BVwG I402 1434299-1

BVwGI402 1434299-16.5.2015

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2015:I402.1434299.1.00

 

Spruch:

I402 1434299-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Philipp CEDE, LL.M., als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX, Staatsangehörigkeit Algerien, gegen den Bescheid des Bundesasylamts vom 03.04.2013, Zl. 13 03 715-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13.05.2015 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I und II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 idgF wird das Verfahren hinsichtlich Spruchpunkt III. des Bescheides zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung insoweit an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste nach eigenen Angaben am 22.03.2013 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Asylantrag. Bei seiner Erstbefragung am selben Tag gab er an, er sei am XXXX in Algier, Algerien, geboren, besitze die algerische Staatsangehörigkeit, gehöre der arabischen Volksgruppe an, sei muslimischen Glaubens und spreche Arabisch und Französisch. Zu den Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass es in seiner Heimat viele Terroristen gebe und die Wirtschaftslage sehr schlecht sei. Dort könne er sich keine Zukunft aufbauen, weshalb er den Beschluss zur Ausreise gefasst habe.

2. Am 03.04.2013 fand vor dem Bundesasylamt (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl; im Folgenden: belangte Behörde) eine Einvernahme des Beschwerdeführers statt, bei der er folgende allgemeinen Angaben machte: Er sei am Tag der Asylantragstellung illegal nach Österreich eingereist. Er habe keinen Bezug zu Österreich, er habe keine Deutschkenntnisse und auch keine Familienangehörigen in Österreich.

2.1. Zu seinen Fluchtgründen näher befragt gab der Beschwerdeführer bei der Einvernahme an, dass er in seiner Heimat nicht politisch oder religiös tätig oder Mitglied einer Partei oder einer sonstigen Organisation gewesen sei. Er habe keine strafbaren Handlungen begangen, bei Erstellung seines Reisepasses sei er einmal erkennungsdienstlich behandelt worden. Er sei niemals aus eigenem Antrieb zur Polizei, zu Gericht oder zur Staatsanwaltschaft gegangen und habe in seiner Heimat keine Probleme mit den (Sicherheits)Behörden oder Gerichten gehabt. In seiner Heimat sei er weder verfolgt noch bedroht worden, er habe seine Heimat zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage verlassen. Für den Fall der Rückkehr habe er nichts zu befürchten, vielleicht werde er nur zum Militär gehen müssen, vielleicht müsse er deshalb auch eine kleine Geldstrafe bezahlen. Die Wehrpflicht sei Pflicht jedes Staatsbürgers, diese stelle für ihn auch eigentlich überhaupt kein Problem dar. Er möchte in Österreich nur arbeiten.

2.2. Auf die Frage zu den Lebensumständen, unter denen er in seinem Heimatland gelebt habe, sowie seiner Gesundheit, gab der Beschwerdeführer an, er führe den Namen XXXX, sei am XXXX geboren und Staatsangehöriger Algeriens. Im Herkunftsstaat würden seine Eltern, vier seiner fünf Geschwister, seine Onkeln, Tanten und Cousinen wohnen, in Frankreich lebe sein Bruder Mohammad. Er sei Straßenhändler gewesen, hauptsächlich habe er Handys verkauft. Er habe neun Jahre die Schule besucht. Er sei gesund.

3.1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.04.2013 (laut Übernahmebestätigung dem Beschwerdeführer am 04.04.2013 durch persönliche Übergabe durch einen Mitarbeiter des Bundesasylamtes zugestellt) wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz "bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF" (Spruchpunkt I.) sowie "bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf [seinen] Herkunftsstaat Algerien" (Spruchpunkt II.) ab. Darüber hinaus sprach die belangte Behörde "gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 2 AsylG" die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Algerien aus (Spruchpunkt III.).

3.2. Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer algerischer Staatsbürger sei. Im Herkunftsstaat sei er keiner Verfolgung oder Bedrohung - auch nicht im Sinne der GFK - ausgesetzt gewesen, er habe seine Heimat allein zur Arbeitsaufnahme im Ausland verlassen. Er sei schulisch und beruflich gebildet, gesund, in erwerbsfähigem Alter und erwerbswillig. Er habe Familie im Heimatland und habe seinen bisherigen Lebensunterhalt durch Ausübung diverser Arbeiten finanziert. Im Falle seiner Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Algerien sei er keiner Gefahr im Sinne des § 50 FPG ausgesetzt: Hinweise auf eine extreme Gefahrenlage im Herkunftsstaat hätten sich nicht ergeben, weiters sei dem Beschwerdeführer die Teilnahme am Wirtschaftsleben zur Erhaltung der eigenen Existenz möglich und zumutbar. Es bestünden keine Gründe, die einer Ausweisung entgegenstehen würden. Der Beschwerdeführer habe keinen Bezug zu Österreich, spreche die deutsche Sprache nicht und hätte keine Familienangehörigen im Bundesgebiet. Er sei selbsterhaltungsfähig und habe überdies Familie im Herkunftsstaat. Ein schützenswertes Privatleben in Österreich liege nicht vor, ein unzulässiger Eingriff in das Recht auf Familienleben sei nicht ersichtlich.

4. Mit Schreiben vom 08.04.2013 erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Berufung an den Asylgerichtshof (nunmehr als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht weiterbehandelt) und gab an, dass er überrascht sei, dass sein Asylantrag abgewiesen worden ist, dass seine Psyche zerstört sei, dass er das Leben, das er in seinem Land gelebt habe, vergessen wolle und dass er in Algerien "keine Rechte wie ein normaler Bürger oder Mensch" habe. Er lehne die Gesetze und Politik seines Landes völlig ab. Algerien sei ein reiches Land und habe eine florierende Wirtschaft, er lebe dort als armer Mensch und hätte viele Entbehrungen auf sich nehmen müssen, die kein Mensch, egal wo er lebe, brauchen würde. Er habe die Mittel nicht, um gut leben zu können. Seine Heimat leide immer noch unter Terrorismus. Er sei 20 Jahre alt und besitze nichts, um sich eine Schulausbildung oder eine Ausbildung zu ermöglichen. In seiner Heimat habe er keine Zukunft, sein Leben dort sei ein Fiasko und er wisse nicht, was er dort machen solle.

5. Mit Stellungnahme vom 15.04.2014 brachte der Beschwerdeführer ergänzend vor, dass seine Heimat in politischen Problemen und Terrorismus versinke. Sie (gemeint wohl: die Bürger Algeriens) seien ihres Rechts auf Arbeit und legitimer Teilhabe an den Einkünften aus dem Verkauf von Gas und Erdöl beraubt worden. Dazu komme der Terrorismus, der eine Gefahr für ihr Leben darstelle. Sie würden sie zwingen, mitzumachen und ihren Interessen zu dienen. Wenn sie dies ablehnen würden, würde man ihnen drohen und von den Angehörigen Geld verlangen. Um diesem Druck auszuweichen, habe er die Schule in jungen Jahren verlassen. Seine Lebenssituation habe sich in Österreich gebessert, da er Deutsch lerne und gleichzeitig mit der Caritas arbeite. Er habe keine Probleme und möchte seine Schulung fortsetzen.

6. Am 13.05.2015 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers unter Beiziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache statt. Der Beschwerdeführer bestätigte, gesund zu sein. Zur Frage, welche Konsequenzen es für ihn hätte, wenn das Verfahren negativ ausginge und er nach Algerien zurück kehren müsste, führte der Beschwerdeführer aus, er könne nicht wieder zurückgehen und berief sich zur Begründung auf Folgendes: (Die algerische Bevölkerung) hätte keine Menschenrechte, die Abgeordneten seien korrupt, das Land gebe den Bürgern keine Rechte und diese würden nicht an den Einkünften aus der Ölproduktion teilhaben können. Algerien sei das dritte Öl produzierende Land und es gebe im Haus der Familie des Beschwerdeführers kein Gas. Es gebe keine Zukunft; die meisten seiner Geschwister hätten keine Arbeit, die Probleme würden immer größer. Darüber hinaus seien im ganzen Land Terroristen. Zum Vorhalt, dass seine Familie derzeit in Algerien leben könne, meinte der Beschwerdeführer, seine Eltern wollten nicht, dass er zurück kehrt, weil er dort keine Zukunft habe. Er würde bei seiner Familie leben wollen, es sei jedoch schwierig dort. Auf das Ersuchen des Richters um Klarstellung, wie er den in der Beschwerde enthaltenen Satz "Ich schreibe Ihnen jetzt, denn meine Psyche ist zerstört" gemeint habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er damit sagen wollte, er sei erschüttert, und wiederholte im Kern seine Ausführungen ("Es gibt keine Zukunft, wir haben Krieg. Ich bin geflüchtet, obwohl es auf dem Weg sehr kalt und gefährlich war, aber ich bin geflüchtet, weil ich mit eine bessere Zukunft vorgestellt hätte").

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Auf Grundlage des Antrags, der Niederschrift über die Erstbefragung des Beschwerdeführers durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der Niederschrift über die Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesasylamt, der Stellungnahmen des Beschwerdeführers einschließlich des Beschwerdevorbringens, der Einsichtnahme in die Akten des Verwaltungsverfahrens und in das Strafregister und auf Basis der mündlichen Verhandlung werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person und zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Algeriens, Angehöriger der arabischen Volksgruppe, bekennt sich zum muslimischen Glauben und spricht die arabische sowie die französische Sprache.

Er reiste von Algier aus nach Istanbul. Schlepperunterstützt wurde er nach Griechenland gebracht, wo er bis 2013 geblieben ist. Dann reiste der Beschwerdeführer über Albanien, Montenegro und Serbien nach Ungarn, wo er in ein Flüchtlingslager gebracht wurde. Einige Tage später reiste der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet ein.

Der Beschwerdeführer ist am XXXX geboren. Er ist grundsätzlich gesund und leidet unter keinen körperlichen Beschwerden. Er befindet sich somit nicht in einem derart schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem in Algerien nicht behandelbaren Zustand einer Erkrankung, dass dadurch seine Verpflichtung zur Rückkehr nach Algerien im Lichte von Art. 3 EMRK unzulässig erschiene.

Die Familie (Eltern, vier Geschwister) des Beschwerdeführers lebt in Algerien, sein Bruder Mohammad lebt derzeit in Frankreich. Dem Beschwerdeführer stünden im Fall seiner Rückkehr nach Algerien Hilfe sowohl durch seine Familie als auch durch nichtstaatliche Organisationen zur Verfügung.

Der Grund für die Ausreise des Beschwerdeführers aus Algerien und seinen anschließenden Verbleib in Europa bzw. Österreich liegt im Wunsch der Verbesserung seiner wirtschaftlichen und sozialen Lage sowie seiner Zukunftsperspektiven.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung (oder aus anderen Gründen) zu erwarten hätte.

Eine reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr einer Tötung (einschließlich der Verhängung und/oder Vollstreckung der Todesstrafe) durch den (Herkunfts)Staat oder tödlicher Übergriffe durch Dritte wird nicht festgestellt.

