VwGH Ra 2017/16/0163

VwGHRa 2017/16/016321.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, in der Revisionssache der B-GesmbH, Nfg. OG in W, vertreten durch die Arnold Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 14. Dezember 2015, Zl. RV/7102016/2011, betreffend Rechtsgebühren, (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
GebG 1957 §20 Z5;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht im Instanzenzug gegenüber der Revisionswerberin Gebühren für drei Hypothekarverschreibungen aus dem Jahr 2005 gemäß § 33 TP 18 GebG und für eine Abtretung (Zession) aus dem Jahr 2005 gemäß § 33 TP 21 GebG fest und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens, wobei die zugrunde liegenden Pfandbestellungsverträge und der Abtretungsvertrag im wesentlichen Wortlaut wiedergegeben wurden, hielt das Bundesfinanzgericht zunächst fest, dass es sich bei den in Rede stehenden Pfandbestellungsverträgen um Hypothekarvereinbarungen im Sinn des § 33 TP 18 Abs. 1 GebG handle und diese durch Unterfertigung der Pfandurkunden in Wien am 31. Mai 2005 jeweils beurkundet worden seien. Der in Rede stehende, ebenfalls am 31. Mai 2005 beurkundete Abtretungsvertrag habe durch eine Drittschuldnerverständigung die Gebührenschuld ausgelöst.

3 Den im Verfahren behaupteten Befreiungen nach § 20 Z 5 GebG und nach § 19 Abs. 2 GebG hielt das Bundesfinanzgericht u. a. jeweils die Sachverhaltsfeststellung entgegen, dass die in Rede stehenden Sicherungsgeschäfte nicht nur der Sicherstellung des beurkundeten Darlehensvertrages allein, sondern auch der Besicherung künftiger Darlehensgewährungen, sowie der Besicherung bestehender und künftiger Swap-Geschäfte und Hedging-Instrumente dienten. Die Sicherstellungen umfassten auch Erweiterungen und Änderungen der besicherten Rechtsgeschäfte, somit auch künftige Rechtsgeschäfte.

4 Mit Beschluss vom 8. Juni 2017 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen vor ihm erhobenen Beschwerde ab und führte dazu aus, es liege im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Befreiung nach § 20 Z 5 Gebührengesetz 1957 idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2011 an die Errichtung einer Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgebenden Weise zu knüpfen und damit Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte, die sich auch auf künftig abzuschließende Verträge beziehen, von der Befreiung auszuschließen, zumal für künftig abzuschließende Verträge der Eintritt einer Gebührenpflicht nicht hinreichend konkretisiert ist. Auch begegneten die unterschiedlichen Gebührentarife für Pfandbestellungsverträge und Zessionen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

5 Mit Beschluss vom 22. August 2017, E 149/2016-19, trat der Verfassungsgerichtshof über nachträglichen Antrag die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

6 Die sodann erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

7 Die Revisionswerberein erachtet sich im Recht "auf Unterbleiben der Festsetzung von Rechtsgebühren nach dem GebG 1957" und im Recht "auf Anwendung der Gebührenbefreiung nach § 20 Z 5 GebG 1957 und § 19 Abs 2 GebG 1957" verletzt.

8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Gemäß § 33 TP 18 (Hypothekarverschreibungen) des Gebührengesetzes 1957 (GebG), welche Bestimmung gemäß § 37 Abs. 28 GebG im Revisionsfall noch anzuwenden ist, unterlagen Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wurde, nach dem Wert der Verbindlichkeit, für welche die Hypothek eingeräumt worden ist, einer Gebühr von 1 vH.

11 Gemäß § 33 TP 21 (Zessionen) Abs. 1 GebG unterliegen Zessionen oder Abtretungen von Schuldforderungen oder anderen Rechten einer Gebühr von 0,8 vH vom Entgelt.

12 § 19 Abs. 2 GebG in der im Revisionsfall noch maßgebenden Stammfassung lautet:

"(2) Werden in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedener Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, abgeschlossen, so ist die Gebühr für jedes einzelne Rechtsgeschäft zu entrichten. Dies gilt aber nicht für die in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte und Nebenverabredungen, gleichgültig, ob das Hauptgeschäft nach diesem Gesetz oder einem Verkehrsteuergesetz einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegt."

13 § 20 Z 5 GebG in der im Revisionsfall noch maßgebenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 281/1990 lautet auszugsweise:

"§ 20. Der Gebührenpflicht unterliegen nicht

.....

5. Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte - ausgenommen Wechsel - zu Darlehensverträgen (§ 33 TP 8), Kreditverträgen (§ 33 TP 19) und Haftungs- und Garantiekreditverträgen mit Kreditinstituten, ....., sofern über die genannten Verträge spätestens gleichzeitig mit der Beurkundung des Nebengeschäftes eine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet worden ist;"

14 Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung festgehalten, dass sich die Gebührenfreiheit nach § 20 Z 5 GebG nicht auf solche Sicherungsgeschäfte erstreckt, die sich neben bereits abgeschlossenen Kreditverträgen auch auf alle künftigen Kreditgeschäfte beziehen (vgl. VwGH 10.6.1991, 90/15/0026, VwSlg. 6604/F, VwGH 15.9.1986, 85/15/0375, und VwGH 8.9.1983, 82/15/0030).

15 Die Revisionswerberin trägt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, sie habe schon in der "Urbeschwerde" an den Verfassungsgerichtshof ausführlich begründet ("siehe dazu auch unten"), dass das Bundesfinanzgericht in grober Verkennung der Rechtslage die Befreiungsbestimmungen des § 20 Z 5 GebG und des § 19 Abs. 2 zweiter Satz GebG zu Unrecht nicht auf die verfahrensgegenständlichen Rechtsgeschäfte zur Anwendung gebracht habe. Wörtlich führt die Revisionswerberin aus:

"Wie auch unten noch auszuführen, normieren die Befreiungsbestimmungen von § 20 Z 5 und § 19 Abs 2, zweiter Satz GebG die Befreiung für Sicherungsgeschäfte zu Darlehen, wenn das Darlehen gebührenpflichtig ist, und wurden vom Gesetzgeber deshalb geschaffen, um eine Kumulierung von Gebühren für Finanzierungen zu vermeiden. Obwohl beide Befreiungsbestimmungen im gegenständlichen Fall nach dem klaren Wortlaut und Zweck des Gesetzes auf uns anwendbar wären und die Sicherungsgeschäfte als Nebengeschäfte das Hauptgeschäft Darlehen inhaltlich nicht modifizieren (sondern nur die Konditionen des Darlehens), verweigern das Finanzamt und das BFG in Verkennung der Rechtslage und zu unserem Nachteil deren Anwendung. Auch einer gebotenen gesetzeskonformen (verfassungskonformen) Interpretation verschließen sich die Vorinstanzen. Die Ansicht des Finanzamtes und des BFG führt nicht nur zu einer Gebührenbelastung der Finanzierung von fast 4 % (siehe oben), sondern auch zu einer unzulässigen Differenzierung zwischen einer Eigenkapitalfinanzierung (Belastung 0%) und einer Fremdfinanzierung. Derart unterschiedliche Besteuerungen von gleichen Sachverhalten sind aber rechtlich nicht haltbar.

Wenn das BFG in der Begründung der (vermeintlichen) Unzulässigkeit der Revision auf eine Rechtsprechung des VwGH aus dem Jahr 1970 und 1991 verweist, verkennt das BFG bereits bei der rechtlichen Beurteilung der Zulässigkeit der Revision folgende maßgeblichen Aspekte:

Sofern das BFG im angefochtenen Erkenntnis die Entscheidung des VwGH (Erkenntnis vom 10.6.1991, 90/15/0026) als einzige Belegstelle dafür heranzieht, dass die Befreiung im Sinne des § 20 Z 5 GebG bei uns angeblich nicht anwendbar sein soll, übersieht das BFG, dass der VwGH, vor allem was den Zeitpunkt der Beurkundung anbelangt, in diesem Erkenntnis von einer weiteren Anwendung des Befreiungstatbestandes (in unserem Sinn) ausgeht und die Besicherung künftiger Geschäfte in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Sachverhalt deutlich weiter und konkreter formuliert war als beim vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt, unterlässt es das BFG im angefochtenen Erkenntnis rechtswidriger Weise zu hinterfragen bzw zu prüfen, ob

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