Normen
B-VG Art139 Abs1 Z1
StVO §44 Abs1
FahrverbotsV der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30.09.2013 für LKW auf der B317
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2019:V61.2018
Spruch:
I. Die Wortfolge "von Straßenkilometer 19.069 bis Straßenkilometer 19.600 (Kreuzungsbereich B 317 – B 96) und" in §1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30. September 2013, Z 11.0 66/06, war gesetzwidrig.
II. Die Steiermärkische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
III. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Steiermark,
"die Verordnung des Bezirkshauptmannes von Murau vom 30.09.2013 betreffend straßenpolizeiliche Maßnahmen auf der B 317 zwischen Scheifling und Dürnstein, GZ: 11.0 66/06, kundgemacht durch Straßenverkehrszeichen gemäß §44 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159 idF BGBl I Nr 68/2017,
als gesetzwidrig aufzuheben.
In eventu
§1 der Verordnung des Bezirkshauptmannes von Murau vom 30.09.2013 betreffend straßenpolizeiliche Maßnahmen auf der B 317 zwischen Scheifling und Dürnstein, GZ: 11.0 66/06, kundgemacht durch Straßenverkehrszeichen gemäß §44 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159 idF BGBl I Nr 68/2017
als gesetzwidrig aufzuheben." (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original)
II. Rechtslage
1. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30. September 2013, Z 11.0 66/06, lautet – auszugsweise – wie folgt:
"VERORDNUNG
Gemäß §43 Abs1 litb Zif. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl Nr 159, i.d.g.F. verordnet die Bezirkshauptmannschaft Murau wie folgt:
§1
Auf der B 317 zwischen Scheifling und Dürnstein ist von Straßenkilometer 19.069 bis Straßenkilometer 19.600 (Kreuzungsbereich B 317 – B 96) und von Straßenkilometer 0.00 (Kreuzungsbereich B 317 – B 96) bis Straßenkilometer 22,862 (südliches Ortsende von Dürnstein) das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in beiden Richtungen (§52 lita Ziffer 7a StVO 1960 i.d.g.F.) verboten.
§2
Von diesem Verbot sind ausgenommen:
a) Fahrten mit Fahrzeugen des Straßendienstes, des Bundesheeres, des Pannenhilfsdienstes, des Abschleppdienstes, des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowie mit Fahrzeugen, die dem Einsatz in Katastrophenfällen dienen;
b) Fahrten mit Schulfahrzeugen im Rahmen der Ausbildung und Prüfung von Bewerbern um eine Lenkerberechtigung;
c) Fahrten mit Fahrzeugen im Ziel- und Quellverkehr für Gebiete, die ohne Benutzung der vom Verbot erfassten Wegstrecke nicht erreicht werden können;
d) Fahrten im Ziel- und Quellverkehr betreffend die Bezirke Murau, Murtal, Leoben, Tamsweg und St. Veit an der Glan, wobei diese Fahrten in einem zumindest überwiegend(en) Be- oder Entladen der Lastkraftfahrzeuge bestehen müssen oder wenn für die Be- und Entladung technische Hilfsmittel erforderlich sind.
e) Fahrten von Lastkraftfahrzeugen, die ihren dauernden Standort bei Betrieben in den angeführten Bezirken haben, wenn diese Fahrten der Wegfahrt bzw der Rückfahrt zum dauernden Standort des Betriebes dienen, auch wenn es sich um Leerfahrten handelt. Fahrten von Lastkraftfahrzeugen, deren Lenker/Lenkerinnen ihren Wohnsitz in einer der angeführten Bezirke haben, wenn die vorgesehene Be- oder Entladestelle näher zur Wohnadresse des Lenkers/der Lenkerin als zum Betrieb ist.
§3
Rechtsvorschriften, mit denen weitergehende Fahrverbote angeordnet werden, bleiben unberührt.
§4
Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung in der Grazer Zeitung folgenden Tag in Kraft.
§5
Mit dem In-Kraft-Treten dieser Verordnung tritt die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 20.12.2012, 11.0-66/2006, außer Kraft.
Der Bezirkshauptmann:
[…]"
(Zitat ohne die Hervorhebungen im Original)
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960), lauten – auszugsweise – wie folgt:
"§43. Verkehrsverbote, Verkehrserleichterungen und Hinweise
(1) Die Behörde hat für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung
a) […]
b) wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffenheit der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäudes oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert,
1. dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß‑, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und dergleichen zu erlassen,
2. den Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorzuschreiben, insbesondere bestimmte Gruppen von der Benützung einer Straße oder eines Straßenteiles auszuschließen oder sie auf besonders bezeichnete Straßenteile zu verweisen;
c) – d) […]
(1a) – (11) […]
§44. Kundmachung der Verordnungen
(1) Die im §43 bezeichneten Verordnungen sind, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft. Der Zeitpunkt der erfolgten Anbringung ist in einem Aktenvermerk (§16 AVG) festzuhalten. Parteien im Sinne des §8 AVG ist die Einsicht in einen solchen Aktenvermerk und die Abschriftnahme zu gestatten. Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen die Vorschriftszeichen sowie die Hinweiszeichen 'Autobahn', 'Ende der Autobahn', 'Autostraße', 'Ende der Autostraße', 'Einbahnstraße', 'Ortstafel', 'Ortsende', 'Internationaler Hauptverkehrsweg', 'Straße mit Vorrang', 'Straße ohne Vorrang', 'Straße für Omnibusse' und 'Fahrstreifen für Omnibusse' in Betracht. Als Bodenmarkierungen zur Kundmachung von im §43 bezeichneten Verordnungen kommen Markierungen, die ein Verbot oder Gebot bedeuten, wie etwa Sperrlinien, Haltelinien vor Kreuzungen, Richtungspfeile, Sperrflächen, Zickzacklinien, Schutzwegmarkierungen oder Radfahrerüberfahrtmarkierungen in Betracht.
(1a)-(2a) […]
(2b) Bei Verordnungen (§43) einer Bezirksverwaltungsbehörde, die sich durch Straßenverkehrszeichen nicht ausdrücken lassen, gelten für die Kundmachung die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften. Der Inhalt solcher Verordnungen ist zusätzlich zur Kundmachung durch Hinweistafeln am Beginn der von der Verordnung betroffenen Straßenstrecke zu verlautbaren. Für solche Hinweistafeln sind insbesondere auch die in §52 angeführten Straßenverkehrszeichen heranzuziehen. Auf solchen Hinweistafeln oder auf einer Zusatztafel ist auf die entsprechende Fundstelle im Kundmachungsorgan hinzuweisen.
(3)-(5) […]
[…]
§52. Die Vorschriftszeichen
Die Vorschriftszeichen sind
a) Verbots- oder Beschränkungszeichen,
b) – c) […]
a) Verbots- oder Beschränkungszeichen
1. – 6d. […]
7a. 'FAHRVERBOT FÜR LASTKRAFTFAHRZEUGE'
[Zeichen]
Diese Zeichen zeigen an, dass das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen verboten ist.
Eine Gewichtsangabe bedeutet, dass das Verbot nur für ein Lastkraftfahrzeug gilt, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Lastkraftfahrzeuges oder das höchste zulässige Gesamtgewicht eines mitgeführten Anhängers das im Zeichen angegebene Gewicht überschreitet.
Eine Längenangabe bedeutet, dass das Verbot nur gilt, wenn die Länge des Lastkraftfahrzeuges oder die Länge eines mitgeführten Anhängers oder die Länge des Lastkraftfahrzeuges samt Anhänger die im Zeichen angegebene Länge überschreitet.
