Normen
ABGB §1090;
GebG 1957 §17 Abs4;
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1;
GebG 1957 §33 TP5 Abs3;
ABGB §1090;
GebG 1957 §17 Abs4;
GebG 1957 §33 TP5 Abs1 Z1;
GebG 1957 §33 TP5 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit schriftlichem Vertrag vom 29. April 1997 pachtete die Beschwerdeführerin von der F GmbH eine Hotelliegenschaft in Sillian. Die Punkte III. und XIV. des Pachtvertrages lauten:
"III. Pachtdauer
Das Pachtverhältnis beginnt mit 15.10.1997 und wird auf die Dauer von neun Jahren abgeschlossen. An diesem Tag um 00.00 Uhr beginnt das erste Pachtjahr, die nachfolgenden Pachtjahre beginnen jeweils um 00.00 Uhr an jenem Tag, der dem Tag, an dem das Pachtverhältnis begonnen hat, entspricht. Das Pachtverhältnis verlängert sich automatisch um neun weiter Jahre, wenn es nicht von einer der beiden Parteien spätestens ein Jahr vor Ablauf der ersten neun Jahre gekündigt wird. Die Kündigung hat mittels eingeschriebenen Brief zu erfolgen; für die Einhaltung der Kündigungsfrist von einem Jahr genügt die rechtzeitige Postaufgabe.
Die Verpächterin hat das Recht, den Pachtvertrag unter der Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr, vorzeitig aufzulösen, wenn das Hotel bzw. die Liegenschaft auf der das Hotel errichtet ist, veräußert wird. Diese Kündigung kann jeweils nur zum 30. April oder 31. Oktober eines jeden Jahres erfolgen.
Wenn die Verpächterin von Ihrem Recht den Pachtvertrag im Falle des Verkaufs des Hotels bzw. der Liegenschaft in den ersten drei Jahren ab Beginn dieses Pachtverhältnisses Gebrauch macht, reduziert sich der Pachtzins für das Pachtjahr, in welchem der Verkauf erfolgt, wobei hierfür die Unterzeichnung des Kaufvertrages maßgeblich ist, auf 50 Prozent des vereinbarten Pachtzinses.
Die Verpächterin ist berechtigt, den Vertrag ohne Setzung einer Frist mit sofortiger Wirksamkeit aus folgenden Gründen zu kündigen:
- wenn die Pächterin mit der Zahlung des Pachtzinses trotz Setzung einer Nachfrist von 30 Tagen säumig ist,
- wenn die Pächterin ihren aus diesem Vertrag erfließenden sonstigen Zahlungsverpflichtungen trotz Setzung einer Nachfrist von 30 Tagen nicht nachkommt,
- wenn das Pachtobjekt auch nur teilweise widmungswidrig verwendet wird,
- wenn die Pächterin gegen die Betriebspflicht (Punkt V.) verstößt,
- wenn die Pächterin nicht fristgerecht die Bankgarantien (Punkt IV.) erlegt,
- wenn die Pächterin ihre Zahlungen einstellt,
- wenn gegen die Pächterin erfolglos Exekution geführt, ein Insolvenzverfahren eröffnet oder ein Konkursantrag mangels eines kostendeckenden Vermögens abgewiesen wird.
...
XIV. Weitergabe des Pachtgegenstandes
Die Pächterin darf in diesem Vertrag eingeräumte Rechte, auch nur teilweise, nur nach vorheriger ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung der Verpächterin weitergeben. Davon ausgenommen sind andere von der Pächterin geführte und zumindest mehrheitlich in ihrem Eigentum stehende Gesellschaften."
Mit vorläufigem Bescheid vom 1. August 1997 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck von diesem Pachtvertrag eine Rechtsgebühr in Höhe von S 792.000,-- vor. Die Bemessungsgrundlage wurde vom Finanzamt auf folgende Weise ermittelt:
Vertragsdauer = 18 Jahre; das Vertragsverhältnis verlängert sich nach Ablauf der bestimmten Dauer von 9 Jahren automatisch um weitere 9 Jahre, sofern nicht vorher von einer der Vertragsparteien gekündigt wird.
Jahresentgelt für die ersten
drei Pachtjahre S 3.000.000,-- x3 9.000.000,--
Jahresentgelt für die
weiteren Pachtjahre S 3.500.000,-- x15 52.500.000,--
20 % Umsatzsteuer daraus 12.300.000,--
jährl. außergew. Instandhaltungs- u.
Erhaltungsarbeiten lt. Pkt. VII. 3.600.000,--
v. Pächterin zu tragende Versicherungskosten
lt. Pkt. VIII. u. Betriebskosten lt. Pkt. XI
vorläufig geschätzt mit 100.000/Jahre x18 1.800.000,--
Gesamtwert 79.200.000,--
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Auffassung vertreten, es liege ungeachtet der Festlegung eines Endtermines ein Vertrag von unbestimmter Dauer vor, wenn auch nur einer Partei ein im Wesentlichen schrankenloses Kündigungsrecht zustehe. Dabei komme es auf "Gewicht und Wahrscheinlichkeit der Realisierung" der vertraglich vorgesehenen Kündigungsgründe an. Das Kündigungsrecht im zweiten Absatz des Punktes III. des gegenständlichen Vertrages sei nicht auf Fälle beschränkt, die nicht im Belieben der zur Kündigung berechtigten Partei stehen. Die Verpächterin könne durch eine entsprechende Vermögenstransaktion (zB Veräußerung bzw Umgründung innerhalb des Konzerns) ohne Zutun der Pächterin den Vertrag jederzeit auflösen. Die gegenständliche Kündigungsklausel sei also ihrem Gewicht und ihrer Wahrscheinlichkeit nach umfassender Natur. Weiters wurde in der Berufung ausgeführt, ein Bestandvertrag habe dann als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen zu gelten, wenn nach dem erklärten Vertragswillen ein Vertragspartner hinsichtlich der Vertragsdauer keine feste Bindung eingegangen sei. Daher sei im vorliegenden Fall der vereinbarte Vertrag als Vertrag auf bestimmte Zeit und nach Ablauf der drei Jahre als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen zu werten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Ansicht der belangten Behörde hätten die Parteien des Bestandvertrages mit Punkt III. des Vertrages ihren Willen zum Ausdruck gebracht, dass sie für den bestimmt bezeichneten Zeitpunkt von neun Jahren an den Vertrag gebunden sein sollten. Weiters hätten die Vertragsparteien eine "automatische" Verlängerung dieser bestimmten Pachtdauer auf weitere neun Jahre unter der Voraussetzung vereinbart, dass das Pachtverhältnis von keiner der beiden Parteien spätestens ein Jahr vor Ablauf der ursprünglich vereinbarten Dauer gekündigt werde. Der wesentliche Inhalt dieser weiteren Vertragsbestimmung bestehe in der Vereinbarung, dass sich das Mietverhältnis in Abhängigkeit von einem zukünftigen ungewissen Ereignis (dass nämlich das Pachtverhältnis nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet ist), um weitere neun Jahre verlängert. Da es aber gemäß § 17 Abs 4 GebG ohne Einfluss auf die Entstehung der Gebührenpflicht sei, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung abhängt, sei auch hinsichtlich der Vertragsverlängerung von einer bestimmten Dauer des Bestandverhältnisses von neun Jahren auszugehen.
Zur Vertragsbestimmung des zweiten Absatzes des Punktes III.
- wonach die Verpächterin das Recht habe, den Pachtvertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr vorzeitig dann aufzulösen, wenn das Hotel bzw die Liegenschaft veräußert wird - vertrat die belangte Behörde die Auffassung, es handle sich dabei nicht um einen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs 2 MRG, sondern um eine Kündigungsmöglichkeit unter Setzung einer Frist, die bei einer bestimmten Vertragsdauer nach § 33 TP 5 Abs 3 letzter Satz GebG für die Gebührenermittlung außer Betracht zu bleiben habe. Die Kündigungsgründe, die nach dem letzten Absatz des Vertragspunktes III. die Verpächterin berechtigen, den Vertrag ohne Setzung einer Frist mit sofortiger Wirksamkeit zu kündigen, seien auf jene wichtigen Kündigungsgründe im Sinne des Mietrechtsgesetzes eingeschränkt gewesen, die auf Umständen beruhen, die allein die Pächterin zu tragen habe.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht "auf Vorschreibung der Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs 3 GebG vom dreifachen Jahreswert" verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 5 Abs 3 Satz 1 GebG in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Änderung durch das Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl I Nr 28/1999, sind bei unbestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen das Jahreswertes zu bewerten. Nach dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle bleibt, wenn die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht wird, dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.
Nach § 17 Abs 4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.
Das Unterscheidungsmerkmal zwischen auf bestimmte Zeit und auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Bestandverträgen besteht darin, ob nach dem erklärten Vertragswillen beide Vertragsteile durch eine bestimmte Zeit an den Vertrag gebunden sein sollen oder nicht, wobei allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus einzelnen bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrages als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht im Wege steht. Was eine Beschränkung der Kündigungsmöglichkeit auf einzelne im Vertrag ausdrücklich bezeichnete Fälle darstellt, ist eine Frage, die nach Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Realisierung der vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe von Fall zu Fall verschieden beantwortet werden muss (vgl zB das hg Erkenntnis vom 17. September 1990, Zl 90/15/0034, mwH).
Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass das Bestandverhältnis zunächst auf die bestimmte Dauer von neun Jahren abgeschlossen worden ist. Nach Ablauf dieser Zeit sollte sich das Pachtverhältnis "automatisch" um weitere neun Jahre verlängern, wenn es nicht von einer der beiden Parteien spätestens ein Jahr vor Ablauf der ersten neun Jahre gekündigt wird. Nach Auffassung der belangten Behörde hatten die Parteien damit eine Verlängerung um weitere neun Jahre vereinbart, wobei für die Entstehung der Gebührenschuld gemäß § 17 Abs 4 GebG die Kündigungsmöglichkeit ohne Bedeutung zu bleiben hatte.
Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, es handle sich bei dem in Rede stehenden Bestandverhältnis um ein auf unbestimmte Dauer abgeschlossenes. Sie beruft sich dabei zunächst auf das im zweiten Absatz des Punktes III. der Verpächterin eingeräumte Recht, den Pachtvertrag vorzeitig dann aufzulösen, wenn "das Hotel bzw die Liegenschaft, auf der das Hotel errichtet ist, veräußert wird". Weiters bezieht sich die Beschwerdeführerin auf Punkt XIV. des Bestandvertrages, wonach die Pächterin berechtigt ist, die ihr eingeräumten Rechte (ohne Zustimmung der Verpächterin) an "andere von der Pächterin geführte und zumindest mehrheitlich in ihrem Eigentum stehende Gesellschaften" weiterzugeben. Damit ist die Beschwerdeführerin im Recht:
Die Verpächterin hat nach dem zweiten Absatz des Punkt III. des Bestandvertrages die Möglichkeit, den Pachtvertrag im Falle der Veräußerung der Hotelliegenschaft aufzulösen. Zu Recht hat die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf die Finanzierungsmöglichkeit im Wege des so genannten
"sale and lease back" hingewiesen, in welchem Falle es (zunächst) zu einem Veräußerungsvorgang kommt. Durch im Wirtschaftsleben gebräuchliche Gestaltungen - etwa auch durch Treuhandvereinbarungen aller Art - ist es also auf Grund der angeführten Vertragsbestimmung der Verpächterin anheim gestellt, das Pachtverhältnis vor Ablauf der bestimmt bezeichneten Dauer zu beenden. Die Dauer des Pachtverhältnisses ist damit als unbestimmt anzusehen.
Aus Punkt XIV. des Vertrages wiederum geht hervor, dass die Pächterin die ihr eingeräumten Rechte an von ihr "geführte" und zumindest mehrheitlich in ihrem Eigentum stehende Gesellschaften weitergeben könne. Durch diese Bestimmung wird die Pächterin in die Lage versetzt, den Pachtvertrag aufzulösen. Ebenso wie im Falle des zu einem Präsentationsrecht ergangenen hg Erkenntnis vom 17. September 1990, Zl 90/15/0034, wurde durch die vorliegende Vertragsbestimmung ein derartiges Maß an Ungewissheit hinsichtlich der Vertragsdauer erreicht, dass von Anfang an von einer unbestimmten Dauer des Vertragsverhältnisses auszugehen ist.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 27. Jänner 2000
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