VwGH 2003/08/0062

VwGH2003/08/006215.10.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, in der Beschwerdesache der Pensionsversicherungsanstalt in Wien, vertreten durch Dr. Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 17/16, gegen das als "Bescheid" des Landeshauptmannes von Steiermark bezeichnete Schriftstück vom 11. Februar 2003, Zl. 63-28g2/4-2002, betreffend Beitragsgrundlage gemäß § 76a ASVG (mitbeteiligte Partei: Theresia L in W), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §18 Abs2;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs3;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;
AVG §18 Abs2;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs3;
VwGG §47 Abs2 Z2;
VwGG §48 Abs2;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt bekämpft ein als Bescheid bezeichnetes und mit 11. Februar 2003 datiertes Schriftstück, das seinem Wortlaut nach dem Landeshauptmann von Steiermark zuzurechnen ist, mit welchem der Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter (der Rechtsvorgängerin der nunmehr einschreitenden Pensionsversicherungsanstalt) vom 30. August 2002 gemäß § 66 Abs. 4 AVG "behoben wird": Mit Bescheid vom 30. August 2002 hatte die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter die Beiträge in der Pensionsversicherung für die mitbeteiligte Partei mit monatlich EUR 172,06 ab 1. Jänner 2002 festgesetzt; in dem nunmehr als "Bescheid" angefochtenen Schriftstück wird hiezu die Auffassung vertreten, dass die von der mitbeteiligten Partei bezogene Wohnbeihilfe - anders als dies die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt sieht bzw. deren Rechtsvorgängerin vertreten hat - bei Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Versicherten im Sinne des § 76a Abs. 4 ASVG kein Einkommen darstelle. Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt bestreitet in der vorliegenden Beschwerde die Richtigkeit dieser Auffassung und beantragt die Aufhebung dieses "Bescheides" .

In dem vor dem Verwaltungsgerichtshof geführten Vorverfahren hat die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie einerseits die mit der Beschwerde bekämpfte Rechtsauffassung verteidigt, andererseits zu einer Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes in der Berichterverfügung betreffend die verfahrensrechtliche Vorgangsweise der belangten Behörde (Aufhebung anstelle von Abänderung) ausführt, dass "aufgrund eines Versehens der Auslaufstelle der gegenständliche Bescheid ohne Unterschrift des Referenten abgefertigt und daher lediglich das Konzept eines nicht korrigierten Bescheides verschickt" worden sei.

Der Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten bestätigt die Richtigkeit dieser Darstellung der belangten Behörde: Es findet sich darin die Urschrift des "Bescheides" vom 11. Februar 2002, welche keine Unterschrift zur Genehmigung enthält, wohl aber einen Abfertigungsvermerk der Geschäftsstelle.

§ 18 Abs. 2 AVG ordnet an, dass die Genehmigung einer Erledigung durch die Unterschrift des Genehmigenden zu erfolgen hat. Davon kann jedoch abgesehen werden, wenn sichergestellt ist, dass derjenige, welcher die Genehmigung erteilt hat, auf andere Weise festgestellt werden kann.

Der zweite Fall des § 18 Abs. 2 AVG liegt hier schon deshalb nicht vor, weil nach der Aktenlage in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der belangten Behörde eine Genehmigung der Erledigung überhaupt nicht erfolgt ist, vielmehr ein Bescheidkonzept versehentlich ausgefertigt und zugestellt worden ist.

Gemäß § 18 Abs. 4 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 hat jede schriftliche Erledigung die Bezeichnung der Behörde, das Datum und den Namen des Genehmigenden zu enthalten. Soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, haben schriftliche Erledigungen auch die Unterschrift des Genehmigenden zu enthalten. An die Stelle dieser Unterschrift kann die Beglaubigung der Kanzlei treten, dass die Erledigung mit dem Erledigungstext des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die Genehmigung im Sinne des Abs. 2 aufweist; das Nähere wird durch Verordnung geregelt. Werden schriftliche Erledigungen vervielfältigt, so bedarf nur das Original der Unterschrift oder der Beglaubigung. Schriftliche Erledigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt worden sind oder die telegraphisch, fernschriftlich, mit Telefax, im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise übermittelt werden, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt einer Erledigung die Bescheidqualität, wenn die Urschrift - bzw. der betreffende "Referatsbogen" (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, § 18 AVG, E 22 wiedergegebene Rechtsprechung) - nicht mit der Unterschrift des Genehmigenden versehen ist (vgl. schon die Beschlüsse vom 23. April 1990, Zl. 89/10/0241, vom 28. Juni 1991, Zl. 91/18/0172, und vom 6. Mai 1996, Zl. 91/10/0060, sowie die weitere bei Walter/Thienel, aaO, E 24, 27, wiedergegebene Rechtsprechung, sowie aus jüngerer Zeit die Entscheidungen vom 12. Dezember 2001, Zl. 2000/03/0135, vom 11. Dezember 2002, Zl. 2002/12/0264, und vom 29. April 2003, Zl. 99/02/0299). Davon kann nur abgesehen werden, wenn die den Parteien zugestellten Ausfertigungen die Originalunterschrift des Genehmigenden tragen und eine nicht unterschriebene Durchschrift im Akt verbleibt (vgl. dazu das Erkenntnis vom 20. Juni 1991, Zl. 91/19/0085, sowie Walter/Thienel, aaO, E 30).

Da im vorliegenden Fall weder die der Partei zugestellte Bescheidausfertigung die Unterschrift des Genehmigenden trägt, noch die Urschrift des Bescheides mit dessen Unterschrift versehen ist, vielmehr eine Genehmigung zur Erlassung eines Bescheides nach der Aktenlage nicht vorliegt, fehlt der bekämpften Erledigung die Bescheidqualität.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 iVm Art. 131 Abs. 1 B-VG können aber nur Bescheide vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden. Damit ein Schriftstück als Bescheid wegen Rechtswidrigkeit beim Verwaltungsgerichtshof anfechtbar ist (Art. 130 f B-VG), muss den zuvor genannten Anforderungen Genüge getan sein. Im vorliegenden Fall trägt jedoch weder die der Partei zugestellte Ausfertigung die Unterschrift eines "Genehmigenden", noch ist die Urschrift mit einer solchen Unterschrift versehen.

Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

Kosten waren der belangten Behörde hingegen nicht zuzusprechen: Der Fehler der von der Beschwerdeführerin bekämpften Erledigung hat sich weder in deren Sphäre ereignet noch kann der Beschwerdeführerin das Risiko zugemutet werden, die sich als Bescheid präsentierende Verwaltungserledigung unbekämpft zu lassen. In einer solchen als Bescheid intendierten, jedoch (mangels Genehmigung) qualifiziert mangelhaften, Erledigung kann die in der Form einer Zurückweisung der Beschwerde getroffene verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht einer Zurückweisung im Begriffsverständnis des § 51 VwGG gleichgehalten werden. Es liegt keine Entscheidung vor (mag sie auch als Zurückweisung in Erscheinung treten), die es rechtfertigen würde, im Sinne des § 51 VwGG die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen, als ob die Beschwerde abgewiesen worden wäre. Die belangte Behörde kann daher im vorliegenden Fall nicht als "obsiegende Partei" im Sinne der §§ 47 Abs. 2 Z. 2 sowie 48 Abs. 2 VwGG angesehen werden.

Es hat bei dieser Sachlage bei der allgemeinen Regel des § 58 Abs. 1 VwGG zu bleiben, wonach jede Partei den im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat (vgl. die Erkenntnisse vom 11. Dezember 2002, Zl. 2002/12/0264, und vom 29. April 2003, Zl. 99/02/0299).

Wien, am 15. Oktober 2003

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