VwGH 93/14/0178

VwGH93/14/017815.12.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Graf und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des H H in L, vertreten durch Dr. Reinhard Schwarzkogler, Rechtsanwalt in Lambach, Marktplatz 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, Berufungssenat II, vom 29. Juni 1993, Zl 715/1-2/T-1992, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs2;
BAO §161 Abs3;
FinStrG §13;
FinStrG §14;
FinStrG §29 Abs3 litc;
FinStrG §33;
BAO §115 Abs2;
BAO §161 Abs3;
FinStrG §13;
FinStrG §14;
FinStrG §29 Abs3 litc;
FinStrG §33;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom 28. Jänner 1992 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe in W vorsätzlich

a) als Einzelunternehmer

1. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von - dem § 21 UStG 1972 entsprechenden - Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Jänner bis Oktober 1990 in Höhe von S 50.000,-- bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten;

2. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht in den Jahren 1987 bis 1989 eine Verkürzung an Umsatzsteuer in der Gesamthöhe von S 340.000,-- dadurch bewirkt, daß er Vorsteuern zu Unrecht geltend gemacht habe, wobei es teilweise beim Versuch geblieben sei;

b) als Geschäftsführer und somit als Wahrnehmender der steuerlichen Agenden der Firma F KG,

1. unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von - dem § 21 UStG 1972 entsprechenden - Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Jänner bis Oktober 1990 in Höhe von S 10.000,-- bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten;

2. unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht in den Jahren 1986 bis 1989 eine Verkürzung an Umsatzsteuer in Höhe von S 180.000,-- dadurch bewirkt, daß er Vorsteuern zu Unrecht geltend gemacht habe, wobei es teilweise beim Versuch geblieben sei.

Der Beschwerdeführer habe hiedurch begangen

zu a)1. und b)1.: jeweils das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 (2)a FinStrG;

zu a)2. und b)2.: jeweils das Finanzvergehen der teils versuchten, teils vollendeten Ababenhinterziehung nach §§ 33 (1), 13 FinStrG.

Gem § 33 Abs 5 FinStrG wurde über den Beschwerdeführer unter Anwendung des § 21 (Abs 1 und 2) FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von S 150.000,-- verhängt und gem § 20 FinStrG die für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe mit 2 Monaten bestimmt. Die Kosten des Strafverfahrens wurden mit S 5.000,-- festgesetzt.

Zur Beweiswürdigung führte der Spruchsenat erster Instanz aus, daß der Beschuldigte sich im wesentlichen schuldig bekannt habe und sein Geständnis auch durch die Aktenlage gedeckt sei. In rechtlicher Hinsicht unterstellte der Spruchsenat den festgestellten Sachverhalt den bereits erwähnten Strafbestimmungen und führte weiters aus, daß es sich bei der Straftat, soweit sie beim Versuch geblieben sei, um einen beendeten Versuch gehandelt habe und Rücktritt vom Versuch in rechtlicher Hinsicht im vorliegenden Fall nicht zu konstatieren sei.

In einer dagegen eingebrachten Berufung wandte der Beschwerdeführer neben der Geltendmachung zusätzlicher Milderungsgründe im wesentlichen ein, daß hinsichtlich jenes Teiles des strafbaren Verhaltens, bei dem Versuch angenommen worden sei, strafbefreiender Rücktritt vom Versuch vorliege und daher lediglich von einem strafbestimmenden Wertbetrag von S 60.000,-- auszugehen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung durch Herabsetzung der vom Spruchsenat verhängten Geldstrafe (auf S 100.000,--) teilweise stattgegeben, im übrigen aber die Berufung abgewiesen. In der Berufungsverhandlung sei das Beweisverfahren insofern ergänzt worden, als der Betriebsprüfer, der die Betriebsprüfung beim Steuerberater des Beschuldigten durchgeführt habe, einvernommen worden sei. Dieser Zeuge habe glaubwürdig in der Verhandlung ausgesagt, daß keine Selbstanzeige erstattet worden sei und der Beschuldigte auch sonst keine Handlungen gesetzt habe, die als Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhaltes anzusehen gewesen wären. Der Beschuldigte habe ihm lediglich im Rahmen der Umsatzsteuernachschau eine Aufstellung über die hinterzogenen Beträge gegeben. Auf Grund dieser glaubwürdigen Zeugenaussage sei der Berufungssenat zu der vollen Überzeugung gekommen, daß im vorliegenden Fall kein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch vorgelegen und somit am Schuldspruch des Spruchsenates vollinhaltlich festzuhalten sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer stellt in seiner Beschwerde zunächst klar, daß für die Jahre 1988 und 1989 (Einzelunternehmen) und 1989 (KG) das Finanzvergehen der versuchten Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG vorliegt. Für diese Jahre sei eine Veranlagung des Beschwerdeführers nach Abgabe der Umsatzsteuererklärungen noch nicht erfolgt. In der Folge vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, daß ein Rücktritt vom Versuch im Sinne des § 14 FinStrG grundsätzlich möglich sein müsse, solange sich ein Finanzvergehen im Versuchsstadium befinde. In der Folge führt der Beschwerdeführer aus, es sei einzig und allein entscheidend, ob der Versuch als beendet oder als unbeendet anzusehen sei, und meint, daß unter den gegenständlichen Umständen ein unbeendeter Versuch vorgelegen sei, weil das Ermittlungsverfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer noch nicht abgeschlossen gewesen sei.

