.-der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.-...

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung

nach § 3 ... zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

..."

Bereits § 8 AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

Art. 2 EMRK lautet:

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

Art. 3 EMRK lautet:

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Art. 1 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Art. 3 EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Art. 3 EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden (vgl. etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Art. 3 EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der bP zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Art. 3 EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt (vgl. Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen (vgl für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss die bP die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, S. 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus (vgl. EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: X u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (vgl. EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, S. 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle (vgl VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann (vgl auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] § 8 Abs. 1 AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtssprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Art. 2 bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der bP (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Art. 2 EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich der Herkunftsstaat der bP nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der bP in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Weitere, in der Person der bP begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.

Zur individuellen Versorgungssituation der bP wird weiters festgestellt, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Bei den bP 1 und 4 handelt es sich um mobile, gesunde Menschen und schätzen sich die bP 1, 2 und 4 selbst als arbeitsfähig ein. Die volljährigen bP sind zur Pflege und Obsorge der minderjährigen bP verpflichtet. Die Existenzsicherung der Minderjährigen bP ist damit durch die volljährigen bP, hinsichtlich derer von einer gemeinsamen Ausreise auszugehen ist, gesichert.

Einerseits stammen die bP aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehören die bP keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.

Auch steht es den bP 1, 2 und 4 frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen und könnten sie auch, insbesondere die bP 3 das -wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige- Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen. Zusätzlich ist festzuhalten, dass die bP auch bisher ihren Lebensunterhalt bzw. den Lebensunterhalt der gesamten Familie sichern konnten und sind die bP auch gut ausgebildet bzw. waren jahrelang berufstätig, was ihnen ein Einstieg in den Arbeitsmarkt entsprechend erleichtert.

Ebenso kam hervor, dass die bP im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügen. Sie stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und können die bP daher Unterstützung durch ihre Familie erwarten. Die bP gaben einhellig an, auch noch Kontakt zu ihren zahlreichen, in gesicherten finanziellen Verhältnissen lebenden Verwandten zu haben. Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass die bP nicht wie schon vor der Ausreise wieder im ihnen gehörenden Haus in Jerewan Unterkunft finden könnten, da insbesondere auch noch die Eigentumswohnung der Verwandten, welche jetzt in dem Haus leben, existiert. Dass die Verwandten für das Haus keine Miete zahlen, was damit begründet wurde, dass es sich eben um Verwandte handelt, deren Kinder studieren, deutet eben auf diese besonders engen Verwandtschaftlichen Beziehungen hin und kann erwartet werden, dass die in Armenien lebenden Verwandten die Familie bei Rückkehr auch persönlich und finanziell unterstützen.

Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

Die Zumutbarkeit der Annahme einer -ggf. auch unattraktiven-Erwerbsmöglichkeit wurde bereits beispielsweise im Erk des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010 mwN bejaht.

Soweit die bP 3 bzw. die bP 2 ihren Gesundheitszustand thematisiert wird Folgendes erwogen:

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Armeinen nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II VO zwingend auszuüben wäre.

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das jüngere diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Jüngste Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung.

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab:

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Art 3 EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu § 30 AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Art. 3 EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands zumeist außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

Wie bereits erwähnt, geht der EGMR weiters davon aus, dass aus Art. 3 EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet und kann nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Art. 3 EMRK führen {EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964 ("St. Kitts-Fall")}. Im Zusammenhang mit einer Erkrankung des Beschwerdeführers nahm der EGMR außerordentliche, ausnahmsweise vorliegende Umstände im "St. Kitts-Fall" an. Im Mai 1997 hatte der EGMR die Abschiebung eines HIV-infizierten Drogenhändlers, welcher laut medizinischen Erkenntnissen auch in Großbritannien bei entsprechender Behandlung nur mehr ca. 8 - 14 Monate zu leben gehabt hätte und sich somit im fortgeschrittenen Krankheitsstadium befand, aus Großbritannien auf seine Heimatinsel St. Kitts/kleine Antillen (Karibik) als "unmenschliche Behandlung" im Sinne des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention angesehen. Die im zitierten Erkenntnis beschriebene außergewöhnliche, exzeptionale Notlage ( er hätte dort keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und Betreuung, nicht einmal zu einem Pflegebett gehabt hätte und wäre so qualvollst, einsam und in extremer Armut gestorben) die ihn dort erwarte, würde seine Lebenserwartung deutlich reduzieren und ihn psychischem und physischem Leiden aussetzen. Diese Abschiebung war daher in diesem Einzelfall unzulässig (EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964).

Ähnlich entschied die Europäische Kommission für Menschenrechte 1998 im Falle eines AIDS-Kranken aus der Demokratischen Republik Kongo (B.B. gegen Frankreich, 9.3.1998, Nr. 30930/96). Auch die Kommission stellte auf die fortgeschrittene Erkrankung, die fehlende Behandlungsmöglichkeit in der Heimat mit der großen Gefahr opportunistischer Erkrankungen, fehlende familiäre Bindungen und die Übernahme der (medizinischen) Verantwortung Frankreichs durch die Behandlung ab und bejahte ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK.

In der Entscheidung vom 15.2.2000 (S.C.C. gegen Schweden, Nr. 46553 /99) kam der EGMR zu einer entgegen gesetzten Auffassung. Die Antragstellerin stammte aus Sambia. Sie machte geltend, es sei im Jahr 1995 eine HIV-Infektion bei ihr festgestellt worden, mit einer Therapie habe man im Jahr 1999 begonnen. Der EGMR verneinte eine Verletzung von Art. 3 EMRK unter Berücksichtigung der Tatsachen, dass erst kürzlich mit einer Therapie begonnen worden sei, dass Verwandte in Sambia lebten und dass nach Vortrag der schwedischen Botschaft die Behandlung von AIDS in Sambia möglich sei.

Auch in seiner sonstigen, dem in die Literatur unter der "St. Kitts-Fall" bekannten Fall nachfolgenden Rechtsprechung hat der EGMR (unter Berücksichtigung der jeweils gegebenen konkreten Umstände) in keinem Fall eine derart außergewöhnliche - und damit vergleichbare - Situation angenommen (vgl. z.B. EGMR 10.11.2005, Paramsothy gegen die Niederlande [Erkrankung an Posttraumatischem Stresssyndrom], EGMR 10.11.2005, Ramadan gegen die Niederlande, Nr. 35989/03 [Erkrankung an Depression, teils mit psychotischer Charakteristik], EGMR 27.09.2005, Hukic gegen Schweden, Nr. 17416/05 [Erkrankung am Down-Syndrom], EGMR 22.09.2005, Kaldik gegen Deutschland, Nr. 28526 [Erkrankung an Posttraumatischem Stresssyndrom mit Selbstmordgefahr], EGMR 31.05.2005, Ovdienko gegen Finnland, Nr. 1383/04 [Erkrankung an schwerer Depression mit Selbstmordgefahr], EGMR 25.11.2004, Amegnigan gegen die Niederlande, Nr. 25629/04 [HIV-Infektion], EGMR 29.06.2004, Salkic gegen Schweden, Nr. 7702/04 [psychische Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen], EGMR 22.06.2004, Ndangoya gegen Schweden, Nr. 17868/03 [HIV-Infektion], EGMR 06.02.2001, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich [Erkrankung an Schizophrenie]).

Die genannten allgemeinen Ausführungen gelten auch beim Vorliegen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen. Zur Verdeutlichung der vom EGMR gesetzten Schwelle sei hier aus der Application no. 7702/04 by SALKIC and others against Sweden zitiert, wo es um die Zulässigkeit der Abschiebung schwer traumatisierter und teilweise suizidale Tendenzen aufweisende Bosnier nach Bosnien und Herzegowina ging, wobei hier wohl außer Streit gestellt werden kann, dass das bosnische Gesundheitssystem dem schwedischen qualitätsmäßig erheblich unterliegt:

"Das Gericht ist sich bewusst, dass die Versorgung bei psychischen Problemen in Bosnien-Herzegowina selbstverständlich nicht den gleichen Standard hat wie in Schweden, dass es aber dennoch Gesundheitszentren gibt, die Einheiten für geistige Gesundheit einschließen und dass offensichtlich mehrere derartige Projekte am Laufen sind, um die Situation zu verbessern. Auf jeden Fall kann die Tatsache, dass die Lebensumstände der Antragsteller in Bosnien-Herzegowina weniger günstig sind als jene, die sie während ihres Aufenthaltes in Schweden genossen haben, vom Standpunkt des Art. 3 [EMRK] aus nicht als entscheidend betrachtet werden (siehe, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich Urteil, oben angeführt, Art. 38).