Eine mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat Algerien verbundene reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr, der Folter ausgesetzt zu sein oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu sein, wird nicht festgestellt:

Insbesondere wird eine solche reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung weder im Hinblick auf eine drohende Kettenabschiebung festgestellt, noch im Hinblick auf eine drohende Todesstrafe, noch im Hinblick auf den Gesundheitszustand in Verbindung mit einer Unzulänglichkeit der medizinischen Bedingungen im Herkunftsstaat, noch im Hinblick auf die allgemeinen humanitären Bedingungen im Herkunftsstaat in Verbindung mit der persönlichen Lage des Beschwerdeführers (etwa im Sinne einer existenzgefährdenden Notlage oder des Entzugs der notdürftigsten Lebensgrundlage), noch im Hinblick auf psychische Faktoren, auf Haftbedingungen oder aus anderen Gründen.

Eine solche mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat Algerien verbundene Gefahr wird auch nicht im Hinblick auf eine etwaige ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts festgestellt.

1.2. Zur Situation in Algerien (Stand: Februar 2015)

Allgemeines

Nach der Verfassung von 1996 ist Algerien eine demokratische Volksrepublik. Der Präsident wird für fünf Jahre direkt gewählt. Neben der nach Verhältniswahlrecht (mit Fünfprozent-Klausel) gewählten Nationalen Volksversammlung (Assemblée Populaire Nationale) besteht eine zweite Kammer (Conseil de la Nation oder Sénat), deren Mitglieder zu einem Drittel vom Präsidenten bestimmt und zu zwei Dritteln von den Gemeindevertretern gewählt werden. Der Senatspräsident vertritt den Staatspräsidenten. Der Verwaltungsaufbau des Landes ist zentralistisch. Das Land ist in 48 Regierungsbezirke (Wilayas) untergliedert, denen jeweils ein Wali (Gouverneur) vorsteht. Dieser wird vom Präsidenten ernannt und ist dem Innenministerium in Algier unterstellt.

Bei den Präsidentschaftswahlen im April 2014 wurde der von einem Schlaganfall gezeichnete 77jährige Präsident Bouteflika mit knapp 82 % der Stimmen für eine vierte Amtszeit wiedergewählt. Präsident Bouteflika übernahm sein Amt erstmals im April 1999. Sein wichtigster Herausforderer, der Ex-Premierminister Ali Benflis, erhielt rund 12 % der Stimmen und sprach von "groß angelegtem und systematischem Wahlbetrug". Nach Angaben des Innenministeriums lag die Wahlbeteiligung bei 51,7 % und damit um ein Drittel niedriger als noch vor fünf Jahren zuvor, wo sie mit 74,5 % angegeben worden war.

Quelle: Zeit Online, Bouteflika triumphiert nach Wahlen in Algerien, http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-04/algerien-praesidentenwahl-bouteflika/komplettansicht?print=true , Zugriff 24.04.2014.

Auch in Algerien kam es Anfang 2011 zu Protesten junger Algerier. Präsident Bouteflika hob daraufhin den seit 19 Jahren geltenden Ausnahmezustand auf und kündigte außerdem einen umfassenden politischen Reformprozess an. Daraufhin wurden unter anderem Parteien-, Wahl-, Vereins- und Informationsgesetz reformiert. Die ebenfalls angekündigte Verfassungsreform ist noch nicht umgesetzt worden. Aus den Parlamentswahlen am 10.05.2012 gingen die beiden Regierungsparteien - die ehemalige Einheitspartei Nationale Befreiungsfront (FLN) und die Nationale Demokratische Sammlungsbewegung (RND) gestärkt hervor. Die nach den Parlamentswahlen lang erwartete Regierungsneubildung erfolgte Anfang September durch die Ernennung von Abdelmalek Sellal zum neuen Premierminister.

Quelle: Auswärtiges Amt online, Algerien, November 2012, http://www.auswaertigesamt.de/sid_B3C2ED6427984C003D61408120E7FD74/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Nodes_Uebersichtsseiten/Algerien_node.html

Zugriff 11.02.2013.

Am 10.05.2012 wählte das algerische Volk ein neues Parlament. Die etwa 21,6 Millionen Wahlberechtigten konnten zwischen 44 zugelassenen Parteien und insgesamt 24.916 Kandidaten entscheiden. Wahlsieger wurde die bereits im Vorfeld favorisierte Regierungspartei Nationale Befreiungsfront (FLN) des amtierenden Präsidenten Abdelaziz Bouteflika. Sie gewann 221 der 462 Sitze in der Volksvertretung. Zweitstärkste Partei wurde mit 70 Sitzen die Nationale Demokratische Sammlung (RND). Die sogenannte Grüne Allianz, die aus drei islamischen Parteien besteht (Gesellschaftliche Partei für den Frieden MSP, Algerische Ennadha und der Islah-Partei) wurde mit 47 Mandaten lediglich drittstärkste Kraft. Die Wahl in den 48 Wahlkreisen verlief überwiegend ruhig (zu näheren Einzelheiten siehe auch Sonderbericht zu Parlamentswahlen in Algerien vom 18.05.2012).

Quelle: Hanns-Seidel-Stiftung, Maghreb [Tunesien, Algerien, Marokko] II/2012,01.07.2012, S.6; Österreichische Botschaft Algier, Asylländerbericht. Februar 2013, S. 7.

Trotz aller Frustration über Perspektivlosigkeit, Armut, Missmanagement und Repression wird die innere Sicherheit und Stabilität des Staates immer noch von einer großen Mehrheit als wichtigste Errungenschaft der letzten Jahre angesehen - eine Errungenschaft, die auf keinen Fall aufs Spiel gesetzt werden darf. Auch wenn die algerische Regierung diese Angst sicher geschickt zu nutzen und in ihrem Sinne einzusetzen weiß, sollte man diesen Umstand doch ernst nehmen: es ist keinesfalls so, dass die Algerier sofort auf den Zug des arabischen Frühlings aufspringen würden, wenn die Sicherheitskräfte dies nur zuließen! Die Unzufriedenheit ist enorm, aber die Angst vor Entwicklungen wie in Libyen oder Syrien ist groß und auch die gegenwärtige Situation in Tunesien und zumal in Ägypten wird kaum ein Algerier als beneidenswerte Entwicklung sehen. Auf die Ereignisse in den Nachbarländern und die zaghaften Unruhen in Algiers Straßen im Januar und Februar 2011 reagierte die algerische Regierung mit einer "Zuckerbrot- und Peitsche"-Strategie:

hartes Durchgreifen der Sicherheitskräfte bei Protesten auf der Straße wurde gekoppelt mit teilweise massiven Lohnerhöhungen, Preissenkungen bei Grundnahrungsmitteln, der lange überfälligen formalen Aufhebung des seit 19 Jahren gültigen Notstands sowie der Ankündigung von umfassenden Reformen und einer grundlegenden Revision der Verfassung bis Ende 2012. Das Maßnahmenpaket griff schnell, nicht zuletzt wegen der heillosen Zerstrittenheit der ohnehin kleinen organisierten Protestbewegung. Laut CFC ist der politische Islam in Algerien, dessen Staatsreligion Islam ist, unpopulär, wobei moderate islamistische Parteien nicht mehr als zehn Prozent der Parlamentssitze in den 2012-Wahlen gewinnen konnten.

Quelle: Anne Maria Kellner, Friedrich-Ebert-Stiftung - FES, Stillstand in Algerien. 01.10.2012, S. 2; CFC-Civil-Military Fusion Centre, North Africa, Algeria, 23.10.2012, S.2.

Sicherheitslage und Terrorismus

Algerien hat große Erfahrung im Kampf gegen Terrorismus, dieser Kampf gegen AQMI wurde 2013 fortgesetzt. Algerische Sicherheitskräfte konnten die Anzahl der erfolgreich durchgeführten Terroranschläge verringern, erhielt den Druck auf die algerische Führung der AQMI aufrecht, beschlagnahmte Ausrüstung und versteckte Waffendepots und isolierte die Gruppe im Norden des Landes, rund um Algiers und im Südosten des Landes weiter. Pressequellen zufolge ergaben sich im Jahr 2013 27 Terroristen im Rahmen der Charta für Frieden und Nationale Versöhnung und erhielten im Gegenzug dazu Straffreiheit bzw. Straferleichterungen.

Quelle: US Department of State: Country Report on Terrorism 2013 - Chapter 2 - Algeria, 30. April 2014, http://www.ecoi.net/local_link/275239/404356_de.html , Zugriff am 30.06.2014.

Die Regierung hält an der Verfolgung von terroristischen Gruppen fest. Terroristische Gruppen verübten eine beträchtliche Anzahl von Anschlägen gegen Regierungsmitarbeiter, Mitarbeiter der Sicherheitskräfte und Zivilisten.

Quelle: U.S. Department of State: 2013 Country Reports on Human Rights Practices, S 1.

Während durch den Konflikt in Nordmali viele ausländische Djihadisten angezogen werden, gibt es zahlreiche junge Algerier, die sich kriminell-terroristischen Netzen anschließen.

Deradikalisierungsmaßnahmen greifen nicht. Terroristen können offenbar auf familiäre Netze und Sympathisanten zurückgreifen. Es gelingt nicht, Nischen des intoleranten religiösen Diskurses (zuletzt immer wieder FIS-Gründer Ali Belhadj) aufzulösen. Das Ende der Gaddafi-Ära hat die Sicherheitssituation in der Sahara deutlich verschärft, ebenso die Rebellion in Nordmali. 30.000 malische Flüchtlinge sollen im März 2012 nach ALG gekommen sein. AQMI verbinden sich in der westlichen Sahara mit der nomadischen Bevölkerung und dem organisiertem Verbrechen (Drogen-, Waffen-, Menschenschmuggel, Lösegelderpressung). Nachbarstaaten, ebenso wie die USA fordern ein Eingreifen Algeriens. Algerien wiederum verwehrt sich gegen jede Art der Intervention und pocht auf eine innermalische Lösung. Quelle: Österreichische Botschaft Algier, Asylländerbericht. Februar 2013, S. 4.

Rechtsgrundlage für die Verfolgung fundamentalistisch motivierter Straftaten ist seit 1992 die Anti-Terrorismus-Verordnung ("Décret législatif relatif à la lutte contre la subversion et le terrorisme", 30.10.1992). Danach wird die Gründung einer terroristischen oder subversiven Vereinigung mit lebenslanger Freiheitsstrafe und die Mitgliedschaft mit zehn bis zwanzig Jahren Freiheitsentzug bestraft. Im Strafgesetzbuch enthaltene Strafandrohungen (u.a. für Tötungsdelikte) wurden verschärft, soweit die Taten subversiv oder terroristisch motiviert sind. Durch die Verordnung wurde die Notwendigkeit abgeschafft, für eine polizeiliche Festnahme einen Haftbefehl vorzulegen. Zudem ist - im Bereich der Terrorbekämpfung - der Grundsatz der begrenzten örtlichen Zuständigkeit von Sicherheitskräften aufgehoben, d.h. Verhaftungen können durch Polizeikräfte eines anderen Bezirks vorgenommen werden, ohne dass die lokalen Polizeibehörden davon zwangsläufig Kenntnis erlangen. Nach der algerischen Rechtsprechung gelten als "terroristische und subversive Aktionen" unter Umständen bereits die Behinderung behördlicher Tätigkeit, verbotene Versammlungen in der Öffentlichkeit oder die Vervielfältigung und Verteilung von Dokumenten, wenn der entsprechende politische Zweck nachgewiesen wird.

Quelle: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, Stand November 2012, 31.01.2013, S. 17.

Der Terrorismus in Algerien bezieht sich auf eine radikal-islamistische Ideologie salafistischer Prägung, erklärtes Ziel bleibt die Errichtung eines Gottesstaats auf algerischem Boden. Seit April 2011 haben terroristische Aktivitäten wieder zugenommen, immer auf militärische Ziele. Der Anschlag auf die Erdgasproduktionsstätte Tigentourine/In Amenas im Jänner 2013, bei dem ca. 30 Personen, vornehmlich Ausländer, getötet wurden, stellt eine ernsthafte Eskalation dar. Weitere terroristische Anschläge wurden angedroht aber bisher nicht in die Tat umgesetzt. Berichte über derartige Anschläge sind nicht vorhanden.

Die Mitte der 90er Jahre von den islamistischen Gruppen durchgeführten gezielten Ermordungen von Intellektuellen und Journalisten kommen seit mehreren Jahren nicht mehr vor, zu Todesdrohungen insbesondere gegen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten bzw. Rechtsanwälte wurden der Botschaft seit 2009 keine Vorkommnisse mehr bekannt.

Trotz der anhaltenden staatlichen Anti-Terror-Bestrebungen sind Terroranschläge weiterhin ein Problem. 2007 entkam Präsident Bouteflika einen Terroranschlag und im gleichen Jahr sind Selbstmordattentate auf das UNO Gebäude und auf den Verfassungsrat in Algier durchgeführt worden. Der letzte Angriff ist von einem Terroristen verübt worden, der nach dem "nationalen Versöhnungsgesetz" begnadigt wurde. Die Al-Qaida des islamischen Maghreb, übernahm die Verantwortung für beide Anschläge. Präsident Abdelaziz Bouteflika betreibt eine Politik der nationalen Aussöhnung ("Concorde civile" bzw. "réconciliation nationale"), die weitgehende Straffreiheit für reuige Terroristen vorsieht, wenn sie keine Morde oder vergleichbar schwere Verbrechen begangen haben. In einem im September 1999 durchgeführten Referendum über die "Charta für Frieden und nationale Aussöhnung" erhielt er für diese Politik große Zustimmung. Die bedeutendste Terrorgruppe "Al Qaida im islamischen Maghreb" (AQMI) lehnte die Charta mehrfach ab und kündigte an, den "Heiligen Krieg" fortzusetzen. Die "Concorde civile" hat im Zusammenspiel mit dem weiterhin harten militärischen Vorgehen gegen terroristische Gruppen zu einem deutlichen Rückgang terroristischer Aktivitäten im Vergleich zu den 90er Jahren geführt, die seit 2008 wieder leicht ansteigen. Die Zahl der bei Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und terroristischen Gruppen sowie bei Sprengstoffanschlägen getöteten Personen belief sich 2011 auf mindestens 370 - hat aber weiter gegenüber dem Vorjahr (530) abgenommen. Das Ziel der AQMI bleibt die Errichtung eines islamistischen Staates in Algerien. Ziel terroristischer Anschläge sind derzeit in erster Linie die Sicherheitskräfte. Kollateralschäden unter der algerischen Zivilbevölkerung werden billigend in Kauf genommen (2010 und 2011 zwischen 150 und 200 getötete/verletzte Zivilisten). Die Sicherheitskräfte gehen mit allen Mitteln gegen die Terrorgruppen vor, einschließlich des Einsatzes von Artillerie und Kampfhubschraubern. Es konnten zwar erhebliche Erfolge im Antiterrorkampf erzielt werden; eine signifikante Reduzierung der Terrorgefahr ist trotzdem nicht zu erkennen, zumal sich AQMI mit aus Libyen zirkulierenden Waffen versorgt und Personalverluste ausreichend ausgeglichen werden.

Quelle: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik

Algerien, Stand: November 2012, 31.01.2013, S. 5-6; Freedom House:

Countries at the Crossroads 2011, Algeria, vom 01.01.2011, S. 2.

Sicherheitskräfte

Die dem Innenministerium unterstehende nationale Polizei DGSN wurde in den 90er Jahren von seinem damaligen Präsidenten, Ali Tounsi, stark ausgebaut und erweitert, und zwar von 100.000 auf 200.000 Personen, darunter zahlreiche Frauen. Ihre Aufgaben liegen in der Gewährleistung der örtlichen Sicherheit. Sie ist in den blauen Uniformen sehr präsent und in den Städten überall wahrnehmbar. Der Gendarmerie nationale gehören ca. 180.000 Personen an, die die Sicherheit auf überregionaler Ebene gewährleisten sollen. Sie untersteht dem Verteidigungsministerium und verfügt über zahlreiche spezielle Kompetenzen und Ressourcen, wie Hubschrauber, Spezialisten gegen Cyberkriminalität, Sprengstoffspezialisten usw. Mit ihren schwarzen Uniformen sind sie besonders außerhalb der Städte präsent, z. B. bei den häufigen Straßensperren auf den Autobahnen um Algier. Die Gendarmerie locale wurde in den 90er Jahre als eine Art Bürgerwehr eingerichtet, um den Kampf gegen den Terrorismus in den ländlichen Gebieten lokal zielgerichteter führen zu können. Heute umfaßt sie etwa 60.000 Personen. Im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus spielen die Bürgerwehren seit Mitte der 1990er Jahre eine wichtige Rolle, vor allem in entlegenen Gebieten und isolierten Ortschaften bzw. Ortsteilen. Ihre effektive Kontrolle durch Armee und Polizei ist nicht immer gewährleistet. Es gibt ernst zu nehmende Hinweise, dass Mitglieder von Milizen ("Groupes de légitime défense" - GLD/Patriotes) in der Vergangenheit die Grenzen der Selbstverteidigung überschritten und Menschenrechtsverletzungen begangen haben. In einigen Fällen sind Mitglieder von Bürgerwehren wegen Übergriffen gegen die Zivilbevölkerung verurteilt worden. Diese Selbstverteidigungsgruppen nehmen weiterhin die ihnen übertragenen Aufgaben wahr. Über Menschenrechtsverletzungen und Übergriffe seitens der GLD ist seit einigen Jahren nichts bekannt geworden. Eine starke und manchmal entscheidende Rolle wird von manchen Beobachtern dem algerischen Geheimdienst DRS zugeschrieben. Er soll während des Bürgerkrieges in den 90er Jahren die islamistische Terrorgruppe GIA mit Agenten durchsetzt und teilweise gesteuert haben. Auch wird ihm vorgeworfen, in die Entführung von Europäern verwickelt gewesen zu sein (z.B. in die Entführung zweier Österreicher in Tunesien) und den islamischen Terror teilweise selbst zu schüren.

Quellen: Dr. Elisabeth Brandt, GIZ, Algerien. Kap. Geschichte, Staat und Politik, S.7-8

http://liportal.giz.de/algerien/geschichte-staat.html , Zugriff 23.01.2013; Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik

Algerien, Stand: November 2012, S. 20; USDOS - US Department of

State: Country Report on Human Rights Practices 2013 Algeria, Seiten 5 und 6.

Straflosigkeit stellt nach wie vor ein Problem dar. Das Strafrecht sieht zwar Bestimmungen zur Untersuchung von Korruption und Missbrauch vor, unter Hinweis auf die öffentliche Moral und Sicherheitsbedenken veröffentlichte die Regierung jedoch keine Informationen über Disziplinäre oder rechtliche Schritte gegen Angehörige der Polizei, des Militärs oder anderer Sicherheitskräfte.

Quelle: U.S. Department of State: Algeria 2013 Human Rights Report, S. 6.

Zuletzt hat sich der Anti-Folter-Ausschuss der VN am 02.05.2008 Foltervorwürfe mehrerer Nichtregierungsorganisationen zu eigen gemacht und Algerien aufgefordert, die Aktivitäten des Geheimdienstes "Département de Renseignement et de Sécurité" (DRS) auf ein rechtsstaatliches Niveau zu führen. Schritte zur Umsetzung dieser Aufforderung sind bislang nicht publik geworden.

Quelle: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, November 2012, S. 22.

Justiz

Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht auf einen Verteidiger, dieser wird falls nötig auf Staatskosten zur Verfügung gestellt. Die meisten Verhandlungen sind öffentlich. Angeklagten und ihren Anwälten wurde gelegentlich der Zugang zu von der Regierung gehaltenen Beweismitteln gegen sie verwehrt, aber es gab weniger Berichte über solche Vorfälle als in den letzten Jahren. Angeklagte haben das Recht auf Berufung. Die Aussage von Frauen und Männern wiegt gleich vor dem Gesetz.

Quellen: US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2013 - Algeria,

http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2013&dlid=220347 , Zugriff am 17.09.2014.

Das Rechtssystem folgt formal im Wesentlichen dem französischen Vorbild. Dies gilt auch für den Aufbau der Justiz. Die Richterinnen und Richter werden für eine Dauer von zehn Jahren ernannt und können u. a. im Fall von Rechtsbeugung abgelöst werden. Die in der Verfassung garantierte Unabhängigkeit von Gerichten und Richtern ist in der Praxis nicht immer gewährleistet; die Rechte der Beschuldigten im Prozess werden nicht ausnahmslos beachtet. Die Gerichte üben in der Regel keine wirksame Kontrolle staatlichen Handelns aus. Die von Präsident Bouteflika bereits im Juni 2000 eingesetzte Justizreformkommission führte zwar zur Entlassung der Mehrheit der Präsidenten der erst- und zweitinstanzlichen Gerichte und zu massiven Umbesetzungen im Justizsystem. Strukturelle Verbesserungen sind dadurch jedoch nicht eingetreten; Professor Isaad Mohand, bekannter Rechtsanwalt und einer der "Ko-Autoren" der Reform, bezeichnete sie daher auch Ende 2008 öffentlich als "gescheitert". Den Bürgerinnen und Bürgern fehlt nach wie vor das Vertrauen in die Justiz, und sie sehen vor allem in politisch relevanten Strafverfahren Handlungsbedarf. Nach belastbarer Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen und kritischen Journalisten nimmt die Exekutive in solchen Fällen unmittelbar Einfluss auf die Entscheidungen des Gerichts. Die Justizreform wird zudem nur äußerst schleppend umgesetzt. Algerische Richter sehen sich häufig einer außerordentlich hohen Arbeitsbelastung ausgesetzt, was insbesondere in Revisions- und Berufungsphasen zu überlangen Verfahren führt. Ein berufsständisches Gesetz zu Status und Rolle der Anwaltschaft existiert nicht. Das traditionelle islamische Strafrecht (Sharia) wird nicht angewendet.

Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis

Die Todesstrafe wird auch im Zusammenhang mit terroristischen Straftaten verhängt. Eine Verurteilung zum Tod ist auch in absentia möglich. Im Jahr 2013 wurde die Anzahl der Delikte, für die die Todesstrafe verhängt werden kann, erweitert. AI geht davon aus, dass in Algerien die Todesstrafe praktisch abgeschafft ist, da in den letzten zehn Jahren keine Exekutionen durchgeführt wurden und davon ausgegangen wird, dass dies eine etablierte Praxis oder ein Grundsatz der staatlichen Behörden ist.

Quelle: Amnesty International: Oral Statement by Amnesty International; Item 8: Activity Reports of Members of the Commission and Special Mechanisms; (xi) Chairperson of the Working Group on Death Penalty and Extrajudicial, Summary or Arbitrary Executions in Africa [AFR 01/002/2014], 05.05.2014,

http://www.amnesty.org/en/library/asset/AFR01/002/2014/en/45fe21d5-eae0-4248-bb96-8f099bc467ca/afr010022014en.pdf , Zugriff am 30.06.2014.

