VwGH Ra 2019/09/0035

VwGHRa 2019/09/003522.5.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des P H in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 17. Dezember 2018, LVwG 30.19-1223/2018-15, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG §133 Abs4
GSpG 1989 §14 Abs3
GSpG 1989 §2
GSpG 1989 §4
GSpG 1989 §52 Abs1
GSpG 1989 §52 Abs2
VStG §9 Abs2
VwGG §34 Abs1
12010E049 AEUV Art49
12010E056 AEUV Art56
12010E267 AEUV Art267
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
62009CJ0347 Dickinger und Ömer VORAB
62012CJ0390 Pfleger VORAB
62015CJ0464 Admiral Casinos Entertainment VORAB
62015CJ0685 Online Games VORAB
62017CJ0003 Sporting Odds VORAB
62017CO0079 Gmalieva VORAB

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019090035.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis vom 20. März 2018 erkannte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde den Revisionswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer einer näher genannten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 2 Abs. 12 und 4, § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) iVm § 9 Abs. 1 VStG in sieben Fällen für schuldig und verhängte über ihn gemäß § 52 Abs. 2 GSpG sieben Geldstrafen von je 8 000 Euro (im Nichteinbringungsfall je neun Tage Ersatzfreiheitsstrafe). 2 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur insoweit Folge, als es die Geldstrafen auf jeweils 5 000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils drei Tage herabsetzte. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig. 3 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 4 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 Dem Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist zu erwidern, dass die für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV aufgeworfenen Fragen klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09 , Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12 , Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15 , Rn. 31, 35 ff; sowie vom 28.2.2018, Sporting Odds, C-3/17 , Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17 , Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Er hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser - weiterhin maßgeblichen - Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall mit seiner Beurteilung im Ergebnis nicht abgewichen. Das Zulässigkeitsvorbringen zeigt nichts auf, was diesbezüglich zu einer anderen Beurteilung führen könnte. Die angefochtene Entscheidung steht entgegen diesem Vorbringen auch nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12 .

6 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a, C-685/15 , die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. EuGH 28.2.2018, Sporting Odds, C-3/17 , Rn. 55; VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0039). 7 Soweit das Zulassungsvorbringen in der Revision auf § 14 Abs. 3 GSpG Bezug nimmt, aber sonst keine weiteren Ausführungen zu dieser Thematik vornimmt, genügt es, auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 2018 zu verweisen.

8 Mit dem Vorbringen, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juli 2018, Ra 2017/17/0052, bezüglich (unzulässiger) Werbepraktiken ein entsprechendes Beweisverfahren durchführen hätte müssen und entsprechende Feststellungen hätte treffen müssen, wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ausreichend dargetan (vgl. VwGH 25.4.2019, Ra 2019/09/0021, mwN). 9 Beim Inhalt der Bestellungsurkunde nach § 9 Abs. 2 VStG handelt es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes um eine im Einzelfall auszulegende Erklärung. Wie eine solche Erklärung aufzufassen ist, ist jeweils nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und stellt im Allgemeinen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar. Die Auslegung einer konkreten Bestellungsurkunde im Einzelfall wäre nur revisibel, wenn dem Verwaltungsgericht dabei eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. VwGH 24.9.2018, Ra 2018/05/0225; 11.4.2018, Ra 2017/11/0242, je mwN). Eine solche wird in der Revision mit dem unter diesem Gesichtspunkt erstatteten Zulässigkeitsvorbringen nicht aufgezeigt (siehe etwa VwGH 7.10.1997, 95/11/0088, zu dem für eine wirksame Bestellung bestehenden Erfordernis einer klaren Abgrenzung des räumlichen und sachlichen Bereichs eines Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wird).

10 Soweit das Zulässigkeitsvorbringen der Revision schließlich die Strafzumessung durch das Verwaltungsgericht thematisiert, ist diesem zu erwidern, dass es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung handelt, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/09/0145). Im vorliegenden Fall hat das Landesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im angefochtenen Erkenntnis unter Ausführungen zum Unrechtsgehalt der Tat, Berücksichtigung des Wegfalls des von der belangten Behörde herangezogenen Erschwerungsgrunds und dem Fehlen von Milderungsgründen sowie der vom Revisionswerber angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse und des Verschuldensgrades eine ausreichende Abwägung zur Strafbemessung vorgenommen.

11 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

12 Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 22. Mai 2019

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