VwGH 82/15/0030

VwGH82/15/00308.9.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Raschauer und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Großmann, Dr. Schubert und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Füszl, über die Beschwerde der X in L, vertreten durch Dr. Wolfgang Zahradnik, Rechtsanwalt in Lambach, Marktplatz 14, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 26. Jänner 1982, Zl. 71/2-9/Fe-1982, betreffend Rechtsgebühr und Gebührenerhöhung, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §17 Abs1;
GebG 1957 §17 Abs2;
GebG 1957 §20 Z5;
GebG 1957 §33 TP18;
GebG 1957 §17 Abs1;
GebG 1957 §17 Abs2;
GebG 1957 §20 Z5;
GebG 1957 §33 TP18;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 8.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Pfandbestellungsurkunde vom 2. Juli 1980 verpfändeten die Ehegatten G und IK in L zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten aller Art bis zum Höchstbetrage von S 520.000,--, welche der beschwerdeführenden Partei gegen die genannten Ehegatten "aus im Inland beurkundeten bereits gewährten und künftig zu gewährenden Geld-, Haftungs- oder Garantiekrediten erwachsen sind und in Hinkunft erwachsen werden", eine bestimmt bezeichnete Liegenschaft. Der dabei verwendete Vordruck enthält den Vermerk: "Gebührenfreies Sicherungsgeschäft gemäß § 20 Ziff. 5 GebG 1957 zu einem beurkundeten Kreditvertrag" sowie im Punkt 10. den Satz: "Einvernehmlich wird aus gebührenrechtlichen Gründen festgestellt, daß das Pfandrecht nicht

nur zur Sicherung des von Ihnen mit Urkunde vom .... eingeräumten

Kredites, sondern auch für zukünftige im Inland beurkundete Geld-, Haftungs- oder Garantiekredite dient." In dem eben im Wortlaut wiedergegebenen Satz des Vordruckes der Pfandbestellungsurkunde war ursprünglich ein Datum nicht eingetragen worden.

Mit Bescheid vom 23. Juli 1981 setzte das zuständige Finanzamt der beschwerdeführenden Partei gegenüber einerseits eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 18 Abs. 1 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267 (GebG), in Höhe von S 5.200,-- (1 % von S 520.000,--) und andererseits eine Gebührenerhöhung gemäß § 9 Abs. 2 leg. cit. im gleichen Ausmaß fest.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung beanspruchte die beschwerdeführende Partei die Gebührenbefreiung gemäß § 20 Z. 5 GebG und führte hiezu aus, daß das dem Sicherungsgeschäft zugrunde liegende Kreditverhältnis bereits in der Urkunde vom 17. Juni 1980 beurkundet und vergebührt worden sei. In dieser Urkunde sei bereits die Einräumung des Pfandrechtes erwähnt worden. Damit sei der Beweis über das bereits abgeschlossene, zu besichernde Hauptgeschäft hinreichend erbracht worden. In einem die Berufung ergänzenden Schriftsatz vom 26. August 1981 wies die beschwerdeführende Partei auf § 17 Abs. 2 GebG hin, wonach ihr der Gegenbeweis gegen das Bestehen einer Gebührenschuld offenstehe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 4. November 1981 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Daraufhin stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Über Aufforderung der belangten Behörde, die in der Berufung erwähnte Urkunde über einen Kreditvertrag vom 17. Juni 1980 zu übermitteln, legte die beschwerdeführende Partei Ablichtungen von Kreditverträgen vom 26. Juni bzw. 18. Juli 1978 (Kreditbetrag: S 80.000,--), vom 29. Dezember 1978 (Kreditbetragserhöhung um S 70.000,--) und vom 17. Juni 1980 (Kreditbetragserhöhung um S 130.000,--) vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gleichfalls als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 Z. 5 GebG seien im vorliegenden Fall im Hinblick auf § 17 Abs. 1 leg. cit. deswegen nicht erfüllt, weil in der Pfandbestellungsurkunde die Bezeichnung eines konkreten, im Inland beurkundeten Kreditvertrages nicht enthalten gewesen sei. Ein undeutlicher Urkundeninhalt liege nicht vor, sodaß § 17 Abs. 2 leg. cit. nicht anwendbar erscheine. Außerdem verwies die belangte Behörde darauf, daß nach den im Berufungsverfahren vorgelegten Urkunden eine - der Befreiungsbestimmung des § 20 Z. 5 GebG schädliche - Überbesicherung vorgelegen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 18 Abs. 1 GebG unterliegen Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird, einer 1 %igen Gebühr, die nach dem Wert der Verbindlichkeit berechnet wird.