Nach dem Gesetz kann die Polizei nur mithilfe einer Vorladung durch die Staatsanwaltschaft einen Verdächtigen zur Befragung holen, in der Praxis wurde dies nicht gleichförmig eingehalten. Auch werden Beschuldigte und Opfer per Vorladung zum Erscheinen vor Gericht aufgefordert. Die Polizei kann Verhaftungen ohne Haftbefehl bei Betretung auf frischer Tat vornehmen. Haftbefehle und Vorladungen werden nach Informationen von Rechtsanwälten in der Regel ordnungsgemäß durchgeführt. Die Verfassung besagt, dass ein Verdächtiger für bis zu 48 Stunden ohne Anklage festgehalten werden kann. Die Polizei kann, bei Bedarf von Beweiserhebungen, mit Zustimmung des Staatsanwaltes die Untersuchungshaft auf 72 Stunden verlängern. Personen, die des Terrorismus oder der Subversion verdächtigt werden, können nach den rechtlichen Bestimmungen für 12 Tage ohne Anklage oder Zugang zu einem Rechtsbeistand inhaftiert werden. Häftlingszahlen wurden nicht veröffentlicht. Die während dieser Zeit abgegebenen Geständnisse und Erklärungen können vor Gericht verwendet werden. Auf Antrag des Anklägers kann diese Frist vom Gericht verlängert werden. In der Praxis ist die Verhandlung, in der ein Terrorverdächtiger erstmals vor Gericht erscheint, nicht öffentlich zugänglich. Am Ende der 12-tägigen Haft hat der Gefangene das Recht auf eine Untersuchung durch einen Arzt des Gerichtssprengels. Wählt er selbst keinen, wird ein Arzt von der Gefängnispolizei gestellt. Das Untersuchungszeugnis findet Eingang in die Strafakte. Es gibt kein gerichtliches Kautionssystem. In Fällen, in denen keine schweren Verbrechen angeklagt sind und in Fällen von Terrorismusverdacht und Anhaltung von zumindest 12 Tagen werden die Verdächtigen oft freigelassen und unter gerichtliche Aufsicht gestellt. Personen unter gerichtlicher Aufsicht haben sich wöchentlich auf der Polizeistation ihres Bezirkes zu melden, an einer bekanntgegebenen Adresse aufhältig zu sein und dürfen das Land nicht verlassen. Richter verweigern nur selten Anträge der Staatsanwälte auf Verlängerung der Untersuchungshaft, wobei diese Entscheidung grundsätzlich durch Rechtsmittel bekämpft werden können und bei Stattgebung zu Schadenersatzansprüchen führt. Die meisten Häftlinge haben unverzüglichen Zugang zu einem Anwalt ihrer Wahl, für mittellose Häftlinge wird der Anwalt durch den Staat gestellt. Einige Häftlinge wurden von der Außenwelt abgeschnitten ohne Zugang zu Familien oder Anwälten.

Quelle: U.S. Department of State, Algeria 2013 Human Rights Report, S. 6 und 7.

Das algerische Strafrecht sieht keine Strafverfolgung aus politischen Gründen explizit vor. Es existiert allerdings eine Reihe von Strafvorschriften, die aufgrund ihrer weiten Fassung eine politisch motivierte Strafverfolgung ermöglichen. Dies betrifft bisher insbesondere die Meinungs- und Pressefreiheit, die durch die Straftatbestände wie Verunglimpfung von Staatsorganen oder Aufruf zum Terrorismus eingeschränkt wird. Rechtsquellen sind dabei sowohl das algerische Strafgesetzbuch als auch eine spezielle Anti-Terrorverordnung aus dem Jahre 1992. Das Strafmaß für die Diffamierung staatlicher Organe und Institutionen durch Presseorgane bzw. Journalisten soll künftig allerdings auf Geldbußen beschränkt werden. Art. 90 des algerischen Code pénal stellt unter anderem die Komplizenschaft mit den Anführern einer aufständischen Bewegung unter Todesstrafe. Im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus bzw. "subversiver" Bestrebungen wird bereits das Verteidigen derartiger Aktivitäten mit Freiheitsstrafe von fünf bis zehn Jahren sanktioniert (Art. 87 a IV). Art. 95 sieht im Zusammenhang mit dem Bezug ausländischen Propagandamaterials einen Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vor. Das Verteilen, Verkaufen oder Ausstellen inländischen, dem "nationalen Interesse schadenden" Propagandamaterials wird nach Art. 96 des Strafgesetzes mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu drei Jahren bestraft. Das Hervorrufen eines unbewaffneten Menschenauflaufs wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft. Hinzu kommen weit gefasste Staatssicherheitsdelikte.

Quelle: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, November 2012, S. 16-17.

Armee/Wehrdienst

Die Armee ANP (Armée nationale populaire) hat seit der Unabhängigkeit eine Schlüsselstellung inne und besetzte in Staat und Gesellschaft Schlüsselpositionen. Sie zählt allein an Bodentruppen ca. 120.000 Personen und wurde und wird im Kampf gegen den Terrorismus häufig eingesetzt. Die Armee verfügt über besondere Ressourcen, wie hochqualifizierte Militärkrankenhäuser und soziale Einrichtungen. [...] Die ethnische und soziale und geographische Heterogenität ist in Algerien sehr groß. Daher ist es vor allem die Institution der Armee, die den Zusammenhalt des Landes zu garantieren beansprucht, die Schlüsselpositionen besetzt und die Ressourcen des Landes kontrolliert. Sie bezog ihre Legitimität aus ihrer Rolle im Befreiungskrieg gegen Frankreich, stellt einen Staat im Staat dar und war ursprünglich der bewaffnete Arm der FLN. Bis zur ersten Amtszeit des gegenwärtigen Präsidenten Bouteflika 1999 waren die Präsidenten Algeriens Armeeoffiziere. Alle jungen Männer im wehrfähigen Alter müssen einen 18-monatigen Wehrdienst ableisten, oft weit weg von zu Hause, stehen dann als Reservisten zur Verfügung und werden zu Wehrübungen eingezogen.

Quelle: Dr. Elisabeth Brandt, GIZ, Algerien. Kap.Geschichte, Staat und Politik, S. 7.

Nach dem Militärstrafgesetzbuch wird Wehrdienstentziehung (Art. 254 des Militärstrafgesetzbuches, Strafrahmen drei Monate bis fünf Jahre Haft) und Fahnenflucht (§§ 258 ff., Strafrahmen im Frieden je nach Fallgestaltung sechs Monate bis fünf Jahre, bei Offizieren bis zehn Jahre Haft) geahndet. Nach Algerien zurückgekehrte Wehrpflichtige, die keine Befreiung vom derzeit zweijährigen Wehrdienst (z. B. wegen Studiums oder aus familiären Gründen) nachweisen können, werden zur Ableistung des Wehrdienstes den Militärbehörden überstellt. Eine Bestrafung ist nicht vorgesehen. Deserteure müssen nach Verbüßung ihrer Haftstrafe den unterbrochenen Militärdienst bis zur Erfüllung der regulären Dienstzeit (Haftzeit nicht eingerechnet) fortsetzen. Wehrdienstentziehung oder Fahnenflucht können dann zu weiteren Repressalien führen, wenn besondere, als staatsgefährdend eingestufte Handlungen hinzutreten. Seit der Umsetzung einer entsprechenden Ankündigung des Staatspräsidenten (2001) in eine Verwaltungsvorschrift sind alle über 27jährigen, die sich nicht auf strafbare Weise dem Wehrdienst entzogen haben, künftig nicht mehr einzuziehen. Strafbar ist dagegen die Entziehung nach Zustellung eines Einberufungsbescheides, der auf Grundlage der Registrierung bei den Meldebehörden (seit 1994 für alle männlichen Algerier bei Erreichen des achtzehnten Lebensjahres verpflichtend) erstellt wird. Von der Maßnahme sind vor allem im Ausland lebende junge Algerier begünstigt, die der Registrierungspflicht so faktisch entkommen. Polizisten, die keinen militärischen Status besitzen, können zwar ihre Entlassung aus dem Dienst beantragen, aber dem Gesuch wird regelmäßig erst nach Ende der Polizeidienstpflicht (je nach Anstellungsverhältnis) stattgegeben. Ein den Dienst verweigernder Polizist setzt sich Disziplinarmaßnahmen aus und kann nach Auskunft mehrerer Rechtsanwälte auch mit Haft bestraft werden. Hier existiert allerdings keine einheitliche Praxis.

Quellen: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, November 2012, S. 18; CIA, 28.01.2014: World Factbook - Algeria,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ag.html , Zugriff 05.02.2014.

Haftbedingungen

...

Menschenrechte

Die Verfassung verbietet Folter und unmenschliche Behandlung. Das traditionelle islamische Strafrecht (Scharia) wird nicht angewendet. Das Strafmaß für Folter liegt zwischen 10 und 20 Jahren Freiheitsstrafe und einige Personen wurden angeklagt und verurteilt. Lokale und internationale NGOs versicherten, dass Straffreiheit ein Problem blieb. Es gibt ernstzunehmende Hinweise darauf, dass es im Polizeigewahrsam nach wie vor zu Übergriffen bis hin zu Folter kommt. Zuletzt hat sich der Anti-Folter-Ausschuss der VN am 02.05.2008 Foltervorwürfe mehrerer Nichtregierungsorganisationen zu eigen gemacht und Algerien aufgefordert, die Aktivitäten des Geheimdienstes "Département de Renseignement et de Sécurité" (DRS) auf ein rechtsstaatliches Niveau zu führen. Schritte zur Umsetzung dieser Aufforderung sind bislang nicht publik geworden. Das algerische Strafrecht sieht die Todesstrafe unter anderem für Straftaten gegen das Leben, für Sicherheitsdelikte, aber auch bei Wirtschaftsverbrechen (etwa Veruntreuung von Staatsgeldern) vor. Insgesamt sind über 30 Delikte mit der Todesstrafe bedroht; sie wird auch nach Militärstrafrecht verhängt. [...] Im September 1993 wurde zum letzten Mal ein Todesurteil vollstreckt. Seither gilt ein von Staatspräsident Bouteflika wiederholt bekräftigtes Moratorium. Der Präsident hat zudem mehrfach von seinem Begnadigungsrecht Gebrauch gemacht und Todes- in lebenslange Freiheitsstrafen umgewandelt.

Quellen: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, November 2012, 31.01.2013, S. 2; US Department of State:

Country Report on Human Rights Practices 2013 - Algeria, http://www.ecoi.net/local_link/245051/368499_de.html

Im Vergleich zu den neunziger Jahren sind deutliche Verbesserungen im Bereich "klassischer" Menschenrechtsverletzungen wie z.B. Folter festzustellen. Nach belastbaren Angaben von Menschenrechtsaktivisten und Rechtsanwälten kommt es jedoch - insbesondere während der Untersuchungshaft - weiterhin zu Übergriffen, v.a. in Fällen mit Terrorismusbezug. Menschenrechtsorganisationen berichten, bei Operationen der Sicherheitskräfte zur Bekämpfung des Terrorismus komme es vereinzelt zu zeitweiligen Festnahmen, Incomunicado-Haft und regelmäßig auch zu Misshandlungen. Zwar wurde der Ausnahmezustand im Februar 2011 aufgehoben, allerdings wurden zugleich neue Bestimmungen (Präsidialverordnung Nr. 11-90 vom 23.02.2011) erlassen, die den Sicherheitskräften im Kampf gegen den Terrorismus auch weiterhin umfangreiche Befugnisse verleihen und bürgerliche und politische Rechte einschränken, weswegen im Bereich der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit noch keine Verbesserungen zu erkennen sind.

Quelle: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, November 2012, 31.01.2013, S. 21.

Die algerischen Behörden beschränken weiterhin die Versammlungsfreiheit mithilfe vorbeugender Maßnahmen, beispielsweise der Absperrung von Örtlichkeiten, an denen Versammlungen geplant sind und die Verhaftung der Organisatoren von Versammlungen, damit diese erst gar nicht stattfinden. Teilnehmer der von Arbeitslosen organisierten friedlichen Protesten im Süden des Landes wurden verhaftet. Viele dieser Verhafteten wurden von Gerichten zu Geld- oder bedingten Haftstrafen verurteilt. Der Koordinator des Nationalen Komitees zur Verteidigung der Rechte Arbeitsloser, Taher Belabes, wurde im Süden des Landes am 2. Jänner nach der Auflösung einer Demonstration für mehr Arbeitsplätze und die Entlassung jener Beamten, die nichts gegen Arbeitslosigkeit unternehmen würden, verhaftet. Er wurde wegen Behinderung des Verkehrsflusses und Anstiftung einer Versammlung zu einem Monat Haft und einer Geldstrafe von 50.000 algerischen Dinar (614 US-Dollar) verurteilt.

Mit der Neuregelung des Parteiengesetzes (inkl. Genehmigungsverfahren beim Innenministerium) sind nunmehr mehr als 40 Parteien zugelassen. Im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen im November 2012 waren weitere - aktuell sind es 7 - Genehmigungsverfahren anhängig. Die Islamische Heilsfront (Front Islamique du Salut, FIS) bleibt verboten, eine Verbindung zur FIS allein führt aber nicht zu einer strafrechtlichen oder außergerichtlichen Verfolgung. In mehreren Parteien, die Abgeordnete in die APN entsenden, sind ehemalige FIS-Mitglieder vertreten. Oppositionsparteien können sich relativ ungehindert betätigen, soweit sie zugelassen sind, und haben Zugang zu privaten und - in sehr viel geringerem Umfang - staatlichen Medien erhalten.

Quelle: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, November 2012, S. 12.

Am 20. Februar wurden 10 nichtalgerische Mitglieder von Arbeitslosenvereinigungen anderer Maghrebstaaten verhaftet und aus dem Land ausgewiesen. Sie waren anlässlich des ersten Maghreb-Forums für den Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Prekäre Arbeitsverhältnisse nach Algiers gekommen. Die Behörden hielten sie in der Polizeistation von Bab Ezzouar fest, um sie danach zum Flughafen zu bringen und die fünf Tunesier, drei Mauretanier und zwei Marokkaner auszuweisen.

Algerien beschränkt willkürlich die Möglichkeit von Arbeitern zur Gründung von Gewerkschaften. Die Regierung bestraft friedliche Demonstranten und Streikende, auch mit Suspendierungen oder Entlassungen aus dem öffentlichen Dienst. Auch werden Gewerkschaftsfunktionäre willkürlich auf Grund politischer Motive verfolgt.

Quelle: Human Rights Watch: Algeria: Workers' Rights Trampled, 27. Mai 2014, http://www.ecoi.net/local_link/277038/406315_de.html , Zugriff am 30.06.2014.

Alle Radio- und Fernsehstationen werden staatlich betrieben, zu wichtigen Themen, wie beispielsweise Sicherheit, Außen- und Wirtschaftspolitik, wird die offizielle Linie gesendet und keine kritische Reportage oder abweichende Meinung zugelassen.Das Informationsgesetz vom Jänner 2012 sieht für Journalisten bei ‚Sprachverstößen' keine Haft-, jedoch erhöhte Geldstrafen vor. Als Verstöße gelten beispielsweise Verleumdung oder Ausdrücke von Verachtung für den Präsidenten, staatliche Institutionen oder Gerichte. Durch die Verpflichtung, vage formulierte Konzepte wie die nationale Einheit und Identität, die öffentliche Ordnung und volkswirtschaftliche Interessen zu beachten, wurden die Einschränkungen für Journalisten ausgedehnt. Andere "Sprachverstöße" durchziehen immer noch das Strafrecht: Für Abhandlungen, Bekanntmachungen oder Flugblätter, die nationale Interessen könnten, drohen bis zu drei Jahre Gefängnis, bei Verleumdungen oder Beleidigungen des Präsidenten der Republik, des Parlaments, des Militärs oder staatlicher Institutionen drohen bis zu einem Jahr Gefängnis. Die Ankläger ziehen Journalisten und unabhängige Verleger wegen solcher Straftaten vor Gericht und die Erstgerichte verhängen manchmal Haft- und hohe Geldstrafen, wobei die Berufungsgerichte diese Urteile beheben oder die Geld- in bedingte Haftstrafen umwandeln. Der Direktor und Eigentümer der privaten Tageszeitung Jaridati und dessen französischer Ausgabe Mon Journal wurden am 19. Mai wegen Beeinträchtigung der staatlichen Sicherheit angeklagt. Das Telekommunikationsministerium untersagte beiden Medien, einen Bericht über die schwindende Gesundheit von Präsident Bouteflika, der sich auf französische medizinische Quellen und das Umfeld Bouteflikas bezieht, zu veröffentlichen.

Quelle: Human Rights Watch, World Report 2014, Algeria, Zugriff am 20.02.2014.

Es wird versucht, mit der FIS wieder in Gespräche einzutreten, insbesondere wird sie im Rahmen der Verfassungsreformdiskussion an den Verhandlungstisch eingeladen.

Quelle: Magharebia, 12.06.2014,

http://magharebia.com/fr/articles/awi/features/2014/06/12/feature-03 ,

Zugriff am 14.07.2014.

Staatliche Repressionen, die allein wegen Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe erfolgen, sind in Algerien nicht feststellbar. Allerdings klagen christliche Gruppen in der Kabylei über Schwierigkeiten, die erforderlichen behördlichen Genehmigungen für die Einrichtung von Gebetsräumen zu erhalten.

Quelle: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, November 2012, S. 12.

Frauen

...

Religion

Seit 2006 wird die Religionsfreiheit zunehmender staatlicher Kontrolle unterworfen. Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion, verbietet aber Diskriminierung aus religiösen Gründen. Christen stellen eine sehr kleine, Juden eine praktisch nicht sichtbare Minderheit dar. Sie genießen eingeschränkte Religionsfreiheit. Missionierungen sind verboten, die (versuchte) Konvertierung eines Muslims ist unter Strafe gestellt (Haftstrafe von zwei bis fünf Jahren).

Algerien beabsichtigt, eine offizielle Fatwa-Behörde vergleichbar mit der Al-Azhar in Ägypten einzurichten, die für eine einheitliche Spruchpraxis in diesen Fragen sorgen soll. Der Minister für religiöse Angelegenheiten kündigte dies an, nachdem einige salafistische Gelehrte abweichende Rechtsmeinungen (fiqh) geäußert hatten zu einem von der Regierung geplanten Fatwa, dass Gelddarlehen an junge Leute zinsenfrei vergeben werden sollen. Solche abweichenden Meinungen gab es auch zur Frage ob Frauen das Kopftuch bei der Ausstellung von biometrischen Reisepässen abnehmen dürfen sowie bei der Frage, ob Frauen ohne männlichen Vormund heiraten dürften.

Quellen: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien [Stand: November 2012), 31.01.2013, S. 5 und 15;

Magharebia, 19.06.2013: Algeria to unify fatwas, http://magharebia.com/enGB/articles/awi/features/2013/06/19/feature-0 ,

Zugriff am 04.02.2014.

Berber bzw. Kabylei

...

Wirtschaftslage und Grundversorgung

Algerien gehört, vor allem aufgrund seiner natürlichen Ressourcen, zu den Ländern mittlerer Humanentwicklung und gehobenen mittleren Einkommens. Das Wirtschaftswachstum hat infolge geringerer Einkünfte aus der Öl- und Gasförderung nachgelassen. Politische Priorität hat die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die unter Jugendlichen besonders hoch ist. Laut dem "Human Development Index - HDI" des UNDP, belegt Algerien von insgesamt 187 Ländern Rang 96. Die Wohnungssituation stellt, ebenso wie die Arbeitslosigkeit, weiterhin eine große Herausforderung dar, die in 2011 10% der Arbeitskräfte (und 27% der unter 30- jährigen) betraf. Nur 0.5% der Bevölkerung lebten 2011 in extremen Armutsverhältnissen, im Vergleich zu 1,9% im Jahr 1988. Wie durch die Millenniumsziele definiert, wurden die extremen Armutsverhältnisse bis 2011 nahezu beseitigt. Im Bereich Gesundheit stieg die Lebenserwartung von 71 Jahren (2000) auf 74,5 Jahre in 2011 (76,3 bei Frauen / 72,8 bei Männern).

Quelle: BAMF/IOM, Länderinformationsblatt Algerien, 31.08.2012, S. 10f; GIZ, Algerien, Förderung nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung, Projektlaufzeit 2006 - 2015,

http://www.giz.de/de/weltweit/18843.html , Zugriff am 05.02.2014.

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist durch umfassende Importe gewährleistet. Im gesamten Monat Ramadan sowie im Vorfeld religiöser Feste sind erhebliche Preissteigerungen für Grundnahrungsmittel zu verzeichnen. Die im Jänner 2011 installierten Preisobergrenzen und Steuerprivilegierungen für Grundnahrungsmittel wie Weizenmehl, Zucker und Speiseöl gelten mittlerweile unbefristet. Die Sozialfürsorge fällt vorwiegend den Familien- und Stammesverbänden zu, zumal nur geringfügige staatliche Transferleistungen zu verzeichnen sind. In den Großstädten des Nordens existieren "Selbsthilfegruppen" in Form von Vereinen, die sich um spezielle Einzelfälle (etwa die Einschulung behinderter Kinder) kümmern. Förderungen solcher Initiativen durch das Solidaritätsministerium sind evident.

Der Export von Erdöl und Erdgas treibt die algerische Wirtschaft an. Dieser Sektor trägt mit 65% zu den öffentlichen Einkünften bei, hält 26% des BIP und bedingt 98% der Einkünfte aus dem Export. Hohe Ölpreise steigern die ausländischen Geldreserven und steigern das Wirtschaftswachstum und führen zu einem Bauboom, welcher sich positiv auf den Arbeitsmarkt niederschlägt. Auslandschulden werden abgebaut.

Die chronischen sozioökonomischen Probleme wie hohe Arbeitslosigkeit speziell für Hochschulabsolventen, prekärer Wohnungsmarkt, oftmals fehlende medizinische Versorgung und Infrastruktur, die Ungleichheit und Korruption bestehen jedoch weiterhin.

