VwGH 86/14/0134

VwGH86/14/013429.11.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Reichel sowie die Hofräte Dr Schubert, Dr Hnatek, Dr Pokorny und Dr Karger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag Wimmer , über die Beschwerde der L Aktiengesellschaft in L, vertreten durch Dr Wolf‑Dieter Arnold, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich, Berufungssenat I, vom 30. Juni 1986, Zl 6/7/3‑BK/Fu‑1986, betreffendKörperschaftsteuer für das Jahr 1974, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §207 Abs1
BAO §207 Abs2
BAO §209 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1988:1986140134.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 2.760 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid vom 30. August 1976 erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer für das Jahr 1974 veranlagt. Am 21. April 1978 verfügte das Finanzamt auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung die Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs 4 BAO und erließ einen entsprechend geänderten Sachbescheid. Mit Bescheid vom 16. Mai 1979 wurde letzterer von der belangten Behörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs 1 lit c BAO aufgehoben. Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf die ihrer Ansicht nach unzureichenden Erhebungen zur Angemessenheit des Kaufpreises einer im Jahr 1975 erworbenen, im Jahr 1974 aber bereits angezahlten Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft im Konzernverbund. Der Prüfer, der die abgabenbehördliche Prüfung durchgeführt hatte, verfaßte daraufhin am 14. September 1979 einen Bericht über seine ergänzenden Ermittlungen, den die belangte Behörde auftragsgemäß dem Bundesminister für Finanzen samt den zugehörigen Verwaltungsakten vorlegte. Von den Oberbehörden angewiesen, richtete das Finanzamt am 3. April 1984 an das Landes- als Handelsgericht Linz das schriftliche Ersuchen, ein an das Handelsregister zum Registerakt der Beschwerdeführerin gerichtetes und näher konkretisiertes Schreiben samt den angeschlossenen Beilagen in Fotokopie zu übermitteln. Nach Einlangen der gewünschten Schriftstücke und abschließender Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen erließ das Finanzamt am 5. Juni 1985 den das wiederaufgenommene Verfahren betreffend die Körperschaftsteuer für das Jahr 1974 abschließenden - mit dem ursprünglichen, nach § 299 Abs 1 lit c BAO aufgehobenen im Spruch übereinstimmenden - Sachbescheid.

Strittig ist demnach, ob das Schreiben des Finanzamtes vom 3. April 1984 an das Landes- als Handelsgericht Linz als eine die Verjährung unterbrechende Handlung nach § 209 Abs 1 BAO zu qualifizieren ist oder nicht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde - wie zuvor schon das Finanzamt durch Berufungsvorentscheidung - die mit der Einrede der Verjährung begründete Berufung der Beschwerdeführerin ab.

Die vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem „insbesondere aus den Verjährungsvorschriften erfließenden Recht auf Entfall einer Körperschaftsteuervorschreibung für das Jahr 1974 verletzt, allenfalls im Recht auf ein ordnungsgemäßes und umfassendes amtswegiges Ermittlungsverfahren“.

Die belangte Behörde beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Recht, die Körperschaftsteuer festzusetzen, verjährt gemäß § 207 Abs 1 und 2 BAO in fünf Jahren. Nach § 209 Abs 1 leg cit wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, durch die im August 1979 abgeschlossenen ergänzenden Ermittlungen des Prüfers im Anschluß an die Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 1974 durch die belangte Behörde im Sinn des § 299 Abs 1 lit c BAO sei die letzte nach außen erkennbare Amtshandlung gesetzt worden, sodaß mit Ablauf des Jahres 1979 die Bemessungsverjährung nach § 207 Abs 2 BAO neuerlich zu laufen begonnen und ohne Unterbrechung mit Ablauf des Jahres 1984 geendet habe. Dem Schreiben des Finanzamtes vom 3. April 1984 an das Landes als Handelsgericht Linz spricht die Beschwerdeführerin die unterbrechende Wirkung grundsätzlich ab.

Der Einwand, behördliches Tun im Bereich der Hoheitsverwaltung (dazu zählt auch die Erhebung der Abgaben), das - wie die Einsicht des Handelsregisters sowie der zum Handelsregister eingereichten Schriftstücke gemäß § 9 Abs 1 HGB - jedermann gestattet sei, stelle keine Amtshandlung dar, ist unzutreffend. Desgleichen bedarf es keiner weiteren Erörterung, daß verwaltungsintern von den Oberbehörden geleitete Erhebungen keine Änderungen der gesetzlichen Zuständigkeit zur Abgabenfestsetzung bewirken, wie die Beschwerdeführerin vermeint. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat (vgl zB die hg Erkenntnisse vom 22. Oktober 1962, Zl 2339/61, Slg Nr 2722/F, und in jüngerer Zeit vom 28. März 1985, Zl 84/16/0087, auf deren Entscheidungsgründe samt der im letztgenannten Erkenntnis zitierten Vorjudikatur gemäß § 43 Abs 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird), unterbricht jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches von der Behörde unternommene, nach außen erkennbare Handlung die Verjährung. Es ist dazu weder erforderlich, daß diese behördlichen Schritte der schließlich als Abgabenschuldner in Anspruch genommenen Person zur Kenntnis gelangt sind, noch daß ihnen etwa eine zutreffende Rechtsansicht zu Grund liegt, noch daß die behördlichen Schritte zum Beweisthema etwas beizutragen vermögen.

Streitentscheidend ist letztlich jedoch die Frage nach den Anforderungen an die Verknüpfung von Amtshandlung und konkret bestimmtem Abgabenanspruch.

Während die Beschwerdeführerin meint, das Schreiben des Finanzamtes vom 3. April 1984 an das Landes- als Handelsgericht Linz, das nach dem eben Gesagten als Handlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches anzusehen ist, hätte objektiv erkennbar auf die Geltendmachung der Körperschaftsteuer für das Jahr 1974 gerichtet sein müssen, vertritt die belangte Behörde die Ansicht, es sei für die Qualifikation als Unterbrechungshandlung unmaßgeblich, ob in einer an Dritte gerichtete Anfrage deren Anlaß bzw der davon betroffene Abgabenanspruch angeführt werde oder nicht. Eine derartige Forderung würde im Regelfall der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht widersprechen. Als ausreichend sei anzusehen, daß nach der Aktenlage und den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens ein nachvollziehbarer Bezug zu den betroffenen Abgabenansprüchen bestehe. Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht an, weil dem Wortlaut des § 209 Abs 1 erster Satz BAO („.... jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches .... unternommene .... Amtshandlung ....“) nicht entnommen werden kann, daß die Konkretisierung des Abgabenanspruches durch die bzw mit der Amtshandlung Tatbestandselement für die Unterbrechung der Verjährung ist.

Die Beschwerdeführerin bestreitet den nach der Aktenlage und den Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens nachvollziehbaren Bezug des Schreibens des Finanzamtes vom 3. April 1984 an das Landes- als Handelsgericht Linz zur Körperschaftsteuer für das Jahr 1974 im Grund nicht. Die Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides für das Jahr 1974 vom 21. April 1978 durch die belangte Behörde nach § 299 Abs 1 lit c BAO erfolgte - wie bereits ausgeführt - wegen unzureichender Erhebungen zur Angemessenheit des Kaufpreises der im Jahr 1975 erworbenen, jedoch bereits im Jahr 1974 angezahlten Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft im Konzernverbund. Die sodann vom Prüfer im Jahr 1979 vorgenommenen ergänzenden Ermittlungen, wie auch das Schreiben des Finanzamtes vom 3. April 1984 an das Landes- als Handelsgericht Linz, waren zweifelsfrei auf die Klärung dieses Fragenkreises gerichtet. Das eben erwähnte Schreiben ist daher hinsichtlich der Körperschaftsteuer für das Jahr 1974 als taugliche Unterbrechungshandlung im Sinn des § 209 Abs 1 BAO anzusehen.

Eine Auseinandersetzung mit den umfangreichen Ausführungen beider Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu den möglichen materiell-rechtlichen Auswirkungen der Anzahlung auf den Erwerb der Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft im Konzernverbund kann unterbleiben, weil entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - wie bereits ausgeführt - die (Un)Tauglichkeit einer Unterbrechungshandlung, zum Beweisthema beizutragen, nicht deren Wirkung berührt und rechtlich verfehlte Annahmen der Abgabenbehörde nicht die Rechtsfolgen einer Unterbrechungshandlung beseitigen. Es erübrigt sich daher auch, auf die in diesem Zusammenhang gerügte Verletzung von Verfahrensvorschriften einzugehen.

Die Beschwerdeführerin rügt zwar generell die Verletzung von Verfahrensvorschriften, macht aber - mit der eben erwähnten Ausnahme - nur rechtliche Bedenken geltend. Dem sonstigen Beschwerdevorbringen läßt sich weder entnehmen, in welchem Punkt der festgestellte Sachverhalt aktenwidrig angenommen worden sein soll, noch welche Ermittlungen die Beschwerdeführerin vermißt. An Hand der Aktenlage konnte der Verwaltungsgerichtshof auch von sich aus eine wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht feststellen.

Der angefochtene Bescheid läßt sohin keine Rechtswidrigkeit erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl Nr 243.

Hinsichtlich des nicht in der Amtlichen Sammlung enthaltenen zitierten hg Erkenntnisses wird an Art 14 Abs 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl Nr 45/1965, erinnert.

Wien, am 29. November 1988

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