VfGH V145/2022 ua

VfGHV145/2022 ua5.10.2023

Gesetzwidrigkeit von Wortfolgen der FixkostenzuschussV, AusfallbonusV und der (3.) Lockdown-UmsatzersatzV betreffend den Ausschluss von Förderungen zur wirtschaftlichen Bewältigung der COVID-19 Pandemie im Falle einer finanzstrafrechtlichen Verurteilung eines Unternehmens; Unsachlichkeit des Ausschlusses mangels Normierung einer zeitlichen Grenze für eine – auch weit zurückliegende – Abgabenhinterziehung; keine gesetzliche Deckung der Verordnungen im ABBAG-Gesetz

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art139 Abs1 Z4
StGG Art2
COVID-19-WohlverhaltensG §1, §2, §3, §4, §5, §6, §7, §8, §9, §10
Lockdown-UmsatzersatzV des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG-G BGBl II 503/2020 Anhang 1 Punkt 3.1.7
FixkostenzuschussV des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG-G BGBl II 225/2020 idF BGBl II 72/2021 Anhang Punkt 3.1.3
AusfallbonusV des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG-G BGBl II 74/2021 Anhang Punkt 3.1.7
3. Lockdown-UmsatzersatzV des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 ABBAG-G BGBl II 567/2020 Anhang Punkt 3.1.7
ABBAG-Gesetz §3b
FinStrG §31
VfGG §7 Abs1, §57 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2023:V145.2022

 

Spruch:

I. Die Wortfolge "über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt" in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Wortfolge "und über das Unternehmen darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe (ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten) oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein" in Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19‑Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II Nr 225/2020, idF BGBl II Nr 72/2021 wird als gesetzwidrig aufgehoben.

III. Die Wortfolge "über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Ausfallsbonus darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt" in Punkt 3.1.7 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus), BGBl II Nr 74/2021, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

IV. Die Wortfolge "über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt" in Punkt 3.1.7 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (3. VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 567/2020, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

V. Die Aufhebungen treten mit Ablauf des 15. April 2024 in Kraft.

VI. Der Bundesminister für Finanzen ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anträge

1. Gestützt auf Art139 Abs1 Z4 B‑VG begehrt die antragstellende Partei in dem beim Verfassungsgerichtshof zur Zahl V145/2022 protokollierten Verfahren,

"der Verfassungsgerichtshof möge

 

a) in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020, die Wendung 'über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein darf; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt', in eventu

 

b) Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020, zur Gänze ('3.1.7 über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein darf; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.') als verfassungswidrig (gesetzwidrig) aufheben."

2. Die antragstellende Partei in dem beim Verfassungsgerichtshof zur Zahl V180/2022 protokollierten Verfahren begehrt gemäß Art139 Abs1 Z4 B‑VG, der Verfassungsgerichtshof möge

"als verfassungswidrig und/oder gesetzwidrig aufheben,

in eventu für den Fall, dass die Verordnung in der Zwischenzeit bereits außer Kraft bzw aufgehoben worden sein sollte, feststellen, dass die außer Kraft getretene Bestimmungen rechtswidrig war:

 

§1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 25.5.2020 gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II Nr 225/2020, zur Gänze,

 

in eventu

Punkt 3.1.3. des Anhanges (Richtlinien) zur genannten Verordnung,

 

in eventu

 

die Wortfolge 'über das Unternehmen darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe (ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten) oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein' in Punkt 3.1.3. des Anhanges (Richtlinien) zur genannten Verordnung".

3. Die antragstellende Partei in dem beim Verfassungsgerichtshof zur Zahl V202/2022 protokollierten Verfahren begehrt gemäß Art139 Abs1 Z4 B‑VG, der Verfassungsgerichtshof möge

"die Wortfolge 'und über das Unternehmen darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe (ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten) oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein' in Punkt 3.1.3. FKZ‑RL (BGBl II 225/2020 idF BGBl II 111/2022) als gesetz- bzw verfassungswidrig aufheben,

 

in eventu

 

feststellen, dass Punkt 3.1.3 FKZ‑RL (BGBl II 225/2020 idF BGBl II 111/2022) gesetz- bzw verfassungswidrig war."

4. Die antragstellende Partei in dem beim Verfassungsgerichtshof zur Zahl V207/2022 protokollierten Verfahren begehrt gemäß Art139 Abs1 Z4 B‑VG, der Verfassungsgerichtshof möge

"in Punkt 3.1.3 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II Nr 225/2020, die Wendung 'über das Unternehmen darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe (ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten) oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein', als gesetz- und/oder verfassungswidrig aufheben."

5. Die antragstellende Partei in dem beim Verfassungsgerichtshof zu den Zahlen V212‑213/2022 protokollierten Verfahren begehrt gemäß Art139 Abs1 Z4 B‑VG, der Verfassungsgerichtshof möge

"1)

 

a) in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl Nr 503/2020 idF BGBl Nr 565/2020, die Wendung 'über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein darf; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt', in eventu

 

b) Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020, zur Gänze ('3.1.7 über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein darf; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.') als verfassungswidrig (gesetzwidrig) aufheben.

 

sowie

 

2)

 

a) in Punkt 3.1.7, Anlage 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus), BGBI II Nr 74/2021, die Wendung 'über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein darf; ein Ausfallsbonus darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt', in eventu

 

b) Punkt 3.1.7, Anlage 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus), BGBI II Nr 74/2021 zur Gänze ('3.1.7 über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein darf; ein Ausfallsbonus darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.') als verfassungswidrig (gesetzwidrig) aufheben."

6. Die antragstellende Partei in dem beim Verfassungsgerichtshof zu den Zahlen V42‑44/2023 protokollierten Verfahren begehrt gemäß Art139 Abs1 Z4 B‑VG, der Verfassungsgerichtshof möge

"die Bestimmung 3.1.3. Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), StF: BGBl II Nr 225/2020, zuletzt geändert mit BGBl II Nr 111/2022,

die Bestimmung 3.1.7. der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes für vom Lockdown direkt betroffene Unternehmen (3. VO Lockdown-Umsatzersatz), StF: BGBl II Nr 567/2020 sowie

die Bestimmung 3.1.7. Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus) StF: BGBl II Nr 74/2021, zuletzt geändert mit BGBl II Nr 518/2021

 

zur Gänze als verfassungswidrig aufheben

[…]"

II. Rechtslage

1. §3b des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG‑Gesetz), BGBl I 51/2014, idF BGBl I 228/2021 lautet:

"Richtlinien zur Gewährung finanzieller Maßnahmen

 

(1) Finanzielle Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 dürfen nur zu Gunsten von Unternehmen gesetzt werden, die ihren Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben und ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben.

 

(2) Auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen besteht kein Rechtsanspruch.

 

(3) Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Vizekanzler unter Beachtung der geltenden Vorgaben des EU‑Beihilfenrechtes per Verordnung Richtlinien zu erlassen, die insbesondere nachstehende Regelungen zu enthalten haben und die auch im Internet zur Abfrage bereit zu halten sind:

1. Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen,

2. Ausgestaltung und Verwendungszweck der finanziellen Maßnahmen,

3. Höhe der finanziellen Maßnahmen,

4. Laufzeit der finanziellen Maßnahmen,

5. Auskunfts- und Einsichtsrechte des Bundes oder des Bevollmächtigten.

6. Rückforderungen.

 

(4) Der Bundesminister für Finanzen hat dem Budgetausschuss monatlich einen detailliert dargestellten Bericht, in dem sämtliche Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gem. §3b Abs1, die zu Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 (COVID‑19) geboten sind, die nach diesem Bundesgesetz ergriffen wurden, vorzulegen. Der Bericht hat insbesondere die materiellen und finanziellen Auswirkungen der gesetzten Maßnahmen auszuweisen.

 

(5) Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Vizekanzler in den nach Abs3 zu erlassenden Richtlinien eine betragliche Grenze für jene Fälle vorzusehen, in denen die Höhe einer bereits ausbezahlten anteiligen finanziellen Maßnahme von Aufwendungen des begünstigten Unternehmens abhängt, die für Zeiträume eines behördlichen Betretungsverbotes getätigt wurden und Bestandszinszahlungen beinhaltet haben. Rückforderungen solcher anteiliger finanzieller Maßnahmen haben insoweit zu erfolgen, als sie die betragliche Grenze überschreiten und das Bestandsobjekt infolge des behördlichen Betretungsverbotes tatsächlich nicht nutzbar war. Die betragliche Grenze beträgt EUR 12.500 pro Kalendermonat und begünstigtem Unternehmen und gilt als bewilligt im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes 2013 (BHG 2013), BGBl I Nr 139/2002 idF BGBl I Nr 153/2020.

 

(6) Rückforderungen von anteiligen finanziellen Maßnahmen nach Abs5 bis zur Höhe der betraglichen Grenze haben nur insoweit zu erfolgen, als das begünstigte Unternehmen bezahlte Bestandszinsen nachträglich ganz oder teilweise vom Bestandgeber oder von dritter Seite zurückbekommt.

 

(7) Für den Umfang der Auszahlung von finanziellen Maßnahmen und für die Höhe einer allfälligen Rückforderung nach Abs5 ist die tatsächliche Nutzbarkeit des Bestandsobjektes in jenen Zeiträumen, in welchen das begünstigte Unternehmen direkt von einem behördlichen Betretungsverbot betroffen war, maßgeblich. Diese tatsächliche Nutzbarkeit kann auch auf der Grundlage des dem Bestandsobjekt zuzurechnenden Umsatzausfalles berechnet werden.

 

(8) Die vorstehenden Abs5 bis 7 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2021 in Kraft. Sofern diese Absätze die Behandlung von Rückforderungen betreffen, sind sie auf jene finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 anzuwenden, die bis zum 31. Dezember 2021 beantragt werden."

2. Das Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I 11/2021, lautet:

"Ausschluss von der Förderung

§1. (1) Unternehmen, denen eine Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie gewährt wird, müssen sich für einen Zeitraum von fünf Jahren vor der Antragstellung bis zum Abschluss der Förderungsgewährung (Endabrechnung) steuerlich wohlverhalten haben.

 

(2) Unternehmen, die sich steuerlich nicht wohlverhalten haben, sind von der Gewährung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie ausgeschlossen; bereits erlangte Förderungen sind verzinst zurückzuzahlen.

 

Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie

§2. Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie sind Zuschüsse, die auf der Grundlage von §2 Abs2 Z7 des ABBAG‑Gesetzes, BGBl I Nr 51/2014, geleistet werden.

 

Steuerliches Wohlverhalten

§3. Ein Unternehmen hat sich steuerlich wohlverhalten, wenn

1. beim Unternehmen in den letzten drei veranlagten Jahren kein rechtskräftig festgestellter Missbrauch im Sinne des §22 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr 194/1961, vorliegt, der zu einer Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage von mindestens 100 000 Euro im jeweiligen Veranlagungszeitraum geführt hat;

2. das Unternehmen in den letzten fünf veranlagten Jahren nicht mit einem Betrag von insgesamt mehr als 100 000 Euro vom Abzugsverbot des §12 Abs1 Z10 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 (KStG 1988), BGBl Nr 401/1988, oder von den Bestimmungen des §10a KStG 1988 (Hinzurechnungsbesteuerung, Methodenwechsel) betroffen gewesen ist; steuerliches Wohlverhalten liegt ebenfalls vor, wenn das Unternehmen bereits bei Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für das betreffende Jahr den Anwendungsfall des §12 Abs1 Z10 KStG 1988 oder des §10a KStG 1988 offengelegt, den von den Bestimmungen erfassten Betrag hinzugerechnet hat und dieser Betrag nicht 500 000 Euro übersteigt;

3. das Unternehmen keinen Sitz oder eine Niederlassung in einem Staat, der in der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke genannt ist hat, und an dem Sitz oder der Niederlassung in diesem Staat im ersten nach dem 31. Dezember 2018 beginnenden Wirtschaftsjahr nicht überwiegend Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 erzielt. Es gilt die Fassung der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke, die zum jeweiligen Abschlussstichtag des für die Beurteilung des Überwiegens der Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 heranzuziehenden Wirtschaftsjahres in Geltung steht;

4. über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden ist; steuerliches Wohlverhalten liegt jedoch, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von 10 000 Euro nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.

 

Rückzahlungsverpflichtung

§4. Wurde eine Förderung des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an ein Unternehmen, das sich steuerlich nicht wohlverhalten hat, ausgezahlt und erlangt die Stelle, welche die Förderung gewährt hat, innerhalb von fünf Jahren ab dem Abschluss der Förderungsgewährung (Endabrechnung) davon Kenntnis, hat sie diese vollständig zurückzufordern, wenn sich das nicht bereits aufgrund des Fördervertrages oder aufgrund unmittelbar anwendbaren Rechts der Europäischen Union ergibt.

 

Verzinsung

§5. Der zurückzuzahlende Betrag ist ab dem Zeitpunkt der Auszahlung bis zur Rückzahlung mit einem Zinssatz von viereinhalb Prozent über dem Basiszinssatz pro Jahr zu verzinsen, wenn sich eine Verzinsung nicht bereits aufgrund des Fördervertrages oder aufgrund unmittelbar anwendbaren Rechts der Europäischen Union ergibt.

 

Informationsverpflichtung

§6. Hat das Amt für Betrugsbekämpfung oder ein Finanzamt aufgrund einer Prüfung nach dem COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetz, BGBl I Nr 44/2020, davon Kenntnis erlangt, dass ein Unternehmen sich im relevanten Zeitraum (§1 Abs1) nicht steuerlich wohlverhalten hat, hat es die Stellen, die Förderungen im Sinne dieses Bundesgesetzes gewährt haben, davon zu informieren. Zum Zweck der Umsetzung dieser Verpflichtung sind das Amt für Betrugsbekämpfung und die Finanzämter berechtigt, eine Transparenzportalabfrage durchzuführen.

 

Verweisungen

§7. Soweit in diesem Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

 

Vollziehung

§8. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport und das Bundesministerium für Finanzen betraut.

 

Inkrafttreten

§9. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2021 in Kraft und ist auf Förderungen anzuwenden, deren Rechtsgrundlage erstmals nach dem 31. Dezember 2020 in Kraft getreten ist.

 

Außerkrafttreten

§10. Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2025 außer Kraft."

3. §31 des Bundesgesetzes vom 26. Juni 1958, betreffend das Finanzstrafrecht und das Finanzstrafverfahrensrecht (Finanzstrafgesetz – FinStrG.), BGBl 129/1958, idF BGBl I 110/2023 lautet:

"Verjährung der Strafbarkeit.

§31.

(1) Die Strafbarkeit eines Finanzvergehens erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beginnt, sobald die mit Strafe bedrohte Tätigkeit abgeschlossen ist oder das mit Strafe bedrohte Verhalten aufhört. Gehört zum Tatbestand ein Erfolg, so beginnt die Verjährungsfrist erst mit dessen Eintritt zu laufen. Sie beginnt aber nie früher zu laufen als die Verjährungsfrist für die Festsetzung der Abgabe, gegen die sich die Straftat richtet.

 

(2) Die Verjährungsfrist beträgt für den Abgabenbetrug (§39) mit einem 500 000 Euro übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag und für den grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug (§40) zehn Jahre, für Finanzordnungswidrigkeiten nach §§49 bis 49e drei Jahre, für andere Finanzordnungswidrigkeiten ein Jahr und für die übrigen Finanzvergehen fünf Jahre.

 

(3) Begeht der Täter während der Verjährungsfrist ein vorsätzliches Finanzvergehen, auf das §25 oder §191 StPO nicht anzuwenden ist, so tritt die Verjährung nicht ein, bevor auch für diese Tat die Verjährungsfrist abgelaufen ist.

 

(4) In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

a) die Zeit, während der nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;

b) die Zeit, während der wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, bei Gericht, bei einer Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht geführt wird;

c) die Zeit von der Einbringung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof bezüglich des Finanzstrafverfahrens oder der mit diesem im Zusammenhang stehenden Abgaben- oder Monopolverfahren bis zur deren Erledigung;

d) die Probezeit nach §203 Abs1 StPO sowie die Fristen zur Zahlung eines Geldbetrages samt allfälliger Schadensgutmachung und zur Erbringung gemeinnütziger Leistungen samt allfälligem Tatfolgenausgleich (§§200 Abs2 und 3, 201 Abs1 und 3 StPO).

 

(5) Bei Finanzvergehen, für deren Verfolgung die Finanzstrafbehörde zuständig ist, erlischt die Strafbarkeit jedenfalls, wenn seit dem Beginn der Verjährungsfrist zehn Jahre und gegebenenfalls die in Abs4 litc genannte Zeit verstrichen sind. Bei Finanzvergehen nach §49a FinStrG erlischt die Strafbarkeit jedenfalls, wenn dieser Zeitraum ab dem Ende der Anzeigefrist gemäß §121a Abs4 BAO oder der Mitteilungsfrist nach §109b Abs6 EStG 1988 verstrichen ist.

 

(6) Die Bestimmungen der Abs1 bis 5 gelten dem Sinne nach auch für die Nebenbeteiligten (§76) und für das selbständige Verfahren (§§148 und 243)."

4. Der Anhang 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II 503/2020, lautet auszugsweise wie folgt (die jeweils im Hauptantrag in den Anträgen zu den Zahlen V145/2022 und V212‑213/2022 angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

 

"1 Präambel

 

1.1 Innerstaatliche Rechtsgrundlage dieser Richtlinien ist §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz, BGBl I Nr 51/2014, zuletzt geändert durch das 18. COVID‑19 Gesetz, BGBl I Nr 44/2020. Demnach hat der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler per Verordnung Richtlinien zur Gewährung von finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, zu erlassen.

 

1.2 Bei den in diesen Richtlinien vorgesehenen finanziellen Maßnahmen handelt es sich (mit Ausnahme der in Punkt 4.3 geregelten De‑minimis-Beihilfen) um Beihilfen im Sinne von Art107 Abs1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die gegenständlichen Richtlinien für die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes stützen sich auf die Entscheidung der Europäischen Kommission SA.56840 (2020/N) vom 8. April 2020, ergänzt durch die Entscheidung SA.58640 (2020/N) vom 18. September 2020, mit der die Europäische Kommission Direktzuschüsse und andere finanzielle Hilfsmaßnahmen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag gemäß der Mitteilung der Europäischen Kommission 'Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID‑19', ABl. C 911 vom 20. März 2020, S 1, (C(2020) 1863 final) (Befristeter Beihilferahmen) genehmigt hat. Die Republik Österreich behält sich vor, für die in diesen Richtlinien vorgesehenen Maßnahmen bei der Europäischen Kommission eine gesonderte Genehmigung gemäß Art107 Abs2 litb AEUV (Katastrophenbeihilfe) zu beantragen.

 

2 COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG)

 

2.1 Über Auftrag des Bundesministers für Finanzen wurde die COFAG durch die ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes (ABBAG) geschaffen.

 

2.2 Der COFAG wurde über Auftrag des Bundesministers für Finanzen gemäß §2 Abs2a ABBAG‑Gesetz die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen übertragen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.

 

2.3 Einen Lockdown-Umsatzersatz hat die COFAG an von der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung von COVID‑19 getroffen werden (COVID‑19-Schutzmaßnahmenverordnung – COVID‑19‑SchuMaV), BGBl II Nr 463/2020 oder von der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation getroffen werden (COVID‑19-Notmaßnahmenverordnung – COVID‑19‑NotMV), BGBl II Nr 479/2020, direkt betroffene Unternehmen zu gewähren. An Land- und Forstwirte sowie Privatzimmervermieter wird kein Lockdown-Umsatzersatz gewährt, weil der Umsatzersatz für diese Betroffenen vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus abgewickelt wird.

 

2.4 Innerhalb dieser Richtlinien sind die Organe der COFAG bei den Entscheidungen über den Lockdown-Umsatzersatz weisungsfrei.

 

3 Begünstigte Unternehmen

 

3.1 Ein Lockdown-Umsatzersatz darf nur zu Gunsten von Unternehmen gewährt werden, bei denen im Betrachtungszeitraum gemäß Punkt 4.1 und zum Zeitpunkt der Antragstellung sämtliche nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

 

3.1.1 das Unternehmen hat seinen Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich;

 

3.1.2 das Unternehmen übt eine operative Tätigkeit in Österreich aus, die in Österreich zu einer Besteuerung der Einkünfte gemäß der §§22 oder 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl Nr 400/1988, führt oder gemäß §5 Z6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 (KStG 1988), BGBl Nr 401/1988, befreit ist;

 

3.1.3 das Unternehmen ist (a) im Zeitraum der Gültigkeit der COVID‑19‑SchuMaV direkt von den mit der COVID‑19‑SchuMaV in §4 Abs3 (Seil- und Zahnradbahnen), §7 (Gastgewerbe), §8 (Beherbergungsbetriebe), §9 (Betretungsverbot für Sportstätten und Flugfelder), §12 Abs2, ausgenommen Z6 (Freizeiteinrichtungen), §13 (Veranstaltungsverbot) und §14 (Sportveranstaltungen im Spitzensport) verordneten Einschränkungen betroffen und auch in einer direkt von den mit der COVID‑19‑SchuMaV verordneten Einschränkungen betroffenen Branche tätig oder (b) ab dem Inkrafttreten der COVID‑19‑NotMV bis zum 6. Dezember 2020 direkt von den mit der COVID‑19‑NotMV in §4 Abs3 (Seil- und Zahnradbahnen), §5 Abs1 Z1 (Einzelhandel), §5 Abs1 Z2 (Dienstleistungsunternehmen, die körpernahe Dienstleistungen anbieten), §5 Abs1 Z3, ausgenommen Einrichtungen im Sinne des §5 Abs3 Z6 (Freizeiteinrichtungen), §7 (Gastgewerbe), §8 (Beherbergungsbetriebe), §9 (Betretungsverbot für Sportstätten und Flugfelder), §12 (Veranstaltungsverbot) und §13 (Sportveranstaltungen im Spitzensport) verordneten Einschränkungen betroffen und auch in einer direkt von den mit der COVID‑19‑NotMV verordneten Einschränkungen betroffenen Branche tätig. Die Branchenabgrenzung ist im Sinne der ÖNACE‑2008‑Klassifikation vorzunehmen;

 

3.1.4 beim Unternehmen darf in den letzten drei veranlagten Jahren kein rechtskräftig festgestellter Missbrauch im Sinne des §22 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl 194/1961, vorliegen, der zu einer Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage von mindestens EUR 100.000 im jeweiligen Veranlagungszeitraum geführt hat;

 

3.1.5 das Unternehmen darf in den letzten fünf veranlagten Jahren nicht mit einem Betrag von insgesamt mehr als EUR 100.000 vom Abzugsverbot des §12 Abs1 Z10 KStG 1988 oder von den Bestimmungen des §10a KStG 1988 (Hinzurechnungsbesteuerung, Methodenwechsel) betroffen gewesen sein; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, wenn das Unternehmen bereits bei Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für das betreffende Jahr den Anwendungsfall des §12 Abs1 Z10 KStG 1988 oder des §10a KStG 1988 offengelegt und den von den Bestimmungen erfassten Betrag hinzugerechnet hat und dieser Betrag nicht EUR 500.000 übersteigt;

 

3.1.6 das Unternehmen darf nicht einen Sitz oder eine Niederlassung in einem Staat haben, der in der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke genannt ist und an dem Sitz oder der Niederlassung in diesem Staat im ersten nach dem 31. Dezember 2018 beginnenden Wirtschaftsjahr überwiegend Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 erzielen. Es gilt die Fassung der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke, die zum jeweiligen Abschlussstichtag des für die Beurteilung des Überwiegens der Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 heranzuziehenden Wirtschaftsjahres in Geltung steht;

 

3.1.7 über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.

 

3.2 Ausgenommen von der Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes sind Unternehmen, auf die einer der folgenden Punkte zutrifft:

 

3.2.1 Unternehmen, bei denen im Betrachtungszeitraum gemäß Punkt 4.1 oder zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Insolvenzverfahren anhängig ist; dies gilt nicht für Unternehmen, für die ein Sanierungsverfahren gemäß der §§166 ff des Bundesgesetzes über das Insolvenzverfahren (Insolvenzordnung – IO), RGBl Nr 337/1914, eröffnet wurde;

 

3.2.2 beaufsichtigte Rechtsträger des Finanzsektors, die im Inland, einem Mitgliedstaat (§2 Z5 Bankwesengesetz, BGBl Nr 532/1993 (BWG)) oder einem Drittland (§2 Z8 BWG) registriert oder zugelassen sind und hinsichtlich ihrer Tätigkeit prudentiellen Aufsichtsbestimmungen unterliegen; das sind für Österreich insbesondere Kreditinstitute gemäß BWG; Versicherungsunternehmen gemäß Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 (VAG 2016), BGBl I Nr 34/2015; Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018), BGBl I Nr 107/2017; Pensionskassen gemäß Pensionskassengesetz (PKG), BGBl Nr 281/1990;

 

3.2.3 Antragsteller, die nicht im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994), BGBl 1994/663, unternehmerisch tätig sind;

 

3.2.4 Unternehmen, die im Betrachtungszeitraum gemäß Punkt 4.1 gegenüber einem oder mehreren Mitarbeitern eine Kündigung aussprechen;

 

3.2.5 neu gegründete Unternehmen, die vor dem 1. November 2020 noch keine Umsätze erzielt haben.

 

4 Betrachtungszeitraum und Berechnung des Lockdown-Umsatzersatzes

 

4.1 Der Betrachtungszeitraum für den Lockdown-Umsatzersatz ist der Zeitraum, in dem der Antragsteller im Sinne des Punkts 3.1.3 direkt von der COVID‑19‑SchuMaV oder der COVID‑19‑NotMV betroffen war beziehungsweise ist; der Betrachtungszeitraum endet jedoch spätestens am 6. Dezember 2020. Der Lockdown-Umsatzersatz wird für den Umsatzausfall im Betrachtungszeitraum gewährt.

 

4.2 Höhe des Lockdown-Umsatzersatzes

 

4.2.1 Die Höhe des Lockdown-Umsatzersatzes entspricht 80 Prozent des gemäß der Punkte 4.4, 4.5, 4.6 und 4.7 zu ermittelnden Umsatzes des Antragstellers. Davon abweichend gilt bei Unternehmen, die im Sinne des Punkts 3.1.3 litb direkt von den Einschränkungen in §5 Abs1 Z1 COVID‑19‑NotMV betroffen sind (Einzelhandel) der Prozentsatz gemäß Punkt 4.2.3.

 

[…]"

5. Der Anhang zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus), BGBl II 74/2021, lautet auszugsweise wie folgt (die jeweils in den Anträgen zu den Zahlen V212‑213/2022 und V42‑44/2023 angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"1 Präambel

 

1.1 Innerstaatliche Rechtsgrundlage dieser Richtlinien ist §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz, BGBl I Nr 51/2014, zuletzt geändert durch das 18. COVID‑19 Gesetz, BGBl I Nr 44/2020. Demnach hat der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler per Verordnung Richtlinien zur Gewährung von finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, zu erlassen.

 

1.2 Bei den in diesen Richtlinien vorgesehenen finanziellen Maßnahmen handelt es sich (mit Ausnahme der in Punkt 4.4.3 geregelten De‑minimis-Beihilfen) um Beihilfen im Sinne von Art107 Abs3 litb des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die gegenständlichen Richtlinien stützen sich auf die Entscheidung der Europäischen Kommission SA.56840 (2020/N) vom 8. April 2020, ergänzt durch die Entscheidungen SA.58640 (2020/N) vom 18. September 2020, SA.59320 (2020/N) vom 9. November 2020 und SA.61614 (2020/N) vom 9. Februar 2021, mit der die Europäische Kommission Direktzuschüsse, Garantien und andere finanzielle Hilfsmaßnahmen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag gemäß der Mitteilung der Europäischen Kommission 'Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID‑19', ABl. C 911 vom 20. März 2020, S 1, (Befristeter Beihilferahmen) in der jeweils geltenden Fassung genehmigt hat.

 

1.3 Der Ausfallsbonus hat der Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 zu dienen. Leistungen nach diesen Richtlinien können mit De‑minimis-Beihilfen und AGVO‑, GVO Landwirtschaft- beziehungsweise GVO Fischerei und Aquakultur-Beihilfen kombiniert werden, sofern dabei die Kumulierungsregeln der entsprechenden Gruppenfreistellungs-Verordnungen beziehungsweise der jeweils anwendbaren De‑minimis-Verordnungen eingehalten werden.

 

2 COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG)

 

2.1 Über Auftrag des Bundesministers für Finanzen wurde die COFAG durch die ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes (ABBAG) geschaffen.

 

2.2 Der COFAG wurde über Auftrag des Bundesministers für Finanzen gemäß §2 Abs2a ABBAG‑Gesetz die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen übertragen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.

 

2.3 Die COFAG hat einen Ausfallsbonus an Unternehmen, die durch die Ausbreitung von COVID‑19 Umsatzausfälle erleiden oder bereits erlitten haben, nach diesen Richtlinien zu gewähren.

 

2.4 Innerhalb dieser Richtlinien sind die Organe der COFAG bei den Entscheidungen über einen Ausfallsbonus weisungsfrei.

 

3 Begünstigte Unternehmen

 

3.1 Ein Ausfallsbonus darf nur zu Gunsten von Unternehmen gewährt werden, bei denen sämtliche nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

 

3.1.1 das Unternehmen hat im Betrachtungszeitraum und zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich;

 

3.1.2 das Unternehmen übt im Betrachtungszeitraum und zum Zeitpunkt der Antragstellung eine operative Tätigkeit in Österreich aus, die in Österreich zu einer Besteuerung der Einkünfte gemäß der §§22 oder 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl Nr 400/1988, führt;

 

3.1.3 das Unternehmen erleidet im als Betrachtungszeitraum herangezogenen Kalendermonat einen Umsatzausfall von mindestens 40 Prozent. Der Umsatzausfall wird berechnet, indem die Differenz zwischen den Umsätzen des Betrachtungszeitraums gemäß Punkt 4.6 und den Umsätzen des Vergleichszeitraums gemäß Punkt 4.5 ermittelt wird. Missbräuchlich vorgenommene zeitliche Verschiebungen der Umsätze sind bei der Berechnung der Höhe des Umsatzausfalls nicht anzuerkennen;

 

3.1.4 beim Unternehmen darf zum Zeitpunkt der Antragstellung in den letzten drei veranlagten Jahren kein rechtskräftig festgestellter Missbrauch im Sinne des §22 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl 194/1961, vorliegen, der zu einer Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage von mindestens EUR 100.000 im jeweiligen Veranlagungszeitraum geführt hat;

 

3.1.5 das Unternehmen darf zum Zeitpunkt der Antragstellung in den letzten fünf veranlagten Jahren nicht mit einem Betrag von insgesamt mehr als EUR 100.000 vom Abzugsverbot des §12 Abs1 Z10 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 (KStG 1988), BGBl Nr 401/1988, oder von den Bestimmungen des §10a KStG 1988 (Hinzurechnungsbesteuerung, Methodenwechsel) betroffen gewesen sein; ein Ausfallsbonus darf jedoch dennoch gewährt werden, wenn das Unternehmen bereits bei Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für das betreffende Jahr den Anwendungsfall des §12 Abs1 Z10 KStG 1988 oder des §10a KStG 1988 offengelegt, den von den Bestimmungen erfassten Betrag hinzugerechnet hat und dieser Betrag nicht EUR 500.000 übersteigt;

 

3.1.6 das Unternehmen darf keinen Sitz oder eine Niederlassung in einem Staat haben, der in der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke genannt ist, und an dem Sitz oder der Niederlassung in diesem Staat im ersten nach dem 31. Dezember 2018 beginnenden Wirtschaftsjahr überwiegend Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 erzielen. Es gilt die Fassung der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke, die zum jeweiligen Abschlussstichtag des für die Beurteilung des Überwiegens der Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 heranzuziehenden Wirtschaftsjahres in Geltung steht;

 

3.1.7 über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Ausfallsbonus darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.

 

3.2 Ausgenommen von der Gewährung eines Ausfallsbonus nach den gegenständlichen Richtlinien sind:

 

3.2.1 Unternehmen, bei denen im Betrachtungszeitraum oder zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Insolvenzverfahren anhängig ist; dies gilt nicht für Unternehmen, für die ein Sanierungsverfahren gemäß der §§166 ff des Bundesgesetzes über das Insolvenzverfahren (Insolvenzordnung – IO), RGBl Nr 337/1914, eröffnet wurde;

 

3.2.2 beaufsichtigte Rechtsträger des Finanzsektors, die im Inland, einem Mitgliedstaat (§2 Z5 Bankwesengesetz, BGBl Nr 532/1993 (BWG)) oder einem Drittland (§2 Z8 BWG) registriert oder zugelassen sind und hinsichtlich ihrer Tätigkeit pruentiellen Aufsichtsbestimmungen unterliegen; das sind für Österreich insbesondere Kreditinstitute gemäß BWG; Versicherungsunternehmen gemäß Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 (VAG 2016), BGBl I Nr 34/2015; Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018), BGBl I Nr 107/2017; Pensionskassen gemäß Pensionskassengesetz (PKG), BGBl Nr 281/1990;

 

3.2.3 im alleinigen Eigentum (mittelbar oder unmittelbar) von Gebietskörperschaften und sonstigen Einrichtungen öffentlichen Rechts stehende Einrichtungen;

 

3.2.4 im mehrheitlichen Eigentum (mittelbar oder unmittelbar) von Gebietskörperschaften und sonstigen Einrichtungen öffentlichen Rechts stehende Einrichtungen, die einen Eigendeckungsgrad von weniger als 75% haben;

 

3.2.5 Non‑Profit-Organisationen, die die Voraussetzungen der §§34 bis 47 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr 194/1961, erfüllen, sowie deren nachgelagerte Unternehmen und Unternehmen, die Zuschüsse aus dem mit dem Bundesgesetz über die Errichtung eines Non‑Profit-Organisationen Unterstützungsfonds, BGBl I Nr 49/2020, eingerichteten Non‑Profit-Organisationen Unterstützungsfonds (NPO‑Unterstützungsfonds) beziehen;

 

3.2.6 Unternehmen, die zu Beginn des Betrachtungszeitraums mehr als 250 Mitarbeiter gemessen in Vollzeitäquivalenten beschäftigt haben und die im Betrachtungszeitraum mehr als 3 Prozent dieser Mitarbeiter gekündigt haben, statt Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen. Eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regelung kann nur auf Antrag gewährt werden. In dem Antrag muss das Unternehmen detailliert darlegen und begründen, warum durch die allgemeine Regelung der Fortbestand des Unternehmens beziehungsweise des Betriebsstandortes in hohem Maß gefährdet ist und es nachteilig für das Unternehmen wäre, die Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen. Über diesen Antrag entscheiden jeweils ein Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes im Konsens. Die Entscheidung ist der COFAG umgehend zu übermitteln;

 

3.2.7 Antragsteller, die nicht im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994), BGBl 1994/663, unternehmerisch tätig sind;

 

3.2.8 neu gegründete Unternehmen, die vor dem 1. November 2020 noch keine Umsätze erzielt haben. Wird vom antragstellenden Unternehmen ein schon vor dem 1. November 2020 existierender operativ tätiger (Teil‑)Betrieb oder Mitunternehmeranteil übernommen beziehungsweise fortgeführt, so kann nicht nur in Fällen der zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge ein Ausfallsbonus gewährt werden, sondern auch in Fällen der zivilrechtlichen Einzelrechtsnachfolge, wenn

(a) der (Teil‑)Betrieb oder Mitunternehmeranteil bereits vor der Veröffentlichung dieser Richtlinien im Bundesgesetzblatt mit zivilrechtlicher Wirksamkeit übernommen beziehungsweise fortgeführt wurde oder

(b) der Erwerb des (Teil‑)Betriebes oder Mitunternehmeranteiles oder die Umgründung aus einem der nachfolgenden Gründe stattfindet:

– der Übertragende ist gestorben und dadurch wird die Übertragung eines (Teil‑)Betriebes oder Mitunternehmeranteiles veranlasst oder

– es erfolgt eine unentgeltliche Übertragung und/oder eine Übertragung zwischen Angehörigen im Sinne des §25 BAO und der Übertragende ist wegen körperlicher oder geistiger Behinderung in einem Ausmaß erwerbsunfähig, dass er nicht in der Lage ist, den (Teil‑)Betrieb fortzuführen oder die mit seiner Stellung als Mitunternehmer verbundenen Aufgaben oder Verpflichtungen zu erfüllen oder

– es erfolgt eine unentgeltliche Übertragung und/oder eine Übertragung zwischen Angehörigen im Sinne des §25 BAO erfolgt und der (Teil‑)Betrieb oder Mitunternehmeranteil wird übertragen, weil der Übertragende das 60. Lebensjahr vollendet hat und seine Erwerbstätigkeit einstellt.

 

Ist der Erwerb eines (Teil‑)Betriebes oder Mitunternehmeranteils oder eine Umgründung nicht wirtschaftlich begründet und dient überwiegend dazu, die Voraussetzungen für die Gewährung eines Ausfallsbonus zu schaffen, so ist weder in Fällen der zivilrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge, noch in Fällen der zivilrechtlichen Einzelrechtsnachfolge diesem Unternehmen ein Ausfallsbonus zu gewähren.

 

4 Betrachtungszeitraum und Berechnung des Ausfallsbonus

 

4.1 Der Ausfallsbonus setzt sich aus einem Bonus und optional einem Vorschuss auf einen Fixkostenzuschuss 800.000 (Vorschuss FKZ 800.000) gemäß Punkt 5.3.2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines begrenzten Fixkostenzuschusses bis EUR 800.000 durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO über die Gewährung eines FKZ 800.000), BGBl II Nr 479/2020 in der jeweils geltenden Fassung, zusammen. Voraussetzung für die Gewährung eines Bonus und eines Vorschusses FKZ 800.000 ist das Vorliegen eines Umsatzausfalls im Sinne des Punkts 3.1.3 von mindestens 40 Prozent im Betrachtungszeitraum. Für die Gewährung eines Vorschusses FKZ 800.000 ist es des Weiteren notwendig, dass die Voraussetzungen des Punkts 5.3.2 der VO über die Gewährung eines FKZ 800.000 erfüllt sind und sich der Antragsteller verpflichtet, bis zum 31. Dezember 2021 einen Antrag auf Gewährung eines FKZ 800.000 zu stellen.

 

4.2 Betrachtungszeitraum für den Ausfallsbonus ist das Kalendermonat. Bei Vorliegen eines Umsatzausfalls im Sinne des Punkts 3.1.3 von mindestens 40 Prozent in einem Kalendermonat, kann für diesen Kalendermonat ein Ausfallsbonus beantragt werden. Der frühestmögliche Betrachtungszeitraum ist November 2020, der letztmögliche Betrachtungszeitraum ist Juni 2021."

6. Der Anhang zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II 225/2020, idF BGBl II 72/2021, lautet auszugsweise wie folgt (die jeweils in den Anträgen zu den Zahlen V180/2022, V202/2022, V207/2022 und V42‑44/2023 angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"1 Präambel

 

1.1 Innerstaatliche Rechtsgrundlage dieser Richtlinien ist §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz, BGBl I Nr 51/2014, zuletzt geändert durch das 18. COVID‑19 Gesetz, BGBl I Nr 44/2020. Demnach hat der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler per Verordnung Richtlinien zur Gewährung von finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, zu erlassen.

 

1.2 Die in diesen Richtlinien vorgesehenen finanziellen Maßnahmen in Form von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten entsprechen Beihilfen gemäß Art107 Abs2 litb AEUV. Demnach kann die Europäische Kommission Beihilfen für bestimmte Unternehmen oder Beihilferegelungen für Branchen, die aufgrund von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Ereignissen Verluste erlitten haben, als mit dem Binnenmarkt vereinbar ansehen.

 

1.3 Zuschüsse zur Deckung von Fixkosten nach diesen Richtlinien sind bis 31. August 2021 zu beantragen.

 

1.4 Der Gesamtrahmen für Zuschüsse zur Deckung von Fixkosten nach diesen Richtlinien beträgt EUR 8 Mrd.

 

2 COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH

 

2.1 Über Auftrag des Bundesministers für Finanzen wurde die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH ('COFAG') durch die Abbaumanagementgesellschaft des Bundes (ABBAG) geschaffen.

 

2.2 Der COFAG wurde über Auftrag des Bundesministers für Finanzen gemäß §2 Abs2a ABBAG‑Gesetz die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen übertragen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.

 

2.3 Die COFAG wurde vom Bundesminister für Finanzen beauftragt, Zuschüsse zur Deckung von Fixkosten für Unternehmen zu gewähren, die durch die Ausbreitung von COVID‑19 im Zeitraum 16. März 2020 bis 15. September 2020 Umsatzausfälle erleiden ('Fixkostenzuschüsse').

 

2.4 Die COFAG hat die Fixkostenzuschüsse nach diesen Richtlinien zu gewähren. Innerhalb dieser Richtlinien sind die Organe der COFAG bei den Entscheidungen über Fixkostenzuschüsse weisungsfrei.

 

3 Begünstigte Unternehmen

 

3.1 Fixkostenzuschüsse nach diesen Richtlinien dürfen nur zu Gunsten von Unternehmen gewährt werden, bei denen nachstehende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

 

3.1.1 das Unternehmen hat seinen Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich;

 

3.1.2 das Unternehmen übt eine operative Tätigkeit in Österreich aus, die zu Einkünften gemäß §§21, 22 oder 23 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl Nr 400/1988 (EStG 1988), führt;

 

3.1.3 das Unternehmen darf in den letzten drei veranlagten Jahren nicht vom Abzugsverbot des §12 Abs1 Z10 des Körperschaftsteuergesetzes 1988, BGBl Nr 401/1988 (KStG 1988), betroffen gewesen sein (keine aggressive Steuerplanung) und über das Unternehmen darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe (ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten) oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein;

 

3.1.4 das Unternehmen erleidet einen durch die Ausbreitung von COVID‑19 verursachten Umsatzausfall im Sinne des Punktes 4.2;

 

3.1.5 zum Zeitpunkt der Antragstellung darf kein Insolvenzverfahren anhängig sein. Dies gilt nicht für Unternehmen, für die ein Sanierungsverfahren gemäß der §§166 ff des Bundesgesetzes über das Insolvenzverfahren (Insolvenzordnung – IO), RGBl Nr 337/1914, eröffnet wurde;

 

3.1.6 das Unternehmen darf sich am 31. Dezember 2019 oder bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr am Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres, das vor dem 31. Dezember 2019 endet, nicht in Schwierigkeiten gemäß Art2 Z18 der Verordnung (EU) Nr 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 (Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung) befunden haben. Bei der Beurteilung, ob ein Unternehmen in Schwierigkeiten (UiS) vorliegt, sind Maßnahmen, die das Eigenkapital des Unternehmens stärken, wie beispielsweise Zuschüsse der Gesellschafter, und die bis zum Zeitpunkt des Antrags auf Gewährung des Fixkostenzuschusses erfolgt sind, noch zu berücksichtigen. Liegt ein UiS vor, bei dem es sich um ein Klein- oder Kleinstunternehmen gemäß der KMU‑Definition des Anhangs I zur AGVO handelt, so kann dem Unternehmen dennoch ein Fixkostenzuschuss gewährt werden, sofern es nicht Gegenstand eines Insolvenzverfahrens nach nationalem Recht ist. Liegt ein UiS vor, bei dem es sich um kein Klein- oder Kleinstunternehmen gemäß der KMU‑Definition des Anhangs I zur AGVO handelt, so kann dem UiS ein Fixkostenzuschuss nur in Entsprechung der jeweils anzuwendenden De‑minimis Verordnung gewährt werden. Dabei sind die jeweils geltenden Höchstbeträge unter Berücksichtigung der Kumulierungsregeln zu beachten. Der allgemeine Höchstbetrag beträgt entsprechend der Verordnung Nr 1407/2013 (De‑minimis VO) EUR 200.000, für Förderung der Straßengüterverkehrstätigkeit EUR 100.000. Im Anwendungsbereich der Verordnung Nr 1408/2013 (De‑minimis VO Landwirtschaft), abgeändert durch die VO Nr 316/2019 , beträgt der Höchstbetrag EUR 20.000; im Anwendungsbereich der Verordnung Nr 717/2014 (De‑minimis VO Fischerei) EUR 30.000;

 

3.1.7 das Unternehmen hat zumutbare Maßnahmen gesetzt, um die durch den Fixkostenzuschuss zu deckenden Fixkosten zu reduzieren (Schadensminderungspflicht mittels ex ante Betrachtung).

