Sind die im Rahmen einer Betriebsprüfung bei einem Gesamtschuldner getätigten Ermittlungsschritte auch gegenüber dem anderen Gesamtschuldner verjährungsverlängernd.
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/16/0041 eingebracht. Mit Erk. vom 7.9.2006 betreffend den Vertragspartner S-LV-AG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben (Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.) und betreffend den Vertragspartner P-B-VGmbH als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, Adr., vertreten durch StB, vom 17. Juli 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom 16. Juni 2005 betreffend Börsenumsatzsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird wie folgt abgeändert:
"Betrifft: Abtretung der der Bw gehörigen 30 % der Gesellschaftsanteile an der B-P-MGmbH (Stammeinlage S 1,650.000,00 - davon einbezahlt S 975.000,00) an die Firmen: a) S 825.000,00 an P-B-VGmbH b) S 825.000,00 an BS-AG (nunmehr "S-LV-AG") durch Vertragspunkt 5.) der im Notariatsakt vom 12. November 1999 enthaltenen Rahmenvereinbarung vom 12. November 1999" um den Abtretungspreis von je S 500.000,00."
Die Börsenumsatzsteuer wird je Anschaffungsgeschäft mit € 908,41 festgesetzt.
Steuerberechnung:
Abtretung von Anteilen an der BAU-Profi Marketing GmbH | Bemessungsgrundlage | Abgabe | ||
Vertragspartner | Art | Höhe | Art | Höhe |
P-B-VGmbH | Abtretungs- preis | S 500.000,00 € 36.336,42 | Börsen- umsatzsteuer | S 12.500,00 € 908,41 |
BS-AG , = S-LV-AG | Abtretungs- preis | S 500.000,00 € 36.336,42 | Börsen- umsatzsteuer | S 12.500,00 € 908,41 |
Summe | Börsen- umsatzsteuer | S 25.000,00 € 1.816,82 |
Entscheidungsgründe
Dem Bescheid zugrunde liegt der Notariatsakt vom 12. November 1999, dem die Rahmenvereinbarung vom 12. November 1999 angeschlossen ist und mit dem die zwischen den verschiedenen Vertragspartnergruppen - Bw und P,B-P,S - anhängigen Gerichtsverfahren - die Firmen der B-P-Gr betreffend - beendet wurden.
Unter Vertragspunkt 5. ist auf Seite 14 der Rahmenvereinbarung die Abtretung von Anteilen an der Firma B-P-MGmbH durch die Bw an die Firmen P-B-VGmbH und BS-AG (nunmehr "S-LV-AG ") vereinbart, wobei sich die Bw gemäß Vertragspunkt 11.4 verpflichtete, dafür die Kapitalverkehrsteuern und die Rechtsgeschäftsgebühren zu tragen.
Im Zuge eines Prüfungsverfahrens bei der Firma P-B-VGmbH. die die Hälfte des Anteils der Bw in Höhe von S 825.000,00, davon einbezahlt S 487.500,00, zu einem Abtretungspreis von S 500.000,00 übernmommen hatte, wurde festgestellt, dass für diese Abtretungen von Gesellschaftsanteilen noch keine Börsenumsatzsteuer vorgeschrieben worden ist.
In der internen Anregung zur Durchführung einer Betriebsprüfung bei "div.Fa.." vom 5.4.2000 war ebenfalls die ErfNr. 326.158/99 als Steuernummer angeführt und als Begründung war ausgeführt: "Überprüfung des gegenständlichen Vertragswerkes im Hinblick auf Gebührenpflicht und Börsenumsatzsteuer (Gesellschafterdarlehen, Abtretung von GesmbH-Anteilen und KG-Anteilen).
Prüfungsgegenstand und Zeiträume laut Prüfungsauftrag vom 29.10.2004 war: Gebühren 1999 - 2003, Kapitalverkehrsteuer 1999 - 2003. Im Prüfungsauftrag ist als Steuernummer der vorliegende Abgabenakt ErfNr. 326.158/1999 u.a. angeführt. Angeordnet war im Prüfungsauftrag eine Prüfung der Aufzeichnungen gem. § 151 Abs. 1 BAO.
Die zweite Hälfte des Anteils erwarb die Firma BS-AG (nunmehr "S-LV-AG ") zu denselben Konditionen. Auch hier war keine Vorschreibung der Börsenumsatzsteuer erfolgt.
Nach Abschluss der Prüfung, bei der der Prüfungsauftrag der Firma P-B-VGmbH am 12. November 2004 überreicht, aber bereits am 3.11.2004 durch eine telefonische Aktenanforderung zur Kenntnis gebracht worden war, wurde der Bescheid vom 26. November 2004 erstellt.
Der Bescheid war adressiert an die Bw zu Handen Mag. W.H.,Adr.. Am 17.1.2005 erging eine Zahlungsaufforderung an die Bw. Am 1.2.2005 hielt der Vertreter der Bw Rücksprache mit dem Finanzamt.