...

Abschließend akzeptiert das Gericht die Schwere des psychischen Gesundheitszustandes der Antragsteller, insbesondere den der beiden Kinder. Dennoch mit Hinblick auf die hohe Schwelle, die von Art. 3 [EMRK] gesetzt wurde, besonders dort, wo der Fall nicht die direkte Verantwortlichkeit des Vertragsstaates für die Zufügung von Schaden betrifft, findet das Gericht nicht, dass die Ausweisung der Antragsteller nach Bosnien-Herzegowina im Widerspruch zu den Standards von Art. 3 der Konvention stand. Nach Ansicht des Gerichtes zeigt der vorliegende Fall nicht die in seinem Fallrecht festgelegten außergewöhnlichen Umstände auf (siehe, unter anderem, D. gegen Vereinigtes Königreich, oben angeführt, Art. 54). Dieser Teil des Antrages ist daher offenkundig unbegründet."

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter wären als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend. Im Übrigen hielt der Gerichtshof fest, dass ungeachtet der Ernsthaftigkeit eines Down-Syndroms, diese Erkrankung nicht mit den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit zu vergleichen sei.

In der Beschwerdesache AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

In der Beschwerdesache NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

Aufgrund der hier vorliegenden physischen Beeinträchtigungen der bP (vgl. Feststellungen und Beweiswürdigung oben) mag es zwar sein, dass eine Überstellung nach Armenien zu eine Beeinträchtigung des Zustandes der bP 3 führt bzw. andere Behandlungsmöglichkeiten betreffend die bP angewendet werden, womit jedoch noch nicht gesagt ist, dass dies zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK führt.

Im vorliegenden Fall konnten somit seitens der bP keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Armenien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen (schwerer) Erkrankungen ersichtlich. Diesbezüglich wird auf die einschlägige Judikatur hingewiesen, wonach der Gesundheitszustand der bP 2 bzw. bP 3 gemäß Feststellungen nicht einen derart exzeptionellen, lebendbedrohenden Umstand darstellt, der eine Überstellung iSd Judikatur des EGMR unzulässig machen würde.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass der EGMR es für eine Art. 3 EMRK-konforme Überstellung ausreicht, dass Behandlungsmöglichkeiten [für Traumatisierte, hier aufgrund der identischen Interessenslage jedoch analog anwendbar] im Land der Überstellung verfügbar sind (vgl. Paramasothy v. Netherlands 10.11.2005; Ramadan Ahjeredine v. Netherlands, 10.11.2005, Ovidienko

v. Finland 31.5.2005; Hukic v. Sweden, 27.9.2005), was im Herkunftsstaat hinsichtlich der von der bP vorgebrachten Erkrankung offensichtlich der Fall ist (Vgl. etwa den öffentlich zugänglichen WHO Mental Health Atlas 2005 - vgl. die bereits erörterte Berichtslage zum Gesundheitswesen im Herkunftsstaat; aber auch List of Essential Medicines of Republic of Armenia) http://www.pharm.am/files/juristdocs/20131118_114728_en_Himnakandexeri_ cank_17-N_ENG.pdf). Dass die bP keinen Zugang zum armenischen Gesundheitssystem fänden, kam im Ermittlungsverfahren nicht hervor.

Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso im h. Erk. vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E zitierte Auskunft des Bundesministeriums für Inneres Abt. II/3/C, Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen, in welcher mitgeteilt wurde, dass, wenn im Voraus bekannt sei, dass eine Problemabschiebung bevorstehe, vom Zeitpunkt der Festnahme an ein Amtsarzt bei der Amtshandlung zugegen sei. Für solche Fälle habe sich auch der stellvertretende Chefarzt des Bundesministeriums für Inneres bereit erklärt, für die ärztliche Versorgung zu sorgen. Es könne also davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen (bei Charterabschiebungen, ..., sei dies Standard) von Beginn der Amtshandlung bis zur Übergabe der betreffenden Person an die Behörden des Heimatlandes eine ärztliche Versorgung gewährleistet sei. Auch sei es bei derartigen Charterabschiebungen gängige Praxis, dass Vertreter des Menschenrechtsbeirates sowohl bei den Kontaktgesprächen als auch im Rahmen der Flugabschiebung als Beobachter dabei seien. Transporte von Kindern würden auch von speziell ausgebildeten weiblichen Beamten begleitet. Auch könne die hauseigene Psychologin des Bundesministeriums für Inneres beigezogen werden und mitfliegen, wenn man von dem Abschiebungsvorgang rechtzeitig Kenntnis erlange.

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Parteien nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen müssen, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen:

§ 10 AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer

Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

§ 55 AsylG 2005, Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK:

§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. I Nr. 189/1955) erreicht wird.

(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Art. 8 EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

§ 57 AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von

Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."

§ 9 BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

§ 58 AsylG 2005, Verfahren zur Erteilung von Aufenthaltstiteln:

§ 58. (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels

gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,

4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder

5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. § 73 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(4) Das Bundesamt hat den von Amts wegen erteilten Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 oder 57 auszufolgen, wenn der Spruchpunkt (Abs. 3) im verfahrensabschließenden Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist. Abs. 11 gilt.

(5) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 sowie auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 sind persönlich beim Bundesamt zu stellen. Soweit der Antragsteller nicht selbst handlungsfähig ist, hat den Antrag sein gesetzlicher Vertreter einzubringen.

(6) Im Antrag ist der angestrebte Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 bis 57 genau zu bezeichnen. Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Drittstaatsangehörige für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.

(7) Wird einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 stattgegeben, so ist dem Fremden der Aufenthaltstitel auszufolgen. Abs. 11 gilt.

(8) Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen, so hat das Bundesamt darüber im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

(9) Ein Antrag auf einen Aufenthaltstitel nach diesem Hauptstück ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. sich in einem Verfahren nach dem NAG befindet,

2. bereits über ein Aufenthaltsrecht nach diesem Bundesgesetz oder dem NAG verfügt oder

3. gemäß § 95 FPG über einen Lichtbildausweis für Träger von Privilegien und Immunitäten verfügt oder gemäß § 24 FPG zur Ausübung einer bloß vorübergehenden Erwerbstätigkeit berechtigt ist

soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt. Dies gilt auch im Falle des gleichzeitigen Stellens mehrerer Anträge.

(10) Anträge gemäß § 55 sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht. Anträge gemäß §§ 56 und 57, die einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag (Folgeantrag) oder einer rechtskräftigen Entscheidung nachfolgen, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.

(11) Kommt der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nach, ist

1. das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Abs. 4) ohne weiteres einzustellen oder

2. der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen.

Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

(12) Aufenthaltstitel dürfen Drittstaatsangehörigen, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, nur persönlich ausgefolgt werden. Aufenthaltstitel für unmündige Minderjährige dürfen nur an deren gesetzlichen Vertreter ausgefolgt werden. Anlässlich der Ausfolgung ist der Drittstaatsangehörige nachweislich über die befristete Gültigkeitsdauer, die Unzulässigkeit eines Zweckwechsels, die Nichtverlängerbarkeit der Aufenthaltstitel gemäß §§ 55 und 56 und die anschließende Möglichkeit einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu erlangen, zu belehren.

(13) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 bis 57 begründen kein Aufenthalts- oder Bleiberecht. Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 stehen der Erlassung und Durchführung aufenthaltsbeendender Maßnahmen nicht entgegen. Sie können daher in Verfahren nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG keine aufschiebende Wirkung entfalten. Bei Anträgen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 hat das Bundesamt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag jedoch mit der Durchführung der einer Rückkehrentscheidung umsetzenden Abschiebung zuzuwarten, wenn

1. ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung erst nach einer Antragstellung gemäß § 56 eingeleitet wurde und

2. die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 wahrscheinlich ist, wofür die Voraussetzungen des § 56 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 jedenfalls vorzuliegen haben."