 

3.2 Ausgenommen von der Gewährung von Fixkostenzuschüssen sind:

 

3.2.1 beaufsichtigte Rechtsträger des Finanzsektors, welche im Inland, einem Mitgliedstaat (§2 Z5 Bankwesengesetz, BGBl Nr 532/1993 (BWG)) oder einem Drittland (§2 Z8 BWG) registriert oder zugelassen sind und hinsichtlich ihrer Tätigkeit prudentiellen Aufsichtsbestimmungen unterliegen; das sind für Österreich insbesondere Kreditinstitute gemäß BWG, Versicherungsunternehmen gemäß Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 (VAG 2016), BGBl I Nr 34/2015, Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018), BGBl I Nr 107/2017 sowie Pensionskassen gemäß Pensionskassengesetz (PKG), BGBl Nr 281/1990;

 

3.2.2 im alleinigen Eigentum (mittelbar oder unmittelbar) von Gebietskörperschaften und sonstigen Einrichtungen öffentlichen Rechts stehende Einrichtungen;

 

3.2.3 im mehrheitlichen Eigentum (mittelbar oder unmittelbar) von Gebietskörperschaften und sonstigen Einrichtungen öffentlichen Rechts stehende Einrichtungen, die einen Eigendeckungsgrad von weniger als 75% haben;

 

3.2.4 Unternehmen, die zum 31. Dezember 2019 mehr als 250 Mitarbeiter gemessen in Vollzeit-äquivalenten beschäftigt haben und die im Betrachtungszeitraum mehr als 3% der Mitarbeiter gekündigt haben, statt Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen. Eine Ausnahme von dieser allgemeinen Regelung kann nur auf Antrag gewährt werden. In dem Antrag muss das Unternehmen detailliert darlegen und begründen, warum durch die allgemeine Regelung der Fortbestand des Unternehmens bzw des Betriebsstandortes in hohem Maß gefährdet ist und es nachteilig für das Unternehmen wäre die Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen. Über diesen Antrag entscheiden jeweils ein Vertreter der Wirtschaftskammer Österreich und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes im Konsens. Die Entscheidung ist der COFAG umgehend zu übermitteln;

 

3.2.5 Non‑Profit-Organisationen, die die Voraussetzungen der §§34 bis 47 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr 194/1961, erfüllen, sowie deren nachgelagerte Unternehmen und Unternehmen, die Zahlungen aus dem Non‑Profit-Organisationen Unterstützungsfonds beziehen;

 

3.2.6 Neu gegründete Unternehmen, die vor dem 16. März 2020 noch keine Umsätze gemäß Punkt 4.2.1 (Waren- und/oder Leistungserlöse) erzielt haben.

 

4 Fixkostenzuschuss

 

4.1 Definition Fixkosten

 

4.1.1 Fixkosten im Sinne dieser Richtlinien sind ausschließlich Aufwendungen aus einer operativen inländischen Geschäftstätigkeit des Unternehmens, die im Zeitraum vom 16. März 2020 bis 15. September 2020 entstehen und unter einen oder mehrere der folgenden Punkte fallen:

(a) Geschäftsraummieten und Pacht, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Unternehmens stehen;

(b) betriebliche Versicherungsprämien;

(c) Zinsaufwendungen für Kredite und Darlehen, sofern diese nicht an verbundene Unternehmen im Sinne der lite als Kredite oder Darlehen weitergegeben wurden;

(d) der Finanzierungskostenanteil der Leasingraten;

(e) betriebliche Lizenzgebühren, sofern die empfangende Körperschaft nicht unmittelbar oder mittelbar konzernzugehörig ist oder unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss desselben Gesellschafters steht;

(f) Aufwendungen für Strom, Gas und Telekommunikation;

(g) Wertverlust bei verderblicher oder saisonaler Ware, sofern diese aufgrund der COVID‑19-Krise mindestens 50% des Wertes verliert. Saisonale Ware bezeichnet eine Ware, die im Zuge eines immer wiederkehrenden Zeitabschnitts eines Jahres besonders nachgefragt wird;

(h) ein angemessener Unternehmerlohn bei einkommensteuerpflichtigen Unternehmen (natürliche Personen als Einzel- oder Mitunternehmer); dieser ist auf Basis des letzten veranlagten Jahres zu ermitteln (monatlicher Unternehmerlohn = steuerlicher Gewinn des letztveranlagten Jahres / Monate mit unternehmerischer Tätigkeit). Als Unternehmerlohn dürfen jedenfalls EUR 666,66, höchstens aber EUR 2.666,67 pro Monat angesetzt werden. Vom Unternehmerlohn sind Nebeneinkünfte (Einkünfte gemäß §2 Abs3 Z4 bis 7 EStG 1988) des Betrachtungszeitraumes abzuziehen;

(i) Personalaufwendungen, die ausschließlich für die Bearbeitung von krisenbedingten Stornierungen und Umbuchungen anfallen;

(j) Unternehmen die einen Fixkostenzuschuss von unter EUR 12.000 beantragen, können angemessene Steuerberater‑, Wirtschaftsprüfer- oder Bilanzbuchhalterkosten in maximaler Höhe von EUR 500 berücksichtigen;

(k) Aufwendungen für sonstige vertragliche betriebsnotwendige Zahlungsverpflichtungen, die nicht das Personal betreffen.

 

4.1.2 Von den Fixkosten sind Versicherungsleistungen, die diese Fixkosten im Versicherungsfall abdecken, in Abzug zu bringen.

 

4.2 Definition Umsatzausfall

 

4.2.1 Für die Berechnung des Umsatzausfalls im Sinne dieser Richtlinien ist auf die für die Einkommen- oder Körperschaftsteuerveranlagung maßgebenden Waren- und/oder Leistungserlöse abzustellen. Dabei sind die maßgebenden Werte des 2. Quartals 2020 jenen des 2. Quartals 2019 gegenüberzustellen. Müssen solche Aufzeichnungen nicht geführt werden, sind andere geeignete Aufzeichnungen des Förderwerbers, welche jedoch nicht Vorschriften für verpflichtende Aufzeichnungen erfüllen müssen, oder sonstige Belege heranzuziehen.

 

4.2.2 Abweichend vom Quartalsvergleich nach Punkt 4.2.1 kann auch einer der folgenden Betrachtungszeiträume gewählt werden, wobei sich der Umsatzausfall in diesem Fall aus dem Vergleich zum jeweils entsprechenden Zeitraum des Vorjahres ergibt:

(a) Betrachtungszeitraum 1: 16. März 2020 bis 15. April 2020

(b) Betrachtungszeitraum 2: 16. April 2020 bis 15. Mai 2020

(c) Betrachtungszeitraum 3: 16. Mai 2020 bis 15. Juni 2020

(d) Betrachtungszeitraum 4: 16. Juni 2020 bis 15. Juli 2020

(e) Betrachtungszeitraum 5: 16. Juli 2020 bis 15. August 2020

(f) Betrachtungszeitraum 6: 16. August 2020 bis 15. September 2020

 

Anträge können für bis zu maximal drei Betrachtungszeiträume, die zeitlich zusammenhängen müssen, gestellt werden."

7. Der Anhang zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes für vom Lockdown direkt betroffene Unternehmen (3. VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II 567/2020, lautet auszugsweise wie folgt (die im Antrag zur Zahl V42‑44/2023 angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"1 Präambel

 

1.1 Innerstaatliche Rechtsgrundlage dieser Richtlinien ist §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz, BGBl I Nr 51/2014, zuletzt geändert durch das 18. COVID‑19 Gesetz, BGBl I Nr 44/2020. Demnach hat der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler per Verordnung Richtlinien zur Gewährung von finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind, zu erlassen.

 

1.2 Bei den in diesen Richtlinien vorgesehenen finanziellen Maßnahmen handelt es sich (mit Ausnahme der in Punkt 4.3 geregelten De‑minimis-Beihilfen) um Beihilfen im Sinne von Art107 Abs1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die gegenständlichen Richtlinien für die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes stützen sich auf die Entscheidung der Europäischen Kommission SA.56840 (2020/N) vom 8. April 2020, ergänzt durch die Entscheidung SA.58640 (2020/N) vom 18. September 2020, mit der die Europäische Kommission Direktzuschüsse und andere finanzielle Hilfsmaßnahmen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag gemäß der Mitteilung der Europäischen Kommission 'Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID‑19', ABl. C 911 vom 20. März 2020, S 1, (C(2020) 1863 final) (Befristeter Beihilferahmen) genehmigt hat. Die Republik Österreich behält sich vor, für die in diesen Richtlinien vorgesehenen Maßnahmen bei der Europäischen Kommission eine gesonderte Genehmigung gemäß Art107 Abs2 litb AEUV (Katastrophenbeihilfe) zu beantragen.

 

2 COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG)

 

2.1 Über Auftrag des Bundesministers für Finanzen wurde die COFAG durch die ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes (ABBAG) geschaffen.

 

2.2 Der COFAG wurde über Auftrag des Bundesministers für Finanzen gemäß §2 Abs2a ABBAG‑Gesetz die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen übertragen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.

 

2.3 Einen Lockdown-Umsatzersatz hat die COFAG an von der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der Maßnahmen gegen die Verbreitung von COVID‑19 getroffen werden (2. COVID‑19-Schutzmaßnahmenverordnung – 2. COVID‑19‑SchuMaV), BGBl II Nr 544/2020, direkt betroffene Unternehmen zu gewähren. An Land- und Forstwirte sowie Privatzimmervermieter wird kein Lockdown-Umsatzersatz gewährt, weil der Umsatzersatz für diese Betroffenen vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus abgewickelt wird.

 

2.4 Innerhalb dieser Richtlinien sind die Organe der COFAG bei den Entscheidungen über den Lockdown-Umsatzersatz weisungsfrei.

 

3 Begünstigte Unternehmen

 

3.1 Ein Lockdown-Umsatzersatz darf nur zu Gunsten von Unternehmen gewährt werden, bei denen im Betrachtungszeitraum gemäß Punkt 4.1 und zum Zeitpunkt der Antragstellung sämtliche nachstehenden Voraussetzungen erfüllt sind:

 

3.1.1 das Unternehmen hat seinen Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich;

 

3.1.2 das Unternehmen übt eine operative Tätigkeit in Österreich aus, die in Österreich zu einer Besteuerung der Einkünfte gemäß der §§22 oder 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl Nr 400/1988, führt oder gemäß §5 Z6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 (KStG 1988), BGBl Nr 401/1988, befreit ist;

 

3.1.3 das Unternehmen ist im Zeitraum der Gültigkeit der 2. COVID‑19‑SchuMaV direkt von den mit der 2. COVID‑19‑SchuMaV in §4 Abs3 (Seil- und Zahnradbahnen), §7 (Gastgewerbe), §8 (Beherbergungsbetriebe), §9 (Betretungsverbot für Sportstätten), §12, ausgenommen §12 Abs2 Z6 (Freizeit- und Kultureinrichtungen), §13 (Veranstaltungsverbot) und §14 (Sportveranstaltungen im Spitzensport) verordneten Einschränkungen betroffen und auch in einer direkt von den mit der 2. COVID‑19‑SchuMaV verordneten Einschränkungen betroffenen Branche tätig. Die Branchenabgrenzung ist im Sinne der ÖNACE‑2008‑Klassifikation vorzunehmen;

 

3.1.4 beim Unternehmen darf in den letzten drei veranlagten Jahren kein rechtskräftig festgestellter Missbrauch im Sinne des §22 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl 194/1961, vorliegen, der zu einer Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage von mindestens EUR 100.000 im jeweiligen Veranlagungszeitraum geführt hat;

 

3.1.5 das Unternehmen darf in den letzten fünf veranlagten Jahren nicht mit einem Betrag von insgesamt mehr als EUR 100.000 vom Abzugsverbot des §12 Abs1 Z10 KStG 1988 oder von den Bestimmungen des §10a KStG 1988 (Hinzurechnungsbesteuerung, Methodenwechsel) betroffen gewesen sein; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, wenn das Unternehmen bereits bei Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für das betreffende Jahr den Anwendungsfall des §12 Abs1 Z10 KStG 1988 oder des §10a KStG 1988 offengelegt und den von den Bestimmungen erfassten Betrag hinzugerechnet hat und dieser Betrag nicht EUR 500.000 übersteigt;

 

3.1.6 das Unternehmen darf nicht einen Sitz oder eine Niederlassung in einem Staat haben, der in der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke genannt ist und an dem Sitz oder der Niederlassung in diesem Staat im ersten nach dem 31. Dezember 2018 beginnenden Wirtschaftsjahr überwiegend Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 erzielen. Es gilt die Fassung der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke, die zum jeweiligen Abschlussstichtag des für die Beurteilung des Überwiegens der Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 heranzuziehenden Wirtschaftsjahres in Geltung steht;

 

3.1.7 über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.

 

3.2 Ausgenommen von der Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes sind Unternehmen, auf die einer der folgenden Punkte zutrifft:

 

3.2.1 Unternehmen, bei denen im Betrachtungszeitraum gemäß Punkt 4.1 oder zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Insolvenzverfahren anhängig ist; dies gilt nicht für Unternehmen, für die ein Sanierungsverfahren gemäß der §§166 ff des Bundesgesetzes über das Insolvenzverfahren (Insolvenzordnung – IO), RGBl Nr 337/1914, eröffnet wurde;

 

3.2.2 beaufsichtigte Rechtsträger des Finanzsektors, die im Inland, einem Mitgliedstaat (§2 Z5 Bankwesengesetz, BGBl Nr 532/1993 (BWG)) oder einem Drittland (§2 Z8 BWG) registriert oder zugelassen sind und hinsichtlich ihrer Tätigkeit prudentiellen Aufsichtsbestimmungen unterliegen; das sind für Österreich insbesondere Kreditinstitute gemäß BWG; Versicherungsunternehmen gemäß Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 (VAG 2016), BGBl I Nr 34/2015; Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018), BGBl I Nr 107/2017; Pensionskassen gemäß Pensionskassengesetz (PKG), BGBl Nr 281/1990;

 

3.2.3 Antragsteller, die nicht im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994), BGBl 1994/663, unternehmerisch tätig sind;

 

3.2.4 Unternehmen, die im Betrachtungszeitraum gemäß Punkt 4.1 gegenüber einem oder mehreren Mitarbeitern eine Kündigung aussprechen;

 

3.2.5 neu gegründete Unternehmen, die vor dem 1. Dezember 2020 noch keine Umsätze erzielt haben.

 

4 Betrachtungszeitraum und Berechnung des Lockdown-Umsatzersatzes

 

4.1 Der Betrachtungszeitraum für den Lockdown-Umsatzersatz ist der Zeitraum vom 7. Dezember 2020 bis zum 31. Dezember 2020. Abweichend davon ist der Betrachtungszeitraum für Seil- und Zahnradbahnen im Sinne des §4 Abs3 der 2. COVID‑19‑SchuMaV, für Tierparks und Zoos im Sinne des §12 Abs2 Z10 der 2. COVID‑19‑SchuMaV und für botanische Gärten der Zeitraum vom 7. Dezember 2020 bis zum 23. Dezember 2020. Der Lockdown-Umsatzersatz wird für den Umsatzausfall im Betrachtungszeitraum gewährt."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag zur Zahl V145/2022 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Urteil vom 28. November 2017 verhängte das Landesgericht Innsbruck über die antragstellende Partei eine (teilbedingte) Verbandsgeldbuße in Höhe von insgesamt € 100.000,– (davon € 20.000,– unbedingt) wegen Abgabenhinterziehung gemäß §33 Abs1 und Abs2 lita FinStrG. Der unbedingte Teil der Strafe betrug € 20.000,–. Mit Urteil vom selben Tag wurde der ehemalige Geschäftsführer der antragstellenden Partei auf Grund der Abgabenhinterziehung gemäß §33 Abs1 und Abs2 lita FinStrG zu einer Geldstrafe in Höhe von € 200.000,– (davon € 100.000,– unbedingt) verurteilt. Beide Urteile wurden nicht bekämpft und erwuchsen daher in Rechtskraft.

1.2. Mit Eingaben vom 4. und 6. Dezember 2020 brachte die antragstellende Partei einen Antrag auf Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes für den Monat November 2020 in näher bezeichneter Höhe ein.

1.3. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2020 lehnte die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) den Antrag der antragstellenden Partei auf Umsatzersatz unter Hinweis auf die Ausschlusskriterien der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II 503/2020, ab.

1.4. Mit Klage vom 7. Dezember 2021 vor dem Handelsgericht Wien forderte die antragstellende Partei die Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von € 25.000,– von der COFAG ein.

1.5. Mit Urteil vom 1. März 2022 wies das Handelsgericht Wien das Klagebegehren der antragstellenden Partei kostenpflichtig ab. Begründend führt das Handelsgericht Wien in seiner Entscheidung zusammengefasst aus, dass die antragstellende Partei gemäß Punkt 3.1.7 des Anhangs 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz von der Gewährung eines Umsatzersatzes für den Monat November 2020 ausgeschlossen sei. Die von der antragstellenden Partei behauptete Verfassungs- bzw Gesetzwidrigkeit dieser Verordnungsbestimmung liege nicht vor.

1.6. Gegen dieses Urteil erhob die antragstellende Partei Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels unter einem den vor dem Verfassungsgerichtshof zur Zahl V145/2022 protokollierten Verordnungsprüfungsantrag.

2. Dem Antrag zur Zahl V180/2022 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2.1. Mit Strafverfügung vom 31. Oktober 2019 verhängte das Finanzamt Landeck Reutte über die Geschäftsführerin der antragstellenden Partei eine Strafe in Höhe von € 1.200,– wegen des Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung gemäß §33 Abs2 litb FinStrG sowie eine Verbandsgeldbuße in der gleichen Höhe über die antragstellende Partei. Beide Strafverfügungen erwuchsen in Rechtskraft.

2.2. Mit Eingaben vom 2. November 2020 und 11. August 2021 beantragte die einschreitende Partei bei der COFAG die Gewährung eines Fixkostenzuschusses für den Betrachtungszeitraum April bis Juli 2020.

2.3. Mit Schreiben vom 3. November 2020 und 13. August 2021 lehnte die COFAG die Anträge der antragstellenden Partei auf Fixkostenzuschuss unter Hinweis auf den Ausschlussgrund in Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) ab.

2.4. Mit Klage vor dem Handelsgericht Wien forderte die antragstellende Partei die Zahlung eines Betrages in Höhe von € 92.300,82 samt Zinsen von der COFAG ein.

2.5. Mit Urteil vom 2. Juni 2022 wies das Handelsgericht Wien das Klagebegehren der antragstellenden Partei ab. Begründend führt das Handelsgericht Wien in seiner Entscheidung zusammengefasst aus, dass die antragstellende Partei gemäß Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO von der Gewährung eines Fixkostenzuschusses für den Betrachtungszeitraum April bis Juli 202[0] ausgeschlossen sei. Die von der antragstellenden Partei behauptete Gesetz- bzw Verfassungswidrigkeit dieser Verordnungsbestimmung liege nicht vor.

2.6. Gegen dieses Urteil erhob die antragstellende Partei Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vor dem Verfassungsgerichtshof zur Zahl V180/2022 protokollierten Verordnungsprüfungsantrag.

3. Dem Antrag zur Zahl V202/2022 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

3.1. Im Jahr 2018 wurde über den geschäftsführenden Gesellschafter der antragstellenden Partei eine Geldstrafe in Höhe von € 9.000,– wegen des Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung sowie über die antragstellende Partei eine Verbandsgeldbuße in Höhe von € 9.500,– rechtskräftig verhängt.

3.2. Die einschreitende Partei beantragte die Gewährung eines Fixkostenzuschusses für den Betrachtungszeitraum 16. April bis 15. Juni 2020. Die COFAG lehnte den Antrag unter Hinweis auf die Verurteilung der antragstellenden Partei unter Hinweis auf Punkt 3.1.3 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) ab.

3.3. Mit Klage forderte die antragstellende Partei die Zahlung von € 54.132,50 samt Zinsen von der COFAG ein.

3.4. Mit Urteil vom 24. Juni 2022 wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien das Klagebegehren der antragstellenden Partei ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die antragstellende Partei sei gemäß Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO von der Gewährung eines Fixkostenzuschusses ausgeschlossen. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hegte keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verordnungsbestimmung, zumal das verlangte Wohlverhalten auf fünf Jahre vor der Antragstellung begrenzt sei.

3.5. Gegen dieses Urteil erhob die antragstellende Partei Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden, zur Zahl V202/2022 protokollierten Verordnungsprüfungsantrag.

4. Dem Antrag zur Zahl V207/2022 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Mit Strafverfügung vom 5. August 2019 wurde über die antragstellende Partei eine Verbandsgeldbuße wegen des Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung durch den Geschäftsführer der antragstellenden Partei verhängt. Der in den Jahren 2014, 2015 und 2016 verkürzte Abgabenbetrag belief sich auf insgesamt € 1.774,37. Die Strafverfügung erwuchs in Rechtskraft.

4.2. Mit Eingabe vom 4. Februar 2021 beantragte die einschreitende Partei die Gewährung eines Fixkostenzuschusses in näher bezeichneter Höhe.

4.3. Mit Schreiben vom 28. Mai 2021 lehnte die COFAG den Antrag auf Gewährung eines Fixkostenzuschusses unter Hinweis auf den Ausschlussgrund in Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19‑Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) ab.

4.4. Mit Klage vom 17. Jänner 2022 forderte die antragstellende Partei die Zahlung eines Betrages von € 55.162,18 samt Zinsen von der COFAG ein.

4.5. Mit Urteil vom 7. Juli 2022 wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien das Klagebegehren der antragstellenden Partei ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Verordnungsbestimmung in Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO sei eindeutig und bestimmt. Dass der Bund lediglich solche Unternehmen fördern wolle, die sich in der Vergangenheit als mit den rechtlich geschützten Werten verbunden darstellten, sei sachlich gerechtfertigt.

4.6. Gegen dieses Urteil erhob die antragstellende Partei Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden, zur Zahl V207/2022 protokollierten Verordnungsprüfungsantrag.

5. Dem Antrag zu den Zahlen V212‑213/2022 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

5.1. Mit Straferkenntnis vom 31. August 2020 verhängte das Finanzamt Landeck Reutte gegen die antragstellende Partei eine Verbandsgeldbuße in Höhe von € 14.000,– wegen des Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung. Mit Urteil vom selben Tag wurde der Geschäftsführer der antragstellenden Partei auf Grund der Abgabenhinterziehung gemäß §33 Abs1 FinStrG zu einer Geldstrafe in Höhe von € 14.000,– verurteilt. Beide Straferkenntnisse erwuchsen in Rechtskraft.

5.2. Mit Eingaben vom 12. Dezember 2020 und 15. Jänner 2022 beantragte die antragstellende Partei die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes für die Monate November und Dezember 2022 in näher bezeichneter Höhe. Zudem beantrage die antragstellende Partei am 8. April 2021 die Gewährung eines Ausfallsbonus für die Monate Jänner bis April 2021 in näher bezeichneter Höhe.

5.3. Die Anträge auf Gewährung des Lockdown-Umsatzersatzes sowie des Ausfallsbonus lehnte die COFAG unter Hinweis auf die Ausschlusskriterien der Punkte 3.1.7 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz) und der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus I) ab.

5.4. Mit Klage vom 11. Mai 2022 forderte die antragstellende Partei die Zahlung eines Betrages von € 70.000,– samt Zinsen von der COFAG ein.

5.5. Mit Urteil vom 8. September 2022 wies das Landesgericht für Zivilrechtsachen Wien das Klagebegehren der antragstellenden Partei ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die antragstellende Partei sei gemäß der Punkte 3.1.7 der Anhänge zur VO Lockdown-Umsatzersatz sowie zur VO Ausfallsbonus I ausgeschlossen.

5.6. Gegen dieses Urteil erhob die antragstellende Partei Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden, zu den Zahlen V212‑213/2022 protokollierten Verordnungsprüfungsantrag.

6. Dem Antrag zu den Zahlen V42‑44/2023 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

6.1. Im März 2018 wurde über die antragstellende Partei eine Verbandsgeldbuße in Höhe von € 14.500,– wegen des Finanzvergehens der vorsätzlichen Abgabenhinterziehung verhängt. Das Straferkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

6.2. Die antragstellende Partei stellte im Jahr 2020 und 2021 mehrere Anträge auf Gewährung eines Fixkostenzuschusses, Lockdown-Umsatzersatzes sowie Ausfallsbonus für (näher bezeichnete) Betrachtungszeiträume von März 2020 bis Mai 2022.

6.3. Die COFAG lehnte sämtliche Anträge der antragstellenden Partei auf Fixkostenzuschuss, Lockdown-Umsatzersatz sowie Ausfallsbonus unter Hinweis auf die Ausschlusskriterien der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (3. VO Lockdown-Umsatzersatz), der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) sowie der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus I) ab.

6.4. Mit Eingabe vom 17. November 2022 beantragte die einschreitende Partei beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Klage zur Einforderung der Zahlung von € 270.426,01 gegenüber der COFAG.

6.5. Mit Beschluss vom 28. April 2023 wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen Mutwilligkeit gemäß §63 ZPO ab. Die beabsichtigte Klagsführung gegen die COFAG sei mutwillig, weil kein Rechtsanspruch der antragstellenden Partei auf die beantragten Förderungen bestehe. Gegen die antragstellende Partei sei eine (rechtskräftige) Verbandsgeldbuße in Höhe von € 14.500,– verhängt worden; die Förderungen seien der antragstellenden Partei daher aus einem sachlichen Grund verweigert worden.

6.6. Gegen diesen Beschluss erhob die antragstellende Partei Rekurs und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden, zu den Zahlen V42‑44/2023 protokollierten Verordnungsprüfungsantrag.

7. Die antragstellende Partei in dem vor dem Verfassungsgerichtshof zur Zahl V145/2022 protokollierten Verfahren legt ihre Bedenken wie folgt dar:

"IV. Darlegung der Bedenken

 

1. Zu den Auswirkungen der angefochtenen Regelung auf die antragstellende Gesellschaft

 

Die antragstellende Gesellschaft wird durch die angefochtene Regelung in Anlage 1, Punkt 3.1.7 VO Lockdown-Umsatzersatz in ihrer subjektiven Rechtssphäre, insbesondere in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Sachlichkeit und Gleichbehandlung bei der Gewährung des Lockdown-Umsatzersatzes für den Monat November 2020 gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020, verletzt.

 

Obwohl die Antragstellerin aufgrund staatlicher Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 getroffen worden sind, namentlich aufgrund der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der Maßnahmen gegen die Verbreitung von COVID‑19 getroffen werden (2. COVID‑19-Schutzmaßnahmenverordnung – 2. COVID‑19‑SchuMaV), BGBl II Nr 544/2020; der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung von COVID‑19 getroffen werden (3. COVID‑19-Schutzmaßnahmenverordnung – 3. COVID‑19‑SchuMaV), BGBl II Nr 566/2020, zuletzt geändert durch BGBl II Nr 598/2020; schließlich der Verordnung, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID‑19 getroffen werden (2. COVID‑19-Notmaßnahmenverordnung – 2. COVID‑19‑NotMV), BGBl II Nr 598/2020, derart massiv in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Erwerbsfreiheit und Eigentumsfreiheit einschließlich der Privatautonomie verletzt wird, dass ihr die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit im Rahmen ihrer Fitnessbetriebe mit behördlicher Anordnung der Betriebssperre ab November 2020 bis Mai 2021 nicht möglich war, und obwohl der Antragstellerin aufgrund der dadurch bewirkten Liquiditätsschwierigkeiten die Zahlungsunfähigkeit droht, erhält die Antragstellerin den von ihr beantragten Lockdown-Umsatzersatz für November 2020 nicht.

 

Aufgrund des Ausschlusses der antragstellenden Gesellschaft von der Gewährung des Lockdown-Umsatzersatzes für November 2020 wird diese nicht nur im Verhältnis zu allen anderen Unternehmen, die diese Leistungen über ihren Antrag hin ohne jede Einschränkung erhalten, gravierend benachteiligt; sie erleidet durch die Nichtgewährung der öffentlichen Mittel darüber hinaus einen erheblichen finanziellen Schaden, der in letzter Konsequenz ihre wirtschaftliche Existenzfähigkeit nicht nur erheblich bedroht, sondern zwischenzeitlich bereits gänzlich infrage stellt.

 

Die antragstellende Gesellschaft kann ihre beiden Betriebe, die aufgrund der behördlich verordneten Sperre über Monate hinweg still gestanden sind, ohne Gewährung der genau für diesen Fall auf der Grundlage der nach dem ABBAG‑Gesetz erlassenen Verordnungen bereit gestellten öffentlichen Mittel (Lockdown-Umsatzersatz) gerade mit Hinblick auf die aufgrund der Betriebsschließung, die dadurch in Gang gesetzte massive Vertragsstornierung ehemaliger Mitglieder, die Verpflichtung zur Rückzahlung bereits geleisteter Mitgliedsbeiträge an diese bis hin zur Kündigung langjähriger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die damit verbundenen arbeitsrechtlichen Folgen trotz der Öffnung nach dem Lockdown, nicht mehr betreiben.

 

Faktum ist, dass die Antragstellerin in den seit November 2020 vergangenen 7 Monaten aufgrund der kompletten Betriebsstilllegung während dieser Zeit einen großen Teil ihrer bisherigen Kunden verloren hat. Eine Fortführung der beiden Betriebsstätten auf der Basis der verbliebenen Mitglieder, welche teilweise bereits seit 35 Jahren mit dabei sind, ist wirtschaftlich gesehen unmöglich. Der Betrieb steht im Grunde genommen in absehbarer Zeit vor dem wirtschaftlichen 'Aus', dies obwohl der nunmehrige Alleingesellschafter und alleinvertretungsbefugte Geschäftsführer, […], im Wesentlichen nach wie vor auf sein Geschäftsführergehalt verzichtet, sodass er keine persönlichen Einnahmen hat, aus seinen eigenen Rücklagen den Betrieb bezuschusst und für diesen zudem noch einen Kredit aufgenommen hat, für den er persönlich haftet.

 

Die Verweigerung der Gewährung des gerichtlich geltend gemachten Lockdown-Umsatzersatzes allein mit der Begründung der Nichterfüllung der Förderungsvoraussetzungen aufgrund der rechtskräftigen Verhängung einer Finanzstrafe (Verbandstrafe) von mehr als EUR 10.000,00 innerhalb des fünfjährigen Beobachtungszeitraumes, welche ausschließlich aufgrund des Verhaltens des vorhergehenden alleinigen Gesellschaftergeschäftsführers verhängt worden ist, ist grob unsachlich und verstößt insofern gegen den Gleichheitssatz.

 

Der Ausschluss der seit 2017 zur Gänze im Besitz eines neuen Alleingesellschafters […] stehenden Antragstellerin (wobei es sich bei dem neuen Besitzer um den geschäftsführenden Alleingesellschafter handelt, sodass in keiner Hinsicht mehr irgendeine personelle Identität bzw Kontinuität zwischen der Gesellschaft und ihrem früheren Alleingesellschafter besteht) von den gemäß der angefochtenen Verordnung auf Antrag hin an sich auszuschüttenden öffentlichen Finanzmitteln verletzt diese aber nicht nur in dem ihr zukommenden Recht auf Beachtung des Gleichheitssatzes, im speziellen auf Beachtung des dem Gleichheitssatz innewohnenden Sachlichkeitsgebots. Er verletzt diese in weiterer Konsequenz auch in ihrem Eigentumsrecht und in ihrer Freiheit der Erwerbsausübung.

 

2. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken im Einzelnen

 

Die angefochtene Regelung schließt Unternehmen, über die in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung eine den Betrag von EUR 10.000,00 übersteigende Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund einer vorsätzlich begangenen Finanzstraftat rechtskräftig verhängt worden ist, kategorisch von jeder Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes aus.

 

Die Regelung verstößt damit aus den im Folgenden dargelegten Gründen gegen das Sachlichkeitsgebot des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes sowie gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und auf Unversehrtheit des Eigentums:

 

2.1. In der Präambel der angefochtenen Verordnung wird darauf hingewiesen, dass innerstaatliche Rechtsgrundlage dieser Richtlinie §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz ist. Danach hat der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler per Verordnung Richtlinien zur Gewährung von finanziellen Maßnahmen zu erlassen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung von COVID‑19 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.

 

Bei den in dieser Richtlinie vorgesehenen finanziellen Maßnahmen handelt es sich um Beihilfen im Sinne von Art107 Abs1 AEUV. Die Beihilfen werden den von den staatlichen COVID‑19 Maßnahmen betroffenen Unternehmen als Beitrag zur Deckung der Fixkosten gewährt, die aufgrund von Umsatzausfällen infolge des COVID‑19 Ausbruchs nicht aus den laufenden Einnahmen gedeckt werden können. Die Richtlinien für die Gewährung eines Lockdown Umsatzersatzes stützen sich auf die Entscheidung der Europäischen Kommission, mit der diese Direktzuschüsse und andere finanzielle Hilfsmaßnahmen bis zu einem bestimmten Höchstbetrag gemäß der Mitteilung der Europäischen Kommission Anfangszeiten befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID‑19 genehmigt hat.

 

Der Zweck der genannten Regelungen und der auf dieser Grundlage bereitgestellten konjunkturellen Fördermittel liegt darin, den durch die COVID‑19 Krise sowie die im Gefolge desselben erlassenen staatlichen Maßnahmen auf dem Wirtschaftsmarkt simultan hervorgerufenen Angebots- und Nachfrageschock abzumildern.

 

Insbesondere sind die Mittel daher für folgende Maßnahmen einzusetzen:

 

o Belebung des Arbeitsmarktes;

o Abfederung von Einnahmenausfällen infolge der Krise;

o Konjunkturbelebung;

o Liquiditätsstabilisierung von Unternehmen.

 

Mit den bereitgestellten Mitteln sollen einerseits die Fixkosten abgedeckt werden, die die von den Betriebsbeschränkungen betroffenen Unternehmen infolge von teilweise gänzlichen Einnahmeausfällen unter Umständen nicht mehr selbst tragen können. Andererseits sollen Umsatzausfälle kompensiert werden, um Unternehmen das wirtschaftliche 'Überleben' auch während der Zeit des vollständigen Lockdowns und damit des gänzlichen Umsatzentfalls zu ermöglichen.

 

Gerade in dem speziellen Bereich des Dienstleistungsgewerbes, wie es das Anbieten von Fitnesseinrichtungen und eines auf den einzelnen Kunden abgestimmten Fitnesstrainings (und damit das primäre Dienstleistungsangebot der Antragstellerin) darstellt, wurden durch die COVID‑19 Krise in besonderem Maße und Umfang negative Auswirkungen auf der Nachfrageseite dadurch hervorgerufen, dass aufgrund binnenwirtschaftlicher Prozesse ganze Berufszweige (wie dies im Grunde genommen bei allen Arten von Dienstleistungsbetrieben bis vor Kurzem noch geschehen ist) durch staatliche Sperren von der Nachfrage ausgeschlossen werden. Diese Ausfälle sind durch allfällige Nachholeffekte nach Wiedereröffnung der von den Sperren betroffenen Dienstleistungsbetriebe nicht mehr auszugleichen, da die durch Stornierungen, Kündigungen, Vertragsrücktritt und Ausbleiben jedweder Art von Konsumenten (= trainierenden Mitgliedern) vereitelte Umsätze in der Folgezeit schlichtweg nicht mehr nachgeholt werden können. Die aufgrund der Betriebssperre im Dienstleistungsgewerbe bewirkten Umsatzeinbußen sind insofern endgültig. Dies betrifft insbesondere auch die Antragstellerin als eine ausschließlich auf das Anbieten von Fitnesseinrichtungen, Fitnessberatung, Wellness und Rekreation spezialisierte Dienstleisterin.

 

2.2. Vor dem Hintergrund dieser makroökonomischen Entwicklungen haben die COVID‑19 Stützungsmaßnahmen den generellen wirtschaftlichen Zweck, die durch staatliche Betriebssperren und Verbote hervorgerufenen negativen Effekte auf die Liquidität der Unternehmen abzufedern, um solcher Art insgesamt auf die Stabilität des wirtschaftlichen Gesamtsystems einzuwirken. Es handelt sich hierbei keine individuelle, auf das spezifische Verhalten des Förderungsnehmers abgestimmte bzw auf ein bestimmtes, erst zu setzendes Verhalten abzielende Fördermaßnahme, sondern um eine generelle (ubiquitäre) Konjunkturmaßnahme, die im Sinne der Erhaltung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes unterschiedslos gegenüber allen von den Maßnahmen betroffenen (Dienstleistungs‑)Betrieben allein aufgrund der Betroffenheit (= Betriebsschließung bzw Betriebseinschränkung) zu leisten ist. Ein subventionsgerechtes Verhalten, wie es mit der Gewährung einer spezifischen Fördermaßnahme als Instrument der individuellen Wirtschaftssteuerung gemeinhin verbunden ist, stellt aber keine Bedingung für die finanzielle Berücksichtigung im Rahmen einer generellen Konjunkturmaßnahme dar. Wird der Erhalt einer generellen Konjunkturmaßnahme von der subjektiven Erfüllung einer Bedingung abhängig gemacht, stellt sich dies als unzulässiger Einsatz des zentralen Instrumentes der Subventionsverwaltung außerhalb des Vorliegens eines konkreten Subventionsverhältnisses und damit als massiver Rechtsformenmissbrauch dar.

 

Die Zielsetzung der COVID‑19 Stützungsmaßnahmen besteht darin, die durch komplette Stilllegung bestimmter Erwerbszweige nicht nur in den Bereichen Tourismus und Gastronomie, sondern auch im Bereich Dienstleistungsgewerbe herbeigeführten negativen Konjunkturausschläge und die in weiterer Folge einsetzende konjunkturelle Arbeitslosigkeit möglichst zu vermeiden. Die Republik versucht, durch den rechtzeitigen Einsatz der COVID‑19 Stützungsmaßnahmen die zur Gänze beseitigte wirtschaftliche Auslastung der betroffenen Betriebssparten infolge längerfristiger Beseitigung des dafür bestehenden Marktes abzufedern, um so die Gefahr eines Beschäftigungsrückganges und einer sich nach der Pandemie aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten, Insolvenzen und Betriebsschließungen weiter verschlechternder allgemeinen Marktsituation zu vermeiden.

 

Aufgrund der zwischenzeitlich (mit Unterbrechungen) seit über zwei Jahren anhaltenden Störung sowie der zuletzt über 7 aufeinander folgende Monate verordneten Betriebssperre bestimmter Dienstleistungsunternehmen geht es über die kurzfristige Erhaltung der Unternehmensliquidität hinaus darum, auf mittlere Sicht die Ertragslage der Unternehmen zu stabilisieren und allfällige negative Effekte auf dem Arbeitsmarkt zu vermeiden.

 

2.3. Die in der genannten Verordnung normierte Ausnahme von Unternehmen aus dem Kreis der begünstigten Unternehmen, die sich in der Vergangenheit 'steuerlich nicht wohl verhalten haben', was dann angenommen wird, wenn über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung eine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße in einer den Betrag von EUR 10.000,00 übersteigenden Höhe aufgrund von Vorsatz verhängt worden ist, ist mit den allgemeinen makropolitischen wirtschaftlichen Zielsetzungen des Gesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnung nicht in Einklang zu bringen.

 

Der generelle Ausschluss der genannten Unternehmen aus dem Kreis der an sich begünstigten Unternehmen, die als solche grundsätzlich Fördermittel (im gegenständlichen Fall: Lockdown-Umsatzersatz) zur Bewältigung der aus der COVID‑19 Krise resultierenden wirtschaftlichen Nachteile erhalten können, steht in keinem sinnvollen Zusammenhang mit dem ABBAG‑Gesetz und den danach verfolgten Zielsetzungen:

 

o Die seitens der Regierungsorgane verfügten Maßnahmen, die dazu führen, dass eine wirtschaftliche Betätigung in bestimmten Wirtschaftsbereichen, namentlich in bestimmten Dienstleistungsgewerben, insbesondere dem Beherbergungsgewerbe und der Gastronomie, seit Monaten ausgeschlossen ist, gelten für alle vom Ausschluss betroffene Unternehmen. Durch diese staatlichen Maßnahmen werden diese Betriebe jeder Erwerbsmöglichkeit im Zusammenhang mit ihren Betrieben beraubt. Die negativen Auswirkungen der Betriebssperre treffen die Antragstellerin ebenso wie jedes andere vom Betriebsausschluss betroffene Unternehmen.

 

o Die COVID‑19 Krise wurde weder durch das den Ausschluss von der Vergabe der Fördermittel bewirkende Verhalten des früheren geschäftsführenden Alleingesellschafters der Antragstellerin verursacht, noch hat der seinerzeitige Geschäftsführer der Antragstellerin bzw die Antragstellerin selbst als Unternehmen mit diesem Verhalten auch nur im Entferntesten in negativer Weise zu dieser Krise beigetragen. Die frühere finanzstrafrechtliche Verurteilung der Antragstellerin als Unternehmen steht schlichtweg in keinem wie auch immer gearteten inneren oder äußeren Zusammenhang mit der COVID‑19 Krise.

 

o Der Ausschluss der Antragstellerin von der Förderung stellt sich im Ergebnis als eine Folgewirkung der früheren rechtkräftigen Finanzstrafe dar, die allein auf ein Fehlverhalten ihres seinerzeitigen geschäftsführenden Alleingesellschafters zurückzuführen ist. Da juristische Personen zwar rechtsfähig, nicht aber handlungsfähig und damit auch nicht deliktsfähig sind, benötigen sie natürliche Personen, die sie durch Handeln im Rahmen ihrer Organfunktion berechtigen und verpflichten. Dabei ist grundsätzlich nur ein gesetzmäßiges Organhandeln gedeckt. Gesetzwidriges Organhandeln führt im Ergebnis zur Schadenersatzpflicht des betreffenden Organs.

 

Die Verbandsverantwortlichkeit der GmbH stellt einen gesetzlich geregelten Spezialfall der Haftung dar, der seine rechtspolitische Rechtfertigung in dem Gedanken hat, dass eine Aufsichtspflicht gegenüber den für die Gesellschaft handelnden Organen hat.

 

Dieser rechtspolitische Gedanke einer Haftung für Aufsichtsverschulden greift freilich dort nicht, wo (wie im gegenständlichen Fall) zwischen dem handelnden Organ und dem beaufsichtigenden Organ eine vollständige Personalidentität besteht. Im Falle einer Gesellschaft, bei der der Alleingesellschafter zugleich auch Geschäftsführer der Gesellschaft ist, ist der Zusammenhang zwischen dem für die Gesellschaft handelnden Organ und der Gesellschaft als Zurechnungssubjekt dieses Handelns derart eng, dass im Grunde genommen nur von einem persönlichen Fehlverhalten (und damit zugleich einer persönlichen Verantwortlichkeit) des Geschäftsführers, nicht aber von einer darüber hinausgehenden, eigenständigen Verbandsverantwortlichkeit gesprochen werden kann, da ein solcher 'Verband' bei einer Einpersonengesellschaft nicht besteht. Gesellschaft (Verband) und Geschäftsführer sind bei der Einmanngesellschaft sowohl rechtlich als auch tatsächlich eins.

 

Übernimmt nun eine andere Person die Einmanngesellschaft, so stellt sich die fortgesetzte Haftung für ein früheres Fehlverhalten des Alleingesellschafters der Einmanngesellschaft de facto als ein Einstehen-Müssen des Übernehmers für eine Verfehlung einer natürlichen Person und damit als eine Bestrafung des neuen Alleingesellschafters für das verpönte Verhalten eines Dritten dar, das der neue Alleingesellschafter weder beeinflussen, abwenden, ändern oder ungeschehen machen kann. Dieses Einstehen-Müssen für ein fremdes schuldhaftes Verhalten stellt sich im Ergebnis als eine unzulässige Haftungserweiterung in Form einer 'Sippenhaftung' dar.

 

o Schließlich ist es auch so, dass der Ausschluss der antragstellenden Gesellschaft von den Konjunkturfördermitteln im Rahmen des 'Lockdown-Umsatzersatzes' weder für den seinerzeitigen geschäftsführenden Alleingesellschafter noch für den nunmehrigen geschäftsführenden Alleingesellschafter weder zum Zeitpunkt der Tat noch zum Zeitpunkt der Betriebsübernahme bestanden hat. Der Ausschluss von den zum Zweck der Konjunkturstärkung zur Verfügung gestellten Mitteln war als solcher für die beiden genannten Personen weder zum Zeitpunkt der Verurteilung zur Verbandsgeldbuße noch zum Zeitpunkt der Übernahme der Gesellschaft in irgendeiner Art und Weise vorhersehbar oder gar als mögliche Konsequenz absehbar.

 

o Es handelt sich beim Lockdown-Umsatzersatz bereits dem Grunde nach gerade um keine klassische Förderungs- bzw Subventionsmaßnahme des Staates, die als solche an ein bestimmtes, als erwünscht angesehenes Verhalten des Förderungswerbers geknüpft wäre. Dies würde voraussetzen, dass der Förderungswerber durch ein entsprechendes künftiges subventionsgerechtes Verhalten einen Anspruch auf Erhalt der Fördermittel begründet. Ein solches subventionsgerechtes Verhalten wird im Zusammenhang mit der Gewährung des Lockdown-Umsatzersatzes nicht verlangt. Voraussetzung für den Erhalt des Lockdown-Umsatzersatzes ist allein die wirtschaftliche Betroffenheit von Unternehmen aufgrund von Umsatzeinbußen aus Anlass der COVID‑19 Krise. Der Lockdown-Umsatzersatz stellt kein 'Fördermittel' dar, sondern ist durch und durch eine Konjunkturmaßnahme und daher insofern auch keine 'Belohnung' für ein wirtschaftlich besonders gewünschtes Verhalten.

 

o Die angefochtene Verordnungsbestimmung in Punkt 3.1.7 der Anlage 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz schließt Unternehmen aufgrund eines in der Vergangenheit gesetzten finanzstrafrechtlich relevanten Verhaltens, das abgeschlossen ist und das diese daher auch nicht mehr ändern können, kategorisch vom Erhalt des Lockdown-Umsatzersatzes aus. Auf ein nachträgliches Wohlverhalten wird ebenso wenig abgestellt wie auf den Umstand, dass damit eine Bedingung für den Erhalt allgemeiner konjunkturbedingter Mittel statuiert wird, die die betroffenen Antragsteller – wie dies auch gegenständlich der Fall ist – von sich aus nicht mehr ändern oder beeinflussen können. Bei Einmanngesellschaften kommt hinzu, dass mit dem Wechsel des Gesellschaftergeschäftsführers sowohl organisatorisch als auch funktional eine gänzlich andere Gesellschaft entsteht, die außer der 'Hülle' der Gesellschaft nichts mehr mit der ursprünglichen Gesellschaft gemeinsam hat.

 

Vor dem Hintergrund der vorstehend vorgebrachten Argumente steht fest, dass der angefochtene Ausschlussgrund die mit der Gewährung des Lockdown-Umsatzersatzes angestrebten wirtschaftspolitischen Zielsetzungen nicht nur verfehlt, sondern diesen gar diametral zuwider läuft, womit er aber verfassungsrechtlich betrachtet jedenfalls unsachlich und damit verfassungswidrig ist.

 

Zudem ist zu beachten, dass seitens des Verfassungsgerichtshofes gerade die Möglichkeit des Erhaltes jener Förderungen, von denen die Antragstellerin aufgrund der angefochtenen Bestimmung der VO Lockdown-Umsatzersatz ausgeschlossen wird, entscheidend dafür war, dass der dieser mit Erkenntnis vom 14.07.2020, G202/2020, den Ausschluss von Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz für Betriebsbeschränkungen gemäß dem COVID‑19-Maßnahmegesetz für verfassungskonform erachtet hat. So hat der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich darauf hingewiesen, dass über dieses Maßnahmen- und Rettungspaket Hilfen für die 'betroffenen Unternehmen' gewährt würden, die die Beseitigung von Entschädigungsansprüchen nach dem EpiG rechtfertigen könnten. Dass die Antragstellerin nach dem EpiG jedenfalls eine Entschädigung erhalten hätte, die ihr nunmehr auf der Grundlage des 'Maßnahmen- und Rettungspaketes' verwehrt wird, macht die angefochtene Regelung gleichfalls unsachlich und damit verfassungswidrig.

 

2.4. Die angefochtene Bestimmung erweist sich darüber hinaus auch aufgrund der mit ihr geschaffenen unterschiedlichen Beurteilung vergleichbarer Sachverhalte als gleichheitswidrig.

 

So führen zwar vorsätzlich begangene Finanzdelikte zum Ausschluss des Lockdown-Umsatzersatzes, nicht aber Verurteilungen wegen grob fahrlässiger Tatbegehung, obwohl die Unterscheidung zwischen beiden Tatbegehungsvarianten im Unrechtsgehalt gering ist.

 

Ebenso werden vorsätzlich begangene Finanzordnungswidrigkeiten gegenüber den vorsätzlich begangenen Finanzdelikten ausdrücklich privilegiert, obwohl die subjektive Tatseite in beiden Fällen den gleichen Unrechtsgehalt aufweist. Dasselbe gilt mit Hinblick auf die vorsätzliche Begehung anderer, nicht im Finanzstrafgesetz geregelter Delikte, die als solche gleichfalls einen vergleichbaren Unrechtsgehalt aufweisen, wie etwa der gemäß §153b StGB strafbare Förderungsmissbrauch, das betrügerische Anmelden zur Sozialversicherung oder BUAK nach §153d StGB oder die organisierte Schwarzarbeit nach §153e StGB, jedoch nicht den Ausschluss von der Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatz nach sich ziehen.

 

Die angefochtene Regelung begünstigt darüber hinaus Wiederholungstäter, über die zwar in Summe ein EUR 10.000,00 übersteigender Strafbetrag verhängt worden ist, bei denen aber jede einzelne dieser Strafen unter dem Schwellenbetrag von EUR 10.000,00 geblieben ist, gegenüber dem Einmaltäter, der eine einzige Strafe über dem Strafbetrag von EUR 10.000,00 erhält.

 

2.5. Die angefochtene Bestimmung gemäß Anlage 1 Punkt 3.1.7 der VO Lockdown-Umsatzersatz erweist sich darüber hinaus auch aufgrund des Fehlens einer jeden Ausnahmemöglichkeit im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Ausschlussgrund als unsachlich und damit verfassungswidrig.

 

Während beispielsweise ein nach §13 Abs1 GewO 1994 von der Gewerbeausübung ausgeschlossener nach §26 Abs1 GewO 1994 die Nachsicht von diesem Ausschluss erwirken kann, 'wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu erwarten ist', sieht die VO Lockdown-Umsatzersatz keinerlei Nachsichtigkeit vor.

 

Das Fehlen solcher Nachsichtsmöglichkeit erweist sich insbesondere dort als unverhältnismäßig und damit als unsachlich in gleichheitsrechtlichen Sinne, wo, wie in gegenständlichem Fall, aufgrund des Fehlverhaltens eines früheren Alleingeschäftsführers eine Verbandsstrafe ausgesprochen worden ist, für die der nunmehrige Alleingeschäftsführer, der mit diesem früheren Verhalten weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht in irgend einer Verbindung steht, nachträglich einzustehen hat. Obwohl bereits aufgrund des Wechsels in der Geschäftsführung ausgeschlossen werden kann, dass 'die gleiche oder eine ähnliche Finanzstraftat begangen wird', wird der Rechtsnachfolger des früheren Geschäftsführers unter Generalverdacht gestellt und trotz eigener finanzstrafrechtlicher Unbescholtenheit mit den negativen Folgen der finanzstrafrechtlichen Verurteilung seines Vorgängers konfrontiert, ohne dass es hierfür zum Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung überhaupt eine gesetzliche oder sonstige allgemein verbindliche Grundlage gegeben hätte.

 

Der generelle Ausschluss von Unternehmen von Konjunkturmitteln allein aufgrund einer früheren finanzstrafrechtlichen Verurteilung trotz kompletter Änderung der Gesellschafterstruktur und der Geschäftsführung und damit der unternehmensbezogenen betriebswirtschaftlichen Leitung ist unsachlich und daher verfassungswidrig.

 

2.6. Der gegenständliche Ausschluss von der Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes verstößt darüber hinaus auch gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz.

 

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind solche Bestimmungen gleichheitswidrig, die nachträglich an früher verwirklichte Tatbestände Rechtsfolgen knüpfen, durch die die Rechtsposition des Steuerpflichtigen Mitwirkung für die Vergangenheit verschlechtert wird, indem an Handlungen belastende Rechtsfolgen geknüpft werden, die zu dem Zeitpunkt, zu dem die Handlung gesetzt wurde, nicht vorgesehen waren (VfSlg 15.060/1997; vgl Walzel von Wiesentreu, Vertrauensschutz und generelle Norm, ÖJZ 2000, 1 ff [5 ff] mwN).

 

Der gemäß Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020, vorgesehene Ausschlussgrund stellt nicht nur für die Antragstellerin, sondern auch für alle anderen davon betroffenen Unternehmen einen Eingriff von erheblichem Gewicht dar. Der Eingriff führt dazu, dass die aufgrund einer staatlich verfügten temporären Betriebsstilllegung entstandenen Umsatzverluste einschließlich der nach wie vor weiterlaufenden Fixkosten ausschließlich vom betroffenen Unternehmer zu tragen sind. Im Fall der Antragstellerin handelt es sich allein bei den Monaten November 2020 und Dezember 2020 um einen Umsatzverlust in der Höhe von jeweils rund EUR 240.000,00, in Summe sohin rund EUR 280.000,00. Der Eingriff trägt aufgrund seiner tatsächlichen Dauer für die betroffenen Unternehmen ruinösen Charakter.

 

Der nach Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020, vorgesehene Ausschlussgrund nimmt ausdrücklich auf Umstände Bezug, die sich in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung verwirklicht haben und verknüpft diese mit einem in die Zukunft wirkenden Ausschluss von der Gewährung von Konjunkturmaßnahmen. Die Rückwirkung der Regelung, die im konkreten Fall zudem den neuen Alleingesellschafter und alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer, der in keiner Weise in das Finanzvergehen seines Rechtsvorgängers involviert war, und damit einen gänzlich Unbescholtenen trifft, steht damit außer Zweifel.

 

Mit dem Ausschluss von Konjunkturmaßnahmen gemäß Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020, bei gleichzeitigem Entfall der Entschädigungsansprüche nach dem Epidemiegesetz hat sich die Rechtsposition der betroffenen Unternehmen gravierend verschlechtert, da diesen sämtliche finanziellen Ausgleichsmöglichkeiten für Umsatzverluste aufgrund pandemiebedingt der Betriebsbeschränkungen genommen worden sind. In diesem Zusammenhang ist nochmals ausdrücklich auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14.07.2020, G202/2020 hinzuweisen, wonach der Gesetzgeber die COVID‑19-Beschränkungen 'nicht als isolierte Maßnahme[n] erlassen hat, sondern [...] in ein umfangreiches Maßnahmen- und Rettungspaket Eingebettet hat, dass funktionell darauf abzielt, die wirtschaftlichen Auswirkungen [...] auf die davon betroffenen Unternehmen bzw allgemein die Folgen der COVID‑19-Pandemie abzufedern und damit eine im Wesentlichen vergleichbare Zielrichtung wie die Einräumung von Ansprüchen auf Vergütung des Verdienstentganges nach §32 Epidemiegesetz 1950 hat'. Vor diesem Hintergrund vermag der vorgesehene Ausschluss von Fördermitteln sachlich nicht zu bestehen. Insbesondere sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die es gebieten würden, Unternehmen derart rückwirkend von dem Bezug von Forderungen auszuschließen. Die Unsachlichkeit des Ausschlusses der Antragstellerin vom Umsatzersatzes erweist sich auch in dieser Hinsicht als besonders unsachlich.

 

2.7. Indem das in der Vergangenheit von behördlicher Seite her unbeanstandet gebliebene 'steuerliche Wohlverhalten' zwingende Voraussetzung sowohl für die inhaltliche Behandlung des Antrages als auch die Gewährung der beantragten Fördermittel ist, handelt es sich der Sache nach bei dem Ausschluss der genannten Unternehmungen einschließlich des Unternehmens der Antragstellerin um eine nachträgliche staatliche Sanktionierung derselben wegen eines Finanzvergehens, für das diese bereits rechtskräftig bestraft worden sind und welche ihre Strafen durch Entrichtung der über sie verhängten Geldstrafe auch längst verbüßt haben. Diese Unternehmen werden insofern noch Jahre nach bereits verbüßter Finanzstrafe gleichsam rückwirkend pönalisiert, ohne dass diese rückwirkende Pönalisierung zum Zeitpunkt der Verhängung der Finanzstrafe vorgesehen oder (aus finanzstrafrechtlicher Sicht überhaupt) gar für zulässig erachtet worden wäre. Dementsprechend war diese Pönalisierung für den Übernehmer/Erwerber des Unternehmens zum Zeitpunkt der Übernahme/des Erwerbes objektiv betrachtet nicht existent und vom subjektiven StandPunkt aus weder vorhersehbar noch absehbar. Die Pönalisierung steht zugleich damit in eklatantem Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Verbot der Erlassung rückwirkender strafgesetzlicher Bestimmungen. Im Strafrecht gilt von Verfassung wegen der Grundsatz 'nulla poena sine lege praevia'. Dieser Grundsatz bezieht sich auf sämtliche Formen staatlicher Strafgesetzgebung, daher auch das Finanzstrafrecht. Der Ausschluss von Fördermitteln ist eine direkte Folge der Begehung eines Finanzstrafdeliktes. Es wird das Fehlverhalten des Abgabenschuldners im konkreten Fall durch die Verweigerung an sich zustehender konjunktureller Finanzleistungen des Staates pönalisiert, was im Ergebnis einer Geldstrafe gleichkommt. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind für die Einordnung einer Maßnahme als 'Strafe' die Natur des Vergehens und die Art und Schwere der Strafe maßgeblich (VfSlg 19.916/2014). Hat die angedrohte Sanktion sowohl abschreckenden als auch repressiven Charakter, ist der Zusammenhang mit der Natur des Vergehens zu bejahen (EGMR 21.02.1984, Öztürk gg Deutschland, ApplNr 8544/79, Rz 53). Es handelt sich beim Ausschluss von den Konjunkturmaßnahmen nach der VO Lockdown-Umsatzersatz zunächst im eine repressive Maßnahme durch die juristische Personen unabhängig von ihrer gegenwärtigen Organstruktur und Organbesetzung für ein früheres Fehlverhalten ihrer vormaligen Organwalter im Wege des Ausschlusses von Konjunkturmitteln sanktioniert werden. Darüber hinaus wirkt der Ausschluss für andere Unternehmen abschreckend, sodass der Maßnahme auch präventiver Charakter zukommt. Damit liegt im Ergebnis eine Strafe für 'steuerliches Fehlverhalten' vor.

 

Die Bestrafung erfolgt dabei in gänzlich überschießender, unverhältnismäßiger Weise durch jedweden Ausschluss von staatlichen Hilfsleistungen für Umsatzeinbußen und sonstige Vermögensschäden, die diesen Unternehmen durch ein aktives staatliches Tun zugefügt werden, wobei die staatlich verursachten Umsatzeinbußen und sonstigen Vermögensschäden weit über dem Schaden liegen, der den Schwellenwert für den Ausschluss von den Konjunkturmitteln (das ist eine den Betrag von EUR 10.000,00 übersteigende Geldstrafe) bildet.

 

Obwohl die Schäden diesen Unternehmen aktiv, also durch gezieltes, bewusstes, massiv sanktionsbewehrtes, nichts desto trotz wirtschaftlich enorm schädigendes, staatliches Handeln zugefügt werden, indem ihnen von staatlicher Seite her für einen von vornherein nicht absehbaren Zeitraum jede betriebliche Wirtschaftstätigkeit und damit die Erzielung von Einkünften im Wege der Ausübung ihrer (sowohl verfassungsmäßig über das Grundrecht der Freiheit der Erwerbsausübung als auch einfachgesetzlich über die entsprechenden gewerberechtlichen Vorschriften in ihrer Ausübungsfreiheit garantierten!) gewerblichen Tätigkeit bei sonstiger Strafe untersagt wird, und obwohl diese Schäden – wie im Fall der Antragstellerin – deutlich höher sind als die seinerzeitige Finanzstrafe bzw der dahinter stehende Abgabenschaden, werden ein Lockdown-Umsatzersatz kategorisch ausgeschlossen. Damit sprechen aber auch Art und Schwere der Sanktion für das Vorliegen einer (unzulässigen weiteren) Strafe.

 

Objektiv betrachtet handelt es sich hierbei um die von staatlicher Seite her kausal bewirkte und auch bewusst in Kauf genommene wirtschaftliche Vernichtung einer Reihe von an sich gesunden wirtschaftlichen Betrieben, denen mit der Begründung, es sei von ihnen zu einem früheren Zeitpunkt eine Abgabenwidrigkeit begangen worden, aufgrund der monatelangen Betriebssperre bei gleichzeitigem Versagen jedweder konjunkturellen Unterstützungsmaßnahme die finanzielle Existenzmöglichkeit genommen wird. Damit werden im Grunde genommen ehemalige 'Steuersünder' unabhängig davon, ob ihre Steuerschuld zwischenzeitlich getilgt und/oder nachfolgend ein ununterbrochenes Wohlverhalten gesetzt worden ist, ganz gezielt wirtschaftlich schlechter gestellt als die übrigen Unternehmer, dies unabhängig von den Folgen für die Existenz dieser Unternehmen.

 

Daran ändert auch das fallweise geäußerte Argument nichts, dass die COVID‑19 Hilfsmaßnahmen durch Steuermittel und damit durch Beiträge der Allgemeinheit finanziert werden. Dadurch erweitert sich der rechtspolitische Spielraum des Verordnungsgebers bei der Zuordnung und Vergabe der finanziellen Leistungen weder dem Grunde noch der Höhe nach, da diese Leistungen unbestreitbar auch aus Steuermitteln der von der Pönalisierung betroffenen Unternehmen einschließlich dem Unternehmen der Klägerin stammen. Mit Hinblick auf die von diesen Unternehmen zweifellos erbrachten Steuerleistungen ist der Ausschluss derselben erst recht nicht rechtfertigbar!

 

Dass diese Unternehmen 'intentional den Fördertopf geschmälert' haben sollen, wie der ehemalige Bundesminister für Finanzen in seiner Äußerung zu VfGH V133‑134/2021‑2 (Seite 8) behauptet hat, ist bereits vor dem Hintergrund der Zweckneutralität jeder allgemeinen Steuerleistung eine unhaltbare Annahme, sodass sich diese Annahme bereits von selbst als rationales Argument disqualifiziert.

 

Die Argumentation des Bundesministers für Finanzen in der vorgenannten Äußerung (VfGH V133‑134/2021‑2, Seite 8) zeigt vielmehr eine in demokratischer-rechtsstaatlicher Hinsicht bedenkliche Tendenz auf, die als solche nicht gutgeheißen werden kann, nämlich dass ein bestimmtes 'Wohlverhalten' der Staatsbürger automatisch Belohnungen nach sich zieht, welche in keinem inneren Zusammenhang mit dem belohnten Wohlverhalten stehen, da die Belohnung nachträglich und in Unkenntnis des an sich von staatlicher Seite geforderten Wohlverhaltens steht, während derjenige, der sich im Nachhinein nicht wohl verhalten hat, bestraft wird. Zu welchen praktischen Ungleichbehandlungen dieses – der rechtsstaatlichen Ordnung gerade auch aus steuerlicher Sicht gänzlich fremde – 'Belohnungssystem' nicht nur führen kann sondern sogar zwangsläufig führen muss, braucht wohl nicht eigens erklärt werden. Eine objektive, an sachlichen Kriterien orientierte, volkswirtschaftlich sinnvolle Konjunkturpolitik ist auf dieser Basis schon dem Grunde nach nicht vorstellbar.

 

Angesichts dieser von oberster Stelle angezogenen (sachfremden) Argumente steht, je nach künftig in allgemein verbindliche (gesetzliche) Form gegossenem politischen Geist und politischen Willen, den vorab zu erahnen und zu erfüllen man übersehen hat, für die jeweils hiervon betroffenen Personenkreise wohl noch so manches Ungemach zu befürchten.

 

2.8. Eine solche 'Doppelbestrafung' ist nicht nur verfassungsrechtlich nicht gedeckt; sie findet darüber hinaus auch in den allgemeinen Zielsetzungen des ABBAG‑Gesetzes (das seit der Novelle BGBl I Nr 12/2020 die Grundlage für die Bildung eines COVID‑19-Fonds darstellt) keine Deckung.

 

Es handelt sich bei diesem Gesetz ausschließlich um ein spezifisches Kriseninstrumentarium: Alleinige Ziele des Gesetzes sind die Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und die Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 im Interesse der Gesamtwirtschaft.

 

Spezial- oder generalpräventive Gründe haben bei der Erlassung des Gesetzes überhaupt keine Rolle gespielt und spielen sie nach wie vor nicht. Was in diesem Zusammenhang daher die Bestrafung eines Unternehmens wegen Begehung eines vorsätzlichen Finanzvergehens innerhalb der letzten Jahre für eine Bedeutung haben soll, ist nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr für Unternehmen, die in Form einer juristischen Person betrieben werden,

 

Faktum ist, dass auch diese Unternehmen integraler Bestandteil des gesamtwirtschaftlichen Systems sind, das als solches unmittelbar von der COVID‑19 Krise betroffen und in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet ist.

 

Bei den Maßnahmen zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten handelt es sich insbesondere auch nicht um eine 'Wohlverhaltensprämie' von Unternehmen, über die (ob mangels konkreter Prüfung oder tatsächlicher Unbescholtenheit bleibt hier offen) in den vergangenen Jahren keine Finanzstrafe wegen Vorsatzes verhängt worden ist.

 

Der Zweck des Gesetzes besteht allein in der Abfederung der negativen wirtschaftlichen Effekte, die aufgrund von staatlichen Maßnahmen im Gefolge der Pandemie entstanden sind bzw nach wie vor entstehen. An diesem Zweck haben sich auch die auf der Grundlage des Gesetzes erlassenen Durchführungsverordnungen des Bundesministers für Finanzen zu orientieren. Eine Regelung im Verordnungswege, die praeter oder gar contra legem ist, ist dadurch nicht gedeckt. Genau um eine solche, gesetzlich nicht vorgesehene Regelung handelt es sich aber bei dem in den Anhängen zu den betreffenden Verordnungen normierten Ausschlussgrund der rechtskräftigen Bestrafung wegen eines Finanzvergehens mit einer EUR 10.000,00 übersteigenden Geldstrafe.

 

2.9. Der Ausschluss von den Fördermitteln kann als solcher aber auch nicht mit allfälligen generalpräventiven Zwecken, die der Verweigerung von spezifischen staatlichen Leistungen innewohnt, gerechtfertigt werden.

 

Der Ausbruch von COVID‑19 und seine Entwicklung zur weltweiten Pandemie stellt ein gänzlich unvorhersehbares und auch tatsächlich unvorhergesehenes Ereignis dar, das als solches einer jedweden Beeinflussung durch das Individuum entzogen war und ist. Die im Gefolge der Pandemie von staatlicher Seite her ergriffenen Maßnahmen sind hingegen eine direkte und unmittelbare in die verfassungsrechtlich geschützte Rechtssphäre des Einzelnen eingreifende Reaktion staatlicher Autorität auf die Pandemie, die der Einzelne zwingend gegen sich gelten lassen muss.

 

2.10. Für den individuellen Wirtschaftstreibenden stellt der betriebliche Lockdown ein von seiner persönlichen Gestion nicht unterliegendes Verbot wirtschaftlicher Betätigung dar, durch das dieser zur Gänze von seinen Einnahmequellen abgeschnitten wird. Dieser Lockdown wirkt sich unterschiedslos auf alle Wirtschaftstreibenden im Bereich des Beherbergungsgewerbes und der Gastronomie aus.

 

Es ist nicht einzusehen, dass Unternehmen, die mit Hinblick auf die Wirkungen des Lockdown dieselben tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen aufweisen, hinsichtlich der Maßnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen aufgrund eines Kriteriums, das in keinem Zusammenhang mit der Krise und den Maßnahmen ihrer Bewältigung steht, schlechter gestellt werden sollen als andere Unternehmen, die dieses Kriterium nicht aufweisen.

 

An dieser Stelle sei nochmals nachdrücklich darauf hingewiesen, dass die Umstände, die die Ausschüttung konjunktureller Fördermittel notwendig machen, bei allen betroffenen Unternehmen unterschiedslos erst durch bewusstes staatliches Handeln in Form des Verbotes der Ausübung jeder wirtschaftlichen Tätigkeit über einen längeren Zeitraum hinweg geschaffen werden: Es ist der Staat (die Republik), die diesen Unternehmen die Öffnung ihrer Betriebe und damit die Entfaltung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit im Verordnungswege untersagt. Zugleich damit ist es der Staat, der die wirtschaftliche Krise, in die diese Unternehmen ohne Erhalt von Fördermitteln unweigerlich geraten, erst schafft.

 

Unter diesen Voraussetzungen stellt die Verhängung einer rechtskräftigen Finanzstrafe in einer Höhe von mehr als EUR 10.000,00 während der vergangenen fünf Jahre vor Antragstellung bereits dem Grunde nach kein (verfassungs-)rechtlich zulässiges Kriterium dar, das als solches eine Differenzierung bei der Ausschüttung von konjunkturellen Fördermitteln zuließe. Abgesehen davon, dass die Verhängung einer solchen Finanzstrafe kein Gradmesser für die Redlichkeit oder Unredlichkeit eines Unternehmers darstellt (zumal es sich bei der Bestrafung um die Ahndung eines in der Vergangenheit gelegenen Ereignisses handelt, aus der keine Schlüsse für das künftige Verhalten gezogen werden können), widerspricht diese Regelung auch dem Grundsatz, dass eine Straftat nach Verbüßung derselben dem Einzelnen nicht vorgehalten werden darf. Um genau eine solche bereits dem Grunde nach verpönte Vorhaltung einer ehemaligen Finanzwidrigkeit handelt es sich aber bei der im Verordnungswege normierten Fortdauer der Pönalisierung durch Ausschluss der betreffenden Unternehmen aus dem Kreis der begünstigten Unternehmen.

 

Zugleich damit wird die angefochtene Verordnungsbestimmung aber den angeführten verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht.

 

3. Zur Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Bestimmung

 

Gemäß §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz haben die als Verordnung festzulegenden Richtlinien zur Gewährung von finanziellen Maßnahmen 'insbesondere' den Kreis der begünstigten Unternehmen festzulegen. §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz legt als Gegenstand der ABBAG unter anderem die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gemäß §3b Abs1 ABBAG‑Gesetz fest, 'die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind'.

 

Aufgrund dieser gesetzlichen Vorgabe steht fest, dass bei der Abgrenzung des Kreises der begünstigten Unternehmen lediglich auf den Umstand Bedacht genommen werden darf, dass allfällige Schwierigkeiten der erfassten Unternehmen mit der Erhaltung ihrer Zahlungsunfähigkeit oder Liquidität im Zusammenhang mit der aktuellen Corona-Krise stehen und dass die gewährte Konjunkturmaßnahme zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten von Unternehmen erforderlich ist. Das Unternehmen auch deshalb vom Kreis der begünstigten Unternehmen ausgeschlossen werden dürften, weil ihnen die 'Förderwürdigkeit' abgesprochen wird, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.

 

Genau solches nimmt der Verordnungsgeber allerdings vor, wenn er in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020, den Kreis der begünstigten Unternehmen dahingehend festlegt, dass fördererunwürdige Unternehmen von den Förderungen prinzipiell ausgeschlossen werden. In dieser Hinsicht mangelt es der angefochtenen Bestimmung daher auch an ihrer einfachgesetzlichen Deckung.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der Anfechtungsumfang so zu wählen, dass einerseits die aus Sicht des Anlassfalles bestehende Rechtswidrigkeit beseitigt werden kann und dass andererseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Beseitigung der Rechtswidrigkeit notwendig ist (VfSlg 13.772/1994; 14.691/1996). Darüber hinaus darf der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommen und müssen die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 13.464/1990; 14.740/1997).

 

Die Verletzung des Antragstellerin in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten wird nur durch gänzlichen Entfall der Wendung 'über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein darf; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.' in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020,

 

in eventu

 

durch den kompletten Entfall von Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020, ('3.1.7 über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein darf; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.')

 

beseitigt.

 

Im Übrigen kann die angefochtene Verordnung weiter bestehen bleiben."

 

8. Die antragstellenden Parteien in den vor dem Verfassungsgerichtshof zu den Zahlen V180/2022, V202/2022, V207/2022, V212-213/2022, V42-44/2023 protokollierten Verfahren erheben gegen die jeweils angefochtenen Verordnungsbestimmungen im Wesentlichen die im Antrag V145/2022 vorgebrachten Bedenken unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes, des Art7 EMRK sowie des Doppelbestrafungsverbotes gemäß Art4 7. ZPEMRK.

Die antragstellenden Parteien in den vor dem Verfassungsgerichtshof zu den Zahlen V180/2022 und V212-213/2022 protokollierten Verfahren behaupten zudem – wie auch die antragstellende Partei im Verfahren zur Zahl V145/2022 – einen Verstoß der angefochtenen Verordnungsbestimmungen gegen das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Ein Verstoß der angefochtenen Verordnungsbestimmungen gegen die Erwerbsfreiheit wird von den antragstellenden Parteien in den vor dem Verfassungsgerichtshof zu den Zahlen V145/2022, V180/2022 sowie V212-213/2022 behauptet.

9. Der Bundesminister für Finanzen erstattete im Verfahren zur Zahl V145/2022 eine Äußerung, in der er den im Antrag erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:

"III. In der Sache

 

1. Der Bundesminister für Finanzen verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetz- und Verfassungsmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Der Bundesminister für Finanzen beschränkt sich daher grundsätzlich im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

 

2. Darüber hinaus wird auf die Äußerungen des Bundesministeriums für Finanzen in den Rechtssachen G88/2021 ua hingewiesen und nochmals ausgeführt, dass dem Gesetz- bzw in diesem Fall dem Verordnungsgeber bei staatlichen Beihilfen ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt und die angefochtene Bestimmung diese Grenzen nicht überschreitet.

 

3. Gemäß Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020 sind Unternehmen unter gewissen Voraussetzungen von der Gewährung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie ausgeschlossen. Nach der gegenständlich angefochtenen Bestimmung ist ein Unternehmen unter anderem dann nicht förderwürdig, wenn in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion eine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden ist. Eine Ausnahme von dem Ausschluss ist an dieser Stelle für Finanzordnungswidrigkeiten und Strafen, die den Betrag von 10.000,00 Euro nicht übersteigen, vorgesehen.

 

Da infolge der COVID‑19-Pandemie zahlreiche Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, hat die Bundesregierung umfassende Hilfsmaßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft vorgesehen. Die in diesem Zusammenhang ausgegebenen Förderungen werden durch Beiträge der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler finanziert. Es handelt sich demnach um einen 'Solidaritätstopf', der sicherstellt, dass gemeinschaftliche Herausforderungen bestmöglich gemeistert werden. Im Sinn dieses Solidaritätsgedankens wurden speziell die angefochtenen Regelungen in den Richtlinien erlassen.

 

4. Im Parteiantrag auf Normenkontrolle auf S. 25 im vorletzten Absatz wird festgehalten, dass nach ständiger Rechtsprechung der Anfechtungsumfang so zu wählen sei, dass die aus Sicht des Anlassfalles bestehende Rechtswidrigkeit beseitigt werden kann ohne dabei mehr aus dem Rechtsbestand auszuscheiden, als zur Beseitigung der Rechtswidrigkeit notwendig ist (VfSlg 13.722/1994; 14.691/1996). Daher wäre, da die Antragstellerin die Problematik der Verbandsgeldbuße aufgreift, nicht die Streichung der gesamten Wortfolge notwendig um die – vermeinte – Gesetzwidrigkeit zu verhindern.

 

Die Antragstellerin bringt in ihrem Vorbringen weiters vor, dass die angefochtene Regelung die Förderung der Konjunktur zur Abmilderung des Angebots- und Nachfrageschocks verfolge, die durch die staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung hervorgerufen worden wären. Ein genereller Ausschluss aus dem Kreis der begünstigten Unternehmen stehe in keinem sinnvollen Zusammenhang mit dem ABBAG‑Gesetz und den darin genannten Zielsetzungen.

 

Richtig ist, dass die infolge der COVID‑19-Pandemie geplanten Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung zur Stärkung der Wirtschaft vorgesehen sind. Dieser, durch Beiträge der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gespeiste, 'Solidaritätstopf' soll der Gemeinschaft zugutekommen und die bestehenden Herausforderungen durch Förderungen abschwächen. Bei der Gewährung von staatlichen Beihilfen hat der Gesetzgeber einen generell weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht hat (vgl VfSlg 20.199/2017), was auch für die Fördermaßnahmen und deren Gestaltung der Gewährungsvoraussetzung gilt (vgl VfSlg 18.883/2009). Durch die Auswahl der Ausschließungsgründe aus dem Kreis der begünstigten Unternehmen, die zu einem Fehlen der Förderwürdigkeit führt, ist keine Regelung außerhalb des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungspielraumes erkennbar (vgl VfSlg 19.261/2010).

 

5. Gegen eine Aufhebung der genannten Wortfolge in eventu des gesamten Punktes 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes spricht darüber hinaus eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes betreffend das Wohlverhaltensgesetz.

 

In seiner Entscheidung vom 15. Dezember 2021 zu G233/2021 hat der Verfassungsgerichtshof einen auf Art140 Abs1 Z2 B‑VG gestützten Antrag auf Aufhebung unter anderem der §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs5, §2 Abs7, §3a, §3b, §6a Abs2, §6b und §6c ABBAG‑Gesetz, des Bundesgesetzes, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, abgewiesen. Im WohlverhaltensG wird die Gewährung von Förderungen für jene Unternehmen ausgeschlossen, die sich steuerlich nicht wohlverhalten haben. Die nach §3 WohlverhaltensG angeführten vier Tatbestände sehen in §3 Z4 leg. cit. ein steuerliches Wohlverhalten eines Unternehmens als dann nicht gegeben an, wenn in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion eine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden ist. Eine Ausnahme von dem Ausschluss ist an dieser Stelle für Finanzordnungswidrigkeiten und Strafen, die den Betrag von 10.000 Euro nicht übersteigen, vorgesehen. Da die angefochtene Bestimmung mit dem zuvor genannten Wortlaut des Wohlverhaltensgesetzes ident ist, ist von deren Verfassungskonformität auszugehen.

 

Zu den Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz und Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz

 

6. Im Hinblick auf den Gleichheitssatz bringt die Antragstellerin vor, dass die durch die angefochtene Bestimmung geschaffene unterschiedliche Beurteilung vergleichbarer Sachverhalte gleichheitswidrig sei, da unter anderem vorsätzlich begangene Finanzdelikte zum Verlust der Förderwürdigkeit führen würden, nicht aber Verurteilungen wegen grob fahrlässiger Tatbegehung, obwohl die Unterscheidung zwischen beiden Tatbegehungsvarianten im Unrechtsgehalt gering sei. Es würden auch vorsätzlich begangene Finanzordnungswidrigkeiten sowie andere nicht im Finanzstrafgesetz geregelte Delikte gegenüber vorsätzlich begangenen Finanzvergehen trotz desselben oder eines vergleichbaren Unrechtsgehalts privilegiert. Auch würden durch die angefochtene Regelung Wiederholungstäter, über die jeweils Strafen von unter 10.000 Euro verhängt wurden, begünstigt.

 

Das Fehlen einer – wie beispielsweise in §26 Abs1 GewO 1994 vorgesehenen – Nachsichtsmöglichkeit erweise sich überdies in Hinblick auf die im vorliegenden Fall aufgrund des Fehlverhaltens des früheren Alleingeschäftsführers verhängte Verbandsstrafe als unverhältnismäßig und damit als unsachlich im gleichheitsrechtlichen Sinne.

 

Dazu ist auszuführen, dass der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber insofern inhaltliche Schranken setzt, als er ihm verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen, allerdings innerhalb dieser Schranken erlaubt, seine politischen Zielvorstellungen auf die ihm geeignet erscheinende Art und Weise zu verfolgen (vgl VfSlg 17.807/2006 mwN). Unter Sachlichkeit einer Regelung ist nicht deren 'Zweckmäßigkeit' zu verstehen, denn es kann dem Gesetzgeber nur entgegengetreten werden, wenn die verfolgten Ziele keinesfalls als im öffentlichen Interesse liegend anzusehen sind (vgl VfSlg 17.315/2004 mwN).

 

Die Antragstellerin vermeint im gegenständlichen Ausschluss von der Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes darüber hinaus auch einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz zu erkennen.

 

Die behauptete nachträgliche Beeinträchtigung einer vom verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz umfassten Vertrauensposition kann aber bereits deshalb nicht vorliegen, weil es sich bei der in der angefochtenen Bestimmung vorgesehenen Förderung um keine rechtliche Anwartschaft (sogenanntes 'wohlerworbenes Recht') handelt. Einem allfälligen Anspruch auf Förderung gemäß der angefochtenen Bestimmung steht keine Beitragszahlung oder sonstige Leistung der Antragstellerin gegenüber. Auch ist im Vorbringen nicht ersichtlich, dass für die Antragstellerin vor Erlassung der angefochtenen Bestimmung eine Rechtslage bestand, bei der bestimmte Dispositionen – 'beträchtliche Investitionen' (vgl VfSlg 12.944/1991) oder sonstige nunmehr frustrierte Verhaltensweisen (vgl VfSlg 13.655/1993 betreffend die Bildung von Rücklagen oder VfSlg 15.739/2000 betreffend den vorbereitenden Anteilserwerb) – von Betreibern gewerblicher Unternehmungen durch den Gesetzgeber geradezu angeregt und gefördert worden wären, die sich durch das Inkrafttreten der angefochtenen Bestimmung nun als nachteilig erwiesen hätten. Zur Frage des Vertrauensschutzes sei auch auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 14.7.2020 zu G202/2020 ua, V408/2020 ua, betreffend des COVID‑19-MaßnahmeG verwiesen.

 

Zusammengefasst liegt daher nach Ansicht des Bundesministers für Finanzen keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes sowie kein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz vor.

 

Zu den Bedenken im Hinblick auf das Recht auf Freiheit der Erwerbstätigkeit und das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums

 

7. Die Bedenken hinsichtlich der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und auf Unversehrtheit des Eigentums werden im Parteiantrag nur schlagwortartig angeführt, ohne jedweder inhaltlichen Behandlung.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl etwa VfSlg 12.227/1989, 14.075/1995 mwN) kann der Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbedenklich Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstößt und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt; bei der Normierung von im öffentlichen Interesse liegenden Eigentumsbeschränkungen hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten – auch eine im öffentlichen Interesse gelegene Eigentumsbeschränkung muss somit in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eingriff in das Eigentum stehen: Es muss zum einen bei einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Regelung und dem Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffes das öffentliche Interesse überwiegen und es darf ferner der zur Verwirklichung einer im überwiegenden öffentlichen Interesse getroffenen Regelung vorgenommene Eigentumseingriff nicht weiter gehen, als dies zur Erreichung des Regelungszieles notwendig ist (VfSlg 17.071/2003, 17.817/2006 uva.).

 

Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt – unter anderem auch in VfSlg 20.199/2017 – zum Ausdruck gebracht, dass der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei staatlichen Beihilfen, selbst wenn sie hoheitlich gewährt werden (zur Familienbeihilfe vgl VfSlg 8605/1979 und 14.694/1996; zur Studienbeihilfe vgl VfSlg 6859/1972, 12.641/1991 und 19.105/2010), sowie bei der Beurteilung sozialer Bedarfslagen und der daran anknüpfenden, hoheitlich gewährten Maßnahmen (zum FamilienlastenausgleichsG 1967 vgl VfSlg 5972/1969 und 14.694/1996; zur Ausgleichszulage vgl VfSlg 18.885/2009) generell ein weiter ist (zum Studienabschluss-Stipendium, auf das kein Rechtsanspruch besteht vgl VfSlg 18.638/2008).

 

Die Bundesregierung hat die wirtschaftliche Notlage, die durch die Auswirkungen der COVID‑19-Pandemie hervorgerufen wurde, erkannt und entsprechende Hilfsmaßnahmen bereitgestellt. Diese COVID‑19 Hilfsmaßnahmen werden durch Steuermittel und damit durch Beiträge der Allgemeinheit finanziert. Die Vergabe erfolgt durch die COFAG auf privatwirtschaftlichem, nicht hoheitlichem Wege, sodass insbesondere nach §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz auch kein Rechtsanspruch auf die Gewährung dieser finanziellen Maßnahmen besteht. Der Umstand, dass es sich nicht um beitragsfinanzierte Versicherungsleistungen, sondern vielmehr um budgetfinanzierte Förderungen handelt, die überdies im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung vergeben werden, spricht zusätzlich für einen weiten Spielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der Fördervergabe (vgl zB VfSlg 18.883/2009). Dabei können auch innerhalb eines Fördersystems einzelne Tatbestände auf eine nicht systemgemäße Art geregelt werden, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen (vgl zu unterschiedlichen Regelungen innerhalb eines rechtlichen Ordnungssystems VfSlg 5862/1968).

 

Der Bundesminister für Finanzen (im Folgenden der Verordnungsgeber) hat in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II Nr 503/2020 idF BGBl II Nr 565/2020 Förderbedingungen aufgestellt, deren Erfüllung Voraussetzung für die Gewährung einer Förderung des Bundes ist. Es ist nicht erkennbar, dass sich der Verordnungsgeber damit nicht innerhalb des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes bewegt (vgl VfSlg 19.261/2010).

 

Nach der gegenständlich angefochtenen Bestimmung ist ein Unternehmen dann nicht förderwürdig, wenn in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung eine rechtskräftige Strafe oder Verbandsgeldbuße wegen einer vorsätzlichen Finanzstraftat verhängt wurde. Eine Förderung kann jedoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von 10.000 Euro nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt. Es sollen demnach nach der Intention des Verordnungsgebers nur jene Unternehmen vom allgemeinen, durch Steuermittel finanzierten Fördertopf profitieren, die sich in der Vergangenheit steuerehrlich verhalten und nicht durch ihre bewusst rechtswidrige Verhaltensweise den Steuertopf verkürzt haben. Der Verordnungsgeber möchte folglich gerade jene Unternehmen von den Bundesförderungen ausschließen, die intentional den Fördertopf, aus dem nunmehr die staatlichen Hilfen geleistet werden, geschmälert haben. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin erweist sich damit auch die Anknüpfung an die Tatbestände des Finanzstrafgesetzes als zweckmäßig.

 

Wie bereits im Entschließungsantrag zum Bundesgesetz, mit dem die Zahlung von Staatshilfen anlässlich der COVID‑19-Krise an Unternehmen mit Sitz in Steueroasen verboten wird, zum Ausdruck kommt, sollten diejenigen, die in der Vergangenheit bewusst steuervermeidend gehandelt haben und keinen solidarischen Beitrag geleistet haben, nicht nunmehr durch Beiträge aus der 'Gemeinschaftskasse' gerettet werden (siehe 103/UEA XXVII. GP). Ein funktionierendes Steuersystem, das wesentliche Einrichtungen des öffentlichen Lebens finanziert, stellt eine tragende Säule der Gemeinschaft dar. Folglich kommt auch der damit in Zusammenhang stehenden unabdingbaren Steuer-Compliance eine zentrale Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass der Verordnungsgeber an durchgehend steuerehrliches Verhalten anknüpft und nachträgliche Wiedergutmachungen folglich unberücksichtigt lässt. Letztlich würde die Bereitschaft der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, in den allgemeinen Steuertopf einzuzahlen, gefährdet, wenn steuerunehrliche Unternehmen, die in der Vergangenheit bewusst – nämlich vorsätzlich – keine oder geschmälerte steuerlichen Beiträge für die Allgemeinheit geleistet haben, ebenso aus den Solidaritätsabgaben Nutzen ziehen. Dadurch wird offenkundig, dass das öffentliche Interesse am Ausschluss steuerunehrlicher Unternehmen von steuerfinanzierten Förderungen die Einzelinteressen dieser Unternehmen überwiegt.

 

Außerdem hat der Verordnungsgeber die Bestimmung über das steuerliche Wohlverhalten in den Richtlinien in verhältnismäßiger Weise ausgestaltet. Neben einer zeitlichen Beschränkung auf die letzten fünf Jahre vor Antragstellung trifft der Verordnungsgeber eine weitere Einschränkung hinsichtlich minder schwerer Verstöße. So haben einerseits Finanzordnungswidrigkeiten und andererseits Strafen bis 10.000 Euro keine Auswirkung auf die Beurteilung des steuerlichen Wohlverhaltens. Es soll sichergestellt werden, dass aus dem allgemeinen Solidaritätstopf steuerehrlichen, unverschuldet in die Krise geratenen Unternehmen geholfen wird und jene, die dem öffentlichen Haushalt vorsätzlich Beiträge vorenthalten haben, davon ausgeschlossen sind.

 

Zusammengefasst liegt daher, auch wenn im Parteiantrag nur stichwortartig angeführt, nach Ansicht des Bundesministers für Finanzen keine Verletzung des Rechts auf Freiheit der Erwerbstätigkeit und keine Verletzung des Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums vor.

 

Zum Ausschluss von der Förderung als eine Folgewirkung der früheren rechtskräftigen Finanzstrafe, welche auf ein Fehlverhalten ihres seinerzeitigen geschäftsführenden Alleingesellschafters zurückzuführen ist

 

8. Dem Wortlaut der angefochtenen Bestimmungen folgend darf ein Lockdown-Umsatzersatz ua nur dann gewährt werden, wenn weder über den Antragsteller noch dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung eine rechtskräftige, 10.000 Euro übersteigende, Finanzstrafe verhängt wurde. Im Jahr 2017 wurde einerseits über die ****************** als Antragstellerin gemäß §33 Abs1 und Abs2a FinStrG eine rechtskräftige Verbandsgeldbuße verhängt und andererseits wurde der ehemalige Geschäftsführer aufgrund des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß §33 Abs1 und Abs2a FinStrG rechtskräftig zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt. Bereits die über die Antragstellerin verhängte Verbandsgeldbuße begründet dem Wortlaut der Verordnungen folgend ein Nichterfüllen der Voraussetzungen zur Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes.

 

Die Verantwortlichkeit des Verbandes für Straftaten seiner Entscheidungsträger bleibt aufrecht, auch wenn das Fehlverhalten nicht auf den nunmehrigen Geschäftsführer zurückzuführen ist, sondern auf rechtswidrige und schuldhafte Finanzstraftaten des ehemaligen Geschäftsführers zu Gunsten des Verbandes.

 

Zum Grundsatz ne bis in idem

 

9. Betreffend das Doppelbestrafungsverbot führt die Antragstellerin dahingehend Bedenken an, dass nach der angefochtenen Bestimmung bereits eine rechtskräftige Strafe vorliegen müsse, welche durch Entrichtung der verhängten Geldstrafe schon als verbüßt zu erachten sei. Indem das in der Vergangenheit von behördlicher Seite her unbeanstandet gebliebene 'steuerliche Wohlverhalten' zwingend als Voraussetzung herangezogen würde, handle es sich der Sache nach bei dem Ausschluss der genannten Unternehmungen einschließlich des Unternehmens der Antragstellerin um eine überschießende, unverhältnismäßige rückwirkende staatliche Sanktionierung eines bereits rechtskräftig bestraften Finanzvergehens, wobei die Strafe bereits verbüßt sei. Es handle sich '[o]bjektiv betrachtet [...] um die von staatlicher Seite her kausal bewirkte und auch bewusst in Kauf genommene wirtschaftliche Vernichtung einer Reihe von an sich gesunden wirtschaftlichen Betrieben [...]', wie auf Seite 22 des Parteiantrages ausgeführt wird.

 

Eine verfassungsrechtlich unzulässige Doppel- oder Mehrfachbestrafung iSd Art4 Abs1 7. ZPEMRK liegt nur dann vor, wenn eine Strafdrohung oder Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war und dabei der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft. Ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt daher in dieser Konstellation, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst. Strafverfolgungen bzw Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, deren Straftatbestände einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird. Eine gesetzliche Strafdrohung widerspricht dem Doppelbestrafungsverbot gemäß Art4 Abs1 7. ZPEMRK, wenn sie den wesentlichen Gesichtspunkt ('aspect') eines Straftatbestandes, der bereits Teil eines von den Strafgerichten zu ahndenden Straftatbestandes ist, neuerlich einer Beurteilung und Bestrafung durch die Verwaltungsbehörden unterwirft (vgl VfSlg 20.246/2017). Im vorliegenden Fall kann jedoch nicht von einem weiteren Strafverfahren gesprochen werden, da aufgrund der Erfüllung der Tatbestandsmerkmale die Förderwürdigkeit abgesprochen wird. Darin ist aber kein Strafverfahren mit einer Strafverfolgung oder gar einer Verurteilung zu sehen. Auch wird hierbei nicht dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet. Vielmehr greift der Gesetzgeber das ihm zustehende generell weite Recht hinsichtlich des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums bei der Gewährung von staatlichen Beihilfen auf. Eine Pönalisierung einer Tat mit Strafrechtscharakter ist darin nicht zu erkennen.

 

Zuletzt ist festzuhalten, dass das Handelsgericht Wien in seinem Urteil vom 2.3.2022 zu […] bereits erkannte, dass die Verweigerung einer Förderung von Unternehmen, die wegen Finanzstraftaten verurteilt wurden, weder gegen das Doppelbestrafungsverbot noch gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße.

 

Gleichwohl der durch diese Regelung vorliegende finanzielle Nachteil erkannt werde, bestünde darin laut entscheidendem Gericht kein zweites Strafverfahren. Die Förderung von Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Situationen auf jene Unternehmen zu limitieren, die sich in der Vergangenheit als mit den rechtlich geschützten Werten verbunden dargestellt hätten, stünde dem Bund frei und sei als sachliche Rechtfertigung anzusehen. Mit dem in der Verordnung genannten Ausschließungsgrund verstoße der Bund laut Handelsgericht nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.

 

Zusammengefasst ist demnach nach Ansicht des Bundesministers für Finanzen keine Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem durch die angefochtene Bestimmung zu erblicken.

 

Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtene Bestimmung nach Ansicht des Bundesministers für Finanzen nicht verfassungswidrig ist."

10. Der Bundesminister für Finanzen erstattete auch Äußerungen in den zu den Zahlen V180/2022, V202/2022, V207/2022 und V212/2022 protokollierten Verfahren. In der Sache tritt der Bundesminister für Finanzen den Bedenken der antragstellenden Parteien im Wesentlichen mit denselben Argumenten wie in der oben wiedergegebenen Äußerung im Verfahren zur Zahl V145/2022 entgegen.

IV. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat die zu den Zahlen V145/2022, V180/2022, V202/2022, V207/2022, V212‑213/2022 und V42‑44/2023 protokollierten Anträge gemäß §35 Abs1 VfGG iVm §187 und §404 ZPO zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art139 Abs1 Z4 B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach §57a VfGG kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, die Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben.

1.2. Die vorliegenden Anträge zu den Zahlen V145/2022, V180/2022, V202/2022, V207/2022, V212‑213/2022 wurden aus Anlass von Berufungen gegen Urteile des Handelsgerichtes Wien bzw des Landesgerichtes für Zivilrechtsachen Wien gestellt. Mit diesen Urteilen wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art139 Abs1 Z4 B‑VG).

1.3. Der Antrag zu den Zahlen V42‑44/2023 wurde aus Anlass eines Rekurses gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien gestellt, mit dem das Gericht den Antrag der einschreitenden Partei auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Klagsführung gegen die COFAG abwies. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien wies den Verfahrenshilfeantrag wegen offenbarer Mutwilligkeit der beabsichtigten Klagsführung gemäß §63 ZPO ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, es sei der Zweck der Verfahrenshilfe, mittellosen Parteien den Zugang zum Gericht zu eröffnen, nicht aber, den Verfahrenshilfewerber durch die (vorläufige) Übernahme der Kosten in eine Lage zu versetzen, allfällige Erfolgschancen nach der geltenden Rechtslage nicht bestehender Ansprüche erst in Erfahrung zu bringen. Im Hinblick auf den Ausschlussgrund in Punkt 3.1.7 des Anhanges zur VO Ausfallsbonus I, in Punkt 3.1.7 des Anhanges zur 3. VO Lockdown-Umsatzersatz sowie in Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO bestehe kein Anspruch der antragstellenden Partei auf die beantragten Förderungen. Die genannten Verordnungsbestimmungen seien sachlich gerechtfertigt und aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. In Anbetracht dessen sei die beabsichtigte Klagsführung offenbar mutwillig im Sinne des §63 Abs1 ZPO, weshalb der Verfahrenshilfeantrag abzuweisen sei.

Die Abweisung des Antrages der einschreitenden Partei auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen offenbarer Mutwilligkeit der beabsichtigten Klagsführung durch das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien begründet in der vorliegenden Konstellation eine in erster Instanz entschiedene Rechtssache im Sinne des Art139 Abs1 Z4 B‑VG.

1.4. Als jeweils klagende bzw antragstellende Partei des zivilgerichtlichen Verfahrens sind die antragstellenden Parteien des verfassungsgerichtlichen Verfahrens Parteien der Verfahren vor den ordentlichen Gerichten, womit sie zur Antragstellung gemäß Art139 Abs1 Z4 B‑VG berechtigt sind.

1.5. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels haben die antragstellenden Parteien dadurch Rechnung getragen, dass sie die vorliegenden Anträge und das jeweilige Rechtsmittel gegen die oben genannten Entscheidungen der Zivilgerichte am selben Tag erhoben und eingebracht haben (vgl VfSlg 20.074/2016).

Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass die erhobenen Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig sind.

1.6. Ein auf Art139 Abs1 Z4 B‑VG gestützter Antrag auf Aufhebung einer Verordnung (oder von bestimmten Stellen einer Verordnung) kann gemäß §57 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn die Verordnung vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Gesetzmäßigkeit der Verordnung eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art139 Abs1 Z4 B‑VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl VfSlg 20.010/2015, 20.029/2015).

Im Anlassverfahren zum Antrag V145/2022 hat das Handelsgericht Wien den angefochtenen Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II 503/2020, in seinem Urteil angewendet.

In den Anlassverfahren zu den Anträgen V180/2022, V202/2022 und V207/2022 hat das Handelsgericht Wien bzw das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien den angefochtenen Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (im Folgenden: Fixkostenzuschuss‑VO), BGBl II 225/2020, idF BGBl II 72/2021 in ihren jeweiligen Urteilen angewendet.

Im Anlassverfahren zum Antrag V212‑213/2022 hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien den angefochtenen Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz, BGBl II 503/2020, sowie den angefochtenen Punkt 3.1.7 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus I), BGBl II 74/2021, in seinem Urteil angewendet.

Im Anlassverfahren zum Antrag V42‑44/2023 hat das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien den angefochtenen Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO, BGBl II 225/2020, idF BGBl II 72/2021, Punkt 3.1.7 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (3. VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II 567/2020, sowie den Punkt 3.1.7 des Anhanges zur VO Ausfallsbonus I, BGBl II 74/2021, in seinem Beschluss angewendet.

Für den Verfassungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass die in den Anträgen V145/2022, V180/2022, V202/2022, V207/2022, V212‑213/2022, V42‑44/2023 angefochtenen Verordnungsbestimmungen in den gerichtlichen Anlassverfahren präjudiziell sind.

1.7. Ein Antrag nach Art139 Abs1 Z4 B‑VG hat stets das Begehren zu enthalten, die – nach Auffassung der antragstellenden Partei gesetzwidrige – Verordnung ihrem ganzen Inhalt nach oder in bestimmten Stellen aufzuheben. Um die strengen Formerfordernisse des ersten Satzes des §57 Abs1 VfGG zu erfüllen, müssen – wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat – die bekämpften Stellen der Verordnung genau und eindeutig bezeichnet werden. Es darf nicht offen bleiben, welche Vorschriften (welcher Teil einer Verordnungsbestimmung) nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich der Aufhebung verfallen sollen (vgl dazu VfSlg 15.775/2000, 16.340/2001, 18.175/2007). Es ist dem Verfassungsgerichtshof auch verwehrt, Verordnungsbestimmungen auf Grund bloßer Vermutungen darüber, in welcher Fassung ihre Aufhebung begehrt wird, zu prüfen und im Falle des Zutreffens der geltend gemachten Bedenken aufzuheben (zB VfSlg 11.802/1988, 15.962/2000 mwN).

1.7.1. Die antragstellenden Parteien in den vor dem Verfassungsgerichtshof zur Zahl V145/2022 und zu den Zahlen V212‑213/2022 protokollierten Verfahren fechten Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz, BGBl II 503/2020, in der Fassung BGBl II 565/2020 an. Obwohl für den jeweils maßgeblichen Zeitpunkt die angefochtene Regelung in der Stammfassung und nicht in der Fassung BGBl II 565/2020 galt (und überdies Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz durch die Novelle BGBl II 565/2020 nicht geändert wurde), schadet es nicht, dass die antragstellenden Parteien die als gesetzwidrig erachtete Regelung des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz jeweils in der Fassung BGBl II 565/2020 angefochten haben (dazu allgemein zB VfGH 16.6.2023, G85/2021 ua; 13.6.2022, V160/2021 ua). Für den Verfassungsgerichtshof ist unzweifelhaft erkennbar, dass die antragstellenden Parteien den Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz in der (Stamm‑)Fassung BGBl II 503/2020 anfechten wollten.

1.7.2. Die antragstellende Partei im Verfahren zur Zahl V180/2022 begehrt in ihrem Hauptantrag die Aufhebung des §1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (Fixkostenzuschuss‑VO), BGBl II 225/2020, zur Gänze. Die Bedenken der antragstellenden Partei richten sich jedoch ausschließlich gegen Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO. Der Hauptantrag im Verfahren zur Zahl V180/2022 erweist sich somit bereits mangels Darlegung von Bedenken gegen die angefochtene Bestimmung als unzulässig (vgl zB VfSlg 20.079/2016; VfGH 30.11.2021, G211/2021 ua).

1.7.3. Die antragstellenden Parteien in den vor dem Verfassungsgerichtshof zu den Zahlen V180/2022 und V207/2022 protokollierten Verfahren fechten (eine näher bezeichnete Wortfolge in) Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO in der (Stamm‑)Fassung BGBl II 225/2020 an. Mit BGBl II 72/2021 wurde der Anhang zur Fixkostenzuschuss‑VO für denselben Betrachtungszeitraum wie der (angefochtene) Anhang zur Fixkostenzuschuss‑VO, BGBl II 225/2020, kundgemacht. Im Hinblick auf das jeweilige Antragsvorbringen und die wörtliche Wiedergabe der angefochtenen Verordnungsbestimmung ist für den Verfassungsgerichtshof unzweifelhaft, dass die antragstellenden Parteien in den Verfahren V180/2022 (im ersten Eventualantrag) und V207/2022 (näher bezeichnete Wortfolgen in) Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO, BGBl II 225/2020, in der Fassung BGBl II 72/2021 anfechten wollten.

1.7.4. Die antragstellenden Parteien in den Verfahren V202/2022 und V42‑44/2023 fechten (den zweiten und dritten Halbsatz in) Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO, BGBl II 225/2020, in der Fassung BGBl II 111/2022 an. Da der Anhang zur Fixkostenzuschuss‑VO, BGBl II 225/2020, zuletzt mit BGBl II 72/2021 kundgemacht wurde (siehe bereits Punkt 1.7.3.) und mit den darauffolgenden Novellierungen BGBl II 249/2021 und BGBl II 111/2021 jeweils nur Kundmachungen von Ergänzungen bzw einzelne Änderungen anderer Punkte des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO waren, besteht auch hier für den Verfassungsgerichtshof kein Zweifel, dass die antragstellenden Parteien in den Verfahren zu den Zahlen V202/2022 und V42‑44/2023 (den zweiten und dritten Halbsatz in) Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO, BGBl II 225/2020, in der Fassung BGBl II 72/2021 anfechten wollten. Soweit sich die antragstellende Partei im Verfahren V42‑44/2023 darüber hinaus gegen Punkt 3.1.7 des Anhanges zur VO Ausfallsbonus I, BGBl II 74/2021, in der Fassung BGBl II 518/2021 wendet, gilt auch hier, dass der Punkt 3.1.7 des Anhanges zur VO Ausfallsbonus I, BGBl II 74/2021, in darauffolgenden Novellierungen nicht geändert wurde. Ungeachtet dieser Fehlbezeichnung ergibt sich für den Verfassungsgerichtshof aus dem Gesamtzusammenhang unzweifelhaft, dass die antragstellende Partei im Verfahren V42‑44/2023 die genannte Verordnungsbestimmung in der Fassung BGBl II 74/2021 anfechten will (vgl auch VfGH 29.6.2023, V143/2021).

1.8. Da auch sonst nichts hervorgekommen ist, was an der Zulässigkeit der jeweiligen (Haupt‑)Anträge bzw im Verfahren zu V180/2022 des ersten Eventualantrages zweifeln ließe, erweisen sich die Anträge zu den Zahlen V145/2022, V180/2022, V202/2022, V207/2022, V212‑213/2022, V42‑44/2023 als zulässig. Es erübrigt sich daher, auf allfällige (weitere) Eventualanträge einzugehen.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den im Antrag dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).

Die Anträge sind begründet.

2.1. Zunächst ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 2023, G265/2022, hinzuweisen, mit welchem der Verfassungsgerichtshof §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3b Abs2 und §6a ABBAG‑Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben hat.

Obwohl die vorliegenden Anträge auf Aufhebung näher bezeichneter Verordnungsbestimmungen bereits zum Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung in diesem (amtswegig eingeleiteten) Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig waren und auch die in den Anlassverfahren erhobenen Klagen bzw der Antrag auf Verfahrenshilfe vor Bekanntmachung des Prüfungsbeschlusses erhoben worden sind und dementsprechend als sogenannte Quasi-Anlassfälle anzusehen sind, hat die mit dem Erkenntnis vom 5. Oktober 2023 bewirkte Aufhebung von §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3b Abs2 und §6a ABBAG‑Gesetz keine Auswirkungen auf die vorliegenden Verordnungsprüfungsanträge.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis vom 5. Oktober 2023, G265/2022, keine Gesetzesbestimmung aufgehoben, welche eine materiell- oder verfahrensrechtliche Grundlage für die angefochtenen Verordnungsbestimmungen ist. Durch die Aufhebung von §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3b Abs2 und §6a ABBAG‑Gesetzes mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 2023, G265/2022, verliert die COFAG als beklagte Partei der gerichtlichen Anlassverfahren auch nicht ihre Rechtspersönlichkeit. Die klagenden Parteien in den gerichtlichen Ausgangsverfahren, welche die antragstellenden Parteien in diesen verfassungsgerichtlichen Verfahren sind, werden sohin durch die Aufhebung des §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3b Abs2 und §6a ABBAG‑Gesetz nicht gehindert, das jeweilige gerichtliche Verfahren gegen die beklagte Partei fortzusetzen.

2.2. Die antragstellenden Parteien machen geltend, dass die angefochtenen Verordnungsbestimmungen, die einen Ausschluss der antragstellenden Parteien vom Lockdown-Umsatzersatz, Fixkostenzuschuss und Ausfallsbonus vorsehen, aus mehreren Gründen verfassungswidrig seien und dementsprechend im Widerspruch zu §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz stünden.

2.2.1. Zweck der Regelungen des §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz, der (3.) VO Lockdown-Umsatzersatz, der VO Ausfallsbonus I sowie der Fixkostenzuschuss‑VO (wie auch der sonstigen Hilfsmaßnahmen) sei es, den durch die COVID‑19-Krise sowie im Gefolge derselben erlassenen staatlichen (beschränkenden) Maßnahmen und auf dem Wirtschaftsmarkt simultan hervorgerufenen Angebots- und Nachfrageschock zu mildern. Die in den angefochtenen Verordnungsbestimmungen normierte Ausnahme von Unternehmen aus dem Kreis der begünstigten Unternehmen, die sich in der Vergangenheit "steuerlich nicht wohl verhalten haben", sei mit den allgemeinen wirtschaftlichen Zielsetzungen des Gesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen nicht in Einklang zu bringen. So stehe die frühere finanzstrafrechtliche Verurteilung der antragstellenden Parteien als Unternehmen in keinem (inneren oder äußeren) Zusammenhang mit der COVID‑19-Krise. Der Ausschluss der antragstellenden Parteien vom Anspruch auf Lockdown-Umsatzersatz, Ausfallsbonus und Fixkostenzuschuss stelle sich im Ergebnis als eine Folgewirkung der früheren rechtskräftigen Finanzstrafe dar, die allein auf ein Fehlverhalten ihrer (seinerzeitigen) Geschäftsführer zurückzuführen sei.

Voraussetzung für den Erhalt des Lockdown-Umsatzersatzes, Ausfallsbonus und Fixkostenzuschusses sei einzig die wirtschaftliche Betroffenheit von Unternehmen auf Grund von Umsatzeinbußen aus Anlass der COVID‑19-Krise. Der Lockdown-Umsatzersatz, Ausfallsbonus und Fixkostenzuschuss stellten kein Fördermittel dar, sondern seien eine Konjunkturmaßnahme und daher insoweit auch keine "Belohnung" für wirtschaftlich besonders gewünschtes Verhalten.

Zudem sei zu beachten, dass seitens des Verfassungsgerichtshofes gerade die Möglichkeit des Erhalts jener Ausgleichszahlungen, von denen die antragstellenden Parteien auf Grund der angefochtenen Bestimmungen der (3.) VO Lockdown-Umsatzersatz, VO Ausfallsbonus I sowie der Fixkostenzuschuss‑VO ausgeschlossen werden, entscheidend dafür gewesen sei, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 den Ausschluss von Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz 1950 für Betriebsbeschränkungen gemäß dem COVID‑19-Maßnahmengesetz für verfassungskonform erachtet habe.

2.2.2. Die angefochtenen Verordnungsbestimmungen seien auch aus weiteren Gründen gleichheitswidrig. So führten zwar vorsätzlich begangene Finanzdelikte zum Ausschluss des Anspruches auf Lockdown-Umsatzersatz, Ausfallsbonus sowie Fixkostenzuschuss, nicht aber Verurteilungen wegen grob fahrlässiger Tatbegehung, obwohl die Unterscheidung zwischen beiden Tatbegehungsvarianten im Unrechtsgehalt gering sei. Ebenso würden vorsätzlich begangene Finanzordnungswidrigkeiten gegenüber vorsätzlich begangenen Finanzdelikten ausdrücklich privilegiert, obwohl die subjektive Tatseite in beiden Fällen den gleichen Unrechtsgehalt aufweise. Dasselbe gelte im Hinblick auf die vorsätzliche Begehung anderer, nicht im Finanzstrafgesetz geregelter Delikte, die als solche einen vergleichbaren Unrechtsgehalt aufwiesen, wie dies etwa bei §153b StGB der Fall sei. Die angefochtenen Regelungen begünstigten darüber hinaus Wiederholungstäter, über die zwar in Summe ein € 10.000,– übersteigender Strafbetrag verhängt wird, bei denen aber jede einzelne dieser Strafen unter dem Schwellenbetrag von € 10.000,– bleibe, gegenüber dem Einmaltäter, der eine einzige Strafe über dem Strafbetrag von € 10.000,– erhalte.

2.2.3. Die antragstellende Partei im Verfahren zur Zahl V145/2022 bringt zudem vor, die angefochtene Verordnungsbestimmung verstoße auch wegen Unverhältnismäßigkeit gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil eine Nachsichtsmöglichkeit (ähnlich dem §26 Abs1 GewO 1994) fehle.

2.2.4. Der in Rede stehende Ausschluss von der Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes, Ausfallsbonus sowie Fixkostenzuschusses verstoße auch gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz und stehe darüber hinaus infolge der mit dem Ausschluss verbundenen Pönalisierung in Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Verbot der Erlassung rückwirkender strafgesetzlicher Bestimmungen.

2.2.5. Letztlich sei der Ausschluss von der Gewährung des Lockdown-Umsatzersatzes, Ausfallsbonus sowie Fixkostenzuschusses auch eine unzulässige Doppelbestrafung.

2.3. Der Bundesminister für Finanzen tritt in seinen Äußerungen den Bedenken der antragstellenden Parteien zusammengefasst wie folgt entgegen:

2.3.1. Zunächst sei darauf hinzuweisen, dass dem Gesetz- bzw in diesem Fall dem Verordnungsgeber bei staatlichen Beihilfen ein weiter Gestaltungsspielraum zukomme und die angefochtenen Verordnungsbestimmungen diese Grenzen nicht überschritten.

2.3.2. Da infolge der COVID‑19-Pandemie zahlreiche Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten seien, habe die Bundesregierung umfassende Hilfsmaßnahmen zur Stärkung der Wirtschaft vorgesehen. Die in diesem Zusammenhang ausgegebenen Förderungen würden durch Beiträge der Steuerzahler finanziert. Es handle sich demnach um einen "Solidaritätstopf", der sicherstellen solle, dass gemeinschaftliche Herausforderungen bestmöglich gemeistert würden. Im Sinne dieses Solidaritätsgedankens seien speziell die angefochtenen Regelungen erlassen worden.

2.3.3. Bei der Gewährung von staatlichen Beihilfen habe der Gesetzgeber generell einen weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt zum Ausdruck gebracht habe (vgl VfSlg 20.199/2017), was auch für die Fördermaßnahmen und die Gestaltung der Gewährungsvoraussetzungen gelte (vgl VfSlg 18.883/2009). Durch die Auswahl der Ausschließungsgründe aus dem Kreis der begünstigten Unternehmen, die zu einem Fehlen der Förderwürdigkeit führten, sei keine Regelung außerhalb des dem Gesetz- bzw Verordnungsgeber zustehenden Gestaltungsspielraumes erkennbar (vgl VfSlg 19.261/2010).

2.3.4. Des Weiteren habe der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 20.518/2021 einen auf Art140 Abs1 Z2 B‑VG gestützten Antrag auf Aufhebung unter anderem des Bundesgesetzes, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, abgewiesen.

2.3.5. Die von den antragstellenden Parteien behauptete Verletzung des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes liege schon deshalb nicht vor, weil es sich bei den in der (3.) VO Lockdown-Umsatzersatz, Fixkostenzuschuss‑VO und VO Ausfallsbonus I vorgesehenen Förderungen um keine rechtliche Anwartschaft handle. Einem allfälligen Anspruch auf Förderung gemäß der genannten Verordnungen stehe keine Beitragszahlung oder sonstige Leistung der antragstellenden Parteien gegenüber. Es sei auch nicht ersichtlich, dass für die antragstellenden Parteien vor Erlassung der angefochtenen Bestimmung eine Rechtslage bestanden habe, bei der bestimmte Dispositionen oder sonstige nunmehr frustrierte Verhaltensweisen von Betreibern gewerblicher Unternehmungen durch den Gesetzgeber geradezu angeregt oder gefördert worden wären, die sich durch das Inkrafttreten der angefochtenen Bestimmung nun als nachteilig erwiesen hätten (vgl dazu auch VfSlg 20.397/2020).

2.3.6. Es liege auch keine Verletzung des Rechtes auf freie Erwerbstätigkeit gemäß Art6 StGG und des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK vor: Die COVID‑19-Hilfsmaßnahmen würden durch Steuermittel und damit durch Beiträge der Allgemeinheit finanziert. Der Umstand, dass es sich nicht um beitragsfinanzierte Versicherungsleistungen, sondern vielmehr um budgetfinanzierte Förderungen handle, die überdies im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung vergeben würden, spreche zusätzlich für den weiten Spielraum des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der Fördervergabe (vgl zB VfSlg 18.883/2009). Dabei könnten auch innerhalb eines Fördersystems einzelne Tatbestände auf eine nicht systemgemäße Art geregelt werden, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigten.

Der Verordnungsgeber habe folglich gerade jene Unternehmen von den Bundesförderungen ausschließen wollen, die intentional den Fördertopf, aus dem nunmehr die staatlichen Hilfen geleistet würden, geschmälert hätten. Entgegen der Ansicht der antragstellenden Parteien erweise sich damit auch die Anknüpfung an die Tatbestände des Finanzstrafgesetzes als zweckmäßig. Es sollten diejenigen, die in der Vergangenheit bewusst steuervermeidend gehandelt und keinen solidarischen Beitrag geleistet hätten, nicht nunmehr durch Beiträge aus der "Gemeinschaftskasse" gerettet werden. Ein funktionierendes Steuersystem, das wesentliche Einrichtungen des öffentlichen Lebens finanziere, stelle eine tragende Säule der Gemeinschaft dar. Folglich komme auch der damit in Zusammenhang stehenden unabdingbaren Steuer-Compliance eine zentrale Bedeutung zu.

2.3.7. Letztlich werde auch der Grundsatz des Doppelbestrafungsverbotes nicht verletzt, weil die angefochtenen Verordnungsbestimmungen gar keine Strafe darstellten.

2.4. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

2.4.1. Gemäß §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz, BGBl I 150/2014, idF BGBl I 228/2021 hat der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler unter Beachtung der geltenden Vorgaben des EU‑Beihilfenrechtes mit Verordnung Richtlinien zu erlassen, die insbesondere nachstehende Regelungen zu enthalten haben: Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen (Z1), Ausgestaltung und Verwendungszweck der finanziellen Maßnahmen (Z2), Höhe der finanziellen Maßnahmen (Z3), Laufzeit der finanziellen Maßnahmen (Z4), Auskunfts- und Einsichtsrechte des Bundes oder des Bevollmächtigten (Z5) und Rückforderungen (Z6).

Auf Grundlage dieser Bestimmung des ABBAG‑Gesetzes wurden die Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II 503/2020, die Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II 225/2020, idF BGBl II 72/202, die Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus I), BGBl II 74/2021, und die Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (3. VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II 567/2020, erlassen.

2.4.2. Zur VO Lockdown-Umsatzersatz im Einzelnen:

2.4.2.1. Gemäß §1 der VO Lockdown-Umsatzersatz hat die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) den Richtlinien gemäß Anhang zu entsprechen. Die VO Lockdown-Umsatzersatz trat gemäß ihrem §2 am 24. November 2020 in Kraft.

2.4.2.2. In Punkt 3 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz wird der Kreis der begünstigten Unternehmen, denen ein Lockdown-Umsatzersatz zu gewähren ist, festgelegt:

Demnach muss das Unternehmen unter anderem seinen Sitz oder seine Betriebsstätte in Österreich haben (Punkt 3.1.1) und eine operative Tätigkeit in Österreich ausüben, die in Österreich zu einer Besteuerung der Einkünfte gemäß §§22 oder 23 EStG 1988 führt oder gemäß §5 Z6 KStG 1988 befreit ist (Punkt 3.1.2).

Des Weiteren muss das Unternehmen gemäß Punkt 3.1.3 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz durch eine darin angeführte, verordnete Maßnahme betroffen sein.

Beim Unternehmen darf in den letzten drei veranlagten Jahren kein rechtskräftig festgestellter Missbrauch im Sinne des §22 BAO vorliegen, der zu einer Änderung der steuerlichen Bemessungsgrundlage von mindestens € 100.000,– im jeweiligen Veranlagungszeitraum geführt hat (Punkt 3.1.4).

Das Unternehmen darf in den letzten fünf veranlagten Jahren nicht mit einem Betrag von insgesamt mehr als € 100.000,– vom Abzugsverbot des §12 Abs1 Z10 KStG 1988 oder von den Bestimmungen des §10a KStG 1988 (Hinzurechnungsbesteuerung, Methodenwechsel) betroffen gewesen sein; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, wenn das Unternehmen bereits bei Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für das betreffende Jahr den Anwendungsfall des §12 Abs1 Z10 KStG 1988 oder des §10a KStG 1988 offengelegt und den von den Bestimmungen erfassten Betrag hinzugerechnet hat und dieser Betrag nicht € 500.000,– übersteigt (Punkt 3.1.5).

Das Unternehmen darf nicht einen Sitz oder eine Niederlassung in einem Staat haben, der in der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke genannt ist und an dem Sitz oder der Niederlassung in diesem Staat im ersten nach dem 31. Dezember 2018 beginnenden Wirtschaftsjahr überwiegend Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 erzielen. Es gilt die Fassung der EU‑Liste der nicht kooperativen Länder und Gebiete für Steuerzwecke, die zum jeweiligen Abschlussstichtag des für die Beurteilung des Überwiegens der Passiveinkünfte im Sinne des §10a Abs2 KStG 1988 heranzuziehenden Wirtschaftsjahres in Geltung steht (Punkt 3.1.6).

Gemäß dem von den antragstellenden Parteien in den Verfahren zu den Zahlen V145/2022 und V212‑213/2022 angefochtenen Punkt 3.1.7 darf über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße auf Grund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von € 10.000,– nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt.

Von der Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes sind ferner gemäß Punkt 3.2.5 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz Unternehmen ausgeschlossen, auf die einer der folgenden Punkte zutrifft: Unternehmen, bei denen im Betrachtungszeitraum gemäß Punkt 4.1 oder zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Insolvenzverfahren anhängig ist; dies gilt nicht für Unternehmen, für die ein Sanierungsverfahren gemäß §§166 ff. des Bundesgesetzes über das Insolvenzverfahren (Insolvenzordnung – IO), RGBl 337/1914, eröffnet wurde (Punkt 3.2.1); beaufsichtigte Rechtsträger des Finanzsektors, die im Inland, einem Mitgliedstaat (§2 Z5 Bankwesengesetz, BGBl 532/1993 [BWG]) oder einem Drittland (§2 Z8 BWG) registriert oder zugelassen sind und hinsichtlich ihrer Tätigkeit prudentiellen Aufsichtsbestimmungen unterliegen; das sind für Österreich insbesondere Kreditinstitute gemäß BWG; Versicherungsunternehmen gemäß Versicherungsaufsichtsgesetz 2016 (VAG 2016), BGBl I 34/2015; Wertpapierfirmen und Wertpapierdienstleistungsunternehmen gemäß Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 (WAG 2018), BGBl I 107/2017; Pensionskassen gemäß Pensionskassengesetz (PKG), BGBl 281/1990 (Punkt 3.2.2). Zudem ausgenommen sind Antragsteller, die nicht im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994 (UStG 1994), BGBl 1994/663, unternehmerisch tätig sind (Punkt 3.2.3); Unternehmen, die im Betrachtungszeitraum gemäß Punkt 4.1 gegenüber einem oder mehreren Mitarbeitern eine Kündigung aussprechen (Punkt 3.2.4), sowie neu gegründete Unternehmen, die vor dem 1. November 2020 noch keine Umsätze erzielt haben (Punkt 3.2.5).

Als Betrachtungszeitraum für die Berechnung des Lockdown-Umsatzersatzes wird gemäß Punkt 4.1 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz der Zeitraum benannt, in welchem der Antragsteller im Sinne des Punktes 3.1.3 direkt von der COVID‑19‑SchuMaV oder der COVID‑19‑NotMV betroffen war bzw ist; der Betrachtungszeitraum endet jedoch spätestens am 6. Dezember 2020. Der Lockdown-Umsatzersatz wird für den Umsatzausfall im Betrachtungszeitraum gewährt.

Gemäß Punkt 5 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz ist der Lockdown-Umsatzersatz im Sinne dieser Richtlinie im Zeitraum vom 6. November 2020 bis 15. Dezember 2020 zu beantragen. Unternehmer sind im Einklang mit diesen Richtlinien auch antragsberechtigt, wenn sie bereits vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der COVID‑19‑NotMV einen Antrag auf Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes gestellt haben.

2.4.3. Mit BGBl I 11/2021 erließ der Gesetzgeber das Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden: In §1 des genannten Gesetzes wird ausdrücklich vorgesehen, dass Unternehmen, die sich steuerlich nicht wohlverhalten haben, von der Gewährung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie ausgeschlossen sind; bereits erlangte Förderungen sind verzinst zurückzuzahlen (§1 Abs2 leg. cit.).

Gemäß §3 Z4 Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes auf Grund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, hat sich ein Unternehmen steuerlich wohlverhalten, wenn unter anderem "über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße auf Grund von Vorsatz verhängt worden ist; steuerliches Wohlverhalten liegt jedoch [vor], sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von € 10.000,‑‑ nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt".

2.5. Gemäß §9 Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes auf Grund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, trat das Gesetz am 1. Jänner 2021 in Kraft und ist (nur) auf Förderungen anzuwenden, deren Rechtsgrundlage erstmals nach dem 31. Dezember 2020 in Kraft getreten ist. Da die VO Lockdown-Umsatzersatz, BGBl II 503/2020, die Fixkostenzuschuss‑VO, BGBl II 225/2020, idF BGBl II 72/2021 und die 3. VO Lockdown-Umsatzersatz, BGBl II 567/2020, erstmals vor dem 31. Dezember 2020 in Kraft getreten sind, kommt die Regelung des §3 Z4 des genannten Gesetzes nicht als Grundlage für die angefochtenen Verordnungsbestimmungen in Betracht. Im Übrigen hält der Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang fest, dass er bei der Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnungsbestimmung die gesetzlichen Grundlagen von Amts wegen zu prüfen hat, wenn er Bedenken ob deren Verfassungsmäßigkeit hegt. Soweit §3 Z4 Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes auf Grund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, als gesetzliche Grundlage des Punktes 3.1.7 des Anhanges zur VO Ausfallsbonus I, BGBl 74/2021, in Betracht kommt, ist auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 2023, G172/2022 ua zu verweisen.

2.6. Vorweg ist festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 20.518/2021 auf Grund eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z2 B‑VG ausgesprochen hat, dass §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B‑VG verstößt.

2.7. Ferner ist festzuhalten, dass sich der Verfassungsgerichtshof – entgegen der Auffassung des Bundesministers für Finanzen in seiner Äußerung – im bereits genannten Erkenntnis VfSlg 20.518/2021 nicht mit der Frage beschäftigt hat, ob §3 Z4 Bundesgesetz, mit dem Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie an das steuerliche Wohlverhalten geknüpft werden, BGBl I 11/2021, in inhaltlicher Sicht verfassungskonform ist. Der Verfassungsgerichtshof führte dieses Gesetz lediglich im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage an, ob §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz dem Bestimmtheitsgebot gemäß Art18 B‑VG entspricht. Aus dem genannten Erkenntnis kann daher nichts für die inhaltliche Beurteilung der angefochtenen Verordnungsbestimmungen gewonnen werden.

2.8. Es ist daher im Folgenden zunächst zu prüfen, ob die – in den Verfahren zu den Zahlen V145/2022 und V212‑213/2022 – angefochtene Bestimmung in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz gegen §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz verstößt, unter anderem ob die angefochtene Regelung der gesetzlichen Grundlage einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt.

2.8.1. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes unterstellt die angefochtene Regelung dem §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz einen dem Gleichheitsgrundsatz widersprechenden Inhalt:

Zwar ist es dem Grunde nach nicht unsachlich, finanzielle Maßnahmen an das steuerliche Wohlverhalten zu knüpfen, die angefochtene Regelung in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz ist jedoch deshalb unsachlich, weil der Verordnungsgeber in der angefochtenen Regelung ausschließlich darauf abstellt, dass in den letzten fünf Jahren vor der Stellung des Antrages auf Gewährung des Lockdown-Umsatzersatzes eine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße auf Grund von Vorsatz über das antragstellende Unternehmen oder dessen geschäftsführende Organe (in Ausübung ihrer Organfunktion) verhängt worden ist.

Der Verordnungsgeber hat nicht normiert, in welchem Zeitraum die Abgabenhinterziehung stattgefunden haben muss. Dies bedeutet, dass auch Unternehmen von der Gewährung des Lockdown-Umsatzersatzes ausgeschlossen sind, die weit zurückliegend in der Vergangenheit eine Abgabenhinterziehung begangen haben. Dies gilt freilich nur unter der Voraussetzung, dass die Verjährung der Strafbarkeit nicht eingetreten ist. Gemäß §31 Abs4 litc FinStrG wird dabei in die Verjährungsfrist für die Strafbarkeit unter anderem die Zeit nicht eingerechnet, "während der wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, bei Gericht, bei einer Finanzstrafbehörde oder beim Bundesfinanzgericht geführt wird". Dabei ist von Bedeutung, dass es im Finanzstrafgesetz nur für Finanzvergehen, für deren Verfolgung die Finanzbehörde zuständig ist, eine absolute Verjährungsfrist für die Strafbarkeit gibt (vgl §31 Abs5 FinStrG); Vergleichbares gilt für Finanzstrafdelikte, zu deren Verfolgung die Strafgerichte zuständig sind, nicht.

Die angefochtene Regelung in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz hat sohin in Verbindung mit den einschlägigen Regelungen des Finanzstrafgesetzes (vgl insbesondere §31 Abs4 und 5 FinStrG) zur Folge, dass es keine zeitliche Grenze für den Ausschluss von der Gewährung des Lockdown-Umsatzersatzes wegen weit in der Vergangenheit liegender vorsätzlicher Abgabenhinterziehungen geben kann. Die einzige zeitliche Festlegung für den Ausschluss ist, dass die rechtskräftige Verhängung der Finanzstrafe oder einer entsprechenden Verbandsgeldbuße in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung erfolgt sein muss. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Zusammenhang zwischen der (Nicht‑)Gewährung der Ausgleichszahlungen nach der VO Lockdown-Umsatzersatz und dem steuerlichen Fehlverhalten sich immer stärker verdünnt und daher keine entscheidende Rolle mehr spielen kann, je länger die vorsätzlich begangene Finanzstraftat zurückliegt.

2.8.2. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes findet somit die angefochtene Regelung in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz keine Deckung in §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz, weil dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, bei der Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen eine unsachliche Festlegung vorgesehen zu haben.

2.8.3. Die vorstehenden Überlegungen können sinngemäß auf den angefochtenen Punkt 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO, Punkt 3.1.7 des Anhanges zur VO Ausfallsbonus I und Punkt 3.1.7 des Anhanges zur 3. VO Lockdown-Umsatzersatz übertragen werden. Die Punkte 3.1.3 des Anhanges zur Fixkostenzuschuss‑VO, 3.1.7 des Anhanges zur VO Ausfallsbonus I und 3.1.7 des Anhanges zur 3. VO Lockdown-Umsatzersatz enthalten eine dem Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur VO Lockdown-Umsatzersatz im Wesentlichen entsprechende Regelung und sind daher aus denselben dargelegten Gründen gesetzwidrig.

2.8.4. Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses kann eine nähere Auseinandersetzung mit den von den antragstellenden Parteien vorgebrachten Bedenken im Hinblick auf das Doppelbestrafungsverbot nach Art4 7. ZPEMRK, das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums, die Erwerbsfreiheit und den durch den Gleichheitsgrundsatz gewährleisteten Vertrauensschutz unterbleiben.

V. Ergebnis

1. Die Wortfolge "über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag von EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt" in Punkt 3.1.7 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II 503/2020, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Wortfolge "und über das Unternehmen darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe (ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten) oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein" in Punkt 3.1.3 des Anhanges 1 zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II 225/2020, idF BGBl 72/2021 wird als gesetzwidrig aufgehoben.

3. Die Wortfolge "über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Ausfallsbonus darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt." in Punkt 3.1.7 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Ausfallsbonus an Unternehmen mit einem hohen Umsatzausfall (VO Ausfallsbonus), BGBl II 74/2021, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

4. Die Wortfolge "über den Antragsteller oder dessen geschäftsführende Organe in Ausübung ihrer Organfunktion darf in den letzten fünf Jahren vor der Antragstellung keine rechtskräftige Finanzstrafe oder entsprechende Verbandsgeldbuße aufgrund von Vorsatz verhängt worden sein; ein Lockdown-Umsatzersatz darf jedoch dennoch gewährt werden, sofern es sich um eine Finanzordnungswidrigkeit oder eine den Betrag EUR 10.000 nicht übersteigende Finanzstrafe oder Verbandsgeldbuße handelt." in Punkt 3.1.7 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (3. VO Lockdown-Umsatzersatz), BGBl II 567/2020, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

5. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Bestimmungen beruht auf Art139 Abs5 letzter Satz B‑VG.

6. Die Verpflichtung des Bundesministers für Finanzen zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebungen erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z4 BGBlG.

7. Kosten sind nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines Antrages gemäß Art139 Abs1 Z4 B‑VG Sache des zuständigen ordentlichen Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (vgl zB VfSlg 20.102/2016, 20.112/2016).

8. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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