Nach dem Vorbringen in der Berufung und in der Vorhaltsbeantwortung vom 28.4.2005 ist der Bescheid vom 26.11.2004 am 2.2.2005 beim steuerlichen Vertreter der Bw eingelangt, nachdem dies mit dem Finanzamt so abgesprochen worden war.
Gegen diesen Bescheid erhob die Bw am 3. Febraur 2005 Berufung und brachte vor, dass der Abgabenanspruch bereits verjährt sei. Die Abgabenbehörde I. Instanz wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 22. Februar 2005 unter Hinweis auf die im Jahre 2004 durchgeführte Betriebsprüfung ab. Im Vorlageantrag vom 3. März 2005 wurde neuerlich Verjährung eingewendet und ausgeführt, dass im Jahre 2004 der Bw gegenüber keine "Unterbrechungshandlung", nunmehr "Verlängerungshandlung" gesetzt worden sei.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens der Abgabenbehörde II.Instanz stellte sich heraus, dass der Bescheid vom 26.11.2004 nicht rechtsgültig erlassen wurde, da eine Zustellung an die Bw zu Handen der Geschäftsführerin nicht nachgewiesen werden konnte und die Zustellung einer Bescheidkopie an den steuerlichen Vertreter, der keine Zustellvollmacht hatte, nicht die Zustellung an die Bw ersetzen konnte. Die Berufung vom 3.2.2005 wurde daher vom unabhängigen Finanzsenat mit Entscheidung vom 9. Juni 2005, GZ. RV/0064-S/05, zurückgewiesen.
Die Abgabenbehörde I. Instanz hat mit Bescheid vom 16. Juni 2005 die Börsenumsatzsteuer gegenüber der Bw in Höhe von Euro 1.816,82 festgesetzt.
In der Begründung führte die Abgabenbehörde I. Instanz aus, dass "im Zuge eines Prüfungsverfahrens bei der Firma P-B-VGmbH festgestellt wurde, dass die im Zuge der bei o.a. Rahmenvereinbarung abgeschlossenen Abtretungen von Geschäftsanteilen bislang nicht versteuert wurden. Die Anzeige dieses Rechtsgeschäftes erfolgte erstmals bei Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg am 19.11.1999."
Am 18. Juli 2005 erhob die Bw gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Berufung und führte aus, dass mit Ablauf des 31.12.2004 Verjährung infolge Ablaufs der fünfjährigen Verjährungsfrist eingetreten sei. Eine ihr bekanntgewordene Verlängerungshandlung sei nicht rechtzeitig gesetzt worden.
Die Abgabenbehörde I. Instanz legte die Berufung ohne eine Berufungsvorentscheidung zu erlassen an den unabhängigen Finanzsenat vor. Mit Berufungsentscheidung vom 10.8.2005 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Diese Entscheidung wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 15.12.2005, GZ 2005/16/0238, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben mit der Begründung, dass aufgrund des Betreffs des Bescheides "Rahmenvereinbarung (auch erfasst unter ErfNr. 326.158/1999) vom 12. November 1999 mit S-LV-AG " der Gegenstand des Bescheides ein Abgabenanspruch auf Börsenumsatzsteuer aus einer "Rahmenvereinbarung ... mit S-LV-AG " sei, aber weder dem angefochtenen Bescheid, den vorgelegten Verwaltungsakten noch dem Parteienvorbringen sei ein Abtretungsgeschäft mit einer "S-LV-AG " zu entnehmen.
Die Frage, wer sich hinter der im Betreff genannten Firma verbirgt, ist wie folgt zu beantworten:
1.) Lt. Firmenbuchabfrage ist der historische Wortlaut der Firma "S-LV-AG " eben "BS-AG ".
2.) Die Anführung der nunmehrigen Firma "S-LV-AG " statt der ursprünglich erfassten Firma BS-AG im Betreff des Bescheides erfolgte aufgrund der Namensänderung automatisch durch die EDV.
Mit e-mail vom 23.1.2006 wurde beim steuerlichen Vertreter der Bw angefragt, ob zu den Ausführungen in der aufgehobenen Berufungsentscheidung - insbesonders zu den in der Berufungsentscheidung dargestellten Amtshandlungen - und zu den Ausführungen in der Gegenschrift noch eine Stellungnahme zu erwarten ist.
Eine derartige Stellungnahme wurde nicht eingebracht.
Der unabhängige Finanzsenat erachtet dennoch die aufgehobene Berufungsentscheidung, die Äußerungen der Bw dazu in der Beschwerde und die Gegenschrift der belangten Behörde sowie die Einladung zur Stellungnahme als zur Wahrung des Parteiengehörs ausreichende Maßnahmen seitens der Abgabenbehörde II. Instanz.
Eine Aufforderung an die Bw Akteneinsicht zu nehmen ist nicht erforderlich.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die im Berufungsfall noch maßgeblichen Bestimmungen des III. Teiles des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVG) lauten:
"Teil III, Börsenumsatzsteuer § 17, Gegenstand der Steuer (1) Der Börsenumsatzsteuer unterliegt der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wenn die Geschäfte im Inland oder unter Beteiligung wenigstens eines Inländers im Ausland abgeschlossen werden.
§ 18, Anschaffungsgeschäfte (1) Anschaffungsgeschäfte sind entgeltliche Verträge, die auf den Erwerb des Eigentums an Wertpapieren gerichtet sind.
§ 19 Wertpapiere (1) Als Wertpapiere gelten: 2. Dividendenwerte. (2) Als Dividendenwerte gelten Aktien, Kuxe und andere Anteile an inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften, Zertifikate über Shares, Aktienanteile, Genußscheine (einschließlich der Zwischenscheine über diese Werte).
§ 21, Steuermaßstab Die Steuer wird berechnet: 1. regelmäßig von dem vereinbarten Preis.
§ 22, Steuersatz (1) Die Steuer beträgt für jede angefangenen 100 Schilling 5. bei Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung 250 Groschen.
§ 25, Steuerschuldner Steuerschuldner sind die Vertragsteile als Gesamtschuldner.
Die vorstehenden Gesetzesvorschriften sind letztmalig auf Anschaffungsgeschäfte anzuwenden, bei denen die Steuerschuld vor dem 1. Oktober 2000 entstanden ist.
Dem angefochtenen Börsenumsatzsteuerbescheid zugrunde liegen folgende Anschaffungsgeschäfte die Abtretung von Anteilen der B-P-MGmbH betreffend durch die Bw an die folgenden Vertragspartner:
1.) Anschaffungsgeschäft der Bw mit P-B-VGmbH: 15 % Anteil an der B-P-MGmbH: Stammeinlage S 1,650.000,00 (einbezahlt: S 975.000,00) Abtretungspreis: S 500.000,00
2.) Anschaffungsgeschäft der Bw mit BS-AG (nunmehr "S-LV-AG "): 15 % Anteil an der B-P-MGmbH : Stammeinlage S 1,650.000,00 (einbezahlt: S 975.000,00) Abtretungspreis: S 500.000,00
Abgeschlossen wurden beide Anschaffungsgeschäfte in der Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999, angezeigt beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg am 19.11.1999 zu ErfNr. 326.158/99.
Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt gemäß § 207 Abs. 1 BAO der Verjährung.
Nach der mit BGBl. I 9/1998 geänderten, ab 10. Jänner 1998 geltenden Fassung des § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.
Die Verjährung beginnt gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Gemäß § 209 Abs. 1 BAO verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist.
Nach § 323 Abs. 18 BAO ist § 209 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 180/2004 ab 1. Jänner 2005 anzuwenden.
Der nunmehr für "Verlängerungshandlungen" geltende Gesetzestext "nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen werden" ist ident mit dem Text der Unterbrechungshandlung nach den bisher geltenden Bestimmungen.
Es kann daher die Rechtsprechung zur Unterbrechungshandlung unmittelbar auch für die Verlängerungshandlung herangezogen werden.
An eine Verlängerungshandlung sind im Sinne dieser Rechtsprechung folgende Anforderungen zu stellen:
a) Tauglichkeit der Amtshandlung b) Verfolgung eines hinreichend bestimmten Abgabenanspruchs c) Wirksamkeit und Erkennbarkeit nach außen d) Nachweispflicht der Abgabenbehörde über die Verlängerungshandlung e) Sachliche Zuständigkeit der Behörde
In der Literatur und Rechtsprechung sind diese Kriterien wie folgt konkretisiert worden:
Unterbrechungshandlungen müssen aus dem Bereich der Behörde heraustreten, nach außen erkennbar werden und aus den Akten nachweisbar sein; auf die Kenntnisnahme durch den Abgabepflichtigen kommt es nicht an (VwGH 30.10.2003, 99/15/0098; 23.6.92, 92/14/0036).
Als die Verjährung unterbrechende Amtshandlungen kommen grundsätzlich abgabenbehördliche Prüfungen in Betracht (Ritz, Bundesabgabenordnung³, Rz. 13 ff zu § 209, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung). Es entspricht ständiger Lehre und Rechtsprechung, dass abgabenbehördliche Prüfungen die Verjährung unterbrechende Wirkung haben (VwGH 28.2.1995, 95/14/0021; 3.7.96, 93/13/0040).
Amtshandlungen sind - bei Zutreffen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen - dann unterbrechungswirksam, wenn sie in ihrer rechtlichen Gestalt als Behördenmaßnahmen über den Amtsbereich der Behörde hinaustreten und hiefür ein aktenmäßiger Nachweis besteht (VwGH 21.3.95, 94/14/0156).
Nach ständiger hg. Judikatur unterbricht jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Behörde unternommene, nach außen erkennbare Handlung die Verjährung auch dann, wenn sich diese Handlung nicht gegen die schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommene Person gerichtet hat (sogenannte anspruchsbezogene Wirkung von Unterbrechungshandlungen, VwGH 9.11.2000, 2000/16/0336; 18.7.02, 2002/16/0159).