[…]
[…]
§94b. Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde
(1) Behörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, sofern der Akt der Vollziehung nur für den betreffenden politischen Bezirk wirksam werden soll und sich nicht die Zuständigkeit der Gemeinde oder – im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist – der Landespolizeidirektion ergibt, die Bezirksverwaltungsbehörde
a) […]
b) für die Erlassung von Verordnungen und Bescheiden,
c) – h) […]
(2) […]"
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Beim Landesverwaltungsgericht Steiermark ist ein Verfahren über eine Beschwerde gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 5. März 2018 anhängig. Mit dem Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht zur Last gelegt, dass er am 4. Dezember 2017, um 15:20 Uhr, in der Gemeinde Scheifling, auf der B 317, StrKm. 19.069 bis StrKm. 19.600, als Lenker eines Lastkraftwagens, welcher ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von über 7,5 t aufweise, das im angeführten Bereich deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t, ausgenommen Ziel- und Quellverkehr, nicht beachtet habe. Unter die Ausnahmen des Fahrverbotes für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t würde er nicht fallen. Es sei daher die Rechtsvorschrift des §52 lita Z7a StVO 1960 in Verbindung mit der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30. September 2013 verletzt worden, weshalb die Bezirkshauptmannschaft Murau eine Geldstrafe von € 365,– (im Fall der Uneinbringlichkeit 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) über den Beschwerdeführer verhängte.
Im Verfahren vor dem antragstellenden Gericht brachte der Beschwerdeführer ua vor, dass gemäß §54 Abs2 StVO 1960 die Angaben auf Zeichen und Zusatztafeln für jedermann leicht verständlich sein müssen. Die Zusatztafel "Scheifling – Dürnstein" könne nur so verstanden werden, dass die Verordnung nur für jene Fahrer zur Anwendung komme, die von Scheifling nach Dürnstein fahren wollen, nicht aber für jene Fahrer, die – wie er – in Scheifling von der B 317 abfahren und auf der B 96 weiter in Richtung Murau fahren. Das Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t umfasse jedoch bereits den Streckenabschnitt vor dem Kreuzungsbereich der B 317 – B 96, sodass Lenker von Lastkraftwagen, die in Scheifling in Richtung Murau unterwegs seien, durch das überraschende Fahrverbot vor dem Kreuzungsbereich in eine "Sackgasse" geführt würden und nur die Möglichkeit hätten zu wenden. Zudem werde auf der vorherigen Autobahn vor Scheifling und auch auf der Schnellstraße mehrmals angekündigt, dass das Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t nur für die B 317 und nicht für die B 96 gelte. Es liege daher ein Kundmachungsmangel vor, welcher sich aus der Zusatztafel mit der Aufschrift "Dürnstein – Scheifling" ergeben würde.
Aus Anlass dieses Verfahrens stellte das Landesverwaltungsgericht Steiermark gemäß Art139 Abs1 Z1 B‑VG den Antrag, die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30. September 2013, Z 11.0 66/06, zur Gänze bzw – in eventu – in dessen §1, als gesetzwidrig aufzuheben.
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark führte zur Präjudizialität der angefochtenen Verordnung aus, dass es die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30. September 2013, Z 11.0 66/06, im Beschwerdeverfahren als Rechtsgrundlage unmittelbar anzuwenden hätte.
Den bisherigen Verfahrensgang sowie die Bedenken hinsichtlich der nicht ordnungsgemäßen Kundmachung der Verordnung stellte das Landesverwaltungsgericht Steiermark – auszugsweise – wie folgt dar:
"Auf der B 317 vor der Ortsgemeinde Scheifling vom Hektometer 19,0 gemessen ist das Verkehrszeichen 69 Meter entfernt und somit bei 19,069 kundgemacht. Dies entspricht den Angaben der Verordnung, die auf eine Kundmachung bei StrKm 19,069 abstellt.
Im Ortsgebiet von Scheifling auf der B 96, vom Hektometer 19,8 gemessen hingegen ist das Verkehrszeichen 114 Meter entfernt und somit bei StrKm 19,686 kundgemacht. Laut §1 der Verordnung des Bezirkshauptmannes von Murau vom 30.09.2013 ist der Standort dieses Verkehrszeichens jedoch bei StrKm 19,600. Das bedeutet, dass sich hinsichtlich des Endes des Fahrverbotes eine tatsächliche Abweichung des Standortes des Straßenverkehrszeichens im Ausmaß von 86 Meter vom verordneten Standpunkt ergibt.
