Normen
AsylG 2005 §10 Abs3;
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §8 Abs4;
AVG §37;
EMRK Art3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AsylG 2005 §10 Abs3;
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1;
AsylG 2005 §8 Abs4;
AVG §37;
EMRK Art3;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden im Umfang ihrer Anfechtung (das sind die Spruchpunkte II. (Zuerkennung von subsidiärem Schutz) und III. (Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte)) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
Die mitbeteiligten Parteien sind (ausgehend von der Sach- und Rechtslage der angefochtenen Bescheide) Staatsangehörige von Serbien, stammen aus dem Kosovo und gehören der albanischen Volksgruppe an. Sie stellten am 11. Jänner 2006 Anträge auf internationalen Schutz.
Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der Zweitmitbeteiligten - soweit auf Grund der Amtsbeschwerde relevant - gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien, Provinz Kosovo, zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend führte die belangte Behörde hiezu im Wesentlichen aus, die Berufungsverhandlung am 5. Juni 2007 sei abgebrochen worden, da die Zweitmitbeteiligte nach Wiedergabe des Verhandlungsprotokolles im angefochtenen Bescheid "in einen Zustand einer Art Besinnungslosigkeit bzw. nach laienhafter Betrachtung einen epileptischen Anfall" verfallen sei. Die von der Zweitmitbeteiligten behaupteten Erkrankungen ergäben sich aus einer Anfragebeantwortung des Amtsarztes der Bezirkshauptmannschaft Oberwart (vom 19. März 2007), welchem die von der Zweitmitbeteiligten vorgelegten medizinischen Bescheinigungen vorgelegt worden seien. Ebenso habe sich das entscheidende Senatsmitglied bei der genannten Berufungsverhandlung ein "partielles Bild" vom Gesundheitszustand der Zweitmitbeteiligten machen können. Dem Bestehen der Krankheit und den (in den Feststellungen) genannten Behandlungsmöglichkeiten sei seitens der Verfahrensparteien nicht widersprochen worden. Auf Grund dieses "aus dem Akteninhalt ersichtlichen Gesundheitszustandes und Geschehnisse" sei davon auszugehen, dass der Überstellungsvorgang in den Kosovo per se für einen nicht absehbaren Zeitraum eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde, weshalb subsidiärer Schutz zu gewähren sei.
Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde dem Erstmitbeteiligten - soweit auf Grund der Amtsbeschwerde relevant -
ebenso gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien, Provinz Kosovo, zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres erteilt (Spruchpunkt III.). Begründend verwies die belangte Behörde hiezu im Wesentlichen darauf, dass der Zweitmitbeteiligten und Ehefrau des Erstmitbeteiligten subsidiärer Schutz gewährt worden sei und deshalb dem Erstmitbeteiligten (gemeint im Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005) ebenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren sei.
Die vorliegenden Amtsbeschwerden richten sich erkennbar gegen die Spruchpunkte II. (Zuerkennung von subsidiärem Schutz) und III. (Aufenthaltsberechtigung als subsidiäre Schutzberechtigte). In diesen wird im Wesentlichen vorgebracht, es lägen keine ausreichenden Feststellungen zum Gesundheitszustand der Zweitmitbeteiligten vor, insbesondere sei hiezu kein ärztliches Gutachten eingeholt worden. Weiters sei nicht sichergestellt worden, dass im Hinblick auf die Erkrankung der Zweitmitbeteiligten die notwendigen medizinischen Vorkehrungen für eine Überstellung getroffen würden.
Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsverfahren vor, verzichtete aber auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde stützte die Zuerkennung von subsidiärem Schutz an die Zweitmitbeteiligte gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG 2005 auf den Gesundheitszustand der Zweitmitbeteiligten und die nicht näher konkretisierte Annahme, deren Überstellung in den Kosovo würde deshalb eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten.
Die Amtsbeschwerden zeigen zutreffend auf, dass im zweitangefochtenen Bescheid nachvollziehbare Feststellungen über die Art der Erkrankung der Zweitmitbeteiligten und die zu erwartenden Auswirkungen auf den Gesundheitszustand im Falle einer (wie die Amtsbeschwerde anführt, allenfalls medizinisch unterstützten) Abschiebung fehlen. Der Hinweis auf eine im zweitangefochtenen Bescheid nicht näher dargestellte Anfragebeantwortung des Amtsarztes kann derartige Feststellungen nicht ersetzen. Nicht ausreichend ist auch der von der belangten Behörde angeführte Umstand, dass sich das entscheidende Senatsmitglied bei der Berufungsverhandlung ein "partielles Bild" vom Gesundheitszustand der Zweitmitbeteiligten habe machen können (vgl. zur Beurteilung von Fachfragen durch Sachverständige die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998), 801, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Erst ausgehend von derartigen Feststellungen wird beurteilt werden können, ob der Gesundheitszustand der Zweitmitbeteiligten überhaupt ein (vorübergehendes) Ausweisungshindernis nach § 10 Abs. 3 AsylG 2005 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2009, Zl. 2008/01/0344, mit Verweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 2007, G 179/07 ua, VfSlg. 18.227) oder einen subsidiären Schutzgrund nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (vgl. zur Vereinbarkeit der Abschiebung kranker Personen in einen anderen Staat mit Art. 3 EMRK das hg. Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl. 2007/01/0515, mwN) begründet.
Dieser Begründungsmangel schlägt auf den erstangefochtenen Bescheid durch.
Beide angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG in dem im Spruch angeführten Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Wien, am 16. Dezember 2009
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