Das führte zu - teilweise gewerkschaftlich geführten - Protesten und letztendlich sind diese Umstände Auslöser für einen anhaltenden Migrationsstrom algerischer Migranten nach Europa. Die Produktivität stagnierte im letzten Jahrzehnt, und viele von denen, die Arbeit gefunden haben, fanden diese im prekären informellen Sektor, während der kapitalintensive Erdöl- und Erdgas-Sektor nur rund 3 Prozent der Beschäftigten bindet. Die Regierung bemüht sich daher um Wachstum und Arbeitsplätze außerhalb der Öl- und Gasproduktion, was aber grundlegendende Strukturreformen erforderlich macht.

Die Arbeitslosenquote lag 2011 bei ca. 9,9 Prozent, kaum verändert gegenüber 2010. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit seit 2002 (29 Prozent) scheint prima vista beachtlich, fußt aber de facto auf zahlreiche staatliche Unterstützungsprogramme. Allein im ersten Halbjahr 2011 wurden über 1 Million Arbeitsplätze geschaffen, zwei Drittel davon im öffentlichen Sektor. Die Jugendarbeitslosigkeit beträgt nach offiziellen Angaben 24 Prozent.

Bei der algerischen Wirtschaft handelt sich um eine Art "Konsumwirtschaft" mit rudimentärer Produktion und entsprechend schwachem Arbeitsplatzpotential. Das betrifft auch den Ölsektor und die staatlichen Einnahmen hängen letztendlich von den Ölpreisen internationaler Märkte ab. Im öffentlichen Sektor können nicht unbegrenzt Arbeitssuchende aufgenommen werden. Die Bevölkerung Südalgeriens protestiert, weil sie keinen Profit aus den Öleinnahmen zieht, so wie insgesamt nur ein elitärer Kreis in Algerien aus den Öl- und Gaseinnahmen profitiert. Die ungleiche Verteilung des Wohlstandes im Land stellt das ein Hauptproblem dar. Die Arbeitslosigkeit ist angesichts der wirtschaftlichen Möglichkeiten des Landes deutlich zu hoch.

Das staatliche Arbeitsamt Agence national d'emploi (ANEM) bietet Dienste an, es existieren auch rund 10 private Jobvermittlungsagenturen. Seit Februar 2011 stehen jungen Menschen Starthilfekredite offen. Die Regierung anerkennt die Problematik der hohen Arbeitslosigkeit der Akademikerschicht. 80% der Wirtschaft ist in staatlicher Hand, der Vergabe von Arbeitsstellen gehen oftmals sicherheitspolitische Überprüfungen voran und Besetzungen erfolgten meist über Interventionen.

Soziale Spannungen verdeutlichen die aufgestaute Unzufriedenheit und entladen sich nahezu täglich, auch in gewaltsamer Form. Anspruchsvolle Regierungspläne versuchen, den strukturellen Defiziten von Staat und Wirtschaft entgegenzuwirken. Die Sozialleistungen des Staates sind insbesondere im Hinblick auf die Wohnraumbeschaffung, der Sozialversicherung und Preisstabilisierungen beträchtlich. 35% der Bevölkerung findet keine geregelte Arbeit, die Jugend hat oft keine Perspektiven und die individuellen Freiheiten sind eingeschränkt. Europa ist nahe.

Nachdem das Mindesteinkommen im Jänner 2012 auf 18.000 DN gehoben wurde, beträgt ein Durchschnittsgehalt 200 € pro Monat, zuvor waren es rund 100 bis 150 € pro Monat.

Die verbreitete Arbeitslosigkeit wird vorwiegend mit temporärer Beschäftigung, Frührente, Mikrokrediten und Mikrounternehmen bekämpft. Die Vermittlung von Arbeitsplätzen funktioniert mangelhaft. Lediglich 9,1% der Stellen werden über die nationale Arbeitsagentur (ANE) vergeben, 3,8% über Trainingsmaßnahmen. Das Gros der Vermittlungen erfolgt über familiäre oder persönliche Beziehungen (40,6%).

Die bereits 1988 auf den Weg gebrachten Beschäftigungsprogramme wurden von einem im Jahr 2008 aufgelegten Hilfsprogramm zur Förderung der Beschäftigung junger Menschen (DAIP) unterstützt. Junge Menschen werden in der Arbeitssuche unterstützt. 2011 konnten so 169.296 Arbeitsplätzen geschaffen werden. Darüber hinaus konzentriert sich die nationale Agentur auf Jungunternehmer zwischen 19 und 35 zur Schaffung und Ausweitung der Warenproduktion und Dienstleistung. Die nationale Agentur für Mikrokredit-Management (ANGEM) unterstützt selbstständige Arbeiter, Heimarbeiter und handwerklich tätige Personen in der Produktion bzw. in ihren Dienstleistungssektoren. Aus wirtschaftlichen Gründen in die Arbeitslosigkeit geschlitterte Menschen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren finden bei Arbeitslosenversicherung (CNAC) Unterstützung. Das Vor-Beschäftigungs-Modell (CPE) gilt für Personen, die von Armut, Arbeitslosigkeit und Exklusion betroffen sind. 2011 konnten 660.810 Personen bei ihrer Arbeitsplatzsuche geholfen werden. Etwa 50.000 erhielten einen Assistenz-Arbeitsvertrag (CTA) und weitere 50.000 Jobs wurden im privaten Sektor geschaffen. Um einen Arbeitsvertrag zu erhalten, können sich junge Arbeitsuchende für eines der zahlreichen Job-Modelle an öffentlichen Einrichtungen oder privaten Agenturen einschreiben. Schnittstellen zwischen Arbeitswelt und den Universitäten und Hochschuleinrichtungen existieren. Vor dem Hintergrund einer so hohen Arbeitslosigkeit nehmen jungen Menschen trotz Überqualifizierung und Unterbezahlung inadäquate Stellen an. Zudem zeigen sich Bereitschaft zur Mobilität. Vor diesem Hintergrund bemüht sich die Regierung um eine Diversifizierung der Wirtschaft und engere Abstimmung von Ausbildungs- und Wissenschaftssystemen mit den industriellen und technologischen Bedürfnissen des Landes.

Quellen: Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, 31.1.2013; Auswärtiges Amt, Algerien - Wirtschaft, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Algerien/Wirtschaft_node.html , Zugriff 05.02.2014; BAA - Staatendokumentation: Bericht zur Fact Finding Mission Algerien 2012 mit den Schwerpunkten Menschenrechtsfragen und rückkehrrelevante Themen, Februar 2012, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1368529881_alge-baa-ffm-2013-02.pdf , Zugriff 05.02.2014; CRS - Congressional Research Service, 18.1.2013:

Algeria: Current Issues,

http://fpc.state.gov/documents/organization/203732.pdf , Zugriff 18.06.2013; Internationale Organisation für Migration:

Länderinformationsblatt Algerien, August 2012.

Medizinische Versorgung

Die medizinische Grundversorgung wird mit einem für die Bürger weitgehend kostenlosen Gesundheitssystem auf niedrigem Niveau sichergestellt. Krankenhäuser, in denen schwierigere Operationen durchgeführt werden können, existieren in jeder größeren Stadt; besser ausgestattete Krankenhäuser gibt es in den medizinischen Fakultäten von Algier, Oran, Annaba und Constantine. Häufig auftretende chronische Krankheiten wie Diabetes, Krebs, Tuberkulose, Herz und Kreislaufbeschwerden, Geschlechtskrankheiten und psychische Erkrankungen können auch in anderen staatlichen medizinischen Einrichtungen behandelt werden. AIDS-Patienten werden in sechs Zentren behandelt. Seit dem 01.01.2009 gilt, wie Gesundheitsministerium und Zentralstelle für das Krankenhauswesen im Juli 2010 bestätigten, ein generelles Importverbot für 359 Medikamente, ausgedehnt auf weitere 48 Produkte seit 25.02.2009, die nach Auskunft des Gesundheitsministeriums "in ausreichender Menge in Algerien produziert werden". Mit dieser Maßnahme sollen Importausgaben gesenkt und die Stellung der algerischen Pharmaindustrie gestärkt werden. Am 08.05.2011 (s. Gesetzblatt Nr. 35, 22.06.2011) wurde dieses Dekret durch eine aktuelle Liste mit 251 Medikamenten und 12 medizinischen Geräten ersetzt, die vom Import ausgenommen sind, weil sie "in Algerien produziert werden" (Art. 1). Dem stehen zahllose, aktuelle Presseberichte aus 2011 und 2012 entgegen, wonach Versorgungsengpässe existieren. Dies gilt selbst für einfache Medikamente wie Schmerzmittel, Antihistaminika, Antibiotika und hormonelle Verhütungsmittel, aber auch für Diabetes- und Bluthochdruckmedikamente. Die algerische Regierung verstärkt ihre Bemühungen um Stärkung der nationalen Produktion durch internationale Kooperationen: NovoNordisk und die algerische Firma Saidal gaben im August 2012 ihre Zusammenarbeit zur nationalen Herstellung von Insulin bekannt.

Medikamente werden subventioniert. Alle Medikamente stehen zur Verfügung, sofern sie die staatliche Vorgabe, nämlich, dass sie in Algerien produziert werden, erfüllen. Daher sind Versorgungsengpässe evident. In den Großstädten fehlen Medikamente und Ärzte. Medikamente und Basisimpfungen sind mitunter nicht erhältlich, weil illegaler Handel mit Medikamenten blüht und diese vom öffentlichen Bereich an die Privatkliniken verkauft werden.

In der gesetzlichen Sozialversicherung sind Angestellte, Beamtinnen und Beamte, Arbeiter oder Rentner sowie deren Ehegatten und Kinder bis zum Abschluss der Schul- oder Hochschulausbildung obligatorisch versichert. Die Sozial- und Krankenversicherung ermöglicht grundsätzlich in staatlichen Krankenhäusern eine kostenlose, in privaten Einrichtungen eine kostenrückerstattungsfähige ärztliche Behandlung. Immer häufiger ist jedoch ein Eigenanteil (Krankenhausbett zum Beispiel 100,- Dinar = 1,03 Euro pro Nacht) zu übernehmen. Die höheren Kosten bei Behandlung in privaten Kliniken werden nicht oder nur zu geringerem Teil übernommen. Algerier, die nach jahrelanger Abwesenheit aus dem Ausland zurückgeführt werden, sind nicht mehr gesetzlich sozialversichert und müssen daher sämtliche Kosten selbst übernehmen, sofern sie nicht als Kinder oder Ehegatten von Versicherten erneut bei der Versicherung eingeschrieben werden oder selbst einer versicherungspflichtigen Arbeit nachgehen.

Quellen: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, November 2012, S. 25-26; Staatendokumentation: Bericht zur Fact Finding Mission Algerien, 2012, mit den Schwerpunkten Menschenrechtsfragen und rückkehrrelevante Themen, Februar 2013, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1368529881_alge-baa-ffm-2013-02.pdf , Zugriff am 05.02.2014.

Ausreise und Behandlung von Rückkehrern

Nach Eintreffen in Algier bestimmen Rückkehrer ihren weiteren Aufenthaltsort im Land selbst. Zurückgeführte algerische Staatsangehörige werden oft nach Eintreffen am Flughafen vorübergehend in Polizeigewahrsam genommen, der in Einzelfällen auch mehrere Tage dauern kann. Zweck ist die Feststellung der Identität und die Prüfung, ob der Abgeschobene einer Straftat (Terrorismus) verdächtig ist. Bei Verdacht auf Desertion kann sich die Dauer des Gewahrsams wegen der Prüfung eines möglichen Geheimnisverrats auf über zwei Wochen ausdehnen. Für eigene Staatsangehörige werden nur solche Heimreisedokumente anerkannt, die von einer Botschaft oder einem Konsulat Algeriens ausgestellt sind. Zurückgeführte Personen werden am Flughafen Algier durch einen der jeweils in 24h-Schichten dort arbeitenden Ärzte untersucht ("examination de la situation"). Bei der Rückführung von Personen mit speziellen gesundheitlichen Risiken wird seitens der deutschen Behörden vor Einreise auf die besonderen Umstände hingewiesen. Abschiebungen aus den meisten EU-Staaten erfolgen auf dem Luftweg über den Flughafen Algier. Abgeschobene Personen müssen im Besitz eines Passes oder Passersatzpapieres sein. Die völkerrechtliche Verpflichtung, eigene Staatsangehörige zurückzunehmen, wird grundsätzlich anerkannt. Eine behördliche Rückkehrhilfe ist nicht bekannt. Zwischen ALG und einzelnen EU-MS bestehen bilaterale Rückübernahmeabkommen. Die EU möchte eine Rückübernahmeklausel im Assoziationsvertrag mit ALG verankern, ALG verlangt dafür aber eine Lockerung des Schengen-Systems.

Quelle: Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, November 2012, S. 26-27; Österreichische Botschaft Algier, Asylländerbericht, Februar 2013, S. 9.

Die illegale Ausreise, d.h. die Ausreise ohne gültige Papiere bzw. ohne eine Registrierung der Ausreise per Stempel und Ausreisekarte am Grenzposten, ist in Algerien verboten. Mit einer Novelle des algerischen Strafgesetzbuches (Code Pénal) im Frühjahr 2009 wurde die illegale Ausreise gemäß Artikel 175 (1) Code Pénal offiziell unter Strafe gestellt. Illegal Ausgereisten ("Harraga") drohen offiziell zwei bis sechs Monate Haftstrafe sowie Geldstrafen in der Höhe von 20.000 bis 60.000 algerischen Dinar, wobei auf Geld- oder Haftstrafe verzichtet werden kann. Laut dt. Botschaft wird das Gesetz auch angewendet, und würden mitunter Rückkehrer, die ohne gültige Papiere das Land verlassen haben, zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten verurteilt werden. Laut Bericht des dt. Auswärtigen Amts wurden in der Praxis zumeist Bewährungsstrafen verhängt. Im August 2012 endete erstmals ein sog. Harraga-Prozess auf o.g. Grundlage mit einem Freispruch - Beobachter sprechen diesem Fall aus Oran Präzedenz-Wert zu. Laut Information der österreichischen Botschaft erklären alg. Behörden, das Gesetz sollte nur abschreckende Wirkung entfalten, werde nicht angewendet und werde insgesamt in der nächsten Zeit reformiert/aufgehoben werden.

Quelle: Journal officiel de la Republique Algerienne democratique et populaire, No 15 48ème Annee, 08.03.2009, Loi no 09-01 du 29 Safar 1430 correspondant au 25 février 2009 modifiant et complétant lòrdonnance no 66-156 du 8 juin 1966 portant code pénal, Art. 3, S. 4; Auswärtiges Amt Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Volksrepublik Algerien, November 2012, S. 24; Österreichische Botschaft Algier, Asylländerbericht, Februar 2013, S. 9.

Personen, die einen Asylantrag stellten und nach Ablehnung des Asylbegehrens nach Algerien zurückkehren, haben keine Verfolgung oder sonstige Konsequenzen zu befürchten.

Quelle: Home Office UK, Algeria. Country of Origin Report 2011. März 2011, S. 133.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen betreffend eine Gefährdung oder asylrelevante Verfolgung

Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nicht verfolgt würde, ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Hauptsächlich bringt der Beschwerdeführer vor, wegen der wirtschaftlichen und allgemeinen politischen Situation aus Algerien geflüchtet zu sein. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens brachte er auch allgemein vor, dass seine Heimat Probleme mit Terroristen habe und er verwies auf die schwierige Sicherheitslage in Algerien. Nähere - über die in den Länderberichten enthaltenenen Informationen hinaus gehende - Ermittlungen zu diesem Thema konnten unterbleiben, da eine spezifische und konkrete Gefährdung des Beschwerdeführers selbst nicht behauptet worden und auch sonst (insbesondere aus den Länderberichten) nicht hervorgekommen ist; im Übrigen wird in diesem Zusammenhang auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung (oder aus anderen Gründen) zu erwarten hätte.

Eine reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr einer Tötung (einschließlich der Verhängung und/oder Vollstreckung der Todesstrafe) durch den Staat oder tödlicher Übergriffe durch Dritte wird nicht festgestellt.

Eine mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr, der Folter ausgesetzt zu sein oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe unterworfen zu sein, wird nicht festgestellt:

Insbesondere wird eine solche reale (über die bloße Möglichkeit hinausgehende) Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung weder im Hinblick auf eine drohende Kettenabschiebung festgestellt, noch im Hinblick auf eine drohende Todesstrafe, noch im Hinblick auf den Gesundheitszustand in Verbindung mit einer Unzulänglichkeit der medizinischen Bedingungen im Herkunftsstaat, noch im Hinblick auf die allgemeinen humanitären Bedingungen im Herkunftsstaat in Verbindung mit der persönlichen Lage des Beschwerdeführers (etwa im Sinne einer existenzgefährdenden Notlage oder des Entzugs der notdürftigsten Lebensgrundlage), noch im Hinblick auf psychische Faktoren, auf Haftbedingungen oder aus anderen Gründen.

Eine solche mit der Rückkehr in den Herkunftsstaat verbundene Gefahr wird auch nicht im Hinblick auf eine etwaige ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit als Zivilperson im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts festgestellt.

2.2. Zu den Feststellungen zur Situation in Algerien

Die Feststellungen zur Situation in Algerien beruhen auf einer Zusammenfassung von Länderberichten, die aus Informationen aus den zitierten Quellen erstellt werden. Sie wurden dem Beschwerdeführer mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung schriftlich zur Kenntnis gebracht und ihm im Rahmen der mündlichen Verhandlung - auf das Wesentliche zusammengefasst - vorgehalten, wobei der Beschwerdeführer diesen Feststellungen inhaltlich nicht entgegengetreten ist.

2.3. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und seiner individuellen Rückkehrsituation

Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit und seinen familiären Verhältnissen beruhen auf seinen eigenen Angaben. Die Feststellung dazu, dass der Beschwerdeführer über die Möglichkeit verfügt, sich an seine Familie oder an nichtstaatliche Organisationen um Hilfe zu wenden, lässt sich einerseits aufgrund der Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der Einvernahmen im Asylverfahren und anderseits aufgrund der Länderberichte zu Algerien treffen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich gesund ist und an keinen relevanten gesundheitlichen Beschwerden leidet, konnte aufgrund seiner Aussagen im Asylverfahren, wonach er gesund sei, festgestellt werden. Die im Berufungsschriftsatz verwendete Formulierung, wonach seine "Psyche zerstört sei", hat der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung näher erklärt und insofern präzisiert, als er damit seine Erschütterung über die Lage und über das Verfahrensergebnis zum Ausdruck bringen wollte. Ein rechtlich (im Rahmen der Frage, ob eine Abschiebung den Grad der unmenschlichen Behandlung erreicht) ins Gewicht fallender, erheblicher psychischer (psychiatrischer) Leidenszustand wurde mit dieser Formulierung daher nicht geltend gemacht oder belegt. Auch sonst sind im Verfahren keine Hinweise auf eine psychische Erkrankung bzw. eine besondere Ausnahmesituation hervorgekommen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 151 Abs. 51 B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes. Gemäß § 75 Abs. 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Abs. 20 zu Ende zu führen. Das vorliegende Verfahren war zum genannten Zeitpunkt beim Asylgerichtshof anhängig.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Derartige Regelungen kommen für das vorliegende Verfahren nicht zur Anwendung, weshalb es der Einzelrichterzuständigkeit unterliegt.

Gemäß § 63 Abs. 5 AVG in Verbindung mit § 23 AsylGHG war die Beschwerde binnen zwei Wochen beim Bundesasylamt einzubringen. Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 04.04.2013 durch persönliche Übergabe zugestellt. Die am 09.04.2013 beim Bundesasylamt eingelangte Beschwerde ist daher rechtzeitig. Sie ist auch sonst zulässig.

Zu A) Beschwerdeabweisung (hinsichtlich Spruchpunkt I. und II. des Bescheides) und Zurückverweisung (Spruchpunkt III. des Bescheides)

3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Richtlinie 2004/83/EG verweist).

Zentraler Aspekt des aus Art. 1 Abschnitt A Z. 2 Genfer Flüchtlingskonvention übernommenen Flüchtlingsbegriffes des AsylG 2005 ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation fürchten würde (vgl. zB VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031; 23.09.2009, 2007/01/0284). Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt dann vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen (VwGH 24.11.1999, 99/01/0280; 16.12.1998, 96/01/1251; 08.06.2000, 99/20/0092).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die "Glaubhaftmachung" im Sinne des § 1 Abs. 1 AsylG 1991 (entspricht dem geltenden § 3 Abs. 1 AsylG 2005 bzw. Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, 95/20/0380).

Der Hinweis auf allgemeine wirtschaftliche Notlage und/oder auf wirtschaftliche Diskriminierung allein reicht zur Dartuung einer auch individuell zu erwartenden konkreten Verfolgungsgefahr nicht aus (VwGH 09.04.1997, 95/01/0517). Wirtschaftliche Gründe rechtfertigen nach Art. 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention grundsätzlich nicht die Ansehung als Flüchtling. Sie können nur dann relevant sein, wenn - neben den sonstigen Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft - dem Beschwerdeführer der völlige Verlust seiner Existenzgrundlage drohte (VwGH 13.05.1998, 96/01/0045; 08.09.1999, 98/01/0614; 28.06.2005, 2002/01/0414).

Auch der Umstand, dass im Herkunftsstaat generell eine (ggf.) erhöhte Gefahr terroristischer Anschläge droht, reicht nicht hin, um eine individuell zu erwartende konkrete Verfolgungsgefahr darzutun. Die allgemeine Gefahr der Bevölkerung, Opfer von Übergriffen durch (zB islamistische) Terrorgruppen zu werden, indiziert keine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung (vgl. VwGH 25.01.1996, 95/19/0008; 30.09.1997, 97/01/0755; 14.10.1998, 98/01/0260; 06.10.1999, 99/01/0279). In diesen Fällen stellt sich daher gar nicht die Frage, ob der Staat ausreichend Schutz gewährt (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).

3.2.2. Insgesamt ergibt sich in Ansehung des Vorbringens, dass der Beschwerdeführer eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung und eine entsprechende Verfolgungsgefahr nicht vorgebracht hat und somit nicht glaubhaft machen konnte. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ist daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm.

§ 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.

3.3. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird ..., wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK der der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention (gemeint: zur EMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten zu verbinden.

3.3.2. Die Richtlinie (RL) 2004/83/EG (auch: Statusrichtlinie) normiert als "Voraussetzungen für den Anspruch auf subsidiären Schutz", dass der Drittstaatsangehörige (der die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt) vorgebracht hat, dass er bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland (...) tatsächlich Gefahr liefe, einen "ernsthaften Schaden" im Sinne des Art. 15 der Richtlinie zu erleiden (Art. 2 lit. e RL 2004/83/EG ).

Unter "ernsthaftem Schaden" versteht die RL 2004/83/EG die folgenden drei Fälle: a) die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder b) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland oder c) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willku¿rlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sind diese Fallgruppen abschließend zu verstehen und umfassen beispielsweise nicht die Konstellation, "in [der] eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung ..., die ein an einer schweren Krankheit leidender Antragsteller bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland erfahren könnte, auf das Fehlen einer angemessenen Behandlung in diesem Land zurückzuführen ist, ohne dass dem Antragsteller die Versorgung absichtlich verweigert würde". Dieser Rechtsprechung zufolge ist eine gesetzliche Regelung eines Mitgliedstaates richtlinienwidrig, wenn sie die Zuerkennung von subsidiärem Schutz insoweit "günstiger" regelt, als sie diese Zuerkennung für Konstellationen vorsieht, die über jene hinaus gehen, die in Art. 15 Buchstabe a, b oder c festgelegt sind (vgl. EuGH [Große Kammer] 18.12.2014, Rs. C-542/13 , M'Bodj, Rz. 41-43).

Mit den in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 festgelegten Tatbeständen der Zuerkennung von subsidiärem Schutz divergiert das österreichische Gesetz von der Richtlinie insofern, als die gesetzlichen Tatbestände über jene Konstellationen hinausgehen, für die die RL 2004/83/EG eine Zuerkennung von subsidiärem Schutz vorsieht. Dies folgt daraus, dass nach dem AsylG 2005 subsidiärer Schutz auf Antrag nicht nur in den in Art. 15 der Richtlinie genannten Fällen, sondern im Fall eines Antrags, der sich auf den Herkunftsstaat bezieht, in umfassender Weise immer dann zu gewähren ist, wenn die Verpflichtung zur Rückkehr in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde (womit zB auch die Fälle der Rückkehr trotz lebensbedrohlicher, nicht anderweitig behandelbarer Krankheiten oder die Fälle des Entzugs jeglicher Lebensgrundlage erfasst wären) und kein Ausschluss- bzw. Aberkennungsgrund iSd. § 8 Abs. 3a AsylG 2005 gegeben ist (vgl. VwGH 28.08.2014, 2013/21/0218). Der aufgezeigte Normenkonflikt zwischen dem AsylG 2005 und Art. 15 der RL 2004/83/EG darf in einem Verfahren über einen Antrag gemäß § 3 und 8 AsylG 2005 nicht so gelöst werden, dass der Verfahrensgegenstand in "richtlinienkonformer" Weise auf die in Art. 15 RL 2004/83/EG festgelegten Falltypen eingeschränkt (und nur noch bei Vorliegen dieser Fälle subsidiärer Schutz zuerkannt) wird. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass eine derartige Einengung des Anwendungsbereichs des § 8 Abs. 1 AsylG sowohl mit dem Zweck, der Entstehungsgeschichte und dem Wortlaut der zitierten Rechtsnorm, vor allem aber auch mit den korrespondierenden sonstigen Normen des AsylG und des FPG in Konflikt geriete (zur Historie des § 8 AsylG vgl. einerseits die Rechtsprechung, die der Gesetzgeber - etwa bei Erlassung des FrÄG 2009 - vorfand [VwGH 26.07.2007, 2007/01/0479; 23.09.2009, 2007/01/0515; 16.12.2009, 2007/01/0918, 0919] sowie die Bezugnahme auf Rechtsprechung in den Materialien zu § 8 AsylG 1997 idF AsylG-Novelle 2003, RV 120 BlgNR

22. GP, sowie zu § 8 AsylG 2005 die RV 952 BlgNR 22. GP ). Die innerstaatliche Gesetzessystematik stünde einer solchen Einschränkung entgegen, weil die Berücksichtigung der nicht durch Art. 15 RL 2004/83/EG abgedeckten, jedoch als Abschiebehindernis nach der EMRK geltenden Fälle ansonsten im Gesetz nicht entsprechend in einem antragsgebundenen Verfahren verankert wäre, zumal der innerstaatliche Gesetzgeber zweifellos davon ausgeht, dass zur Entscheidung über diese Frage im Fall ihrer Geltendmachung in einem auf den Herkunftsstaat bezogenen Antrag ausnahmslos das Verfahren über Anträge auf internationalen Schutz zu beschreiten ist (vgl. auch § 51 Abs. 2 FPG; nur außerhalb des Bereichs solcher Anträge oder im Fall der Abweisung des Antrags auf subsidiären Schutz gem. § 8 Abs. 3a und § 9 Abs. 2 AsylG 2005 führt die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach der innerstaatlichen Systematik nicht zum subsidiären Schutz, sondern zur bloßen Duldung gem. § 46a FPG). Dies bedeutet aber, dass der Gesetzgeber voraussetzt, dass ein solcher auf Art. 2 oder 3 EMRK oder auf das 6. oder 13. ZPEMRK gestützter Antrag im positiven Fall durchwegs (es sei denn im Fall von - hier nicht relevanten - Ausschlussgründen) mit der Gewährung von subsidiärem Schutz zu erledigen ist. Eine "richtlinienkonforme" Einschränkung würde insgesamt betrachtet somit die Grenzen der Interpretation des innerstaatlichen Gesetzes überschreiten und könnte daher nicht mehr als Akt richtlinienkonformer Interpretation vorgenommen, sondern nur mehr im Wege der unmittelbaren, gesetzesverdrängenden Anwendung der Richtlinie bewirkt werden. Letzteres verbietet sich im vorliegenden Zusammenhang aber deswegen, weil eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für den Einzelnen begründen kann, so dass dem Einzelnen gegenüber eine Berufung (des Staates) auf die Richtlinie als solche, dh. eine unmittelbare Wirkung der Richtlinie zu Lasten des Einzelnen, nicht möglich ist (EuGH 14.07.1994, Rs. C-91/92 , Faccini Dori, Slg 1994, I-3325, Rz 20; EuGH 13.07.2000, Rs. C-456/98 , Centro-Steel, Slg. I-6007, Rz 15).

Das Urteil des EuGH vom 18.12.2014, Rs. C-542/13 , M'Bodj, führt daher nach derzeitiger Rechtslage zu keiner (den Umfang einschränkenden) Modifikation des nach dem AsylG 2005 geltenden Prüfungsmaßstabs für die Zuerkennung von internationalem Schutz. Anderes gälte freilich im Fall von (den Umfang ggf. ausdehnende) Wirkungen der Richtlinie zu Gunsten des Einzelnen.

3.3.3. Der (vormalige) § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003 verwies auf § 57 Fremdengesetz (FrG), BGBl. I 75/1997 idF BGBl. I 126/2002, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen § 57 FrG - welche in wesentlichen Teilen auf § 8 Abs. 1 AsylG 2005 übertragen werden kann - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 57 FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028).

3.3.4. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Nach der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH jeweils vom 31.03.2005, 2002/20/0582, 2005/20/0095).

3.3.5. Im Rahmen der bei Beurteilung des subsidiären Schutzes auch vorzunehmenden Prüfung, ob der Antragsteller einer "ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts" ausgesetzt wäre (Art. 15 Buchst. c RL 2004/83/EG ) ist nicht gefordert, dass der Antragsteller beweist, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist. Eine solche Bedrohung liegt auch dann vor, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH 17.02.2009, Rs. C-465/07 , Elgafaji, Rn 45).

3.3.6. Wie bereits oben ausgeführt wurde, hat der Beschwerdeführer keine für eine ihm aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe glaubhaft vorgebracht und es kann daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer in Algerien eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität droht. Auch sonst kann im Beschwerdefall nicht von einem realen Risiko einer einschlägigen Gefährdung ausgegangen werden.

3.3.7. Auch dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Algerien die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des VwGH vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur dargestellten "Schwelle" des Art. 3 EMRK), kann im Beschwerdefall nicht ausgegangen werden, einerseits weil in Algerien entsprechende Hilfseinrichtungen existieren, auf deren Hilfe der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr für die erste Zeit zurückgreifen könnte, anderseits weil der Beschwerdeführer auch auf sein familiäres soziales Netz zurückgreifen könnte und drittens, weil der Beschwerdeführer wie vor seiner Ausreise als Straßenhändler seinen (wenn auch bescheidenen) Lebensunterhalt verdienen könnte. Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Länderberichte kann im Zusammenhalt mit dem genannten Vorbringen des Beschwerdeführers daher nicht davon ausgegangen werden, dass der 22-jährige Beschwerdeführer, der gesund und arbeitsfähig ist, in Algerien in seiner Existenz bedroht wäre. Der Beschwerdeführer war auch vor seiner Ausreise aus Algerien in der Lage, über längere Zeit seine Lebensgrundlage zu sichern. Es ist daher nicht ersichtlich und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht dargetan, weshalb ihm dies nicht auch künftig möglich sein sollte. Der Beschwerdeführer kann daher, abgesehen von seiner grundsätzlichen Selbsterhaltungsfähigkeit, auf Unterstützung durch Verwandte und Bekannte zurückgreifen, welche ihn vor einer Obdachlosigkeit und existentiellen Notlage bewahren würde. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren auch nicht behauptet, dass ihm im Falle einer Rückkehr in seine Heimat die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Das Vorliegen dermaßen akuter und schwerwiegender Erkrankungen, welche in Algerien nicht behandelbar wären und im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK führen könnten, wurde vom Beschwerdeführer im Verfahren nicht behauptet, vielmehr bestätigte er im Rahmen der Einvernahmen, dass er gesund ist.

Es sind weiters keine Anhaltspunkte dafür bekannt, dass in Algerien aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Wie sich aus den den Feststellungen zugrunde gelegten Länderberichten ergibt, ist die Situation in Algerien auch nicht dergestalt, dass eine Rückkehr des Beschwerdeführers für diesen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

3.3.8. Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden. Daher ist die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abzuweisen.

3.4. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides

3.4.1. § 75 Abs. 20 AsylG 2005 lautet in der geltenden Fassung (auszugsweise)

"(20) Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs. 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz

1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,

[2. - 6. ...]

so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegen."

3.4.2. Der Beschwerdeführer ist seit 2013 in Österreich aufhältig. Eine besonders ausgeprägte und verfestigte individuelle Integration in Österreich wurde nicht dargetan und ist auch nicht offenkundig, so dass bei diesem Verfahrensstand keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Bundesverwaltungsgericht ohne weiteres eine Entscheidung über die dauerhafte Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung treffen könnte.

3.4.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird daher die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach der neuen Rechtslage neu zu prüfen haben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (zum Erfordernis der Glaubhaftmachung einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung s die in Pkt. II.3.2.1. zitierte Rechtsprechung; dass das Urteil M'Bodj auf die Interpretation des § 8 AsylG keine einschränkenden Wirkungen zulasten des Beschwerdeführers auslöst, weil die innerstaatliche Rechtslage keinen Interpretationsspielraum belässt und Richtlinien nicht unmittelbar zu Lasten Einzelner wirken dürfen, ergibt sich letztlich mit hinreichender Deutlichkeit aus der dargestellten innerstaatlichen Rechtslage und Urteilen wie zB jenen in den Rs. Faccini Dori oder Centro-Steel; zu den Voraussetzungen des subsidiären Schutzes siehe ansonsten die in Pkt. II.2.3.3. bis 2.3.7. zitierte Judikatur), weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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