Die Unterbrechungswirkung setzt allerdings die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (vgl dazu E 25. 5. 2000, 99/16/0379; 23. 5. 1991, 89/17/0183; 27. 4. 1987, 85/15/0323, SlgNF 6211/F ua; ebenso Ritz, BAO-Kommentar³ Rz 3 zu § 209 BAO, und Stoll, aaO 2196 Abs 2; VwGH 17.5.2001, 2000/16/0602).
Zur Verjährung bei Gesamtschuldverhältnissen führt Ritz im Kommentar zur BAO³, § 209 RZ 32, aus:
"Bei Gesamtschuldverhältnissen wirken Unterbrechungshandlungen gegen alle Gesamtschuldner (VwGH 2.7.1992, 91/16/0071-0073). Dies gilt auch für lediglich gegen einen Gesamtschuldner gerichtete Amtshandlungen (VwGH 14.1.1988, 86/16/0154) wie etwa die Aufforderung zur Einreichung einer Abgabenerklärung (VwGH 5.4.2001, 98/15/0070), die Vernehmung eines Gesamtschuldners (VwGH 21.10.1971, 675/71) und Vorhalte (VwGH 25.10.1990, 88/16/0148). Begründet wird diese Auffassung mit dem Grundgedanken der Einheitlichkeit des Abgabenanspruches (Reeger/Stoll, BAO, § 209 Tz 3; Stoll, BAO, 2198; Ellinger u.a. BAO³ § 209 Anm 4)."
Im Erkenntnis vom 9.11.2000, 2000/16/0336 führt der VwGH zur anspruchsbezogenen Wirkung von Unterbrechnungshandlungen wörtlich aus:
"Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, unterbricht jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Behörde unternommene, nach außen erkennbare Handlung die Verjährung auch dann, wenn sich diese Handlung nicht gegen die schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommene Person gerichtet hat. Nach der vor der Entscheidung des verstärkten Senates vom 18. Oktober 1995, Zl. 91/13/0037, VwSlg. 7.038/F, ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konnte die eindeutig nur gegen einen Gesamtschuldner gerichtete Festsetzung dem durch sie nicht berührten Gesamtschuldner nicht schaden (siehe zB die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 1984, 82/16/0140, vom 14. Februar 1991, Zl. 89/16/0218, und vom 2. Juli 1992, Zlen. 91/16/0071, 0073; anderer Ansicht nur das hg. Erkenntnis vom 17. September 1976, Zl. 934/75).
In dem bereits erwähnten verstärkten Senat hat sich der Verwaltungsgerichtshof für den damals zu beurteilenden Bereich der Einhebungsverjährung zur Auffassung der anspruchsbezogenen Wirkung von Unterbrechungshandlungen bekannt. Er führte dazu aus, dass er die im hg Erkenntnis vom 17. Dezember 1963, Slg. Nr 2994/F, zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Bundesabgabenordnung angestellte - und in den Folgeerkenntnissen auch für den Geltungsbereich der BAO aufrechterhaltene - Überlegung, dass die im bürgerlichen Recht geltenden Grundsätze über den gesonderten Ablauf von Verjährungsfristen gegen jeden einzelnen von mehreren Gesamtschuldnern auch für das öffentlich-rechtliche Steuerschuldverhältnis Geltung beanspruchen dürften, nicht teilt.
Der Verwaltungsgerichtshof hielt mit dem Erkenntnis des verstärkten Senates den Standpunkt einer personenbezogenen Wirkung von Unterbrechungshandlungen nicht mehr aufrecht und bekannte sich zur Auffassung der anspruchsbezogenen Wirkung von Unterbrechungshandlungen; die hat auch für den Bereich der Bemessungsverjährung zu gelten.
Es erschiene auch inkonsequent, wenn Unterbrechungshandlungen einer niedrigeren Stufe, nämlich Anfragen, Erhebungen, Ermittlungen und sonstige Verfahrensmaßnahmen, im Vorfeld der Bescheiderlassung veranlasst, jede für sich verjährungsunterbrechend wirken sollten, während Unterbrechungshandlungen der höchsten Stufe, nämlich die bescheidmäßigen Abgabenfestsetzungen, nicht auf das Gesamtschuldverhältnis insgesamt durchschlagen und nicht allen Gesamtschuldnern gegenüber verjährungsunterbrechend wirken sollten (vgl. Stoll, BAO-Kommentar1 , 202). Diese Einschränkung würde sich auch nur schwer mit dem Gedanken der Einheitlichkeit des Abgabenanspruches vertragen (vgl. Ritz, RdW 1983, 87, 90)."
Der VwGH führt im Erkenntnis vom 29.11.1988, 86/14/0134, wörtlich aus:
"Jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Behörde unternommene, nach außen erkennbare Handlung, unterbricht die Verjährung. Es ist dazu weder erforderlich, dass diese behördlichen Schritte der schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommenen Person zur Kenntnis gelangt sind, noch dass ihnen etwa eine zutreffende Rechtsansicht zu Grunde liegt, noch dass die behördlichen Schritte zum Beweisthema etwas beizutragen vermögen." Ebenso VwGH 4.3.1999, 98/16/0372.
Im Erkenntnis vom 11.11.2004, 2002/14/0151:
Eine Unterbrechungshandlung liegt bereits vor, wenn eine Amtshandlung nach außen in Erscheinung tritt und erkennbar den Zweck verfolgt, den Anspruch gegen einen bestimmten Abgabenschuldner durchzusetzen, wie dies beispielsweise bereits bei einer an die Meldebehörde gerichteten Meldeanfrage der Fall sein kann (VwGH 24.10.2002, 2000/15/0141). Die verjährungsunterbrechende Wirkung einer Amtshandlung hat nicht zur Voraussetzung, dass diese Amtshandlung dem Steuerpflichtigen gegenüber in Erscheinung getreten ist bzw. ihm zur Kenntnis gelangt ist (VwGH 28.3.1990, 89/13/0189).
Im Erkenntnis vom 23.1.2003, 2002/16/0027:
Nach ständiger Judikatur des VwGH setzt die Unterbrechungswirkung die Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches voraus (Hinweis auf die bei Ritz, BAO-Kommentar³, Rz 3 zu § 209 BAO referierte hg. Rechtsprechung sowie insbesondere das hg. Erkenntnis vom 17.5.2001, 2000/16/0602, mit dem klargestellt wurde, dass eine nicht auf einen bestimmten Abgabentatbestand konkretisierte Anfrage keine Unterbrechungswirkung entfaltet), soferne die Amtshandlung von einer dazu sachlich zuständigen Abgabenbehörde gesetzt wird (Ritz, a.a.O, Rz 9; Stoll, BAO-Komm II 2186 vorl. Abs.).
Im Erkenntnis vom 7.7.2004, 2004/13/0080:
"Verjährungsunterbrechend wirken nach ständiger Rechtsprechung nach außen in Erscheinung tretende Amtshandlungen im Sinne im Außenbereich wahrnehmbarer behördlicher Maßnahmen, die auf die Geltendmachung eines Abgabenanspruches oder die Feststellung von Abgabepflichtigen zumindest im Ergebnis ausgerichtet sind (VwGH 27.3.1996, 92/13/0299). Wie es für die Unterbrechungswirkung solcher Maßnahmen nicht erforderlich ist, dass sie der als Abgabenschuldner in Anspruch genommenen Person zur Kenntnis gelangen (VwGH 22.4.1992, 91/14/0009, 0010; 23.6. 1992, 92/14/0036; 24.2. 1999, 98/13/0235), so schließt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes seine Eignung, die Verjährung zu unterbrechen, selbst dann nicht aus, wenn er seiner Rechtswidrigkeit wegen nachträglich beseitigt wird (VwGH 22.10.1997, 95/13/0036; 12.8.1994, 94/14/0055; 29.3.1993, 91/15/0093, 0094).Verliert ein durch die Abgabenbehörde mit dem in § 209 Abs. 1 BAO genannten Ziel gesetzter Akt die ihm in dieser Rechtsvorschrift eingeräumte Rechtswirkung der Verjährungsunterbrechung nicht einmal dann, wenn er zufolge eines Verstoßes gegen die Rechtsordnung nachträglich beseitigt wird, dann kann die bloße Unzweckmäßigkeit einer das in § 209 Abs. 1 beschriebene Ziel verfolgenden Amtshandlung erst recht nicht geeignet sein, einer solchen Amtshandlung die Wirkung der Unterbrechung der Verjährung zu nehmen."
Auch "prophylaktische" Amtshandlungen sowie jedermann gestattete Tätigkeiten wie die Einsichtnahme in das Firmenbuch unterbrechen die Verjährung (Ritz, BAO- Kommentar2, § 209, Tz 6 ff; VwGH 5.4.2001, 2000/15/0150).
Aus den Abgabenakten ErfNr. 326.158/99, 302.153/2005 und den Akten der Betriebsprüfung AbNr. 23/04 sind folgende "Verlängerungshandlungen" ersichtlich:
1.) Anschaffungsgeschäft: Abtretung der Anteile an der B-P-MGmbH durch die Bw an die P-B-VGmbH:
a) Prüfung der Aufzeichnungen nach § 151 Abs. 1 BAO der P-B-VGmbH:
Als Beginn der Amtshandlung gilt der Zeitpunkt, in dem der Prüfer zur Vorlage der Bücher, Aufzeichnungen oder sonstigen Unterlagen auffordert (vgl. z. B. VwGH 15. 12. 1998, 93/14/0178).
Die Aushändigung des Prüfungsauftrages erfolgte am 12.11.2004. Bereits am 3.11.2004 erfolgte die telefonische Anforderung der Prüfungsunterlagen.