Zu Recht vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, es komme im Beschwerdefall der Frage, ob beendeter oder unbeendeter Versuch vorliege, entscheidende Bedeutung für die Beurteilung zu, ob ein Rücktritt vom Versuch gegeben ist.

Beendet ist - wie auch in der Beschwerde eingeräumt wird - ein Versuch zur Abgabenhinterziehung, wenn es keiner weiteren Täterhandlung zur Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges bedarf. Unbeendet ist ein solcher Versuch, wenn es zur Erfolgsherbeiführung noch weiterer Täterhandlungen bedarf (vgl Fellner, Finanzstrafgesetz, RZ 12 zu §§ 13 und 14 FinStrG).

Vor diesem auch vom Beschwerdeführer anerkannten rechtlichen Hintergrund ist aber die Auffassung des Beschwerdeführers verfehlt, es liege im Beschwerdefall unbeendeter Versuch vor. Wird eine unrichtige Abgabenerklärung eingereicht, so bedarf es zur Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges keiner weiteren Täterhandlung mehr, sondern nur noch einer erklärungsgemäßen Festsetzung der Abgabe. Vom Beschwerdeführer wird auch nicht dargetan, welcher Handlung seinerseits es zur Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges noch bedurft hätte. Bei beendetem Versuch bedarf es aber - um von einem Rücktritt vom Versuch ausgehen zu können - eines nochmaligen, zur Verhinderung des Erfolges führenden Tätigwerdens des Täters (contrarius actus). Ein solches Tätigwerden ist aber nur bis zu dem Zeitpunkt möglich, zu dem der Versuch noch nicht als fehlgeschlagen anzusehen ist, weil ein Fehlschlagen des Versuchs der Abgabenhinterziehung einen Rücktritt vom Versuch begrifflich ausschließt.Als fehlgeschlagen muß ein Versuch spätestens dann beurteilt werden, wenn der tatbestandsmäßige Erfolg nicht mehr eintreten kann, wenn also insbesondere die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit der Abgabenerklärung bereits erkannt hat.

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde zu Recht von einem beendeten Versuch und davon ausgegangen, daß ein diesfalls erforderliches Tätigwerden des Beschwerdeführers zur Verhinderung der durch die Einreichung unrichtiger Abgabenerklärungen versuchten Abgabenhinterziehung hinsichtlich der Umsatzsteuer 1988 und 1989 (Einzelunternehmen) und der Umsatzsteuer 1989 (KG) vor Feststellung der entsprechenden Unrichtigkeiten durch den Prüfer nicht erfolgte. Die Ansicht des Beschwerdeführers, wonach der Prüfer nach entsprechenden Feststellungen dem Beschwerdeführer gegenüber Zweifel an der Richtigkeit der Abgabenerklärungen geäußert habe, findet im Akteninhalt keine Bestätigung, zumal in der Beschwerde ausdrücklich eingeräumt wird, daß der Prüfer bei Überprüfung der Vorsteuern erhebliche Abweichungen zwischen den in den Journalen ausgewiesenen und den in den Steuererklärungen geltend gemachten Beträgen festgestellt habe. Bei diesem somit unbestrittenen Sachverhalt ist - abgesehen davon, daß der Prüfer hinsichtlich der Richtigkeit der Umsatzsteuererklärungen keine Zweifel im Sinn des § 161 Abs 2 BAO geäußert hat, sondern eine auf Grund seiner Ermittlungen gegebene Unrichtigkeit der Abgabenerklärung zur Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 115 Abs 2 BAO vorgehalten hat - ein Tätigwerden des Beschwerdeführers zur Verhinderung der (erklärungsmäßig) unrichtigen Festsetzung der entsprechenden Umsatzsteuern nicht zu erkennen. Die nach dem Beschwerdevorbringen einige Tage nach dem Vorhalt erfolgende Bestätigung der Unrichtigkeit der Erklärungen durch den Beschwerdeführer erfüllt diese zur Erfüllung eines Rücktritts vom Versuch erforderliche Voraussetzung eines contrarius actus nicht. Soweit sich der Beschwerdeführer in seinen Beschwerdeausführungen auf Sommergruber/Reger, S 104, stützt, ist darauf hinzuweisen, daß auch diese Kommentatoren des Finanzstrafgesetzes die Ansicht vertreten, daß ein Rücktritt vom Versuch nicht mehr möglich ist, wenn der Abgabenbehörde im Zeitpunkt eines Vorhaltes nach § 161 Abs 3 in Verbindung mit § 115 Abs 2 BAO der Sachverhalt schon bekannt ist. Dem angefochtenen Bescheid haftet daher die diesbezüglich gerügte Rechtswidrigkeit nicht an.

