VwGH 91/13/0037

VwGH91/13/003718.10.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden des F in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der FLD für Wien, NÖ und Bgld vom 1) 20. 12. 1990, Zl GA 7-1034/2/90 (erstangefochtener Bescheid), betreffend Haftung für Gewerbesteuer 1978, und vom 2) 21. 12. 1990, Zl GA 7-1034/3/90 (zweitangefochtener Bescheid), betreffend Haftung für Körperschaftsteuer 1978, Kapitalertragsteuer 1978, Umsatzsteuer 1978, Umsatzsteuer 1979 und Umsatzsteuervorauszahlung 6/81, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §238 Abs1;
BAO §238 Abs2;
BAO §248;
BAO §6 Abs1;
BAO §6 Abs2;
BAO §7 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
EStG 1972 §78 Abs3;
EStG 1972 §93;
EStG §78 Abs3;
EStG §93;
GmbHG §15 Abs1;
GmbHG §18 Abs1;
UStG 1972;
UStG 1994;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwGG §13 Abs1 Z2;
VwRallg;
BAO §238 Abs1;
BAO §238 Abs2;
BAO §248;
BAO §6 Abs1;
BAO §6 Abs2;
BAO §7 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
EStG 1972 §78 Abs3;
EStG 1972 §93;
EStG §78 Abs3;
EStG §93;
GmbHG §15 Abs1;
GmbHG §18 Abs1;
UStG 1972;
UStG 1994;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwGG §13 Abs1 Z2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der erstangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der zweitangefochtene Bescheid wird insoweit, als er über die Heranziehung zur Haftung für Umsatzsteuer 1979 und Umsatzsteuervorauszahlung 6/81 abspricht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, im übrigen aber wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 25.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war seit 1977 gemeinsam mit Dipl.-Ing. T. Kollektivgeschäftsführer, ab dem 13. Jänner 1981 Alleingeschäftsführer der N GmbH. Über das Vermögen der N GmbH wurde am 17. Juni 1981 das Ausgleichsverfahren, am 8. Februar 1982 das Konkursverfahren eröffnet, welches am 12. Dezember 1984 mangels Kostendeckung aufgehoben wurde. Mit Beschluß vom 12. Juni 1986 wurde die N GmbH im Handelsregister gelöscht.

Mit Anfragen vom 15. Dezember 1986 teilte das Finanzamt dem Beschwerdeführer mit, daß seine Heranziehung als Haftungspflichtiger für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der N GmbH in Erwägung gezogen wird. Es liege im Interesse des Beschwerdeführers zu beweisen, daß die Abgabenschulden bei der Gesellschaft einbringlich seien, oder daß der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen.

Mit Datum vom 3. Jänner 1989 erließ das Finanzamt zwei Bescheide, mit denen der Beschwerdeführer zur Haftung für unter anderem "Gewerbesteuer 1978" in Höhe von S 299.028,-- einerseits und für unter anderem Körperschaftsteuer 1978, Umsatzsteuer 1978, Kapitalertragsteuer 1978, Umsatzsteuer 1979 und "Umsatzsteuer 6/81" in Gesamthöhe von S 1,511.945,-- andererseits herangezogen wurde. Über Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 245 Abs 2 BAO ergänzte das Finanzamt die Begründung dieser Bescheide dahin, daß die nach dem Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung festgestellten Steuernachforderungen wegen nicht vollständiger und richtiger Abgabenerklärungen durch den Beschwerdeführer nicht mehr hätten eingebracht werden können. Bei richtiger Erstellung der Abgabenerklärungen wären die Abgabenschuldigkeiten durch Zessionen von Forderungen sowie Pfändungen im Vollstreckungsweg einbringlich gewesen.

In den gegen diese Bescheide eingebrachten, mit Ausnahme der bezogenen Abgabenarten wortgleichen Berufungen wurde zunächst Verjährung eingewendet, weil die Haftung nicht innerhalb der gegenüber der Hauptschuldnerin zur Verfügung stehenden Bemessungsverjährung ausgesprochen worden sei. Allenfalls gegen die Hauptschuldnerin verjährungsunterbrechend gesetzte Handlungen (wie eine Betriebsprüfung), die sich ausschließlich gegen die Hauptschuldnerin gerichtet hätten, hätten nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1963, 1446/62, Slg 2994/F, unterbrechende Wirkung nur gegen diese, nicht auch gegenüber anderen potentiellen Schuldnern. Darüber hinaus wurden "aus Vorsichtigkeit" auch materiellrechtliche Einwendungen gegen die Bescheide erhoben. Hauptursache des Vermögensverfalles der N GmbH sei die Geschäftsbeziehung zur ÖK GmbH gewesen, die auch die N GmbH in den wirtschaftlichen Ruin geführt habe. Die Situation der N GmbH habe sich zu dem Zeitpunkt dramatisch verändert, als habe erkannt werden müssen, daß die Forderungen der N GmbH gegen die ÖK GmbH in der Größenordnung von S 10,000.000,-- uneinbringlich geworden seien. Der als handelsrechtlicher Geschäftsführer in einem Angestelltenverhältnis agierende Beschwerdeführer sei im Innenverhältnis nicht nur auf Grund des Weisungsrechtes des die Geschicke der N GmbH bestimmenden Hauptgesellschafters und Mitgeschäftsführers, sondern auch auf Grund getroffener Vereinbarungen lediglich für technische und allgemein-administrative Verrichtungen zuständig gewesen. Sämtliche steuertechnischen und finanziellen Belange seien von Dipl.-Ing. T. alleinverantwortlich wahrgenommen worden. Auf Grund dessen Agierens, welches im Rahmen des Betriebsprüfungsverfahrens zu einer Neufestsetzung der gegenständlichen Abgabe geführt habe, habe der Beschwerdeführer aber weder erkennen noch abstrakt verhindern können, daß die steuerliche Buchführung des Dipl.-Ing. T. einer steuerlichen Prüfung nicht standhalten könne. Im Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers habe sich keine Pflichtverletzung im Sinne des § 80 BAO ereignen können. In der Folge legte der Beschwerdeführer anhand einzelner Textziffern des über die abgabenbehördliche Prüfung ergangenen Berichtes dar, daß die entsprechenden Feststellungen auf das allein verantwortliche Handeln des Dipl.-Ing. T. zurückzuführen seien und für den Beschwerdeführer kein Grund zur Annahme bestanden habe, daß dieses nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprochen habe. Aus den dem Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Unterlagen sei die "Umsatzsteuerschuld 6/81" keinesfalls nachzuvollziehen. Aus dem Ausgleichsstatus des mit seiner Erstellung beauftragten Wirtschaftstreuhänders zum 30. Juni 1981 ergebe sich überdies zwingend, daß die Gesellschaft nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Mittel für die genannten Steuern aufzubringen. Zum Beweis der Richtigkeit des "gesamten Berufungsvorbringens" führte der Beschwerdeführer umfangreiches Material, darunter zahlreiche Gerichtsakten, an.

Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen in den vor dem Verwaltungsgerichtshof strittigen Punkten ab. Begründend führte sie im wesentlichen aus, ein Haftungsbescheid sei eine Einhebungsmaßnahme. Die Erlassung eines solchen sei daher - gemessen an den die Verjährung regelnden Normen - innerhalb der Einhebungsverjährung zulässig. Die Haftungsbescheide wären innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist ergangen.

Zur behaupteten Aufteilung der Geschäftsführungsagenden zwischen dem Beschwerdeführer und Dipl.-Ing. T. führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer hätte nicht dargetan, worin die fehlende rechtliche Beeinflussungsmöglichkeit durch den Beschwerdeführer zu sehen sei. Es werde weder auf die Satzung, noch auf einen Gesellschafterbeschluß, noch auf eine Ermächtigung des Aufsichtsrates Bezug genommen, obwohl nach Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, eine "Geschäftsverteilung" (nur) zulässig wäre, wenn eine solche durch die Satzung oder einen Gesellschafterbeschluß bestimmt werde.

Da sowohl die Satzung als auch Gesellschafterbeschlüsse formbedürftig seien, seien die beantragten Zeugeneinvernahmen zum Nachweis dafür, daß eine derartige Geschäftsverteilung vereinbart gewesen wäre, unerheblich. Das Vorbringen einer Agendenverteilung sei auch deswegen "absolut unglaubwürdig", weil eine GmbH gemäß § 18 Abs 1 GmbHG von Gesetzes wegen nach außen durch die Geschäftsführer vertreten werde, es jedoch aktenkundig sei, daß der Beschwerdeführer allein Jahre hindurch die Abgabenerklärungen unterfertigt hätte. Mit dem Vorbringen, daß der Beschwerdeführer nach außen aufgetreten sei, wann immer es vom zweiten Geschäftsführer gewünscht gewesen sei, und daß bei Erstellung der Abgabenerklärungen, Bilanzen etc nicht einmal der Rat des Beschwerdeführers eingeholt worden wäre, gestehe der Beschwerdeführer ein, daß er hinsichtlich der maßgebenden steuerlichen Agenden keine Kontrolltätigkeit ausgeübt habe. Selbst wenn eine Kompetenzabgrenzung hätte festgestellt werden können, hätte der Beschwerdeführer damit seine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt. Das Vorbringen des Beschwerdeführers laufe darauf hinaus, daß auf Grund der faktisch gegebenen Dominanz des zweiten Geschäftsführers ein Unterordnungsverhältnis bestanden habe, dem sich der Beschwerdeführer nicht entziehen habe können.

Zur Kausalität der Pflichtverletzungen des Beschwerdeführers für die Uneinbringlichkeit wurde ausgeführt, daß die involvierten Abgaben (mit Ausnahme der Umsatzsteuer 6/81) bei richtigen und vollständigen Abgabenerklärungen im September 1980 fällig gewesen seien. Aus den Einheitswerterklärungen zum 1. Jänner 1980 ergebe sich, daß zu diesem Zeitpunkt die GmbH steuerlich mit lediglich

S 1,236.213,-- überschuldet gewesen sei. Die Summe der Besitzposten hätte rund S 39,000.000,-- betragen, darunter wären Betriebsgrundstücke im Einheitswert von rund

S 6,000.000,-- und Betriebseinrichtungsgegenstände im Wert von rund S 8,000.000,-- gewesen. Bezüglich der Umsatzsteuer 1979 bzw 6/81 ging die belangte Behörde davon aus, daß diese mit den Preisen vereinnahmt worden und damit für die Entrichtung zur Verfügung gestanden sei.

In den gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerden erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, als kollektivvertretungsbefugter bzw einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer der N GmbH nicht als Vertreter für Steuerverbindlichkeiten der vertretenen GmbH in Anspruch genommen zu werden. Er bekämpft die Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in welchen die Abweisung der Beschwerden beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet die angefochtenen Bescheide schon aus dem Grunde der Berechtigung seines im Verwaltungsverfahren bereits vorgetragenen Verjährungseinwandes als inhaltlich rechtswidrig. Er macht geltend, daß zum Zeitpunkt der Erlassung der erstinstanzlichen Haftungsbescheide am 3. Jänner 1989 gegenüber der N GmbH bereits Einhebungsverjährung eingetreten sei, weshalb aus dem Grunde des § 224 Abs 3 BAO die Haftungsbescheide gegen ihn nicht mehr hätten erlassen werden dürfen. Da die Fälligkeiten der verschiedenen Abgaben in den Haftungsbescheiden mit dem 1. Jänner 1979, dem 1. Jänner 1980 und dem 1. Jänner 1982 anzusetzen seien, sei Bemessungsverjährung gegenüber der N GmbH schon früher als von der belangten Behörde angenommen eingetreten; selbst unter der behördlichen Annahme über den Beginn des Laufes der Verjährungsfrist mit dem 1. Jänner 1984 seien zum 31. Dezember 1988 alle Abgabenansprüche verjährt gewesen. Die Betriebsprüfung habe, weil von einer unzuständigen Behörde durchgeführt, die Bemessungsverjährungsfrist gegen die Gesellschaft ebensowenig unterbrechen können wie der Vorhalt vom 15. Dezember 1986, der jedenfalls die Einhebungsverjährung nicht habe hindern können.