§ 52 FPG, Rückkehrentscheidung:

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit

Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels, Einreisetitels oder der erlaubten visumfreien Einreise entgegengestanden wäre,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.

§ 46 FPG, Abschiebung

§ 46. (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

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1.-die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2.-sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3.-auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4.-sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

(2) Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat das Bundesamt bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. § 97 Abs. 1 gilt.

(2a) Das Bundesamt ist berechtigt, Personen, für die das Bundesamt ein Ersatzreisedokument bei der zuständigen ausländischen Behörde für die Abschiebung einzuholen hat, vorzuladen. § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt.

(3) Das Bundesamt hat alle zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Veranlassungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles (insbesondere Abs. 2 und 4) ehestmöglich zu treffen, insbesondere hat es sich vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Fremden zu vergewissern, dass dieser einem Mitglied seiner Familie, einem offiziellen Vormund oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung im Zielstaat übergeben werden kann. Amtshandlungen betreffend Fremde, deren faktischer Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde, sind prioritär zu führen.

(4) Liegen bei Angehörigen (§ 72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat das Bundesamt bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

(5) Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch das Bundesverwaltungsgericht festgestellt worden ist.

(6) Abschiebungen sind systematisch zu überwachen. Nähere Bestimmungen über die Durchführung der Überwachung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

§ 55 FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich

eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

II.3.4.2. Die gegenständlichen, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz waren abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fallen die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Es liegen keine Umstände vor, dass den bP allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Vom Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Art. 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind (vgl. dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vgl. auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Art 8 EMRK fallen, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulou gg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikh gg Litauen). Umgekehrt werden Kinder erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK vor (vgl. zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).

Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, X ua). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).

II.3.4.4. Die bP haben in Österreich über die im gegenständlichen Erkenntnis genannten Mitglieder der Kernfamilie hinausgehend keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich bereits seit zwei Jahren und zwei Monaten im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Sie leben von der Grundversorgung und haben - bis auf die bP 4 - keine Deutschkurse besucht. Sie sind strafrechtlich unbescholten.

Folgt man Chvosta, welcher, soweit ersichtlich im Schrifttum bisher unwidersprochen ausführte und dem sich auch das erkennende Gericht im gegenständlichen Fall anschließt, dass [Anmerkung: bei damaligen Ausweisungen von Asylwerbern nach § 10 AsylG; hier wohl sinngemäß anwendbar] ab einer Verfahrensdauer von 6 Monaten jedenfalls ein Eingriff in das Privat- und Familienleben anzunehmen sein wird, der eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach sich zieht (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74), so geht das erkennende Gericht im gegenständlichen Fall davon aus, dass ein sich auf die Verweildauer im Bundesgebiet begründetes Privatleben ergibt.

Die Rückkehrentscheidung stellt somit einen Eingriff in das Recht auf das Privat- und Familienleben dar.

II.3.4.5. Gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK und ist der Eingriff in § 10 AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Art. 8 (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.

Bereits vor Inkrafttreten der Vorgängerbestimmung des § 9 Abs. 2 BFA-VG in der Form des AsylG 2005 idF BGBl 29/2009 entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Richtlinien (in den Medien der vielgenannte "Kriterienkatalog") im Rahmen der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. EMRK, welche zu berücksichtigen sind:

Auch

Ebenso bereits vor Inkrafttreten des durch BGBl I 38/2011 in § 10 Abs. 2 Z 2 AsylG eingefügten lit. i, welcher der nunmehrigen Bestimmung des § 9 Abs. 2 Z 9 BFA-VG entspricht, warf der VfGH in seinem Erk. B 950-954/10-08, S. 19 die Frage auf, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (ähnlich VfGH 10.03.2011, B1565/10).

Ein mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden soll daher als zusätzliche Tatsache bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK berücksichtigt werden, andererseits stellte der VfGH in seinem Erkenntnis v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 unmissverständlich fest, dass die zeitliche Komponente dann in den Hintergrund tritt, wenn sich die Verweil- bzw. Verfahrensdauer aus dem Verhalten der beschwerdeführenden Partei ergibt (vgl. hierzu auch Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:

Die bP sind seit 2 Jahren und zwei Monaten in Österreich aufhältig. Sie reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnten ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Hätten sie diese unbegründeten Anträge nicht gestellt, wären sie vom Anfang an rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig gewesen und wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und sie sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würden.

Die bP verfügen über keine familiären und die bereits beschriebenen privaten Anknüpfungspunkte

Die bP begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der familiären Anknüpfungspunkte ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des mittlerweile rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens beschränkt.

Letztlich ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abzubrechen. So stünde es ihnen frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten (vgl. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es ihnen frei, sich nach ihrer Ausreise - wie jeder andere Fremde auch - um eine legale Einreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

Das ho. Gericht verkennt zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Ar. 8 EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten dennoch nicht unbeachtlich. Hier sei etwa auf eine Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10 (Beschwerdeführerin wurde 1992 geboren, war zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich minderjährig, hatte zumindest am Anfang ihres Aufenthaltes in Österreich keinen Einfluss auf das bzw. die Asylverfahren, entzog sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Alter der mündigen Minderjährigkeit und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge), U613/10 (Beschwerdeführerin wurde 1962 geboren, war während des gesamten Verfahrens handlungsfähig und prolongierte ihren Aufenthalt durch die Stellung verschiedener Anträge) und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua (minderjährige Asylwerber während des gesamten Asylverfahrens, welche auf den Verlauf des Verfahrens bzw. der Verfahren keinen Einfluss hatten) verwiesen. In diesen Verfahren stellte der VfGH in Bezug auf die 1962 geborene Beschwerdeführerin im vollen Umfang und in Bezug auf die 1992 geborene Beschwerdeführerin (Tochter der 1962 geborenen Beschwerdeführerin) in einem gewissen eingeschränkten Umfang fest, dass sich diese das Verhalten, welches zum langen Aufenthalt in Österreich führten, zurechnen lassen müssen und es daher nicht zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK geltend gemacht werden kann. Obwohl die minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, S. 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

Auch ist zu bedenken, dass es aus dem fremdenpolizeilichen Blickwinkel nicht primär auf die subjektive Vorwerfbarkeit, sondern auf die objektive Zurechenbarkeit des beschriebenen Verhaltens ankommt.

Die beschwerdeführenden Parteien sind -in Bezug auf ihr Lebensaltererst einen relativ kurzen Zeitraum in Österreich aufhältig, haben hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte und waren die volljährigen bP im Asylverfahren nicht in der Lage, ihren Antrag ohne die Beiziehung eines Dolmetschers zu begründen, wenngleich im Verfahren hervorkam, dass sie die deutsche Sprache nunmehr so weit beherrschen, dass eine gewisse Verständigung im Alltag möglich ist. Es hat jedoch lediglich die bP 4 einen Deutschkurs besucht und liegen lediglich geringfügige Deutschkenntnisse bei den bP vor.

Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass die bP selbsterhaltungsfähig wären bzw. die volljährigen bP ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätten.

Zum Schulbesuch von bP 5 und Kindergartenbesuch der bP 6 ist festzuhalten, dass dies die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welche im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN).

Soweit die bP in der Verhandlung angegeben haben, dass sie auch österreichische Freunde haben, ist hierzu festzuhalten, dass es sich bei diesen um Nachbarn bzw. Mitarbeiter des Roten Kreuzes und den Pfarrer, in dessen Kirche die bP gehen, handelt. Die bP kennen deren Nachnamen nicht und kann damit letztlich keine besondere Beziehung respektive eine besondere Integration abgeleitet werden.

In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die -hier bei weitem nicht vorhandenen-Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

Die bP verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Armenien, wurden dort sozialisiert, gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an, bekennen sich zum dortigen Mehrheitsglauben und sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Armenien Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundes- und/oder Bekanntenkreises der bP existieren, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.

Zu den minderjährigen bP ist festzustellen, dass schon aufgrund ihres geringeren Alters und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu werten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein. In die Überlegungen hat auch einzufließen, dass sie dennoch im Herkunftsstaat geboren wurden, sich dort eine zeitlang aufhielten und über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die Kultur und Sprache ihres Herkunftsstaates auch über den Zeitpunkt der Ausreise hinaus vermittelt bekamen. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband mit den Eltern in der Sprache des Herkunftsstaates kommuniziert wird und somit dieser "Vermittlungseffekt" bis in die Gegenwart nachwirkt. Ebenso befinden sich die minderjährigen bP in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit (vgl. Dr. Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK", ÖJZ 2007/74 mwN) und haben diese auch ihre Anpassungs- und Integrationsfähigkeit durch die vorgelegten Bescheinigungsmittel zur ihrer Integration in Österreich bzw. das hier nicht widerlegte Vorbringen bewiesen. Es kann daher angenommen werden, dass es ihnen unter Nutzung dieser Fähigkeiten gelingt, sich spiegelbildlich betrachtet, ebenso wie in die österreichische auch in die Gesellschaft ihres Herkunftsstaats vollständig zu integrieren.

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Relativiert zu sehen ist dies zusätzlich hinsichtlich der minderjährigen und strafunmündigen bP. Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht (vgl. Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

Die bP reisten schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein.

Soweit die minderjährigen bP keinen Einfluss auf das Verhalten ihrer gesetzlichen Vertretung im Zusammenhang mit der Einreise hatten, wird auf die bereits getroffenen Ausführungen in Bezug auf die Zurechenbarkeit des Verhaltens der gesetzlichen Vertretung auf die Kinder verwiesen.

Den bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz nur ein vorübergehender ist und ein weiterer Aufenthalt mangels entsprechenden Aufenthaltstitels verwehrt wird. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass den bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

In Bezug auf die minderjährigen bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zur Zurechenbarkeit des Verhaltens ihrer Eltern verwiesen.

Ein derartiges Verschulden kann aus der Aktenlage nicht entnommen werden.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine (damals) Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst (vgl. Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gem. Art 8 Abs 2 EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Abs 2 leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich -abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. § 21 (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung betreffend des Fremden bedarf.

Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sind die bP somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der (damals) Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Art. 8 (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Der Rechtssprechung des EGMR folgend (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisung- bzw. Rückkehrentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Praxis hinsichtlich Rückkehrentscheidungen der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war (vgl. Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.

Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bewirkt.

Der GH führte weiters -wiederum auf seine Vorjudikatur verweisendaus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.

Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:

Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Art. 8 EMRK entstanden ist.

Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.

Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.

Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.

II.3.4.7. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der von den bP in ihrem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen der bP am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die bP erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration der bP in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht sind nicht erkennbar. Die bP halten sich erst einen kurzen Zeitraum in Österreich auf, sind auf die Grundversorgung angewiesen und eine gesellschaftliche Integration im beachtlichen Ausmaß ist nicht erkennbar, zumal sie sich offensichtlich hauptsächlich im unmittelbaren Umfeld der Nachbarn und Roten Kreuz Helfern bewegen. Für die bP spricht damit lediglich, dass die bP 4 einen Deutschkurs besucht.

Verwandte der bP leben noch im Herkunftsstaat und ist daher davon auszugehen, dass auf Grund dieser engen familiären und privaten Beziehungen im Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zu Armenien eine - wenn überhaupt vorhanden - Integration in Österreich bei weitem überwiegen.

Insbesondere aufgrund der relativ kurzen Aufenthaltsdauer der bP in Österreich sind zum Entscheidungszeitpunkt keine Aspekte einer außergewöhnlichen schützenswerten, dauernden Integration hervorgekommen, dass allein aus diesem Grunde die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig zu erklären wäre.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet das persönliche Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

II.3.4.8. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Armenien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in den gegenständlichen Beschwerden nicht schlüssig dargelegt.

II.3.4.9. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht § 55 Abs. 2 erster Satz FPG.

Dass besondere Umstände, welche die Drittstaatsangehörigen bei der Regelung der persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätten, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der bP und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerdeschrift getroffen.

Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

II.3.4.11. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.

II.3.5 Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die bP im Falle einer Rückkehr nach Armenien dort mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK bzw. § 8 Abs. 1 AsylG ausgesetzt wären. Auch die Voraussetzungen für die getroffene Rückkehrentscheidung liegen vor.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulement-schutz bzw. zum durch Art. 8 EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht.

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