Auch die erstmals in der Beschwerde vorgebrachte Rüge, hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlungen für 1990 erscheine der in der oben erwähnten Besprechung erfolgte Hinweis des Beschwerdeführers auf die Unrichtigkeit der Umsatzsteuervoranmeldungen für 1990 und die betragsmäßige Bekanntgabe der Unrichtigkeiten als rechtzeitige Selbstanzeige im Sinne des § 29 FinStrG, weshalb auch diesbezüglich Straffreiheit eingetreten sei, ist schon deshalb verfehlt, weil gemäß § 29 Abs 3 lit c FinStrG Straffreiheit nicht eintritt, wenn bei einem vorsätzlich begangenen Finanzvergehen die Selbstanzeige anläßlich einer ua finanzbehördlichen Nachschau oder Prüfung der Bücher nicht schon bei Beginn der Amtshandlung erstattet wird. Als Beginn der Amtshandlung gilt entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht der Zeitpunkt, in dem Unterlagen übergeben wurden, sondern der Zeitpunkt, in dem der Prüfer zur Vorlage der Bücher, Aufzeichnungen oder sonstigen Unterlagen auffordert (vgl Ritz, BAO, S 297).

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer zuletzt die Zulassung von Suggestivfragen und rechtlicher Ausführungen durch einen Zeugen und den Amtsbeauftragten, die zu einer wesentlichen Beeinflussung insbesondere der Laienbeisitzer geführt habe. Mangels näherer Konkretisierung dieses Vorwurfes ist jedoch nicht zu erkennen, in welcher diesbezüglichen Fragestellung oder rechtlichen Ausführung der Beschwerdeführer einen für den Ausgang des Verfahrens wesentlichen Verfahrensmangel ortet.

Grundsätzlich zuzustimmen ist dem Beschwerdeführer zwar, daß im Hinblick auf § 55 FinStrG in der bis 20. August 1996 geltenden Fassung die mündliche Verhandlung hinsichtlich Umsatzsteuer 1989 der KG nicht hätte stattfinden dürfen, weil hinsichtlich dieser Abgabe nur ein vorläufiger Bescheid vorlag. Dennoch zeigt der Beschwerdeführer damit keinen wesentlichen Verfahrensmangel auf, weil von ihm nicht dargetan wird, inwiefern die belangte Behörde bei Vermeidung des Verfahrensmangels zu einer anderslautenden Entscheidung hätte gelangen können, zumal das Ausmaß der entsprechenden, versuchten Umsatzsteuerverkürzung vom Beschwerdeführer eingestanden worden war, und ua sein diesbezügliches Geständnis als Milderungsgrund bei der Strafbemessung berücksichtigt wurde.

Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß sowohl der Verwaltungsgerichtshof (vgl das Erkenntnis vom 15. Dezember 1983, 1055/97, verstärkter Senat) als auch der Oberste Gerichtshof (vgl das Urteil vom 21. November 1991, 13 Os 127/90, verstärkter Senat) von der Rechtsansicht einer Bindung der Verwaltungsstrafbehörde bzw des Gerichtes an rechtskräftige Abgabenfestsetzungen abgegangen ist und § 55 FinStrG zwischenzeitig mit Bundesgesetz BGBl Nr 421/1996 aufgehoben wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 1998

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte