VwGH 99/20/0406

VwGH99/20/040620.10.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Baur, Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Nowakowski, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des Bundesministers für Inneres gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 24. Juni 1999, Zl. 207.773/18-II/04/99, betreffend § 4 Asylgesetz (mitbeteiligte Partei: MF, geboren am 12. Dezember 1976, derzeitiger Aufenthalt unbekannt), zu Recht erkannt:

Normen

31996Y091905 Mindestgarantien für Asylverfahren Z8;
AsylG 1997 §1 Z3;
AsylG 1997 §19;
AsylG 1997 §21 Abs1 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §21 Abs2 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §21 Abs2;
AsylG 1997 §4 Abs2 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §4 Abs3a Z3 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §4 Abs3a Z4 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §4 idF 1999/I/004;
EURallg;
FrG 1997 §55;
FrG 1997 §56;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwGG §30 Abs2;
31996Y091905 Mindestgarantien für Asylverfahren Z8;
AsylG 1997 §1 Z3;
AsylG 1997 §19;
AsylG 1997 §21 Abs1 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §21 Abs2 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §21 Abs2;
AsylG 1997 §4 Abs2 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §4 Abs3a Z3 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §4 Abs3a Z4 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §4 idF 1999/I/004;
EURallg;
FrG 1997 §55;
FrG 1997 §56;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid vom 1. Februar 1999 wies das Bundesasylamt den am 5. Jänner 1999 eingebrachten Asylantrag des Mitbeteiligten, eines am 31. Dezember 1998 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereisten und noch am selben Tag festgenommenen Staatsangehörigen von Bangla Desh, gemäß § 4 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76 (AsylG), als unzulässig zurück. Diese Entscheidung gründete sich darauf, dass der Mitbeteiligte in der Tschechischen Republik Schutz vor Verfolgung finden könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten gemäß § 32 Abs. 2 AsylG Folge. Die belangte Behörde behob den erstinstanzlichen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines Bescheides an das Bundesasylamt zurück.

Diese Entscheidung stützte die belangte Behörde - nach einer Darstellung des Verfahrensganges und Feststellungen über Inhalte u. a. der Verfassung, des Flüchtlingsgesetzes, des Fremdengesetzes und der Zivilprozessordnung der Tschechischen Republik - im Wesentlichen auf folgende Überlegungen zu § 4 AsylG i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 4/1999:

Voraussetzung dafür, dass der Mitbeteiligte in der Tschechischen Republik "Schutz vor Verfolgung" im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG finden könne, sei, dass die tschechische "Rechtsordnung (Rechtslage und Rechtspraxis)" die vom österreichischen Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 AsylG genannten Kriterien zur Gänze erfülle. Im Zweifel sei die Frage, ob die Rechtslage im Drittstaat diesen Kriterien entspreche, "unter Einbeziehung der korrespondierenden österreichischen Rechtslage zu beantworten ... (vgl. VwGH vom 11.11.1998, Zl 98/01/0284)".

Danach entspreche erstens die tschechische Rechtslage in Bezug auf die dreitägige Berufungsfrist im "Schnellverfahren" nach dem tschechischen Flüchtlingsgesetz aus näher dargestellten Gründen nicht den genannten Kriterien. Im Fall des Mitbeteiligten bleibe dies freilich folgenlos, weil mit der Anwendung dieses Verfahrens bei ihm nicht zu rechnen sei.

In einem zweiten Punkt vermöge das entscheidende Mitglied der belangten Behörde "zum gegenwärtigen Zeitpunkt trotz durchgeführter Ermittlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu erkennen, dass die tschechische Rechtslage den Kriterien des § 4 Abs. 2 AsylG entspreche". Es handle sich dabei um den Schutz vor Kettenabschiebung im Besonderen auch nach endgültiger Versagung der angestrebten Rechtsstellung eines Flüchtlings (Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat - auch im Wege über andere Staaten - sofern die Fremden in diesem gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sind).

Schließlich habe die Verhandlung drittens noch einen Punkt ergeben, in dem zumindest die tschechische Rechtspraxis "derzeit zweifelsfrei" dem von § 4 Abs. 2 AsylG aufgestellten Erfordernis nicht entspreche. Schutz im sicheren Drittstaat bestehe für die Fremden nämlich u.a. nur dann, wenn sie während des Verfahrens zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention in diesem Staat zum Aufenthalt berechtigt seien. Dies sei während der Dauer des im Anschluss an ein zweiinstanzliches Verwaltungsverfahren möglichen Gerichtsverfahrens in der tschechischen Republik nicht gewährleistet, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 13 Abs. 1 Z 1 VwGG verstärkten Senat erwogen:

1.1. § 4 AsylG in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 4/1999 lautet:

"Unzulässige Asylanträge wegen Drittstaatsicherheit

§ 4. (1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn der oder die Fremde in einem Staat, mit dem kein Vertrag über die Bestimmung der Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages anwendbar ist, Schutz vor Verfolgung finden kann (Schutz im sicheren Drittstaat).

(2) Schutz im sicheren Drittstaat besteht für Fremde, wenn ihnen in einem Staat, in dem sie nicht gemäß § 57 Abs. 1 oder" (ergänze: "2") "FrG bedroht sind, ein Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention offen steht, sie während dieses Verfahrens in diesem Staat zum Aufenthalt berechtigt sind und wenn sie dort Schutz vor Abschiebung in den Herkunftsstaat - auch im Wege über andere Staaten - haben, sofern sie in diesem gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sind. Dasselbe gilt bei gleichem Schutz vor Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung für Staaten, die in einem Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention bereits eine Entscheidung getroffen haben.

(3) Die Voraussetzungen des Abs. 2 sind in einem Staat regelmäßig darin gegeben, wenn er die Genfer Flüchtlingskonvention ratifiziert und gesetzlich ein Asylverfahren eingerichtet hat, das die Grundsätze dieser Konvention umsetzt, sowie die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, und das Protokoll Nr. 11 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Umgestaltung des durch die Konvention eingeführten Kontrollmechanismus samt Anhang, BGBl. III Nr. 30/1998, ratifiziert hat.

(3a) Der Bundesminister für Inneres kann mit Verordnung Staaten bezeichnen, die Asylwerbern regelmäßig effektiven Schutz vor Verfolgung gewähren (Abs. 2), weil

1. ihre Behörden aus Österreich zurückgewiesenen, zurückgeschobenen oder abgeschobenen Fremden, die im Drittstaat Schutz vor Verfolgung suchen, uneingeschränkt Zugang zum Asylverfahren gewähren und solche Fremde - auch im Wege über andere Staaten - nicht in den Herkunftsstaat abschieben, sofern sie in diesem gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sind;

2. die Verfahren zur Prüfung von Asylanträgen einzelfallbezogen geführt, insbesondere die Asylwerber persönlich einvernommen werden, erforderlichenfalls Dolmetscher beigezogen werden und die Entscheidung (Spruch) den Asylwerbern in einer ihnen verständlichen Sprache mitgeteilt wird;

3. die Entscheidung der zur Prüfung von Asylanträgen zuständigen Behörde vor eine Überprüfungsinstanz gebracht werden kann;

4. die Asylwerber im Hoheitsgebiet des Staates bleiben können, bis die Entscheidung der Überprüfungsinstanz getroffen oder die Entscheidung der Behörde endgültig geworden ist.

(3b) Gewähren mit Verordnung gemäß Abs. 3a bezeichnete Staaten regelmäßig keinen effektiven Schutz vor Verfolgung mehr, so hat der Bundesminister für Inneres dies mit Verordnung festzustellen. Außerdem kann der Bundesminister für Inneres mit Verordnung bestimmte Staaten bezeichnen, die regelmäßig keinen effektiven Schutz vor Verfolgung gewähren.

(3c) Vor der Erlassung von Verordnungen gemäß Abs. 3a und 3b hat der Bundesminister für Inneres eine Stellungnahme des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten zu diesem Vorhaben einzuholen.

(3d) Asylwerber, die aus in ihrer Person gelegenen Umständen behaupten, in einem durch eine Verordnung gemäß Abs. 3a bezeichneten Staat keinen Schutz im sicheren Drittstaat zu genießen (Abs. 2), haben diese Umstände glaubhaft zu machen.

(4) Schutz in einem sicheren Drittstaat ist unbeachtlich, wenn

  1. 1. die Asylwerber EWR-Bürger sind oder
  2. 2. den Eltern minderjähriger, unverheirateter Asylwerber in Österreich Asyl gewährt wurde oder

    3. den Ehegatten oder minderjährigen Kindern der Asylwerber in Österreich Asyl gewährt wurde.

(5) Können Fremde, deren Asylantrag nach Abs. 1 als unzulässig zurückgewiesen wurde, nicht in einen sicheren Drittstaat zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden, so tritt der Bescheid, mit dem der Asylantrag zurückgewiesen wurde, mit dem Zeitpunkt des Einlangens der Mitteilung nach § 57 Abs. 7 FrG außer Kraft. Mit diesem Zeitpunkt beginnt die Entscheidungsfrist nach § 73 Abs. 1 AVG von neuem zu laufen; ein anhängiges Berufungsverfahren ist als gegenstandslos einzustellen."

1.2. Gemäß § 32 Abs. 2 erster Satz AsylG hat die belangte Behörde der Berufung gegen eine auf § 4 AsylG gestützte Entscheidung des Bundesasylamtes stattzugeben, wenn dessen Feststellung, es bestehe aus den Gründen des § 4 AsylG Unzuständigkeit, nicht zutrifft.

Der Standpunkt der belangten Behörde, dies sei im vorliegenden Fall gegeben, beruht in einer den angefochtenen Bescheid tragenden Weise nur auf dem dritten der von ihr behandelten Gesichtspunkte. Der dreitägigen Berufungsfrist im "Schnellverfahren" nach dem tschechischen Flüchtlingsgesetz hat die belangte Behörde für den vorliegenden Fall ausdrücklich keine Bedeutung beigemessen, und in Bezug auf den Schutz vor Kettenabschiebung erschöpft sich der angefochtene Bescheid in der Artikulierung von Zweifeln. Demgemäß stützt sich die Entscheidung der belangten Behörde, wie auch nach der Überleitung auf Seite 32 der Bescheidausfertigung ("jedoch zumindest in einem Punkt ...") und der Schlussfolgerung im dritten Absatz auf Seite 34 ("... weshalb spruchgemäß zu entscheiden war") nicht zweifelhaft ist, im Ergebnis nur auf den Gesichtpunkt des unzureichend gewährleisteten Aufenthaltsrechtes während des Asylverfahrens.

1.3. Mit dem in § 4 Abs. 2 AsylG u.a. verankerten Erfordernis, die Fremden müssten im Drittstaat während des Verfahrens zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention "zum Aufenthalt berechtigt" sein, hat sich der Verwaltungsgerichtshof vor allem in den beiden - jeweils Ungarn betreffenden - Erkenntnissen vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, und vom 19. Jänner 2000, Zl. 99/01/0080, auseinander gesetzt. In beiden Fällen war noch die ursprüngliche Fassung des § 4 AsylG anzuwenden, von der sich die geltende Fassung - soweit hier wesentlich - durch die für die Erlassung einer Verordnung gemäß Abs. 3a der Bestimmung vorgesehenen Voraussetzungen unterscheidet (zur Beachtlichkeit dieser Voraussetzungen nicht nur im Zusammenhang mit der Erlassung von Verordnungen vgl. Seite 21 bis 23 des hg. Erkenntnisses vom 24. Februar 2000, Zl. 99/20/0246).

Im Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, deutete der Verwaltungsgerichtshof die am Gesetzeswortlaut orientierte Feststellung der belangten Behörde, Asylwerber seien "während des Verfahrens in Ungarn zum Aufenthalt berechtigt", zunächst dahingehend, dass ihnen danach "von der Stellung des Asylantrages an bis zur endgültigen Entscheidung über diesen Antrag ex lege ein Bleiberecht (zumindest im Sinne eines Abschiebungsschutzes)" zukomme, während die Behörde an einer anderen Stelle ihrer Entscheidung offenkundig davon ausgegangen sei, "dass ein Bleiberecht nur für die Dauer des erstinstanzlichen (ungarischen) Asylverfahrens bestehe", wozu die Behörde auch eine Parallele zur österreichischen Rechtslage gezogen und u.a. ausgeführt habe, Bescheidbeschwerden bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts in Österreich komme nicht ex lege aufschiebende Wirkung zu und es könne nicht angenommen werden, dass für die Drittstaatsicherheit ein vergleichsweise höherer Standard heranzuziehen sei. Der Verwaltungsgerichtshof entschied, es fehlten ausreichende Feststellungen zur konkreten Ausgestaltung des Bleiberechts eines Asylwerbers nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens nach der ungarischen Rechtslage. Nähere Kenntnis des aufenthaltsrechtlichen Status eines in erster Instanz, jedoch noch nicht "rechtskräftig" abgewiesenen Asylwerbers sei erforderlich, um beurteilen zu können, ob er während "dieses Verfahrens ... zum Aufenthalt berechtigt" sei, d.h. "zumindest Abschiebungsschutz" genieße. Es könne nämlich nicht ohne weiteres gesagt werden, das "Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention" ende mit der Entscheidung der ersten Instanz, unabhängig von der tatsächlichen Einrichtung der Verfahrensstufen und Rechtsschutzmöglichkeiten im ungarischen Recht. Die Frage nach der Verpflichtung zur Einrichtung einer nachprüfenden Kontrolle (gemäß den Grundsätzen der Genfer Flüchtlingskonvention) stelle sich vor diesem Hintergrund nicht.

Daran schlossen sich folgende - im vorliegenden Zusammenhang besonders wesentliche und auch im hier angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebene - Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes:

"Die belange Behörde ist wohl darin im Recht, dass der Anforderungskatalog des § 4 Abs. 2 AsylG vor dem Hintergrund der österreichischen Rechtslage zu sehen ist, sodass ein Staat jedenfalls dann als 'sicher' gelten kann, wenn er den österreichischen Rechtsschutzstandard gewährleistet. Ob die ungarische 'Rechtsmittelinstanz' - gemäß dem in der Berufung vorgelegten UNHCR-Bericht vom 10. Juni 1998 handelt es sich dabei um ein Gericht - mit der kassatorischen Verwaltungsgerichtsbarkeit des österreichischen Rechts vergleichbar ist, bedürfte freilich erst einer näheren Überprüfung. Selbst für den Fall fehlender Vergleichbarkeit - wenn also das wie auch immer gestaltete Rechtsmittelverfahren dem 'Verfahren' im Sinn des § 4 Abs. 2 AsylG hinzugerechnet werden müsste - führten allfällige Einschränkungen des Aufenthaltsrechts eines Asylwerbers in höherer Instanz nicht notwendig zur Beurteilung, Ungarn sei nicht 'sicherer Drittstaat'. Möglichkeiten, bei Erhebung von Rechtsmitteln ein grundsätzlich weiterwirkendes (vorläufiges) Bleiberecht im Einzelfall abzuerkennen, können - je nach Ausgestaltung der 'Aberkennungsbestimmung' - § 4 Abs. 2 AsylG entsprechen. Voraussetzung ist, dass noch von einem 'Aufenthaltsrecht' (im Sinn von Abschiebungsschutz) gesprochen werden kann. Unter dieser Bedingung wäre auch eine Regelung, wonach die aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln der Zuerkennung durch die Behörden bedarf, unbedenklich, wenngleich dann freilich nicht unberücksichtigt bleiben könnte, ob in der Praxis der ungarischen Behörden von dieser Möglichkeit in der Regel so Gebrauch gemacht wird, dass von einem (praktisch ausnahmslos) zuerkannten Recht auf Aufenthalt auch während des Rechtsmittelverfahrens ausgegangen werden kann."

In dem Erkenntnis vom 19. Jänner 2000, Zl. 99/01/0080, gelangte der Verwaltungsgerichtshof - ausgehend von der schon im Vorerkenntnis vertretenen Auslegung des § 4 AsylG in der Stammfassung - zu dem Ergebnis, es sei anders als im damals entschiedenen Fall nunmehr klargestellt, dass einem Asylwerber in Ungarn (abgesehen von Fällen des "Flughafenverfahrens") während des "Rechtsmittelverfahrens" über die gegen die verwaltungsbehördliche Entscheidung der Asylbehörde erhobene Klage ein "Bleiberecht" (zumindest im Sinn eines Abschiebungsschutzes) zukomme. Auf dem Boden der getroffenen Feststellungen entspreche die ungarische Rechtslage daher den Anforderungen des § 4 Abs. 2 AsylG.

1.4. Nach dem geltenden Recht ist auf Grund des im Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 99/20/0246, dargestellten Zusammenhanges zwischen den einzelnen Absätzen des § 4 AsylG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 4/1999 bei der Beurteilung des in § 4 Abs. 2 AsylG vorausgesetzten Bleiberechts auch auf § 4 Abs. 3a Z 3 und 4 AsylG Bedacht zu nehmen. Erforderlich ist danach, dass "die Entscheidung der zur Prüfung von Asylanträgen zuständigen Behörde vor eine Überprüfungsinstanz gebracht werden kann" (Z 3) und "die Asylwerber im Hoheitsgebiet des Staates bleiben können, bis die Entscheidung der Überprüfungsinstanz getroffen oder die Entscheidung der Behörde endgültig geworden ist" (Z 4).

In dem zuletzt zitierten, zur neuen Rechtslage ergangenen Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch erneut eine Aussage zur Bedeutung der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung österreichischer Asylverfahren als Vergleichsmaßstab für die Beurteilung der entsprechenden Aspekte der Drittstaatsicherheit gemäß § 4 AsylG getroffen. Der Verwaltungsgerichtshof führte zu diesem Thema aus, es gelte der Grundsatz, die in § 4 AsylG genannten Verfahren in Drittstaaten müssten "nicht unbedingt alle Qualitätskriterien erfüllen ..., die das österreichische Asylverfahren aufweist", und verwies dazu auf die im Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, enthaltene Formulierung, wonach der Anforderungskatalog des § 4 Abs. 2 AsylG vor dem Hintergrund der österreichischen Rechtslage zu sehen sei, sodass ein Staat jedenfalls dann als "sicher" gelten könne, wenn er den österreichischen Rechtsschutzstandard gewährleiste.

1.5. Zusammenfassend ist daher zunächst festzuhalten, dass der Schutz im sicheren Drittstaat einerseits ein "praktisch ausnahmsloses" Bleiberecht für die Dauer des Verfahrens zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings bzw. bis zur Entscheidung der zur Prüfung von Asylanträgen zuständigen Behörde und - bei deren Anrufung - der Überprüfungsinstanz voraussetzt und andererseits nach der Rechtsprechung der beiden mit Asylsachen befassten Senate des Verwaltungsgerichtshofes der österreichische Rechtsschutzstandard die gemäß § 4 AsylG an den Schutz im Drittstaat zu stellenden Anforderungen nach oben hin begrenzt.

2.1. Diese beiden Rechtssätze, an denen der Verwaltungsgerichtshof festhält, stünden zueinander im Widerspruch, wenn § 21 Abs. 2 erster Satz AsylG die ihm im hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, und in dem weiteren Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 2000/02/0046, zugeschriebene, diese Entscheidungen tragende Bedeutung hätte.

2.2. § 21 AsylG lautet:

"Schutz vor Aufenthaltsbeendigung

§ 21. (1) Auf Asylwerber findet - soweit im folgenden nicht anderes festgelegt wird - das Fremdengesetz insgesamt Anwendung, die §§ 33 Abs. 2, 36 Abs. 2 Z 7, 55 und 61 bis 63 FrG jedoch nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, sofern sie

1. den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben;

2. den Antrag anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt haben.

(2) Ein Asylwerber darf nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden; die Übermittlung personenbezogener Daten eines Asylwerbers an den Herkunftsstaat, ist nicht zulässig; Daten, die erforderlich sind, um die zur Einreise notwendigen Bewilligungen zu beschaffen, dürfen jedoch übermittelt werden, wenn der Antrag - wenn auch nicht rechtskräftig - abgewiesen oder zurückgewiesen worden ist und das Ergebnis der non-refoulement-Prüfung dem nicht entgegensteht und die Identität des Asylwerbers nicht geklärt ist.

(3) Fremde, deren Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde, dürfen in den Herkunftsstaat nur zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden, wenn die Asylbehörde rechtskräftig festgestellt hat, dass dies nach § 57 FrG zulässig ist."

Nach § 21 Abs. 2 erster Satz AsylG dürfen also Asylwerber "nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden", wobei der auf die Zurück- oder Abschiebung bezogene Teil dieser Vorschrift seinem scheinbar unzweideutigen Wortlaut nach Zurück- und Abschiebungen nicht nur in den Herkunftsstaat des Asylwerbers, sondern auch in andere Staaten zu untersagen scheint. So hat etwa die Bundesregierung in ihrer in Punkt IV. 2. des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1998, Slg. Nr. 15.218, wiedergegebenen Stellungnahme im Gesetzesprüfungsverfahren zu G 31/98 u.a. ausgeführt, das geltende Recht unterbinde "jegliche Aufenthaltsbeendigung und Außerlandesschaffung" eines Asylwerbers, was der Einbringung eines Asylantrages die Wirkung einer "vorläufigen Aufenthaltserzwingung" verleihe und einer der Gründe für die Verkürzung der Rechtsmittelfrist in den Fällen offensichtlich unbegründeter und unzulässiger Asylanträge sei.

2.3. Demgegenüber hat der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, die Auffassung vertreten, die erwähnte Gesetzesstelle verbiete nicht nur die Zurückweisung, sondern auch die Zurück- und Abschiebung von Asylwerbern nur in Bezug auf deren Herkunftsstaat, und Asylwerber seien hinsichtlich des Schutzes vor Zurück- und Abschiebung in andere Staaten, soweit sie in diesen nicht im Sinne des § 57 FrG gefährdet seien, auf § 21 Abs. 1 AsylG und die dort normierten Voraussetzungen zu verweisen; m.a.W. nicht nur das Zurückweisungsverbot, sondern auch das Zurück- und Abschiebungsverbot des § 21 Abs. 2 erster Satz AsylG seien auf den Herkunftsstaat beschränkt. Die entsprechenden Ausführungen in dem genannten Erkenntnis lauten:

"§ 21 Abs. 1 leg. cit. normiert, dass auf Asylwerber das FrG insgesamt Anwendung findet, jedoch auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung (unter den Voraussetzungen der Z 1 bzw. 2) u. a. § 55 FrG (der die Zurückschiebung regelt) nicht anzuwenden ist. Daraus folgt zunächst, dass auf Asylwerber, denen diese Eigenschaft nicht zukommt, also auch auf Asylwerber ohne Aufenthaltsberechtigung, § 55 FrG sehr wohl Anwendung findet.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer steht dem § 21 Abs. 2 (erster Halbsatz) Asylgesetz 1997 nicht entgegen; insbesondere haben die dort angeführten Worte nicht die Bedeutung, dass eine Zurückschiebung (oder Abschiebung) eines Asylwerbers in keinem Fall zulässig wäre, würde dies doch bedeuten, dem Gesetzgeber zu unterstellen, in diesem Umfang im § 21 Abs. 1 leg. cit. eine inhaltsleere Aussage getroffen zu haben, was jedoch der hg. Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Auslegung von Normen widerspräche (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1992, Zl. 92/18/0287). Ausgehend davon, dass nur Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung entsprechend § 21 Abs. 1 leg. cit. einen Schutz vor Zurückschiebung finden, regelt dessen Absatz 2 folgende Fälle: Ein Asylwerber darf 'in den Herkunftsstaat' nicht zurückgewiesen und eben - wieder bezogen auf den 'Herkunftsstaat'(!) - selbst dann nicht ('überhaupt nicht') zurückgeschoben oder abgeschoben werden, wenn er den Schutz des Absatzes 1 nicht für sich in Anspruch nehmen kann, also kein vorläufiges Aufenthaltsrecht (unter Beachtung der Z 1 und 2) hat. Diese Auslegung findet auch in den Gesetzesmaterialien (vgl. Erläut RV 686 BlgNR XX. GP S. 25) zu § 21 Asylgesetz 1997 eine Stütze, wo vom Verbot die Rede ist, zwei Gruppen abzuschieben, zurückzuschieben oder zurückzuweisen, nämlich einerseits Asylwerber in ihren Herkunftsstaat und andererseits Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung. Diese Absicht des Gesetzgebers kam sohin hinsichtlich der letzteren Gruppe im Absatz 1 und hinsichtlich der ersteren Gruppe im Absatz 2, jeweils des § 21, zum Ausdruck. Daraus folgt aber auch, dass ein Fremder, der unter keine der beiden Gruppen fällt (wie die Beschwerdeführer), weil er kein vorläufiges Aufenthaltsrecht im Sinne des Absatzes 1 hat, keinen Schutz u.a. gegen die Zurückschiebung in einen anderen als seinen Herkunftsstaat nach den Bestimmungen des § 21 Asylgesetz 1997 genießt. Da die Beschwerdeführer nicht in ihren Herkunftsstaat (den Irak), sondern in die Slowakei zurückgeschoben werden sollten, treffen diese Ausführungen auf sie zu. Sie konnten daher zunächst entsprechend der Vorschrift des § 55 Abs. 1 FrG - das Vorliegen der dort angeführten Voraussetzungen wird nicht in Abrede gestellt - in diesen Staat zurückgeschoben werden, zumal, wie oben aufgezeigt, auch diese Vorschrift gemäß § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 auf sie anwendbar war.

Am Rande sei vermerkt, dass sich - entgegen der diesbezüglichen Behauptung der Beschwerdeführer - das Wort 'überhaupt' in § 21 Abs. 2 erster Halbsatz der Regierungsvorlage zum Asylgesetz 1997 (vgl. obiges Zitat, dazu S. 7) sehr wohl findet. Dass der Verwaltungsgerichtshof im obzitierten Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/02/0309, die 'generelle Unzulässigkeit der Ab- oder Zurückschiebung' im Zusammenhang mit der Auslegung des § 21 Asylgesetz 1997 habe 'anklingen' lassen, trifft nicht zu. Auch der Hinweis der Beschwerdeführer auf Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Wien 1999, Rz 633 ff) vermag - weil nicht überzeugend - im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage kein anderes Ergebnis herbeizuführen. Schließlich sei vermerkt, dass - entgegen der offenbaren Ansicht der Beschwerdeführer - die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht an der Rechtsansicht anderer gleichartiger Behörden zu messen ist.

Allerdings war - worauf die Beschwerdeführer zu Recht verweisen - ihre (versuchte) Zurückschiebung für den (gegebenen) Fall der Zulässigkeit nach § 21 Asylgesetz 1997 auch unter dem Blickwinkel des § 57 FrG, der u. a. das Verbot der Zurückschiebung regelt, zu prüfen. Damit ist jedoch für die Beschwerdeführer nichts gewonnen: ..."

2.4. Mit dieser Entscheidung - auf die in dem weiteren Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 2000/02/0046, verwiesen wird - hat der Verwaltungsgerichtshof den nicht auf Gefahren im Sinne des § 57 FrG beschränkten "Schutz vor Aufenthaltsbeendigung" während des Asylverfahrens in Bezug auf die Zurück- und Abschiebung in Drittstaaten auf den Personenkreis derjenigen Asylwerber eingeschränkt, die erstens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 19 AsylG verfügen und zweitens auch die zusätzlichen Voraussetzungen nach § 21 Abs. 1 Z 1 oder 2 AsylG erfüllen, was im Wesentlichen bedeutet, dass es ihnen - im Falle einer Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des FrG - gelungen sein muss, den Antrag vor ihrer Ergreifung persönlich beim Bundesasylamt einzubringen oder im Zuge eines von ihnen selbst (nach der im Erkenntnis vom 29. Mai 1998, Zl. 98/02/0044, vertretenen Auffassung: zu diesem Zweck) hergestellten Kontaktes mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu stellen.

Diese einen erheblichen Teil der Asylwerber betreffende, schon während des erstinstanzlichen Verfahrens über den Asylantrag wirksame Einschränkung würde den zuvor erwähnten innerösterreichischen Maßstab für die Beurteilung des Bleiberechts im Drittstaat, das nach § 4 Abs. 2 AsylG eine der Voraussetzungen für die Qualifikation dieses Staates als sicherer Drittstaat ist, verändern. Diese Rechtsfrage ist daher für die im vorliegenden Fall zu treffende Entscheidung präjudiziell. Träfe es zu, dass österreichischen Organen die zwangsweise Außerlandesschaffung von Asylwerbern schon von Beginn des Asylverfahrens an nur mit der beschriebenen Einschränkung verboten wäre, so würde die in der bisherigen Judikatur zu § 4 AsylG vertretene und nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes richtige Verknüpfung dieses Schutzstandards mit den Anforderungen an den Schutz im sicheren Drittstaat nicht aufrechterhalten werden können oder zur Folge haben, dass - auch andersartige - Einschränkungen des Bleiberechts im Drittstaat nicht in gleicher Weise zu beurteilen wären wie bisher. Im Besonderen könnte etwa - im Gegensatz zur bisherigen Judikatur - in höheren Instanzen kein "praktisch ausnahmsloses" Bleiberecht mehr gefordert werden, wenn ein solches in Österreich schon in erster Instanz nicht bestünde. Die Möglichkeit, sich in einem Staat während des Asylverfahrens aufhalten zu dürfen, ist auch nicht nur ein marginaler Teilaspekt der Drittstaatsicherheit. Sie ist einer von "drei wesentlichen Pfeilern", von denen das im Asylgesetz verwirklichte "Konzept der Drittstaatsicherheit ... getragen" ist (AB zur AsylG-Novelle BGBl. I Nr. 4/1999, 1494 BlgNR 20. GP 2).

Bezogen auf den konkreten Fall wäre es - abgesehen von einem abstrakten Vergleich der Rechtslagen - schon vom Ansatz her fraglich, weshalb es auf ein Bleiberecht im Drittstaat ankommen sollte, wenn dem Mitbeteiligten - nach den Maßstäben des Erkenntnisses vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379 - ein Bleiberecht in Österreich bei inhaltlicher Behandlung seines Asylantrages (statt dessen Zurückweisung wegen Drittstaatsicherheit) für die Dauer dieses Verfahrens nicht zustünde. Der Mitbeteiligte ist unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist und aufgegriffen worden, bevor er den Asylantrag beim Bundesasylamt einbringen oder auf die in § 21 Abs. 1 Z 2 AsylG vorgesehene Weise stellen konnte. Nach der in dem Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, vertretenen Auffassung hätte dies zur Folge, dass § 21 AsylG ("Schutz vor Aufenthaltsbeendigung") seiner Zurück- oder Abschiebung in andere Staaten als den Herkunftsstaat in keiner Phase des Verfahren entgegenstehen könnte. In einem Fall wie dem vorliegenden ließe sich die Ansicht, das Aufenthaltsrecht im Drittstaat müsse höchstens den Anforderungen genügen, die in Österreich bei inhaltlicher Prüfung des Asylantrages während der Dauer dieses Verfahrens erfüllt wären, ohne Verstoß gegen das Gesetz - ein solcher läge nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes vor, wenn das in § 4 AsylG u.a. vorausgesetzte Bleiberecht auf einen Schutz vor Verbringung in einen bestimmten Staat reduziert würde - jedenfalls nicht vertreten.

Die in dem Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376- 0379, getroffene Aussage, die Zurückschiebung von Asylwerbern in Drittstaaten, in denen sie nicht im Sinne des § 57 FrG bedroht seien, sei bei Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 AsylG in Österreich nicht untersagt, hätte aber nicht nur Auswirkungen auf das Konzept der Drittstaatsicherheit. Sie würde auch das Verhältnis von vorläufiger Aufenthaltsberechtigung (§ 19 AsylG) und Schutz vor Aufenthaltsbeendigung (§ 21 AsylG) umkehren. Konnte bisher gesagt werden, die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG werde durch einen davon unabhängigen Schutz vor faktischer Aufenthaltsbeendigung ergänzt, womit ein "Bleiberecht" im Sinne der Rechtsprechung zu § 4 Abs. 2 AsylG in Österreich auch für Asylwerber ohne vorläufige Aufenthaltsberechtigung bestehe, so ließe sich dies - ausgehend von der den Erkenntnissen vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, und Zl. 2000/02/0046, zugrunde gelegten Rechtsauffassung - in Hinkunft nicht mehr vertreten. Die in § 19 Abs. 2 AsylG vorgesehenen Einschränkungen für den Erwerb der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung ließen sich nicht mehr in diesem Sinne relativieren, und der systematische Zusammenhang zwischen den beiden Rechtsinstituten wäre so gestaltet, dass selbst eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung noch nicht ausreichen würde, um die angenommenen Voraussetzungen für die absolute Unzulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen (in den mit den erwähnten Erkenntnissen entschiedenen Fällen: einer Zurückschiebung) während des Asylverfahrens zu erfüllen.

Auch das Verständnis der besonderen - nach dem erwähnten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Juni 1998, Slg. Nr. 15.218, an die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 2 B-VG gebundenen - Einrichtung eines abgekürzten Berufungsverfahrens für die Fälle offensichtlich unbegründeter oder aus bestimmten Gründen unzulässiger Asylanträge in § 32 AsylG wäre betroffen. Träfe die den hg. Erkenntnissen vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, und Zl. 2000/02/0046, zugrunde gelegte Rechtsansicht zu, so ließe sich die Einrichtung des abgekürzten Berufungsverfahrens nicht mehr auf das Argument stützen, die Einbringung eines Asylantrages habe - in diesen Fällen, in denen die Zuerkennung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 erster Satz AsylG nicht vorgesehen ist - die Wirkung einer "vorläufigen Aufenthaltserzwingung" (vgl. hiezu die schon zitierte Stellungnahme der Bundesregierung im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof). Die Erforderlichkeit eines abgekürzten Berufungsverfahrens zur "Regelung des Gegenstandes" im Sinne des Art. 11 Abs. 2 B-VG müsste deshalb noch nicht zu verneinen sein. Sie wäre aber unter anderen als den bisher angenommenen Voraussetzungen zu prüfen.

Entspräche die Ansicht, es gebe in Österreich keinen umfassenden Schutz vor Aufenthaltsbeendigung während laufender Asylverfahren, dem Gesetz, so würde dies schließlich auch zu der Frage führen, ob Österreich in Bezug auf die Duldung eines vorläufigen Aufenthaltes seine Pflichten aus der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllt (vgl. zur völkerrechtlichen Problematik einer sofortigen Aufenthaltsbeendigung bei Asylwerbern Ulrike Davy, Asyl und internationales Flüchtlingsrecht I, 1996, 176 ff).

2.5. Der Verwaltungsgerichtshof vermag die das Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, und das Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 2000/02/0046, tragende Rechtsansicht, § 21 Abs. 2 erster Satz AsylG verbiete nur die Zurück- oder Abschiebung von Asylwerbern in deren Herkunftsstaat, aus folgenden Gründen nicht aufrecht zu erhalten:

2.5.1. Die erwähnte Auslegung stützt sich primär auf das Argument, § 21 Abs. 1 AsylG untersage - unter den dort normierten Voraussetzungen - jede Anwendung u.a. des § 55 FrG (Zurückschiebung) und die "hg. Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Auslegung von Normen" erlaube keine Deutung, wonach dasselbe Verbot - unter weniger strengen Voraussetzungen - auch in Abs. 2 enthalten sei. Dem Gesetzgeber dürfe nicht unterstellt werden, "in diesem Umfang im § 21 Abs. 1 leg. cit. eine inhaltsleere Aussage getroffen zu haben".

Dieses Argument bezieht sich auf den von Rohrböck (Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl, 1999, Rz 633) bereits aufgezeigten Umstand, dass die Aufnahme des § 55 FrG in die Aufzählung der nach § 21 Abs. 1 AsylG - bei Erfüllung der dort normierten Voraussetzungen - nicht anzuwendenden Vorschriften des Fremdengesetzes im Hinblick auf das in § 21 Abs. 2 erster Satz AsylG enthaltene ausnahmslose Zurückschiebungsverbot "nicht erforderlich gewesen" wäre, zieht daraus aber die gegenteilige Schlussfolgerung, der Schutzumfang der zuletzt genannten Vorschrift müsse zur Vermeidung dieses Ergebnisses entsprechend enger sein.

2.5.2. Systematische Argumente dieser Art sind "im Zweifel" (so auch das im Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376- 0379, zitierte Vorerkenntnis vom 3. Dezember 1992, Zl. 92/18/0287) nicht ohne Bedeutung. Nach dem hier zu beurteilenden Gesetzestext dürfen Asylwerber aber "nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden". Diese Formulierung lässt es nicht als zweifelhaft erscheinen, ob und in welchem Umfang Asylwerber zurück- oder abgeschoben werden dürfen. Sie untersagt die Zurück- oder Abschiebung von Asylwerbern ausnahms- und bedingungslos. Zwischen der Wendung "in den Herkunftsstaat" und dem Verbot der Zurück- oder Abschiebung lässt sich - entgegen der im Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, zum Ausdruck gebrachten Auffassung - keine sprachliche Beziehung herstellen. Das Wort "überhaupt" ist dafür nicht entscheidend, verstärkt aber noch den sprachlichen Gegensatz zwischen dem Verbot der Zurückweisung in den Herkunftsstaat einerseits und dem nicht in dieser Weise eingeschränkten Verbot der Zurück- oder Abschiebung andererseits. Die Ansicht, die Beschränkung auf den Herkunftsstaat gelte in § 21 Abs. 2 erster Satz AsylG auch für das Verbot der Zurück- oder Abschiebung, stünde in Gegensatz zu dem, was das Gesetz hier in sprachlich unzweideutiger Weise zum Ausdruck bringt.

2.5.3. Davon ausgehend ist darauf Bedacht zu nehmen, dass jede zwangsweise Außerlandesschaffung eines Fremden - egal ob im Wege der Zurück- oder der Abschiebung - einen Eingriff in sein Recht auf persönliche Freiheit bedeutet (vgl. dazu nur beispielsweise Wiederin, Aufenthaltsbeendende Maßnahmen im Fremdenpolizeirecht, 1993, 32 ff, 124 ff, 151 ff). Eine Überschreitung der Grenzen des sprachlichen Verständnisses, mit der ein Verbot solcher Eingriffe zu Gunsten einer bloß systematischen Überlegung durchbrochen würde, kommt schon mit Rücksicht auf das genannte verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht nicht in Betracht.

2.5.4. Auch eine Absicht des historischen Gesetzgebers, die der im Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, formulierten Rechtsauffassung entspräche, ist nicht erkennbar.

In der Regierungsvorlage (686 BlgNR 20. GP 25 f) wurde § 21 AsylG wie folgt erläutert:

"Zu § 21:

Die Anwendbarkeit fremdenrechtlicher Vorschriften auf Asylwerber soll nunmehr spezifischer geregelt werden: Gegen Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, die selbst die Initiative zur Einbringung des Asylantrages ergriffen haben, soll während der Dauer des Asylverfahrens keine Ausweisung oder kein Aufenthaltsverbot wegen Mittellosigkeit und auch keine Schubhaft verhängt werden können. In Schubhaft genommen werden oder belassen können demnach nur solche Asylwerber, die den Asylantrag erst nach einem fremdenrechtlichen Zugriff eingebracht haben.

Für Asylwerber ist solange ein Abschiebungsverbot in den Herkunftsstaat vorgesehen, bis sein Asylantrag rechtskräftig abgewiesen wurde und die Asylbehörde rechtskräftig festgestellt hat, dass die Abschiebung nach § 57 des Fremdengesetzes zulässig ist. Das Verbot, Asylwerber in den Herkunftsstaat und Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung abzuschieben, zurückzuschieben oder zurückzuweisen, korrespondiert mit Abschnitt II Z 2 der Entschließung des Rates der Europäischen Union über die Mindestgarantien für Asylverfahren vom 20. Juni 1995. Danach wird, um den Grundsatz der Nicht-Zurückweisung wirksam zu garantieren, keine Entfernungsmaßnahme durchgeführt, solange die Entscheidung über den Asylantrag noch aussteht.

Die Übermittlung personenbezogener Daten von Asylwerbern an dessen" (richtig: deren) "Herkunftsstaat ist generell unzulässig. Daten, die erforderlich sind, um die zur Einreise in den Herkunftsstaat notwendige Bewilligung zu beschaffen, dürfen übermittelt werden, wenn der Antrag - wenn auch nicht rechtskräftig - abgewiesen oder zurückgewiesen worden ist und nicht festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist."

Aus diesen Erläuterungen nicht ableitbar ist zunächst die Annahme, das Verbot der Zurück- oder Abschiebung auch in andere Staaten als den Herkunftsstaat hänge nicht nur vom Bestand einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG, sondern darüber hinaus auch von den übrigen Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 AsylG ab. Die Wendung in den zitierten Erläuterungen, auf die in dem Erkenntnis verwiesen wird, spricht von einem "Verbot, Asylwerber in den Herkunftsstaat und Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung abzuschieben, zurückzuschieben oder zurückzuweisen" (686 BlgNR 20. GP 25 f). Dies deutet nicht auf die Absicht hin, das nicht auf den Herkunftsstaat beschränkte Verbot über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung hinaus auch an die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Z 1 oder 2 AsylG zu binden. Diese zusätzlichen Voraussetzungen stehen in keinem sachlichen Zusammenhang mit der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung und den Bedingungen für deren Erwerb, weshalb dem Problem auch nicht - wie dies in dem Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, unternommen wird - mit der Neubildung des Begriffs eines "vorläufigen Aufenthaltsrechtes im Sinne des Absatzes 1" begegnet werden kann.

Die mangelnde Vereinbarkeit der in dem Erkenntnis vertretenen Rechtsauffassung mit den zitierten Gesetzesmaterialien ließe sich in dieser Hinsicht auch nicht mit dem Argument entschärfen, die Aufenthaltsberechtigung stünde einer Zurück- oder Abschiebung schon von vornherein entgegen. Die Überlegung, die Bezugnahme auf § 55 FrG in § 21 Abs. 1 AsylG dürfe nicht überflüssig sein und (im Besonderen) das Verbot einer Zurückschiebung in andere Staaten als den Herkunftsstaat dürfe nicht auch unter weniger strengen als den in § 21 Abs. 1 AsylG normierten Voraussetzungen gelten, wäre mit einem solchen Argument nicht kombinierbar.

Die Deutung, die zitierte Stelle in den Gesetzesmaterialien erläutere - bezogen auf zwei verschiedene Gruppen von Asylwerbern -

teils die mit § 21 Abs. 1 AsylG, teils, jedoch nur zum Teil, die mit § 21 Abs. 2 AsylG verfolgten Absichten des Gesetzgebers, steht aber nicht nur im Widerspruch zu den in § 21 Abs. 1 AsylG über das Erfordernis einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung hinaus normierten Voraussetzungen. Gegen sie spricht auch der Umstand, dass die zitierte Wendung den Erläuterungen zum ersten Absatz nachfolgt und schon nach der Gliederung des Textes nicht auf diesen Absatz zu beziehen ist. In inhaltlicher Hinsicht entspricht dem, dass u.a. von einem Verbot von Abschiebungen die Rede ist und § 21 Abs. 1 AsylG - mangels Ausnahme auch des § 56 FrG (Abschiebung) von der Anwendbarkeit auf bestimmte Asylwerber - keine Regelung dieses Inhalts aufweist. Die in dem Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, formulierte Ansicht, in § 21 Abs. 1 AsylG sei in nicht näher bezeichneter Weise auch die Absicht des Gesetzgebers, die Abschiebung bestimmter Asylwerber zu verbieten, zum Ausdruck gekommen, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht aufrecht zu erhalten.

Zieht man noch den Teil der Erläuterungen heran, der tatsächlich dem ersten Absatz gewidmet ist, so ergibt sich, dass dort auf die wesentlichen Inhalte der Vorschriften des Fremdengesetzes, die unter den in § 21 Abs. 1 AsylG normierten Voraussetzungen auf Asylwerber nicht anzuwenden sind, jeweils Bezug genommen und nur über den Umstand, dass § 55 FrG in der Aufzählung dieser Vorschriften aufscheint, mit Stillschweigen hinweggegangen wird (686 BlgNR 20. GP 25). Die Ansicht, das nach dem Gesetzestext in § 21 Abs. 2 erster Satz AsylG enthaltene, nicht auf den Herkunftsstaat beschränkte Zurück- und Abschiebungsverbot für die Dauer des Asylverfahrens wäre in § 21 Abs. 1 AsylG geregelt und nach dem Willen des Gesetzgebers an die dort normierten Voraussetzungen gebunden, findet in den Gesetzesmaterialien daher keine Stütze.

2.5.5. Demgegenüber ist freilich nicht zu übersehen, dass die in dem Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, zitierte Wendung in den Gesetzesmaterialien davon ausgeht, § 21 Abs. 2 AsylG enthalte das "Verbot, Asylwerber in den Herkunftsstaat und Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung abzuschieben, zurückzuschieben oder zurückzuweisen". Mit dem Text der getroffenen gesetzlichen Regelung steht dies nicht im Einklang.

Dieser Widerspruch ist nicht nur - aus den schon dargestellten Gründen - ungeeignet, eine das Zurück- und Abschiebungsverbot in Bezug auf Drittstaaten in den ersten Absatz verlegende Deutung zu tragen. Er kann auch nicht etwa zur Folge haben, dass statt des Gesetzes die Erläuterungen gelten, sodass bei der Anwendung des zweiten Absatzes im Sinne des in den Erläuterungen behaupteten Norminhaltes zwischen Asylwerbern mit und ohne Aufenthaltsberechtigung zu unterscheiden wäre.

Dies entspräche - ganz abgesehen von der methodischen Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens - auch nicht den Absichten des historischen Gesetzgebers. Die erwähnte Wendung in den Erläuterungen stammt nämlich aus dem im Mai 1996 u.a. dem Verwaltungsgerichtshof zur Stellungnahme zugeleiteten Entwurf eines Fremdenrechtsänderungsgesetzes, dessen Erläuterungen in der Folge nicht in dem Maße, in dem dies die weitere Entwicklung des Reformvorhabens erfordert hätte, an den jeweils aktuellen Text angepasst wurden. Der Entwurf sah tatsächlich die in der zitierten Wendung beschriebene Regelung vor, wobei die vorläufige Aufenthaltsberechtigung aber - anders als heute - unabhängig von der Art der Einreise immer ex lege entstehen sollte. In den Fällen offensichtlich unbegründeter oder wegen Drittlandsicherheit unzulässiger Asylanträge sollte mit der Entscheidung hierüber eine gesonderte Aberkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung erfolgen, und für das Berufungsverfahren über diese abgesonderte Entscheidung sollten abgekürzte Berufungs- und Entscheidungsfristen gelten. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hätte das nicht auf den Herkunftsstaat beschränkte Zurück- und Abschiebungsverbot also immer gegolten.

Dieses System wurde - unter Beibehaltung der ursprünglichen Ziele - im nachfolgenden, dem Verwaltungsgerichtshof im März 1997 zur Begutachtung übermittelten Entwurf einer Asylgesetznovelle im Sinne der schließlich in das AsylG aufgenommenen Regelung dahingehend modifiziert, dass einerseits die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nicht mehr in allen Fällen ex lege und in bestimmten Fällen offensichtlich unbegründeter oder unzulässiger Asylanträge überhaupt nicht mehr entstehen sollte, andererseits der Schutz vor Aufenthaltsbeendigung in Bezug auf Drittstaaten vom Erfordernis einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung abgekoppelt und schließlich das Berufungsverfahren über den Asylantrag selbst in den Fällen offensichtlich unbegründeter oder aus bestimmten Gründen unzulässiger Anträge abgekürzt wurde. Das Zurück- und Abschiebungsverbot war nach wie vor zweigeteilt, die Voraussetzung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung für das nicht auf den Herkunftsstaat beschränkte Verbot stand aber alternativ neben der Voraussetzung eines nicht in bestimmter Weise rechtskräftig erledigten Verfahrens. Dass diese zuletzt genannte Voraussetzung von jedem Asylwerber erfüllt worden wäre, war offenkundig und wurde auch in der Stellungnahme des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Entwurf betont.

Wenn die Regierungsvorlage zum AsylG die damit inhaltlich überholte Zweiteilung des Zurück- und Abschiebungsverbotes aufgab und allgemein vorsah, Asylwerber dürften "überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden", so war dies das Ergebnis einer in allen Schritten nachvollziehbaren Entwicklung des Reformvorhabens, weshalb nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht daran zu zweifeln ist, dass sich der nunmehrige Wortlaut des § 21 Abs. 2 erster Satz AsylG - als Teil des von der Bundesregierung in der erwähnten Stellungnahme vor dem Verfassungsgerichtshof näher dargestellten Systems - mit den Absichten des historischen Gesetzgebers deckt.

2.5.6. Nur so erklärt sich auch die Bezugnahme auf die Entschließung des Rates der Europäischen Union vom 20. Juni 1995 über Mindestgarantien für Asylverfahren in den - im Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, insoweit nicht wiedergegebenen - Erläuterungen zur Regierungsvorlage. Der Satz in den Erläuterungen, von dem es in dem Erkenntnis heißt, es sei darin vom Verbot bestimmter aufenthaltsbeendender Maßnahmen die Rede, trifft nämlich die Aussage, das vorgesehene Verbot korrespondiere mit Abschnitt II Z 2 der erwähnten Entschließung. Nach diesem Teil der Entschließung wird, wie im nächsten Satz der Erläuterungen zu lesen ist, zur wirksamen Gewährleistung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung "keine Entfernungsmaßnahme durchgeführt, solange die Entscheidung über den Asylantrag noch aussteht" (686 BlgNR 20. GP 25 f). Dieser Grundsatz wird in Abschnitt IV Z 12 der Entschließung für das erstinstanzliche Verfahren und in Z 17 für das Rechtsmittelverfahren bekräftigt, wobei im weiteren Text der Entschließung zugelassene Beschränkungen nur das Rechtsmittelverfahren betreffen (Abschnitt IV Z 17 zweiter Satz, Z 21 und Z 22 der erwähnten Entschließung, ABl. 1996 Nr. C 274 S. 13 ff). Dem war im Entwurf von 1996 trotz der Bindung des umfassenden Verbots aufenthaltsbeendender Maßnahmen an ein vorläufiges Aufenthaltsrecht - auf Grund der für dessen ex-lege-Erwerb damals vorgesehenen Regelung - Rechnung getragen. Durch eine Verknüpfung des Verbots von "Entfernungsmaßnahmen" mit den in § 21 Abs. 1 AsylG umschriebenen Voraussetzungen würde dieses Ziel hingegen weit verfehlt, weshalb die im Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, zitierte Stelle in den Gesetzesmaterialien - bei nicht bloß ausschnittsweiser Betrachtung ihres Inhalts - mit den in dem Erkenntnis angenommenen Absichten des Gesetzgebers nicht vereinbar wäre.

2.5.7. Zu verweisen ist schließlich noch auf den - schon erwähnten - Zusammenhang mit den Kriterien der Drittstaatsicherheit. Wird in § 4 Abs. 2 und Abs. 3a Z 4 AsylG für die Bejahung der Drittstaatsicherheit vorausgesetzt, dass Asylwerber nicht während der Prüfung ihrer Asylanträge im Drittstaat zu dessen Verlassen gezwungen werden, so trägt dies der Bedeutung Rechnung, die der Gesetzgeber bei der Gestaltung dieser Regelung der "Möglichkeit, sich in einem Staat während des Asylverfahrens aufhalten zu dürfen" beigemessen hat (AB zur AsylG-Novelle BGBl. I Nr. 4/1999, 1494 BlgNR 20. GP 2). Die Beachtung des Refoulementverbots ist darin nicht etwa - als eigentlich gemeinter, hauptsächlicher Gesichtspunkt - eingeschlossen, sondern nach der zitierten Stelle in den Gesetzesmaterialien ein weiterer der drei "wesentlichen Pfeiler" des Konzepts und in § 4 AsylG gesondert gefordert. Eine Gesetzesauslegung, mit der die Möglichkeit, sich während eines Asylverfahrens in Österreich hier aufhalten zu dürfen, einem beträchtlichen Teil der Asylwerber nicht zugestanden, stattdessen für diese Asylwerber nur das Verbot einer Verbringung in den Herkunftsstaat angenommen und im Übrigen auf § 57 FrG verwiesen würde, verstieße in dieser Hinsicht auch gegen die Wertungen, die der Regelung des § 4 AsylG zugrunde liegen.

2.5.8. Der Verwaltungsgerichtshof hält an der das Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zlen. 99/02/0376-0379, und das daran anschließende Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 2000/02/0046, tragenden Rechtsansicht daher nicht fest. § 21 Abs. 2 erster Satz AsylG verbietet die Zurück- und Abschiebung von Asylwerbern aus Österreich uneingeschränkt und bedingungslos, im Besonderen also auch in Bezug auf Drittstaaten nicht nur unter der Voraussetzung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 AsylG oder unter anderen in § 21 Abs. 1 AsylG normierten Voraussetzungen. Das Verbot gilt, solange die Fremden die Stellung von Asylwerbern innehaben, gemäß § 1 Z 3 AsylG also von der Einbringung eines Asylantrages bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens oder bis zu dessen Einstellung. Im Falle der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gilt es aber etwa auch während der Dauer eines an das Asylverfahren anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.

3. Für die den Asylbehörden gemäß § 4 AsylG aufgegebene und im vorliegenden Fall verfahrensgegenständliche Beurteilung des Schutzes in einem Drittstaat kann damit auch unter dem Gesichtspunkt des Bleiberechtes während des Asylverfahrens daran festgehalten werden, dass der in Österreich bestehende Schutzstandard einen tauglichen Maßstab bildet und der Gesetzgeber die Zurückweisung eines Asylantrages nach § 4 AsylG in Bezug auf den Drittstaat nicht etwa an die Erfüllung erheblich strengerer als der in Österreich gewährleisteten Voraussetzungen gebunden hat.

3.1. Davon ausgehend ist zu prüfen, ob die belangte Behörde die gemäß § 4 AsylG an das Bleiberecht von Asylwerbern während des Asylverfahrens nach tschechischem Recht zu stellenden Anforderungen, im Besonderen während der hier strittigen Phase des an das zweiinstanzliche Verwaltungsverfahren anschließenden Gerichtsverfahrens, richtig beurteilt hat.

3.1.1. In dem bereits ausführlich zitierten Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, und dem daran anknüpfenden Erkenntnis vom 19. Jänner 2000, Zl. 99/01/0080, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof - jeweils noch zur Rechtslage vor der Novelle BGBl. I Nr. 4/1999 - mit einer in einem Drittstaat bestehenden Verfahrensgestaltung zu befassen, bei der im Anschluss an ein bloß eininstanzliches Verwaltungsverfahren die Möglichkeit der Anrufung eines Gerichtes vorgesehen war. Ausgehend von einem von der belangten Behörde gezogenen Vergleich mit der österreichischen Rechtslage hob der Verwaltungsgerichtshof in dem ersten der erwähnten Erkenntnisse u.a. hervor, die Vergleichbarkeit des vorgesehenen Rechtszuges mit der kassatorischen Verwaltungsgerichtsbarkeit des österreichischen Rechts bedürfe erst einer näheren Überprüfung. Für den "Fall fehlender Vergleichbarkeit - wenn also das wie auch immer gestaltete Rechtsmittelverfahren dem 'Verfahren' im Sinn des § 4 Abs. 2 AsylG hinzugerechnet werden müsste -" ging der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass ein Bleiberecht während dieses Rechtsmittelverfahrens dann zwar erforderlich sei, allfällige Einschränkungen im Sinne der Möglichkeit einer Aberkennung eines während des Rechtsmittelverfahrens grundsätzlich weiterwirkenden (vorläufigen) Bleiberechts je nach Ausgestaltung der diesbezüglichen Bestimmung aber ebenso unschädlich sein könnten wie das Erfordernis einer besonderen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, sofern davon in der Regel so Gebrauch gemacht werde, dass "von einem (praktisch ausnahmslos) zuerkannten Recht auf Aufenthalt auch während des Rechtsmittelverfahrens ausgegangen werden" könne.

Für den Fall gegebener Vergleichbarkeit mit der kassatorischen Verwaltungsgerichtsbarkeit des österreichischen Rechts scheinen diese Ausführungen - entgegen ihrer Auslegung durch die belangte Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid - zu bedeuten, dass eine derartige Rechtsschutzeinrichtung dem "Verfahren" im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG nicht mehr hinzuzurechnen und unter dem Gesichtspunkt des Bleiberechts "während dieses Verfahrens" daher nicht mehr in Betracht zu ziehen wäre. In einem solchen Fall käme es dann auch nicht darauf an, ob (wie während eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Österreich) die Möglichkeit der Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung besteht sowie ob und in welcher Weise davon Gebrauch gemacht wird.

In Anschlusserkenntnissen zu dem Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, wurde zum Teil formuliert, unter dem "Verfahren" im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG sei "das gesamte Asylverfahren einschließlich des gerichtlichen Überprüfungsverfahrens" zu verstehen (so etwa im Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zlen. 99/01/0133, 0159; ähnlich das Erkenntnis vom selben Tag, Zl. 99/01/0094, u.a.). Diese Erkenntnisse bezogen sich auf denselben Drittstaat wie das zugrunde liegende Erkenntnis vom 11. November 1998, auf dessen Begründung jeweils ausdrücklich verwiesen wurde, und gingen - wie sich aus dieser Verweisung jeweils ergibt - bei der Zurechnung des gerichtlichen Überprüfungsverfahrens in diesem Drittstaat zum "Verfahren" im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG von der im Erkenntnis vom 11. November 1998 formulierten Voraussetzung, nämlich "fehlender Vergleichbarkeit" des vorgesehenen Rechtszuges mit der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit, aus.

3.1.2. Im vorliegenden Fall ist nach der nunmehr anzuwendenden Rechtslage auch auf die bereits erwähnten Bestimmungen des § 4 Abs 3a Z 3 und 4 AsylG Bedacht zu nehmen. Voraussetzung effektiven Schutzes im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG ist danach unter dem hier zu untersuchenden Gesichtspunkt, dass "die Entscheidung der zur Prüfung von Asylanträgen zuständigen Behörde vor eine Überprüfungsinstanz gebracht werden kann" (Z 3) und die Asylwerber bis zur "Entscheidung der Überprüfungsinstanz" im Hoheitsgebiet des Staates bleiben können (Z 4). Das nach Z 4 alternativ erforderliche Bleiberecht "bis ... die Entscheidung der Behörde endgültig geworden ist" bezieht sich erkennbar nicht auf die zweit-, sondern auf die erstinstanzliche Entscheidung für den Fall, dass deren Anfechtung schließlich unterbleibt.

Diese neue Regelung scheint für den Fall, dass schon die erste "Überprüfungsinstanz" im Anschluss an das erstinstanzliche Verfahren ein Gericht ist, eindeutig - und wohl, wie die Wortwahl "Überprüfungsinstanz" nahe legt, mit voller Absicht des Gesetzgebers - zu verlangen, dass das Bleiberecht auch während dieses Gerichtsverfahrens besteht. Eine Differenzierung danach, ob die "Überprüfungsinstanz" eine reine Verwaltungsbehörde, eine der international üblichen Sonderbehörden mit Tribunalcharakter, ein untergeordnetes - aber allenfalls mit landesweiter Sonderzuständigkeit ausgestattetes - Gericht oder ein mit den österreichischen Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts vergleichbares Höchstgericht ist, scheint in einem solchen Fall - nach der nunmehrigen Rechtslage - nicht in Frage zu kommen.

Das Gesetz spricht hier andererseits von "einer" Überprüfungsinstanz, wohingegen die Dauer des erforderlichen Bleiberechts in § 4 Abs. 2 AsylG nach wie vor mit den Worten "während dieses Verfahrens", also während des Verfahrens "zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention", umschrieben wird. Dass damit im Fall eines mehr als zwei Instanzen vorsehenden Verfahrens nicht dessen Gesamtheit gemeint sei, ist § 4 Abs. 2 AsylG nicht zu entnehmen.

3.1.3. Die Bezugnahme auf "dieses Verfahren" in § 4 Abs. 2 AsylG einerseits und "eine Überprüfungsinstanz" in § 4 Abs. 3a andererseits ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes vor dem Hintergrund der in vergleichbaren Rechtsordnungen üblichen Gestaltungen der Asylverfahren zu sehen. Danach folgt auf ein meist vor einer Verwaltungsbehörde, in selteneren Fällen schon vor einem Gericht oder einer Einrichtung mit Tribunalcharakter geführtes erstinstanzliches Verfahren in der Regel ein Rechtszug an eine Einrichtung meist mit meritorischer Entscheidungsbefugnis, bei der es sich um ein Gericht, eine Sonderbehörde mit Tribunalcharakter oder - in offenbar seltener werdenden Fällen - eine höhere Verwaltungsbehörde ohne Tribunalcharakter handeln kann. Darüber hinausführende Rechtszüge gehen in der Regel - wenn auch natürlich nicht ausnahmslos - an ein Höchstgericht (vgl. hiezu aus jüngster Zeit die länderweisen Überblicke etwa bei Carlier u.a. (Hrsg.), Who is a Refugee?, Kluwer 1997, in Asylum Practice and Procedure, Country-by-Country Handbook, Trenton Publishing 1999, und in Asylum in the EU Member States, Arbeitspapier des Europäischen Parlaments, Jänner 2000; zu den Schwierigkeiten der Harmonisierung auf europäischer Ebene nur beispielsweise Weber, Ansätze zu einem gemeineuropäischen Asylrecht, EuGRZ 1999, 301 (309 f), m.w.N.).

Wendet man die in § 4 Abs. 2 und Abs. 3a AsylG vorgegebenen Maßstäbe für das Bleiberecht auf Verfahrensgestaltungen an, die diesem - ganz groben - Raster in etwa entsprechen, so scheint sich zu ergeben, dass für den betroffenen Fremden eine uneingeschränkte (im Sinne des Erkenntnisses vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284: "praktisch ausnahmslose") Bleibemöglichkeit im Drittstaat während des Asylverfahrens im eigentlichen Sinn, also während des erstinstanzlichen Verfahrens und des Verfahrens vor der Appellationsinstanz, bestehen muss, sich dieses Erfordernis aber nicht mit der gleichen Absolutheit auf nachgeschaltete Verfahren vor Höchstgerichten des öffentlichen Rechts, deren Anrufbarkeit auch in ausländischen Rechtsordnungen oft den Charakter eines außerordentlichen Rechtsbehelfes trägt, übertragen lässt. Dass auch hier noch die Möglichkeit und praktische Üblichkeit eines Aufschubs aufenthaltsbeendender Maßnahmen bestehen müsste, damit von Schutz im sicheren Drittstaat gesprochen werden kann, scheint das AsylG für die Fälle einer klaren Zäsur zwischen dem (nach österreichischer Terminologie: rechtskräftigen) Abschluss des vorangegangenen Asylverfahrens einerseits und dem höchstgerichtlichen Verfahren andererseits auch dann nicht vorauszusetzen, wenn letzteres im Falle eines mit einer Kassation der Entscheidung verbundenen Beschwerdeerfolges zu einer Fortsetzung des Asylverfahrens führt. In diesem Sinne ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes - mit der sachlich gerechtfertigten Einschränkung, dass Gegenteiliges gilt, wenn ein administrativer oder fachgerichtlicher Rechtszug völlig fehlt - an der schon im Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, vorgenommenen Differenzierung zwischen Gerichtsverfahren, die im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG noch als Teil "dieses Verfahrens" anzusehen sind, und solchen, auf die dies nicht mehr zutrifft, festzuhalten. Die scheinbare Antinomie zwischen der Bezugnahme auf "eine" Überprüfungsinstanz einerseits und das (mangels Einschränkung: gesamte) "Verfahren" andererseits ist für die Fälle einer dem beschriebenen Schema entsprechenden Verfahrensgestaltung im Sinne der Zulässigkeit einer derartigen Unterscheidung aufzulösen.

Für administrative oder fachgerichtliche Instanzenzüge, die über mehr als eine "Überprüfungsinstanz" gehen oder ohne eine Zäsur der beschriebenen Art zu einem Höchstgericht führen, bedeutet dies, dass sie insgesamt dem "Verfahren" im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG zuzurechnen sind, was ungeachtet der im Singular gehaltenen Formulierungen in § 4 Abs. 3a Z 3 und 4 AsylG nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch bei der Erlassung einer Verordnung im Sinne des § 4 Abs. 3a AsylG zu beachten wäre. Wo umgekehrt die Zurechnung zu "diesem Verfahren" zu verneinen ist, sind die jeweiligen Zeiträume unter dem Gesichtspunkt des Bleiberechts nach § 4 AsylG ähnlich zu beurteilen wie etwa die Dauer des Verfahrens über einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens.

Hervorzuheben ist schließlich noch, dass dem völligen Fehlen eines administrativen oder zu einem Fachgericht führenden Instanzenzuges auch ein ineffektiv ausgestaltetes Rechtsmittel gleichzuhalten wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon im Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 99/20/0246, zum Ausdruck gebracht, dass die "bloße abstrakte Existenz" der Möglichkeit, die Entscheidung vor eine Überprüfungsinstanz zu bringen, nicht genügt und ein "Mindestmaß an faktischer Effizienz" erforderlich ist. Bezog sich dies speziell auf den vom Verfassungsgerichtshof entwickelten Maßstab für die Voraussetzungen einer - unter den jeweiligen rechtlichen und praktischen Rahmenbedingungen - handhabbaren Rechtsmittelfrist, so ist allgemein hinzuzufügen, dass das gesetzlich verankerte Erfordernis einer "Überprüfungsinstanz" nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch in Beziehung zu den Voraussetzungen steht, die etwa im Zusammenhang mit Art. 13 EMRK an "eine wirksame Beschwerde bei einer nationalen Instanz" geknüpft werden. Darauf, dass dies auch gewisse Aspekte der Unabhängigkeit in sich schließe, verweist Wiederin (a.a.O., 158 f). Das Erfordernis einer "unabhängigen" Überprüfungsinstanz im Sinne der - international im Vordringen begriffenen - Einrichtung eines Rechtszuges an ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde mit Tribunalcharakter ist dem Gesetz derzeit aber nicht zu entnehmen (so auch Rohrböck, a.a.O., Rz 212f). Aus dem Umstand, dass für die Asylverfahren in den Mitgliedstaaten der EU in Abschnitt III Z 8 der Entschließung des Rates vom 20. Juni 1995 über Mindestgarantien für Asylverfahren - mit je nach sprachlicher Fassung unterschiedlicher Deutlichkeit - eine "in voller Unabhängigkeit" entscheidende Überprüfungsinstanz gefordert wurde, lässt sich nicht ableiten, Drittstaaten mit einem im Verfahren zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings etwa zu einer obersten Verwaltungsbehörde führenden Instanzenzug ohne nachprüfende gerichtliche Kontrolle könnten schon deshalb nicht im Sinne der geltenden Fassung des § 4 AsylG "sicher" sein. Ist der Instanzenzug effektiv und besteht darüber hinaus die Möglichkeit der Anrufung eines Höchstgerichtes, so folgt daraus, dass ein "praktisch ausnahmsloses" Bleiberecht während des höchstgerichtlichen Verfahrens unter den zuvor dargestellten Bedingungen nicht zu den zwingenden Voraussetzungen der zitierten Gesetzesstelle zählt.

3.2.1. Im vorliegenden Fall des Asylverfahrens nach tschechischem Recht (nach dessen Stand zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung) steht nach Ansicht der belangten Behörde "zweifelsfrei fest, dass während der Dauer des Verfahrens vor dem tschechischen Obergericht - welches kassatorisch entscheidet - der Beschwerdeführer gemäß § 15 Abs. 2 des tschechischen Flüchtlingsgesetzes nicht mehr als Asylwerber betreut wird und als solcher nicht mehr gemäß § 8 lit. a leg. cit. 'zum Aufenthalt berechtigt' ist und dass auch die Erlangung eines - die gesamte Dauer des gerichtlichen Verfahrens deckenden - fremdenrechtlichen Aufenthaltstitels keineswegs 'praktisch ausnahmslos' möglich ist".

Ins Einzelne gehende Feststellungen hiezu hat die belangte Behörde - abgesehen von der in englischer Sprache gehaltenen Wiedergabe bestimmter Inhalte des Flüchtlings- und des Fremdengesetzes sowie der Zivilprozessordnung der Tschechischen Republik - nicht getroffen, und zwar ungeachtet der in der Darstellung des Verfahrensganges referierten Ermittlungsergebnisse und des Umstandes, dass das unzureichende Bleiberecht tschechische "Rechtspraxis" (nicht "Rechtslage") sein soll, und ungeachtet des weiteren Umstandes, dass unter Bezugnahme auf eine "Vielzahl" gegenteiliger Entscheidungen der belangten Behörde ausgeführt wird, die angefochtene Entscheidung beruhe nicht auf der Änderung einer Rechtsansicht, "sondern lediglich auf neuen Ermittlungsergebnissen bzw. allenfalls auf einer abweichenden Beweiswürdigung". Die Beweiswürdigung der belangten Behörde erschöpft sich dabei in der schon wiedergegebenen Wendung, der angenommene Sachverhalt stehe "zweifelsfrei fest".

Unklar bleibt damit zunächst, von welchem Stand der Ausgestaltung des administrativen Instanzenzuges die belangte Behörde ausgegangen ist. Die belangte Behörde hat sich in dieser Hinsicht mit Feststellungen aus dem tschechischen Flüchtlingsgesetz in dessen Fassung von 1996 begnügt, obwohl ihr - nicht in allen Punkten übereinstimmende - Darstellungen vorlagen, wonach in der Tschechischen Republik am 1. Oktober 1998 Bestimmungen über eine weit gehende Neugestaltung des gesamten Instanzenzuges in Asylsachen in Kraft getreten seien. Über deren tatsächlichen Inhalt und ihre teilweise oder gänzliche Effektuierung bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung sind nicht nur den Feststellungen der belangten Behörde, sondern auch den in der Darstellung des Verfahrensganges referierten Stellungnahmen und Berichten vom Frühjahr 1999 keine verlässlichen Anhaltspunkte zu entnehmen.

In Bezug auf das nachgeschaltete Rechtsmittel an ein Gericht geht aus den festgestellten Norminhalten hervor, dass es sich hiebei um eine "petition for judicial review" handle (§ 16 Abs. 4 des Flüchtlingsgesetzes) und der Senatsvorsitzende des Gerichtes den Vollzug der angefochtenen Entscheidung aufschieben könne (Art. 250c der Zivilprozessordnung). Feststellungen darüber, ob und mit welcher Wirkung davon Gebrauch gemacht werde, hat die belangte Behörde nicht getroffen. Zur Möglichkeit, für die gesamte Dauer des Gerichtsverfahrens einen fremdenrechtlichen Aufenthaltstitel zu erlangen, wird nur pauschal festgestellt, sie bestehe nicht praktisch ausnahmslos.

In der Darstellung des Verfahrensganges gibt die belangte Behörde eine "Hintergrundinformation" des UNHCR vom Februar 1999 wieder, wonach Antragsteller ohne gültigen Pass, ohne Arbeit und ohne Unterkunft, die nach dem "Inkrafttreten der endgültigen Verwaltungsentscheidung" den "Obersten Gerichtshof" anrufen, gezwungen seien, "während der mehrmonatigen Wartezeit bis zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes die knappen Hilfsmittel von UNHCR in Anspruch zu nehmen". UNHCR habe "wiederholt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass diese Behandlung das Recht auf Überprüfung durch ein höheres Gericht beschneidet und für manche Personen die Abschiebung oder eine menschenunwürdige Existenz in der Tschechischen Republik bedeuten kann" (Seite 13 des angefochtenen Bescheides).

Eine "Kurzübersicht" der österreichischen Botschaft in Prag, gleichfalls vom Februar 1999, wird in der Darstellung des Verfahrensganges u.a. mit den Worten zitiert, nach einer ablehnenden zweitinstanzlichen Entscheidung könne "an das Obergericht als außerordentliches Berufungsorgan appelliert werden". Das Obergericht entscheide nicht in merito, sondern könne die zweitinstanzliche Entscheidung nur "bestätigen oder ablehnen". Die Berufung habe keine aufschiebende Wirkung und das weitere Verbleiben werde "nur in Sonderfällen (z.B. Schwangerschaft) zugestanden", wobei die Aufenthaltskosten - anders als während des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens - nicht von der Tschechischen Republik übernommen würden (Seite 16 des angefochtenen Bescheides).

Wiedergegeben werden schließlich noch Ausführungen des Vertreters des UNHCR in den Verhandlungen am 4. Mai 1999 und am 1. Juni 1999. Danach habe dieser zu Protokoll gegeben, mangels aufschiebender Wirkung der Berufung an das Obergericht müsse der Asylwerber eine Aufenthaltsberechtigung nach dem tschechischen Fremdengesetz beantragen, "um die Möglichkeit zu haben, während des Verfahrens vor dem Obergericht in der Tschechischen Republik zu bleiben". Hiebei kämen aus näher beschriebenen Gründen in der Regel nur kurzfristige Visa für die Dauer von bis zu 180 Tagen in Frage. Da das Verfahren vor dem Obergericht in der Regel länger dauere, müsse der Asylwerber eine Verlängerung dieses 180-Tages-Visums beantragen. In diesem Stadium komme es "immer wieder insofern zu Problemen, als lokale Beamte der Fremden- und Grenzpolizei eine solche Verlängerung verweigern und damit dem Asylwerber das Recht nehmen, sich bis zur Entscheidung des Obergerichtes legal in der Tschechischen Republik aufzuhalten". Einen Vollstreckungsaufschub im Sinne des Art. 250c der tschechischen Zivilprozessordnung habe das Obergericht "bisher" mit der Begründung verweigert, die negative Entscheidung über den Asylantrag sei nicht vollstreckungstauglich, weil dem Betroffenen damit keine "direkte Verpflichtung" auferlegt werde (Seite 19 f des angefochtenen Bescheides).

Sieht man davon ab, dass die belangte Behörde das alles nicht festgestellt hat und auch unklar bleibt, ob die Verlängerungen der Visa zu Recht oder zu Unrecht verweigert werden und ob dies zu Abschiebungen während der laufenden Gerichtsverfahren führt, so scheinen diese Ermittlungsergebnisse tatsächlich zu bedeuten, dass ein Aufenthaltsrecht in dem im Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, definierten Sinne "zumindest" eines "praktisch ausnahmslosen" Abschiebungsschutzes während der Dauer des an das zweiinstanzliche Verwaltungsverfahren anschließenden Gerichtsverfahrens im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung in der Tschechischen Republik nicht gegeben war.

3.2.2. Diese Annahme der belangten Behörde ist auch nicht der Gesichtspunkt, unter dem der beschwerdeführende Bundesminister der angefochtenen Entscheidung in dem sie tragenden Punkt entgegentritt. Geltend gemacht wird vielmehr (auf Seite 12 des Beschwerdeschriftsatzes), das Fehlen eines Aufenthaltsrechtes während des "außerordentlichen Verfahrens vor dem Berufungsgericht" stehe mit § 4 Abs. 2 AsylG im Einklang, weil Gegenstand des Gerichtsverfahrens mit Rücksicht darauf, dass in diesem Verfahren nicht meritorisch entschieden werde, nicht im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG die "Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings" sei. Ein außerordentlicher Rechtsbehelf wie die Anrufung des Obergerichts stelle keinen Teil des Asylverfahrens dar, könne doch "in keinem Fall das Obergericht die Flüchtlingseigenschaft zuerkennen und feststellen". Das Interpretationsergebnis der belangten Behörde führe aber auch zu dem rechtsschutzfeindlichen Ergebnis, dass die Einrichtung eines zusätzlichen Überprüfungsreglements - wenngleich ohne diesbezügliches Aufenthaltsrecht - der Einstufung des Drittstaats als "sicher" abträglich wäre.

Gegenüber dem ersten dieser Argumente ist der belangten Behörde darin beizupflichten, dass es nicht darauf ankommen kann, ob an einer bestimmten Stelle des Instanzenzuges kassatorisch oder meritorisch entschieden wird. Auch eine "Überprüfungsinstanz" im Sinne des § 4 Abs. 3a Z 3 und 4 AsylG, die kassatorisch entscheidet, kann - vor allem dann, wenn es sich um eine der Behörde erster Instanz übergeordnete Verwaltungsbehörde handelt - ein Teil des "Verfahrens zur Einräumung der Rechtsstellung eines Flüchtlings" im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG sein. Diese Ansicht steht in keinerlei Spannungsverhältnis zum Gesetzeswortlaut, weil auch die Anrufung einer Kassationsinstanz der Erreichung des Verfahrensziels in der Sache dient.

Das zweite Argument - Verlust an "Sicherheit" durch Einrichtung einer zusätzlichen Instanz - hat der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, insofern nicht gelten lassen, als er einem ähnlichen Argument der belangten Behörde damals entgegenhielt, auf das Erfordernis einer nachprüfenden Kontrolle (gemäß den Grundsätzen der Genfer Flüchtlingskonvention) komme es nicht an, insoweit Verfahrensstufen und Rechtsschutzmöglichkeiten - als Teil des in § 4 Abs. 2 bezeichneten "Verfahrens" - tatsächlich eingerichtet seien. Dem ist nun hinzuzufügen, dass "eine Überprüfungsinstanz" seit der Novelle BGBl. I Nr. 4/1999 - angesichts des im Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 99/20/0246, erläuterten Zusammenhanges zwischen den Absätzen der nunmehrigen Fassung der Bestimmung - zu den ausdrücklich normierten Voraussetzungen des Schutzes im sicheren Drittstaat zählt. Für den Fall, dass im Drittstaat mehr als zwei - nach den zuvor erörterten Maßstäben dem "Verfahren" im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG zuzurechnende - Instanzen eingerichtet sind, ist schon auf Grund der Erwägung, dass die Zahl der Instanzen im Allgemeinen nicht höher sein wird, als dies in der jeweiligen Verfahrensordnung zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes als erforderlich erachtet wird, an der im Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, vertretenen Auffassung festzuhalten. Im Übrigen kann hiezu auf die Ausführungen zu 3.1.3. verwiesen werden.

3.2.3. Aus dem berechtigten Argument, es sei unmöglich, eine Rechtsschutzebene "nur" deswegen nicht dem "Verfahren" im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG zuzurechnen, weil die Entscheidungsbefugnis dieser Rechtsschutzebene kassatorischer Art sei, hat die belangte Behörde aber - unter Vernachlässigung der im Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284, vorgenommenen Differenzierung - den unrichtigen Schluss gezogen, jede kassatorisch wirksame Rechtsschutzebene sei als Teil des in der erwähnten Bestimmung umschriebenen "Verfahrens" anzusehen. Diese Ansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof, wie zuvor dargestellt, nicht geteilt.

Um ihre Auffassung, der Schutz im sicheren Drittstaat erfordere im vorliegenden Fall auch ein "praktisch ausnahmsloses" Bleiberecht während des an das zweiinstanzliche Verwaltungsverfahren anschließenden Gerichtsverfahrens, in einer der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Weise zu begründen, hätte die belangte Behörde dartun müssen, dass entweder der administrative Rechtszug nicht ausreichend effektiv oder das Gerichtsverfahren vom vorangegangenen Verwaltungsverfahren nicht in einer Weise getrennt sei, wie sie etwa in der Form der nachprüfenden Kontrolle durch den österreichischen Verwaltungsgerichtshof verwirklicht ist.

Die belangte Behörde hat dies auf Grund ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsauffassung nicht erkannt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Wien, am 20. Oktober 2000

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