Diesem Vorbringen ist folgendes entgegenzuhalten:

Mit der Bezugnahme auf § 224 Abs 3 BAO sieht der Beschwerdeführer daran vorbei, daß für eine Anwendbarkeit dieser Bestimmung im Beschwerdefall deswegen kein Raum ist, weil die Abgabenansprüche des Beschwerdefalles nicht durch die Erlassung der hier bekämpften Haftungsbescheide erstmals geltend gemacht worden sind; geltend gemacht waren diese Abgabenansprüche bereits durch die nach § 198 Abs 1 BAO gegenüber der Gesellschaft - zuletzt im Jahr 1983 - erlassenen Abgabenbescheide und den im gleichen Jahr und damit innerhalb der Frist des § 224 Abs 3 BAO gegenüber der Gesellschaft erlassenen Haftungsbescheid für Kapitalertragsteuer des Jahres 1978. Fehl gehen dementsprechend auch die Beschwerdeausführungen, soweit sie den Eintritt von Bemessungsverjährung darzustellen versuchen, weil die Abgabenbehörde das in § 207 Abs 1 BAO der Verjährung unterworfene Recht geraume Zeit vor der Erlassung der nunmehr streitverfangenen Haftungsbescheide ausgeübt hat. Fraglich konnte im Beschwerdefall nur sein, ob der Zulässigkeit der Erlassung von Haftungsbescheiden gegen den Beschwerdeführer der Eintritt der Einhebungsverjährung nach § 238 BAO entgegenstand. Auch dies ist nicht der Fall.

Personen, die nach Abgabenvorschriften für eine Abgabe haften, werden gemäß § 7 Abs 1 BAO durch Geltendmachung dieser Haftung (§ 224 Abs 1) zu Gesamtschuldnern.

Nach der Bestimmung des § 224 Abs 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht, in denen der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern ist, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Nach der systematischen Anordnung dieser Norm innerhalb des mit "Einhebung der Abgaben" überschriebenen 6. Abschnittes der Bundesabgabenordnung handelt es sich bei der kraft dieser Vorschrift (nur) durch Bescheiderlassung wirksam erfolgten Geltendmachung einer Haftung um eine Maßnahme der Einhebung der Abgaben (vgl Stoll, BAO-Kommentar, 2358, sowie Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, TZ 4 zu § 224 BAO und die dort angeführte hg Judikatur). Hievon geht die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden zutreffend aus.

Gemäß § 238 Abs 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe. Nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Bescheides gemäß §§ 201 und 202 unterbrochen, wobei mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, die Verjährungsfrist neu zu laufen beginnt.

Fällig werden Abgaben nach der Bestimmung des § 210 Abs 1 BAO unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides. Besondere Regelungen über die Fälligkeit der Umsatzsteuer sind in der Bestimmung des § 21 Abs 1 in Verbindung mit Abs 3 und Abs 5 UStG 1972 getroffen. Die Fälligkeit eines durch Haftungsbescheid nach § 224 Abs 3 BAO erstmals geltend gemachten Abgabenanspruches (im Beschwerdefall: Kapitalertragsteuer) wird durch die nach § 224 Abs 1 BAO zu setzende Zahlungsfrist bestimmt.

Ausgehend von der behördlichen Annahme einer Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben im Jahre 1983 begann die Frist für die Verjährung des Einhebungsrechtes nach § 238 Abs 1 BAO demnach am 1. Jänner 1984 zu laufen und lief mit Ablauf des 31. Dezember 1988 ab, sofern sie nicht nach § 238 Abs 2 BAO unterbrochen wurde. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung haben die an den Beschwerdeführer ergangenen Mitteilungen des Finanzamtes vom 15. Dezember 1986 über sein Vorhaben, die Haftung für die Abgabenschulden der N GmbH geltend zu machen, Unterbrechungswirkung im Sinne des § 238 Abs 2 BAO entfaltet. Zu diesem Ergebnis gelangt der Gerichtshof auf dem Weg folgender Erwägungen:

In seinem Erkenntnis vom 10. Juni 1981, Slg Nr 5600/F, hat der Verwaltungsgerichtshof den konstitutiven Charakter des Haftungsbescheides, durch dessen Erlassung der Haftende erst zum Gesamtschuldner wird, in den Vordergrund seiner Erwägungen gerückt und aus der Akzessorietät der Haftung als Voraussetzung für ihre Geltendmachung gefordert, daß zum einen der Anspruch gegen den Hauptschuldner innerhalb der gegen diesen laufenden Bemessungsverjährungsfrist geltend gemacht wurde, und zum anderen auch das Einhebungsrecht gegen den Hauptschuldner noch nicht verjährt ist. Der Gerichtshof hat in diesem, ebenso eine Haftung aus dem Grunde des § 9 Abs 1 BAO betreffenden Beschwerdefall auf die Frage des Eintrittes der Einhebungsverjährung gegenüber der vertretenen Gesellschaft als jenes Kriterium abgestellt, anhand dessen die Zulässigkeit des erst mit Zustellung wirksamen Haftungsbescheides zu beurteilen ist.