Nicht der Gebührenpflicht unterliegen gemäß § 20 Z. 5 GebG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 668/1976 Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte - ausgenommen Wechsel - zu Darlehensverträgen und Kreditverträgen (einschließlich Haftungs- und Garantiekrediten) mit Kreditinstituten, der Oesterreichischen Nationalbank, der Österreichischen Postsparkasse, den Versicherungsunternehmungen und den Bausparkassen, sofern über den Darlehens- oder Kreditvertrag im Inland eine Urkunde errichtet oder eine im Ausland errichtete Urkunde in einer für die Entstehung der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise (§ 16 Abs. 2) in das Inland gebracht wurde.

Im vorliegenden Fall geht nun der Rechtsstreit um die Frage, ob für die Pfandbestellungsurkunde vom 2. Juli 1980 auf Grund der zuletzt wiedergegebenen Bestimmung eine Gebührenpflicht entfällt oder nicht. Die belangte Behörde verneint dies in erster Linie mit dem Argument, aus der Pfandbestellungsurkunde vom 2. Juli 1980 gehe nicht, wie dies gemäß § 17 Abs. 1 GebG erforderlich sei, hervor, daß das Sicherungsgeschäft ausschließlich zu einem bestimmten Kreditvertrag, über den im Inland eine Urkunde errichtet wurde, abgeschlossen worden sei. Dadurch, daß in dem vorgedruckten Text dieser Urkunde das Datum des zu besichernden Kreditvertrages nicht eingesetzt worden sei und auch andere Individualisierungsmerkmale nicht vorhanden wären, seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Gebührenfreiheit der vorliegenden Hypothekarverschreibung aus den Gründen des § 17 Abs. 1 GebG nicht erfüllt. Mit der Unterlassung der Ausfüllung des Datums des Kreditvertrages im Textvordruck hätten die Vertragsteile eine klare Aussage getroffen, sodaß auch nicht von einer Undeutlichkeit der beurkundeten Vereinbarung im Sinne des § 17 Abs. 2 leg. cit. gesprochen werden könne.

Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Gemäß dem zweiten Satz dieser Rechtsvorschrift in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 668/1976 zählt zum Urkundeninhalt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen wird, wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.

Im vorliegenden Fall ist nun zunächst der belangten Behörde darin beizupflichten, daß aus der Pfandbestellungsurkunde vom 2. Juli 1980 nicht alle Merkmale, bei deren Vorliegen gemäß § 20 Z. 5 leg. cit. eine Gebührenbefreiung eintritt, erkennbar waren. Denn auf Grund des Urkundenprinzips müßte die Urkunde über das Sicherungsgeschäft einen Hinweis auf den beurkundeten Kreditvertrag enthalten. Ein allgemeiner Hinweis auf die Einräumung von Krediten in der Urkunde über das Sicherungsgeschäft genügt für die Gebührenfreiheit nicht (vgl. Schinnerer-Avancini, Bankverträge II. Teil, S 115). Damit ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, ob die belangte Behörde auch zu Recht annehmen konnte, ein undeutlicher Vertragsinhalt im Sinne des § 17 Abs. 2 GebG liege gegenständlich nicht vor und sei daher die Erbringung eines Gegenbeweises durch die beschwerdeführende Partei nicht zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof ist auf Grund der nachstehend angeführten Erwägungen der Ansicht, daß im vorliegenden Fall sehr wohl von einem undeutlichen Inhalt der Pfandbestellungsurkunde vom 2. Juli 1980 auszugehen ist:

Dem Wortlaut der Urkunde zufolge erfolgte die Sicherstellung bis zum Höchstbetrage von S 520.000,-- für "Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten aller Art", welche der beschwerdeführenden Partei gegen die Vertragspartner "aus im Inland beurkundeten bereits gewährten und künftig zu gewährenden Geld-, Haftungs- oder Garantiekrediten erwachsen sind und in Hinkunft erwachsen werden". Vorerst ist darauf hinzuweisen daß ein Pfandrecht auch für bedingte und künftige Forderungen bestellt werden kann. Auch setzt die Bestimmung des § 14 Grundbuchgesetz über die Höchstbetragshypotheken die Möglichkeit der Pfandbestellung für künftige Forderungen voraus (vgl. Klang im Klang-Kommentar zu § 449 ABGB, S. 417 f). Die Höchstbetragshypothek ist ein Instrument zur Sicherung von Forderungen aus Haupt- und Nebenverbindlichkeiten, die im Rahmen einer Geschäftsverbindung aus gewährten oder in Zukunft zu gewährenden Krediten aller Art, aus dem Titel der Gewährleistung oder des Schadenersatzes erwachsen sind oder noch erwachsen werden. Da die Sicherung sich auch auf Forderungen erstrecken kann, die erst auf Grund künftiger Kreditverträge im Rahmen desselben Geschäftsbesorgungsvertrages entstehen werden, ist die Höchstbetragshypothek geeignet, die gesamte, auf Kreditvertragsbasis beruhende Geschäftsverbindung der Bank gegen Verluste sicherzustellen. Die Banken pflegen eine dahingehende Formulierung in die Pfandbestellungsurkunde aufzunehmen, welche meist eben jenen Wortlaut hat, wie er im vorliegenden Fall gewählt wurde. Diese Praxis steht mit dem Grundbuchsrecht im Einklang, weil die Forderungen aus einem in Zukunft zu gewährenden Kredit auf einem kontinuierlichen Geschäftsverhältnis beruhen, in dem die einzelnen Kreditverträge (die jeweilige Krediterneuerung) die im Rahmen dieses Geschäftsverhältnisses bestehende Kreditbeziehung lediglich gestalten und modifizieren, ohne sie jedoch neu zu begründen (vgl. bezüglich aller dieser Fragen Schinnerer-Avancini, Bankverträge II. Teil, S. 129 und 130).

Wenn nun die in der Pfandbestellungsurkunde vom 2. Juli 1980 vereinbarte Sicherung sich zivilrechtlich gültig nicht nur auf bereits zustandegekommene, beurkundete Kreditverträge, sondern auch auf erst künftig abzuschließende Kreditverträge erstreckt, die Gebührenfreiheit für Sicherungsgeschäfte nach § 20 Z. 5 GebG jedoch voraussetzt, daß die Beurkundung des Kreditvertrages dem Abschluß des Sicherungsgeschäftes zeitlich vorangeht oder zumindest gleichzeitig erfolgt (vgl. Schinnerer-Avancini, Bankverträge II. Teil, S. 115; Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum Gebührengesetz, B II 3 zu § 20), so läßt sich lediglich auf Grund dieser Urkunde noch nicht sagen, für welche Kreditverträge damit eine hypothekarische Besicherung erfolgen sollte. Damit ist aber der Urkundeninhalt in bezug auf die für die Anwendung des § 20 Z. 5 GebG wesentliche Voraussetzung, daß das Sicherungsgeschäft zu einem bereits abgeschlossenen Kreditvertrag erging, undeutlich im Sinne des § 17 Abs. 2 GebG. Unter diesen Umständen waren aber die Verwaltungsinstanzen gemäß der letztzitierten Rechtsvorschrift nur berechtigt, bis zum Beweis des Gegenteiles jenen Urkundeninhalt zu unterstellen, der eine Gebührenfestsetzung zur Folge hat (siehe auch das hg. Erkenntnis vom gleichen Tage, Zl. 82/15/0123).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde selbst noch im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, die Pfandbestellungsurkunde vom 2. Juli 1980 enthaltene für Zwecke der Anwendung des § 20 Z. 5 GebG keine undeutlichen Elemente. Da dies jedoch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht zutrifft, hat die belangte Behörde damit den Inhalt der Pfandbestellungsurkunde vom 2. Juli 1980 unrichtig beurteilt. Schon dieser Rechtsirrtum hat die Aufhebung des angefochtenen Bescheides zur Folge.

Daß die Pfandbestellung kein Sicherungsgeschäft dargestellt hat, wurde von der belangten Behörde hingegen nicht festgestellt. Damit kann die Frage der "Überbesicherung" dahingestellt bleiben. Auch das in Rede stehende Begründungsmoment vermag daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht zu hindern.

Aus den angeführten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Mit dem durch diese Verordnung pauschalierten Schriftsatzaufwandersatz ist auch die Umsatzsteuer abgegolten. Ebenso war der Stempelgebührenersatz nur im gesetzmäßigen Ausmaß zuzuerkennen.

Wien, am 8. September 1983

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte