VwGH 85/15/0375

VwGH85/15/037515.9.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Brauhart, über die Beschwerde der X reg. Gen. m. b. H. in N, vertreten durch Dr. Franz Kampel, Rechtsanwalt in Neulengbach 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. Oktober 1985, Zl. GA 11-2054/85, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §17 Abs2;
GebG 1957 §20 Z5;
GebG 1957 §33 TP18;
GebG 1957 §17 Abs2;
GebG 1957 §20 Z5;
GebG 1957 §33 TP18;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit "Pfandausdehnungsurkunde" vom 8. März 1985 verpfändete Christine K. zur Sicherstellung aller Forderungen an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten bis zu Höchstbeträgen von S 250.000,--, S 187.500,--, S 125.000,--, S 562.500,-- und S 187.500,-- die dem Kreditgeber (Beschwerdeführerin) gegen den Kreditnehmer Josef K. und dessen Rechtsnachfolger "aus gewährten oder künftig zu gewährenden Krediten bereits erwachsen sind oder in Hinkunft erwachsen werden", einen bestimmt bezeichneten ideellen Anteil an einer Liegenschaft. Diese Urkunde enthält keinen Hinweis auf § 20 Z. 5 des Gebührengesetzes 1957 (= GebG), doch ist in ihr angeführt, daß für diese von der Beschwerdeführerin eingeräumten Kredite bereits Pfandrechte vom Kreditnehmer Josef K. ob dem ihm gehörigen ideellen Anteil an der genannten Liegenschaft auf Grund "der ursprünglich gebührenfreien Pfandbestellungsurkunden" bestellt worden sind.

Mit Bescheid vom 17. Juni 1985 setzte das zuständige Finanzamt der beschwerdeführenden Partei gegenüber eine Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 18 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, in Höhe von S 13.125,-- fest.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung beanspruchte die Beschwerdeführerin die Gebührenbefreiung gemäß § 20 Z. 5 GebG und führte hiezu aus, daß die Pfandbestellung der Christine K. im Sinne des § 20 Abs. 5 GebG als Sicherungsgeschäft zu bestehenden Kreditverträgen ihres Ehegatten Josef K. mit der beschwerdeführenden Partei erfolgt sei. Gleichzeitig wies die beschwerdeführende Partei darauf hin, daß sie diese Krediturkunden zur Information anschließe. Tatsächlich wurden jedoch nicht die Krediturkunden, sondern die Pfandbestellungsurkunden vorgelegt, mit welchen der Kreditnehmer Josef K. der beschwerdeführenden Partei seinerzeit für die in Frage stehenden Kredite ein Pfandrecht an dem ihm gehörigen Liegenschaftsanteil eingeräumt hat. Diese Pfandbestellungsurkunden enthalten jeweils den Vermerk "Gebührenfrei gemäß § 20 Z. 5 Gebührengesetz" sowie im Punkt 13., mit Ausnahme einer einzigen Pfandbestellungsurkunde, den Satz "Aus gebührenrechtlichen Gründen wird festgestellt, daß dieses Pfandrecht nicht nur zur Sicherstellung des dem Kreditnehmer mit Urkunde vom 28. 11. 1978, 26. März 1981, 26. Jänner 1982 und 16. April 1982 eingeräumten Kredites, sondern auch für zukünftige, im Inland beurkundete Geld-, Haftungs- oder Garantiekredite dient." Die fünfte Pfandbestellungsurkunde enthält abweichend von den übrigen Urkunden statt Punkt 13. den Satz "In Abänderung des Punktes 2. wird festgelegt, daß gegenständliches Pfandrecht nur zur Sicherstellung von im Inland beurkundeten Krediten dient."

Mit Berufungsvorentscheidung vom 4. September 1985 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gleichfalls als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides vertritt die belangte Behörde die Auffassung, die Voraussetzungen für die Anwendung des § 20 Z. 5 GebG seien im vorliegenden Fall im Hinblick auf § 17 Abs. 1 leg. cit. deswegen nicht erfüllt, weil die Pfandbestellungsurkunde weder einen allgemeinen Vermerk, wie "Gebührenfrei gemäß § 20 Z. 5 GebG", noch einen Hinweis enthalte, daß die Pfandbestellung der Sicherung von Darlehens- oder Kreditverträgen diene, über die bereits eine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet worden sei. Der Hinweis in der Pfandbestellungsurkunde, daß seinerzeit ob dem Hälfteanteil des Josef K. an der genannten Liegenschaft auf Grund ursprünglich gebührenfreier Pfandbestellungsurkunden das Pfandrecht einverleibt wurde, sei nicht ausreichend. "Denn dadurch sind die besicherten Geschäfte nicht in einer Weise genannt, daß auf Grund der Pfandbestellungsurkunde eine Überprüfung möglich wäre, zu welchen konkreten Hauptgeschäften das gegenständliche Sicherungsgeschäft geschlossen wurde und ob hinsichtlich dieser Rechtsgeschäfte die oben genannten Voraussetzungen des § 20 Z. 5 GebG erfüllt sind."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Gewährung der Gebührenbefreiung gemäß § 20 Z. 5 GebG verletzt. Es könne nämlich aus der gegenständlichen Pfandausdehnungsurkunde nicht gefolgert werden, daß sich eindeutig das Nichtvorliegen eines Kreditvertrages oder eines anderen für die Befreiung nach § 20 Z. 5 GebG maßgebenden Sachverhaltselementes ergebe. Deshalb hätte die belangte Behörde in Anwendung des § 17 Abs. 2 GebG den von der beschwerdeführenden Partei geführten Gegenbeweis würdigen müssen.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 18 Abs. 1 GebG unterliegen Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird, einer Gebühr von 1 v. H., die nach dem Wert der Verbindlichkeit berechnet wird.

Nicht der Gebührenpflicht unterliegen dagegen gemäß § 20 Z. 5 GebG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 668/1976 Sicherungs- und Erfüllungsgeschäfte - ausgenommen Wechsel - zu Darlehensverträgen und Kreditverträgen (einschließlich Haftungs- und Garantiekrediten) mit Kreditinstituten, der Oesterreichischen Nationalbank, der Österreichischen Postsparkasse, den Versicherungsunternehmungen und den Bausparkassen, sofern über den Darlehens- oder Kreditvertrag im Inland eine Urkunde errichtet oder eine im Ausland errichtete Urkunde in einer für die Entstehung der Gebührenpflicht maßgeblichen Weise (§ 16 Abs. 2) in das Inland gebracht wurde.

Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf das gegenständliche Sicherungsgeschäft wurde im angefochtenen Bescheid im wesentlichen mit der Begründung verneint, daß in der Pfandbestellungsurkunde kein Hinweis auf einen bestimmten, im Inland beurkundeten Kreditvertrag erfolgt sei. Da die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides mit keinem Wort auf die von der beschwerdeführenden Partei mit ihrer Berufung gegen den Bescheid der Verwaltungsbehörde erster Instanz vorgelegten Urkunden eingegangen ist, muß davon ausgegangen werden, daß sie den von der Beschwerdeführerin versuchten Gegenbeweis im Sinne des § 17 Abs. 2 GebG nicht als zulässig angesehen habe.

Mit der Frage der Zulässigkeit des Gegenbeweises im Sinne des § 17 Abs. 2 GebG im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 20 Z. 5 leg. cit. hat sich aber der Verwaltungsgerichtshof insbesondere in seinen Erkenntnissen vom 8. September 1983, Zl. 82/15/0030, Zl. 82/15/0123, eingehend auseinandergesetzt. Im wesentlichen hat der Verwaltungsgerichtshof darin ausgesprochen, daß dann, wenn der über das Sicherungsgeschäft errichteten Urkunde weder zu entnehmen ist, daß ein Sachverhalt im Sinne des § 20 Z. 5 GebG vorliegt, noch Umstände beurkundet sind, aus denen sich das Nichtvorliegen eines solchen Sachverhaltes ergibt, die Gebührenpflicht zwar vermutet, der Gegenbeweis gemäß § 17 Abs. 2 GebG aber zulässig ist.

Das trifft auch für die streitgegenständliche Pfandbestellungsurkunde (Pfandausdehnungsurkunde) zu. Aus ihr geht weder hervor, daß alle für die in Rede stehende Befreiung maßgebenden Tatsachen vorliegen, noch sind Umstände beurkundet, die die Befreiung ausschließen würden. Es ist daher eine "Undeutlichkeit des Urkundeninhaltes" im Sinne des § 17 Abs. 2 GebG gegeben.

Die sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergebende Auffassung der belangten Behörde, daß im Beschwerdefall § 17 Abs. 2 GebG unanwendbar sei - von der die belangte Behörde allerdings in ihrer Gegenschrift abgerückt ist -, ist mithin unzutreffend. Soweit sich die belangte Behörde nunmehr in der Gegenschrift aber mit den von der beschwerdeführenden Partei zum Beweis dafür, daß das Sicherungsgeschäft zu bereits abgeschlossenen Kreditverträgen eingegangen wurde, seinerzeit vorgelegten Urkunden auseinandergesetzt hat, kann dieses Vorbringen bei der Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde keine Berücksichtigung mehr finden. Um aber Mißverständnissen vorzubeugen, soll noch erwähnt werden, daß der Verwaltungsgerichtshof die von der belangten Behörde nunmehr vertretene Ansicht, es könnten die von der beschwerdeführenden Partei anstelle der Krediturkunden vorgelegten Pfandbestellungsurkunden keinen Beweis darüber erbringen, daß der Darlehens- oder Kreditvertrag in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet worden ist, im gegenständlichen Fall nicht teilen kann. Nicht übersehen werden darf, daß in diesem Fall nicht eine primäre Pfandrechtsbegründung, sondern eine Pfandausdehnung und somit eine zusätzliche Absicherung eines bereits durch ein anderes Pfandrecht gesicherten Kredites der Beurteilung zugrunde liegt. In einem solchen Fall muß es wohl genügen, wenn das ursprünglich begründete Pfandrecht und die ihm zugrunde liegende Pfandbestellungsurkunde alle Voraussetzungen für die Gebührenfreiheit gemäß § 20 Z. 5 GebG aufgewiesen hat. Wenn die belangte Behörde aber die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urkunden dennoch als Beweismittel ungenügend erachten sollte, müßte sie vor ihrer Entscheidung der beschwerdeführenden Partei ihre Bedenken zur Kenntnis bringen. Was aber die ebenso von der belangten Behörde erst in der Gegenschrift aufgeworfene Frage betrifft, ob die Gebührenfreiheit gemäß § 20 Z. 5 GebG auch bei jenen Pfandbestellungen zuerkannt werden kann, die zugunsten von erst künftig zu gewährenden Krediten erfolgen, kann die belangte Behörde - da es sich im vorliegenden Fall auch um Höchstbetragshypotheken handelt - auf das bereits an anderer Stelle zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. September 1983, Zl. 82/15/0030, verwiesen werden.

Aus den angeführten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Mangels Verzeichnung von Kosten durch die beschwerdeführende Partei konnte ein Kostenausspruch unterbleiben.

Wien, am 15. September 1986

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