Der Beschwerdeführer beruft sich auf dieses Erkenntnis und meint nun, daß der an ihn gerichtete Vorhalt vom 15. Dezember 1986 die Verjährung gegen die N GmbH nicht habe unterbrechen können. Damit ist die Frage angesprochen, ob Amtshandlungen der Abgabenbehörde im Sinne des § 238 Abs 2 BAO die Verjährung des Rechtes zur Einhebung fälliger Abgaben gegenüber jedem für diese Abgaben in Betracht kommenden Zahlungspflichtigen oder nur gegenüber demjenigen unterbrechen, gegen den diese Amtshandlungen gesetzt wurden, ob Unterbrechungshandlungen nach § 238 Abs 2 BAO demnach, mit anderen Worten, subjekts- oder objektsbezogen wirken. Der Bestand der verwaltungsgerichtlichen Judikatur zu dieser Frage ergibt folgenden Befund:

In seinem - noch zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Bundesabgabenordnung ergangenen - Erkenntnis vom 17. Dezember 1963, Slg Nr 2994/F, hat der Verwaltungsgerichtshof den Rechtssatz geprägt, daß die eindeutig nur gegen einen Gesamtschuldner gerichtete Festsetzung dem durch sie nicht berührten Gesamtschuldner (einem im damaligen Beschwerdefall im Grunde des § 14 BAO zur Haftung herangezogenen Unternehmenserwerber) nicht schaden könne; daß die Verjährung nach der Bestimmung des § 147 Abs 1 AO "durch jede Handlung" unterbrochen werde, die zur Feststellung des Anspruches oder des Abgabepflichtigen nach außen in Erscheinung getreten ist, gebiete eine andere Betrachtungsweise für eindeutig nur gegen einen von mehreren Gesamtschuldnern gesetzte Handlungen nicht, weil am Grundsatz des gesonderten Ablaufes von Verjährungsfristen für Gesamtschuldner sowie Schuldner und Haftende festzuhalten sei.

In seinem Erkenntnis vom 1. Juli 1964, Slg Nr 3117/F, hat der Verwaltungsgerichtshof diese Auffassung unter Hinweis auf das vorzitierte Erkenntnis erneut zum Ausdruck gebracht und im Falle des zur Haftung nach § 9 Abs 1 BAO herangezogenen Geschäftsführers einer in Konkurs verfallenen Gesellschaft mbH Unterbrechungsmaßnahmen gegen die Gesellschaft Wirksamkeit gegen den zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer abgesprochen und die Rechtsanschauung geäußert, daß eindeutig nur gegen die Gesellschaft gerichtete Maßnahmen die Verjährungsfrist gegenüber dem Haftenden nicht unterbrechen könnten. Die gleiche Aussage traf der Gerichtshof in seinem zur vergleichbaren Rechtslage nach der Wiener Abgabenordnung ergangenen Erkenntnis vom 28. September 1965, 18/65.

Auch im hg Erkenntnis vom 29. Juni 1992, 91/15/0154, ÖStZB 1993, 50, wurde diese Auffassung im Falle eines zur Haftung nach § 9 Abs 1 BAO herangezogenen Geschäftsführers unter Hinweis auf die zitierte Vorjudikatur bekräftigt; sie wurde auch noch im hg Erkenntnis vom 19. Jänner 1994, 93/16/0161, wiederholt. Im Erkenntnis vom 28. März 1990, 89/13/0189, hat der Verwaltungsgerichtshof einem abgabenbehördlichen Amtshilfeersuchen Unterbrechungswirkung nach § 238 Abs 2 BAO gegenüber dem Haftungspflichtigen mit der Begründung zuerkannt, daß in diesem Amtshilfeersuchen der Haftungspflichtige als Abgabenschuldner angeführt und erklärtes Ziel dieser Amtshandlung die Erlassung eines Haftungsbescheides nach Einlangen der Erhebungsergebnisse gewesen sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hält den in den angeführten Erkenntnissen eingenommenen Standpunkt einer personenbezogenen Wirkung von Unterbrechungshandlungen für den Bereich der (im Beschwerdefall zu beurteilenden) Einhebungsverjährung nicht mehr aufrecht und bekennt sich nunmehr zur Auffassung der anspruchsbezogenen Wirkung von Unterbrechungshandlungen derart, daß Amtshandlungen nach § 238 Abs 2 BAO die Verjährung des in § 238 Abs 1 BAO genannten Rechtes gegenüber jedem unterbrechen, der als Zahlungspflichtiger in Betracht kommt, ohne daß es rechtlich von Bedeutung wäre, gegen wen sich solche Amtshandlungen gerichtet hatten.

Diese Auffassung hat schon die Wortinterpretation der Bestimmung des § 238 Abs 2 BAO für sich. Der Text dieser Vorschrift nimmt nicht Bezug auf eine Person, sondern handelt allein vom Anspruch. "Jede" zur Durchsetzung "des Anspruches" unternommene, nach außen "erkennbare" Amtshandlung wird als verjährungsunterbrechend normiert, ohne daß diesem Gesetzestext ein Anhaltspunkt für die Anordnung entnommen werden kann, eine bestimmte, von einer solchen Amtshandlung "betroffene" Person in das die Verjährungsunterbrechung bewirkende Geschehen einzubinden.

Die im hg Erkenntnis vom 17. Dezember 1963, Slg Nr 2994/F, zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Bundesabgabenordnung angestellte - und in den oben angeführten Folgeerkenntnissen auch für den Geltungsbereich der BAO aufrechterhaltene - Überlegung, daß die im bürgerlichen Recht geltenden Grundsätze über den gesonderten Ablauf von Verjährungsfristen gegen jeden einzelnen von mehreren Gesamtschuldnern auch für das öffentlich-rechtliche Steuerschuldverhältnis, und zwar sowohl für den Fall mehrerer Gesamtschuldner als auch im Verhältnis zu Steuerschuldner und Haftungspflichtigen, Geltung beanspruchen dürften, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht mehr.

Für eine Anwendbarkeit des im Zivilrecht aus den §§ 893 und 894 ABGB abgeleiteten Gedankens des gesonderten Ablaufes von Verjährungsfristen fehlt es nämlich entscheidend an der Vergleichbarkeit der zivilrechtlichen Schuldverhältnisse mit dem öffentlich-rechtlichen Steuerschuldverhältnis. Die Schuld- und Haftungsbeziehungen der beiden Rechtskreise unterscheiden sich in gravierender Weise. Anders als im Zivilrecht ist im Abgabenrecht der zur Beurteilung des Bestehens der Schuld und zu ihrer Einbringung befugte Rechtsträger identisch mit dem Gläubiger der Schuld. Anders als im Zivilrecht ist es im Abgabenrecht verschiedentlich - etwa gerade in der Geltendmachung von Haftungen - in die Entscheidung allein des Gläubigers gestellt, eine oder mehrere Personen zu (Gesamt)Schuldnern werden zu lassen und solcherart das Entstehen von Schuldverhältnissen und den Entrichtungszeitpunkt der geschuldeten Leistung erst zu bestimmen. Ein im Abgabenrecht verschiedentlich, darunter in Haftungsfällen zu übendes Ermessen ist dem Zivilrecht fremd.

Völlig unterschiedlich in den beiden Rechtskreisen gestaltet sind gerade auch die Normen über die Verjährung. Nach bürgerlichem Recht beginnt die Verjährung in der Regel mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem das Recht erstmals hätte ausgeübt werden können (§ 1478 ABGB), bei Schadenersatzansprüchen etwa aber überhaupt erst ab Kenntnis von Schaden und Schädiger (§ 1489 ABGB); die Personenbezogenheit des bürgerlich-rechtlichen Verjährungsbegriffes ist offensichtlich. Das Abgabenrecht hingegen kennt zwei, voneinander durchaus zu unterscheidende Formen der Verjährung, wobei der Beginn des Laufes etwa der Bemessungsverjährung in § 208 Abs 1 BAO in Verbindung mit § 4 BAO in einer nicht schuldner-, sondern schuldbezogenen Weise derart geregelt ist, daß es allein auf das - regelmäßig nach objektiven Kriterien normierte - Entstehen des Anspruches als solchen ankommt; auch die in § 238 Abs 1 BAO getroffene Regelung über den Beginn des Laufes der Einhebungsverjährung ist anspruchs- und nicht personenbezogen formuliert. Schließlich unterscheiden sich bürgerliches Recht und Abgabenrecht erheblich auch in jenen Regeln, die bestimmen, was zur Unterbrechung der Verjährung erfordert wird (§ 1497 ABGB einerseits und §§ 209 Abs 1, 238 Abs 2 BAO andererseits).

Die unterschiedliche Gestaltung des zivilrechtlichen und des abgabenrechtlichen Schuldverhältnisses erlaubt die Heranziehung bürgerlich-rechtlicher Regelungsinhalte in der Anwendung der Abgabengesetze nur dann, wenn sich nicht auf Grund unterschiedlicher gesetzlicher Regelungen derartiges verbietet. Für die Beurteilung der Wirkung von Unterbrechungshandlungen nach § 238 Abs 2 BAO liegt kein solcher Verweis vor, der es erlaubte, den Wortlaut dieser Norm in der bisher vorgenommenen Weise einschränkend zu interpretieren. Der im Klammerausdruck in der Bestimmung des § 6 Abs 1 BAO getroffene Hinweis auf § 891 ABGB hat seine normative Bedeutung nur in der Beschreibung der dem Abgabengläubiger gegen seine Schuldner eingeräumte Position der Berechtigung, nach seinem - durch die Vorschrift des § 20 BAO - gebundenen Ermessen wahlweise einen oder mehrere oder alle der Gesamtschuldner zur Entrichtung der ganzen Abgabenschuld oder auch nur eines Teiles heranzuziehen (vgl hiezu auch Stoll, BAO-Kommentar, 91). Eine über diese Beschreibung der Rechtsposition des Abgabengläubigers hinausgehende, einzelne Regelungen der BAO verdrängende Rezeption der weiteren Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über das Gesamtschuldverhältnis und alle seine Rechtsfolgen in das Abgabenrecht ist aus diesem Klammerausdruck nicht abzuleiten.

Ob sich die Ansicht vom gesonderten Ablauf der Einhebungsverjährung und der Subjektbezogenheit der Wirkung von Unterbrechungshandlungen auf einzelne Gesamtschuldner auf den besonders gelagerten Fall des Verhältnisses von (primärem) Steuerschuldner und potentiellem (noch nicht durch Haftungsbescheid in Anspruch genommenem) Haftungspflichtigen auch aus anderen Überlegungen nicht stringent übertragen ließ, braucht nicht mehr untersucht zu werden, weil der Verwaltungsgerichtshof die seiner bisherigen Judikatur zugrunde liegende Rechtsansicht in ihrer Wurzel aufgibt.

Die Zulässigkeit der Erlassung eines Haftungsbescheides ist verjährungsrechtlich im Lichte der Bestimmung des § 238 Abs 1 BAO, wie im hg Erkenntnis vom 10. Juni 1981, Slg Nr 5600/F, dargestellt, demnach ausschließlich daran zu messen, ob diese Einhebungsmaßnahme innerhalb der in § 238 Abs 1 BAO geregelten, allenfalls durch - gegen wen immer "gerichtete" - Amtshandlungen im Sinne des § 238 Abs 2 BAO unterbrochenen Einhebungsfrist gesetzt worden ist. Den jeweiligen Umständen des Einzelfalles in der gebotenen Weise Rechnung zu tragen und aus dieser Beurteilung der Rechtslage, zumal auch hinsichtlich des Elementes der Zumutbarkeit der Heranziehung eines Haftungspflichtigen angesichts lange verstrichener Zeit, resultierende Unbilligkeiten hintanzuhalten, bleibt umso wichtigere Obliegenheit der behördlichen Ermessensübung.

Bezogen auf den Beschwerdefall folgt daraus, daß die an den Beschwerdeführer gerichteten Mitteilungen des Finanzamtes vom 15. Dezember 1986 die Verjährung des Rechtes zur Einhebung der fälligen Abgaben der N GmbH unterbrochen haben. Der vom Beschwerdeführer erhobene Verjährungseinwand erweist sich damit als unberechtigt.

Zur Frage der Verantwortung des Beschwerdeführers hinsichtlich der vereinbarten Geschäftsverteilung der Geschäftsführer während des Zeitraumes der Kollektivgeschäftsführerbefugnis des Beschwerdeführers ist folgendes zu sagen:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß es für die Beurteilung der Verschuldensfrage darauf anzukommen habe, welcher der Geschäftsführer mit der Besorgung der steuerlichen Angelegenheiten befaßt gewesen sei. Eine Überprüfung der Tätigkeit des mit der Entrichtung der Steuern der Gesellschaft betrauten (oder hiefür verantwortlichen) Geschäftsführers durch den anderen Geschäftsführer komme nur dann in Betracht, wenn ein Anlaß vorliege, an der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung zu zweifeln (vgl das hg Erkenntnis vom 24. Juni 1982, 81/15/0100, und die darin zitierte weitere Rechtsprechung). Übereinstimmend damit hat der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. Jänner 1982, 81/14/0083, 0169, zum Ausdruck gebracht, daß im Fall einer Aufteilung der Agenden zwischen mehreren Geschäftsführern einer GmbH im Regelfall die mit Abgabenangelegenheiten nicht befaßten Personen zur Haftung dafür nicht herangezogen werden können.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer vorgebracht, daß im Innenverhältnis nicht er, sondern der zweite, gemeinsam mit ihm kollektivvertretungsbefugte Geschäftsführer mit der Wahrnehmung der Abgabenangelegenheiten betraut gewesen sei. Er selbst sei lediglich für technische und allgemein-administrative Verrichtungen zuständig gewesen. Für dieses Vorbringen bot der Beschwerdeführer auch zwei Zeugen an.

Die belangte Behörde ging bei ihrer Beurteilung dieses Vorbringens zunächst davon aus, daß eine interne Aufteilung der Geschäftsführungsagenden dann nicht vorliegen könne, wenn der danach mit Abgabenangelegenheiten nicht betraute Geschäftsführer nach außen aufgetreten ist. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß eine INTERNE Vereinbarung einem Tätigwerden nach AUßEN keineswegs entgegensteht, weil eine solche Vereinbarung die die Vereinbarung schließenden Parteien schon begrifflich nur im Innenverhältnis bindet, aber keine Wirkung im Außenverhältnis entfaltet. Aber auch die Beurteilung durch die belangte Behörde, eine interne Agendenverteilung der Geschäftsführer könne letztlich nur durch eine formbedürftige Satzungsbestimmung oder einen ebensolchen Geschäftsführerbeschluß vereinbart werden, worauf die belangte Behörde die Unerheblichkeit der Einvernahme der zum Nachweis seines Vorbringens vom Beschwerdeführer angebotenen Zeugen stützte, ist verfehlt. Eine derartige Agendenverteilung ist insbesondere auch im Rahmen eines mit dem Geschäftsführer abgeschlossenen Angestelltenvertrages möglich

(vgl Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, 125). Darüber hinaus vertritt der Gerichtshof aber auch die Ansicht, daß eine interne Verteilung der Geschäftsführeragenden, soweit sie nachweisbar bestand, unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Zulässigkeit, grundsätzlich geeignet sein kann, ein Verschulden des danach mit Abgabenangelegenheiten nicht betrauten Geschäftsführers an der Uneinbringlichkeit von Abgabenschuldigkeiten auszuschließen. Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht zur Auffassung gelangt, daß die behauptete Agendenverteilung "absolut unglaubwürdig" ist.

Dennoch rügt der Beschwerdeführer zu Unrecht, daß die belangte Behörde im Hinblick auf die Agendenverteilung ein Verschulden des Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen hat. Dies schon deshalb, weil der Beschwerdeführer ungeachtet der internen Agendenverteilung offenbar infolge Abwesenheit des intern Zuständigen die Abgabenerklärungen unterfertigt hat und dadurch intern als Stellvertreter aufgetreten ist. Der Beschwerdeführer kann sich damit aber auf die interne Unzuständigkeit nicht mehr berufen, weil ihn insoweit auch intern die Verantwortung für die entsprechenden Abgabenangelegenheiten trifft.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde dadurch, daß sie die zum Nachweis der behaupteten Geschäftsverteilung vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen nicht einvernommen hat, keine Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Hinsichtlich Umsatzsteuer 6/81 rügt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes insoferne, als die belangte Behörde zwar unter anderem hinsichtlich der im Juli 1981 fällig gewordenen Körperschaftsteuer 1979 und Gewerbesteuer 1979 davon ausgegangen ist, daß Mittel zur Entrichtung der Abgabenschuld unter Berücksichtigung des schließlich mangels kostendeckenden Vermögens aufgehobenen Insolvenzverfahrens "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" nicht mehr zur Verfügung standen, dies aber für die im August 1981 fällige Vorauszahlung nicht berücksichtigte. Was für Juli 1981 hinsichtlich der Zahlungsunfähigkeit gelte, habe ebenso für August 1981 zu gelten.

Diese andere Beurteilung hinsichtlich der Umsatzsteuervorauszahlung für Juni 1981 begründete die belangte Behörde damit, daß nach dem hg Erkenntnis vom 22. Februar 1989, 85/13/0214, davon auszugehen sei, daß die Umsatzsteuer mit den Preisen vereinnahmt wird und damit für die Entrichtung zur Verfügung steht. Daran ändere auch nichts, daß sich die N GmbH im Zeitpunkt der Fälligkeit der betreffenden Umsatzsteuervorauszahlung bereits im Ausgleich befand (Ausgleichseröffnung am 17. Juni 1981).

Nun ist der belangten Behörde einzuräumen, daß der Gerichtshof im zitierten Erkenntnis unter Verweisung auf seine ständige Rechtsprechung ausgesprochen hat, daß "regelmäßig davon auszugehen ist, daß die Umsatzsteuer mit den Preisen für die erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen bezahlt wird und daher für die Abfuhr an das Finanzamt zur Verfügung steht". An Erkenntnissen des Gerichtshofes, in denen die Auffassung vertreten wurde, das Unterbleiben der Abfuhr von mit den Leistungsentgelten (bereits) vereinnahmter Umsatzsteuer begründe - ebenso wie das Unterbleiben der Abfuhr von Lohnsteuer - anders als bei anderen Abgaben ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten ein im Sinne des § 9 BAO relevantes Verschulden, sind etwa die Erkenntnisse vom 2. Oktober 1984, 84/14/0027, vom 18. September 1985, 84/13/0085 und 84/13/0086, vom 13. September 1988, 85/14/0161, vom 17. Jänner 1989, 88/14/0193, vom 23. Mai 1990, 89/13/0143, und vom 20. Juni 1990, 89/13/0142, zu nennen.

Dem gegenüber hat der Gerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 10. Juni 1980, 535/80, vom 17. September 1986, 84/13/0198, und vom 13. Dezember 1989, 88/13/0223, zum Ausdruck gebracht, der Unternehmer sei bei der Umsatzsteuer anders als der Arbeitgeber bei der Lohnsteuer selbst Steuerschuldner. Stünden ausreichende Mittel zur Entrichtung der Umsatzsteuer nicht zur Verfügung, so könne dies eine für die Uneinbringlichkeit kausale schuldhafte Verletzung der Abfuhrpflicht ausschließen. Es könne nicht verlangt werden, daß der Abgabengläubiger vor allen übrigen Gläubigern befriedigt werde. Insbesondere im oben zitierten Erkenntnis vom 17. September 1986, aber auch im Erkenntnis vom 10. Juni 1980 beurteilte der Gerichtshof das Verschulden hinsichtlich der Nichtabfuhr von Lohnsteuer einerseits und anderer Abgaben (einschließlich Umsatzsteuer) andererseits, verschieden.

Es war daher davon auszugehen, daß die bisherige Rechtsprechung die Frage nach dem Verschulden von zur Haftung herangezogenen Geschäftsführern hinsichtlich Umsatzsteuer nicht einheitlich beantwortet hat, weil entweder die (eingenommene) Umsatzsteuer wie die Lohnsteuer jedenfalls, dh ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten in voller Höhe abzuführen, oder sie bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten wie die anderen Abgaben aliquot, dh unter Gleichbehandlung des Abgabengläubigers mit anderen Gläubigern nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mitteln zu entrichten ist.

Unter Berücksichtigung der bereits im Erkenntnis vom 10. Juni 1980, 535/80, zutreffend dargestellten Rechtslage, daß der Unternehmer - anders als der Arbeitgeber bei der Lohnsteuer - hinsichtlich der Umsatzsteuer selbst Steuerschuldner ist, hält der Gerichtshof seine in der Folge vertretene Ansicht, daß die Umsatzsteuer mit den Preisen für die erbrachten Lieferungen und sonstigen Leistungen bezahlt wird und DAHER für die Abfuhr an das Finanzamt, ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten, zur Verfügung steht, nicht aufrecht. Der hiezu angeführten Argumentation (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 2. Oktober 1984, 84/14/0027), ein abgabenrechtlich relevantes Verschulden liege darin, daß der Unternehmer, wenn er den Betrieb ohne Verstöße gegen abgabenrechtliche Pflichten schon zu einem früheren Zeitpunkt als dem der wenig später erfolgten Konkurseröffnung nicht mehr führen konnte, die Konsequenz daraus schon zum früheren Zeitpunkt ziehen hätte müssen, steht der Umstand entgegen, daß grundsätzlich weder die Frage, ob den Geschäftsführer ein Verschulden am Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH trifft, noch andere als abgabenrechtliche Pflichten - etwa die Pflicht rechtzeitig einen Konkursantrag zu stellen oder ein Ausgleichsverfahren zu betreiben - für die Haftung gemäß § 9 BAO von Bedeutung ist (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 13. September 1988, 87/14/0148, vom 30. Mai 1989, 89/14/0043, und vom 18. Dezember 1981, 81/15/0108, 0109).

Der Gerichtshof vertritt nunmehr die bereits im Erkenntnis vom 17. September 1986, 84/13/0198, zum Ausdruck kommende Ansicht, daß das Verschulden im Zusammenhang mit der Haftung für Umsatzsteuer wie bei den "anderen" Abgaben (mit Ausnahme von Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer) zu beurteilen ist.

Ebenso wie bei den oben angeführten "anderen" Abgaben ist es nunmehr auch bei der Umsatzsteuer Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs 1 BAO angenommen werden darf. Als schuldhaft im Sinne dieser Bestimmung gilt jede Form des Verschuldens, somit auch leichte Fahrlässigkeit. Der Geschäftsführer haftet für nichtentrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, daß er diese Mittel ANTEILIG für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

Im Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebracht, daß die Gesellschaft insbesondere zum 30. Juni 1981 nicht mehr in der Lage gewesen sei, die Mittel für fällige Abgaben aufzubringen. Die belangte Behörde folgte dieser Argumentation, weil im Hinblick auf das schließlich mangels kostendeckenden Vermögens aufgehobene Insolvenzverfahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden müsse, daß im Zeitpunkt dieser Fälligkeiten die Mittel zur Entrichtung der Abgabenschulden nicht (mehr) zur Verfügung standen und gab daher der Berufung für im Juli 1981 fällig gewordene Abgaben Folge. Stattgegeben war der Berufung auch hinsichtlich Umsatzsteuer 6/81 mit Berufungsvorentscheidung worden. Demgegenüber wies die belangte Behörde die Berufung ungeachtet der von ihr als erwiesen angenommenen Mittellosigkeit der N GmbH im Juli 1981 hinsichtlich der im August 1981 fälligen Umsatzsteuervorauszahlung 6/81 und die Berufung hinsichtlich Umsatzsteuer 1979, ausschließlich gestützt auf die vom Verwaltungsgerichtshof in einigen Erkenntnissen ausgesprochene Ansicht ab, daß die Umsatzsteuer mit den Preisen vereinnahmt wird und damit für die Entrichtung zur Verfügung steht. Da diese Ansicht aber aus den angeführten Gründen nicht aufrecht erhalten werden kann, hat die belangte Behörde den zweitangefochtenen Bescheid insoweit mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, daß ihm zwar über sein Ersuchen, ihm sämtliche Abgabenbescheide, hinsichtlich derer er zur Haftung herangezogen wurde, zu übermitteln, ein "Konvolut von Unterlagen" zur Verfügung gestellt wurde, welches aber nicht alle Bescheide enthalten habe. Da der Beschwerdeführer aber nicht konkret anführt, welche Abgabenbescheide nicht übermittelt wurden, kann der Gerichtshof nicht erkennen, inwiefern er durch diese Vorgangsweise gegebenenfalls gehindert war, seine Rechte im Zusammenhang mit der Heranziehung zur Haftung wahrzunehmen. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang meint, daß ihm dadurch die Möglichkeit genommen wurde, die zugrunde liegenden Abgabenbescheide anzufechten, ist darauf hinzuweisen, daß ein Haftungspflichtiger gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung einer Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen kann. Eine solche Berufung ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sodaß der Beschwerdeführer durch eine allfällige Behinderung seiner Verteidigungsrechte in einem solchen Berufungsverfahren im Beschwerdefall nicht in seinen Rechten verletzt sein kann (vgl die bei Stoll, BAO, Kommentar, 2556, zitierte hg Judikatur, wonach im Fall einer Berufung sowohl gegen die Heranziehung zur Haftung als auch gegen den Abgabenanspruch zweigeteilt zuerst über die Berufung gegen den Haftungsbescheid und dann, wenn dieser Berufung nicht stattgegeben wird, über die Berufung gegen den Abgabenanspruch zu entscheiden ist).

Berechtigt ist hingegen das unter dem Vorwurf einer Verletzung von Verfahrensvorschriften erstattete Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte sich mit den in der Berufung erhobenen Einwendungen zur mangelnden Kausalität allfälliger Pflichtverletzungen des Beschwerdeführers nicht ausreichend auseinandergesetzt. Dem diesbezüglich mit zahlreichen Beweisanboten untermauerten, auf die Besonderheiten des Beschwerdefalles bezogenen Vorbringen des Beschwerdeführers zum inkriminierten Zeitraum (9/80) hält die belangte Behörde gestützt auf den Einheitswertbescheid zum 1. Jänner 1980 und den Zeitpunkt der Überschuldung im Sinn des Insolvenzrechtes gemäß § 1 Abs 1 AO in Verbindung mit § 69 Abs 2 KO lediglich entgegen, daß der Abgabenbehörde zur Einbringlichmachung der Abgaben - wären sie richtig erklärt worden - sieben Monate zur Verfügung gestanden wären, ohne auf das ausdrückliche Berufungsvorbringen, unter anderem zedierbare Forderungen seien nicht vorhanden gewesen, einzugehen. Zwar obliegt es - wie oben ausgeführt - dem zur Haftung herangezogenen Geschäftsführer, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gemäß § 9 Abs 1 BAO angenommen werden darf. Diese qualifizierte Mitwirkungspflicht bedeutet aber nicht, daß die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre; entspricht der Geschäftsführer nämlich seiner Obliegenheit, das Nötige an Behauptung und Beweisanbot zu seiner Entlastung darzutun, dann liegt es an der Behörde, erforderlichenfalls Präzisierungen und Beweise vom Geschäftsführer noch abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen zu treffen (vgl das hg Erkenntnis vom 10. November 1993, 91/13/0181). Hätte sich die belangte Behörde aber dementsprechend mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers in dieser Weise auseinandergesetzt, so ist nicht auszuschließen, daß sie zu einem anderslautenden Bescheid gelangt wäre.

Einen Begründungsmangel enthält der zweitangefochtene Bescheid im übrigen insoweit, als der Haftungsinanspruchnahme für Umsatzsteuer 1978 überhaupt jede Begründung fehlt.

Der zweitangefochtene Bescheid war daher insoweit, als er über die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung für Umsatzsteuer 1979 und Umsatzsteuervorauszahlungen 6/81 abspricht, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, im übrigen aber ebenso wie der erstangefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl Nr 416/1994.

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