Prüfungsgegenstand laut Prüfungsauftrag vom 29.10.2004 war "Gebühren 1999 - 2003, Kapitalverkehrsteuer 1999 - 2003" und als Steuernummer ist angeführt ErfNr. 326.158/99 u.a. Diese Formulierung wurde gewählt, da in der ErfNr. 326.158/99 bereits in der Präambel ausgeführt ist, dass "soweit erforderlich aufgrund dieser Rahmenvereinbarung Einzelvereinbarungen abzuschließen sind und diese Einzelvereinbarungen der Umsetzung des in diesem Vertrag Vereinbarten dienen". Es sollten durch den Prüfungsauftrag etwaige auf der Rahmenvereinbarung beruhende Einzelvereinbarungen miterfasst sein.
Die beim Vertragspartner durchgeführte Prüfung ist deswegen für das oben angeführte erste Anschaffungegeschäft relevant, da die P-B-VGmbH als Erwerberin der GesmbH-Anteile gemäß § 25 KVG Gesamtschuldner der Börsenumsatzsteuer ist.
Es beziehen sich alle vom Betriebsprüfer in diesem Prüfungsverfahren auf die Geltendmachung der aus der Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999 incl. eventueller Einzelvereinbarungen sich ergebenden Gebühren und Börsenumsatzsteuer (vgl. auch Ritz, BAO-Kommentar³, RZ 13f und insbesonders zur Gesamtschuld RZ 32 und 33).
Damit ist aber die von der ständigen Rechtsprechung (VwGH 17.5.2001, 2000/16/0602, 25.5.2000, 99/16/0379; 28.2.1995, 95/14/0021) für die Unterbrechungswirkung geforderte Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches sowohl vom Prüfungsauftrag - Anführung der konkreten ErfNr. und der konkreten Steuern - als auch den während der Prüfung gesetzten nach außen in Erscheinung tretenden Ermittlungsschritten voll erfüllt.
Damit hat aber die Abgabenbehörde I. Instanz eine wirksame Unterbrechungshandlung gesetzt, sodass bereits durch die nachweislich durchgeführte Aushändigung des Prüfungsauftrages die Verjährung hinsichtlich der Börsenumsatzsteuer um ein Jahr verlängert wurde und somit im Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 16. Juni 2005 die Verjährung noch nicht eingetreten war.
b) Aber auch den im Zuge der Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 Abs. 1 BAO durchgeführten und genau dokumentierten und nach außen in Erscheinung getretenen Ermittlungsschritten kommt die Qualität von Verlängerungshandlungen zu. Da aber bereits durch die unter a) angeführte Verlängerungshandlung der Ablauf der Verjährungsfrist um ein Jahr hinausgeschoben wurde, muß auf die einzelnen zusätzlichen Ermittlungsschritte nicht näher eingegangen werden.
2.) Anschaffungsgeschäft: Abtretung der Anteile an der B-P-MGmbH durch die Bw an die BS-AG (nunmehr "S-LV-AG "):
Hinsichtlich des zweiten Anschaffungsgeschäftes mit der BS-AG (nunmehr "S-LV-AG ") hat bei keinem der beiden Vertragspartner im Jahre 2004 oder früher eine Betriebsprüfung betreffend Kapitalverkehrsteuern stattgefunden.
Die Abgabenbehörde I. Instanz hat im Zuge der Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 Abs. 1 BAO bei der Firma P-B-VGmbH festgestellt,
a) dass trotz der Formulierung in der Präambel der Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999 - "soweit erforderlich sind aufgrund dieser Rahmenvereinbarung Einzelvereinbarungen abzuschließen. Diese Einzelvereinbarungen dienen der Umsetzung des in diesem Vertrag Vereinbarten" - sind keine weiteren Einzelvereinbarungen geschlossen worden und
b) dass hinsichtlich der in der Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999 im Vertragspunkt 5. enthaltenen Abtretungen von Anteilen an der Firma B-P-MGmbH noch keine Vorschreibung der Börsenumsatzsteuer erfolgt ist.
Folgende Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches, die in den Abgabenakten bzw. im BP-Akt dokumentiert sind und der Geltendmachung des Abgabenanspruches betreffend Börsenumsatzsteuer aus dem Abtretungsvertrag mit BS-AG (nunmehr "S-LV-AG ") dienten, wurden seitens der Organe des Finanzamtes im Zuge der Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 Abs. 1 BAO bei der Fa. P-B-VGmbH vorgenommen:
Aus dem Vorbereitungsbogen "Exzerpt zu Vorgängen innerhalb des Prüfungszeitraumes" für die Besprechung mit dem steuerlichen Vertreter im Zuge der Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 Abs. 1 BAO bei der Firma P-B-VGmbH betreffend die Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999 ist u.a. ausgeführt:
"B-P-MGmbH: Übernahme des von der Bw gehaltenen Geschäftsanteiles i.H.v. ATS 2,5 Mio. um 1 Mio an BS-AG (nunmehr "S-LV-AG ") und P-B-VGmbH je zur Hälfte, Börsenumsatzsteuer vom Abtretungspreis ?"
Unter der Überschrift, "Unterlagenanforderungen bzw. Fragen an Firma bzw. STB", ist ein Aktenvermerk angelegt, in dem die Fragen an den Vertreter der Firma P-B-VGmbH und dessen Antworten protokolliert sind. Diese Fragen betreffen u.a. ebenfalls die Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999.
In diesem Protokoll ist im zweiten Fragenkomplex ein Telefonat mit dem Rechtsanwalt Dr. B., vom 19.11.2004 dokumentiert. Rechtsanwalt Dr. B. war auch Rechtsvertreter der Firma BS-AG (nunmehr "S-LV-AG ") beim Abschluss der Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999 und hat den Notariatsakt aufgrund der von beiden erwerbenden Firmen erteilten Vollmacht unterfertigt. Zusätzlich gibt es einen handschriftlichen Aktenvermerk vom 19.11.2004, 12.00 Uhr, über dieses Telefonat mit Dr. B. betreffend Rahmenvereinbarung, wobei auf die Protokollierung zu "Unterlagen bzw. Fragen STB erster und zweiter Punkt" hingewiesen ist. Wörtlich heißt es dort:
"Wurden neben dieser Rahmenvereinbarung weitere Verträge, welche auch die Abtretung von Geschäftsanteilen durch die Bw im B-P Bereich beinhaltete, zusätzlich abgeschlossen? Nein, Rahmenvereinbarung umfasste bereits alle Abtretungen, die angeführt sind, und auch als solches beim LG Wels zur Eintragung im Firmenbuch angezeigt wurden."
Folgende weitere Amtshandlungen sind nachweislich dokumentiert:
a) 28.10.2004: Firmenbuchabfrage betreffend B-P-MGmbH, deren Anteile mit der Rahmenvereinbarung abgetreten wurden.
b) 28.10.2004: Firmenbuchabfrage die Bw betreffend.
c) 12.11.2004: Neuerliche Firmenbuchabfrage betreffend B-P-MGmbH.
Die Firmenbuchabfragen sind durch die Ausdrucke dokumentiert, die sowohl den Stichtag als auch rechts unten das Datum der Abfrage enthalten. Weiters sind durch gelbe Markierungen die relevanten Daten (z.B. Beteiligte und Stammeinlagen) gekennzeichnet. Dabei ist auch die Firma BS-AG (nunmehr "S-LV-AG ") markiert.
Unter "Vorläufige Prüfungsfeststellungen" ist angeführt:
Tz. 1 Börsenumsatzsteuer Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999 Abtretung von Geschäftsanteilen der Fa. "W-H-GmbH" an der Fa. "B-P-MGmbH" im Nominale von ATS 1,650.000,00 an die Firmen "P-B-VGmbH " und "BS-AG " Bemessungsgrundlage lt. BP 1.000.000,00 davon BUSt § 22 Abs. 1 Zif. 5 KVG 25.000,00 (entspricht Euro 1.826,82)"
Im abschließenden Bericht vom 26.11.2004 gemäß § 151 Abs. 3 BAO über das Ergebnis der Prüfung der Aufzeichnungen bei P-B-VGmbH wurde im Abschnitt "C. Prüfungsfeststellungen" Tz. 14 Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999 mit der Fa. "W-H-GmbH." ... wörtlich ausgeführt:
"Im Zuge der Gebühren- und Verkehrsteuerprüfung wurde festgestellt, dass die in der oben angeführten Vereinbarung festgelegten Abtretungen von Geschäftsanteilen an der Fa. "B-P-MGmbH (W-H-GmbH : je ATS 825.000,- Nominale Abtretung an die Firmen "BS-AG " sowie "P-B-VGmbH." Um einen Abtretungspreis von je ATS 500.000,-) bislang noch nicht der Börsenumsatzsteuer gemäß § 22 Abs. 1 Zif.5 KVG unterzogen wurden. Da für dieses Anschaffungsgeschäft gemäß § 18 Abs. 1 KVG keine weitere Urkunde errichtet wurde, wird die Abgabe auf Basis der Vereinbarung in Pkt. 11.4 an die abtretende Gesellschafterin Fa. "W-H-GmbH in einem Bescheid ausgehend von der Bemessungsgrundlage von ATS 1 Mio festgesetzt."
Damit ist nachweislich dokumentiert,
a) dass bei der Vorbereitung der Prüfung der Aufzeichnungen gem. § 151 Abs. 1 BAO bis zum Endbericht die Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999 im gesamten Umfang Gegenstand der Betrachtungen und Ermittlungen war,
b) dass die Fragen zur Rahmenvereinbarung vom 19.11.1999 und etwaiger Zusatzvereinbarungen sich auch auf den Abtretungsvorgang der Bw mit der BS-AG (nunmehr "S-LV-AG ") bezogen haben,
c) dass sich die Fragen an den die Rahmenvereinbarung unterzeichnenden Rechtsvertreter auch auf beide Firmen bezogen haben und
d) dass sich die Firmenbuchabfragen hinsichtlich der Bw und der B-P-MGmbH ebenfalls auf beide Abtretungsvorgänge bezogen haben.
Streitentscheidend ist die Frage nach den Anforderungen an die Verknüpfung von Amtshandlung und konkret bestimmtem Abgabenanspruch.
Für die Qualifikation als Unterbrechungshandlung ist unmaßgeblich, ob in einer an Dritte gerichteten Anfrage deren Anlaß bzw der davon betroffene Abgabenanspruch angeführt werde oder nicht. Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 29.11.1988, 86/14/0134, ist als ausreichend anzusehen, dass nach der Aktenlage und den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens ein nachvollziehbarer Bezug zu den betroffenen Abgabenansprüchen besteht. Dem Wortlaut des § 209 Abs 1 erster Satz BAO ("... jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches ... unternommene ... Amtshandlung ...") kann nicht entnommen werden, dass die Konkretisierung des Abgabenanspruches durch die bzw mit der Amtshandlung Tatbestandselement für die Unterbrechung der Verjährung ist.
Die oben dargestellten Amtshandlungen, die aus den Unterlagen (BP-Akt ABNr. 23/04) der Abgabenbhörde I. Instanz ersichtlich sind, sind objektiv nachvollziehbar auch zur Geltendmachung des Abgabenanspruches aus dem Abtretungsgeschäft zwischen der Bw und der BS-AG (nunmehr "S-LV-AG ") unternommen worden.
Damit wurden durch die angeführten Amtshandlungen taugliche Verlängerungshandlungen, die die Kriterien des § 209 Abs. 1 BAO erfüllen auch hinsichtlich des Abtretungsvorganges zwischen der Bw und der BS-AG (nunmehr "S-LV-AG") gesetzt.
So ist für eine richtige Bezeichnung des Bescheidadressaten wegen der raschen Veränderungen, wie mögliche Umgründungsvorgänge usw., eine Firmenbuchabfrage zielführend. Eine derartige Abfrage erfüllt auch dann die Kriterien des § 209 Abs. 1 BAO, wenn diese elektronisch durchgeführt wird, wenn das Datum der Anfrage aktenmäßig dokumentiert ist (vgl. UFSW, RV/0631-W/03, wo - unter Hinweis auf die Erkenntnisse des VwGH vom 5.4.2001, 2000/15/0150 und 30.9.1997, 95/08/0263 - wörtlich ausgeführt ist:
"Außerdem tätigte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien am 18. November 2002 eine Firmenbuchabfrage und fertigte einen Firmenbuchauszug mit aktuellen Daten der Bw. an. Diese Firmenbuchabfrage diente offensichtlich dazu, die aktuelle Geschäftsanschrift der Bw sowie den aktuellen Geschäftsführer der Bw. festzustellen. Da die Kenntnis dieser Daten der Bescheidzustellung an die Bw. diente, handelt es sich bei dieser Firmenbuchabfrage um eine zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommene Amtshandlung iSd § 209 Abs. 1 BAO. Auch jedermann gestattete Tätigkeiten wie die Einsichtnahme in das Firmenbuch unterbrechen die Verjährung".
Wie oben in den Zitaten aus der Literatur und Rechtsprechung ausführlich dargestellt ist, kommt es auf die Kenntnis dieser Amtshandlungen im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO durch den letztlich als Abgabepflichtigen in Anspruch genommenen Vertragspartner nicht an, sondern auf deren Erkennbarkeit und Wirksamkeit nach außen und deren Dokumentation in den Akten der Abgabenbehörde.
Damit wurde die Verjährungsfrist um ein Jahr im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO verlängert und war daher im Zeitpunkt der Bescheidzustellung noch nicht abgelaufen.
Ermessensentscheidung hinsichtlich der Inanspruchnahme der Bw als Gesamtschuldnerin:
Bei Vorliegen eines Gesamtschuldverhältnisses in Abgabensachen steht der Abgabenbehörde - dem Gläubiger - die Wahl zu, ob sie alle Gesamtschuldner oder nur einzelne, im letzteren Fall, welche der Gesamtschuldner, die dieselbe Abgabe schulden, sie zur Leistung heranziehen will. Das Gesetz räumt der Abgabenbehörde somit einen Ermessensspielraum ein, in dessen Rahmen sie ihre Entscheidung nach § 20 BAO nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen hat. Haften für eine Abgabenschuld zwei oder mehrere Gesamtschuldner, so wird sich die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensübung nicht ohne sachgerechten Grund an jene Partei halten dürfen, die nach dem vertraglichen Innenverhältnis die Steuerlast nicht tragen sollte (VwGH 28.2.2002, 2001/16/0606).
Die Vorschreibung der Börsenumsatzsteuer, bei der die Bw als Gesamtschuldnerin gemeinsam mit den erwerbenden Firmen gemäß § 25 KVG Steuerschuldnerin ist, erfolgte zurecht an die Bw, da sie sich gemäß VP. 11.4 der Rahmenvereinbarung vom 12.11.1999 dazu verpflichtet hatte.
Salzburg, am 2. März 2006
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Verjährung, Verlängerungshandlung, Gesamtschuld, Betriebsprüfung, Börsenumsatzsteuer |