Hinzu tritt, dass mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 24.08.2018 mitgeteilt wurde, dass am 10.08.2018 von der Straßenmeisterei Scheifling, im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Murau der Kreuzungsmittelpunkt der B 317 und der B 96 bei StrKm 19.420 ermittelt wurde. An diesem Punkt endet die B 317 aus Fahrtrichtung Judenburg und beginnt die B 317 mit StrKm 0.0 in weiterer Folge in Fahrtrichtung Kärnten. Diese Abweichungen haben sich offenbar durch Abweichungen der Standorte der Hektometertafeln im Zuge von Bauarbeiten ergeben. Die Bezirkshauptmannschaft Murau teilte dem Landesverwaltungsgericht mit, dass auf Grund der Ergebnisse der Nachmessung die Verordnung des Bezirkshauptmannes von Murau vom 30.09.2013, GZ: 11.0-66/2006, anzupassen ist und neu erlassen werden wird.
[…]
Da im gegenständlichen Fall das 'Ende des Fahrverbotes' […] auf der B 96 in Fahrtrichtung Murau auf der Höhe StrKm 19,600 kundgemacht hätte werden müssen, dies jedoch bei StrKm 19,686 tatsächlich erfolgte, weist dieses Straßenverkehrszeichen ein Mindestmaß an Publizität auf, da sie gegenüber einem unbestimmten, externen Adressatenkreis ausreichend allgemein kundgemacht wurde, wenn auch nicht in der laut Verordnung (StrKm 19,600) rechtlich vorgesehenen Weise. Das Verwaltungsgericht sieht sich daher an die gesetzwidrig kundgemachte Verordnung gebunden und beantragt die Aufhebung der genannten Verordnung des Bezirkshauptmannes Murau vom 30.09.2013, in eventu die Aufhebung §1 der genannten Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30.09.2013."
2. Der am Verfahren beteiligte Beschwerdeführer des beim Landesverwaltungsgericht Steiermark anhängigen Verfahrens erstattete am 23. Oktober 2018 folgende – auszugsweise wiedergegebene – Äußerung:
"[…]
Die Verordnung sieht gegenständlich vor, dass das Fahrverbot auf der B 317 zwischen Scheifling und Dürnstein von Straßenkilometer 19.069 bis Straßenkilometer 19.600 (Kreuzungsbereich B 317 – B 96) und von Straßenkilometer 0.00 (Kreuzungsbereich B 317 – B 96) bis Straßenkilometer 22,862 (südliches Ortsende von Dürnstein) gilt. Da die Zusatztafel ausdrücklich vorsieht, dass die Verordnung im Bereich 'Scheifling – Dürnstein' zur Anwendung kommt, kann die Verordnung inhaltlich nur so gemeint sein, dass der Streckenabschnitt vor und in dem gegenständlichen Kreuzungsbereich nicht von der gegenständlichen Verordnung umfasst ist.
Die Verordnung kann sich nur auf jene LKW-Fahrer beziehen, die von Scheifling in Richtung Dürnstein fahren wollen und nicht auf jene, die von Scheifling in Richtung Murau fahren.
[…]
Da die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln gem. §54 Abs2 StVO für jedermann leicht verständlich sein müssen, verstößt die gegenständliche Verordnung somit gegen die gesetzlichen Kundmachungserfordernisse. Da die Zusatztafel jedoch nicht leicht verständlich ist, ist die Verordnung nicht gehörig kundgemacht und kann sie dahingehend keine Rechtswirkungen entfalten (vgl VwGH 87/03/0003).
[…]
Im gegenständlichen Fall hätte das Ende des Fahrverbots gem. §52a Z7b StVO auf der B 96 in Fahrtrichtung Murau auf der Höhe Straßenkilometer 19.600 kundgemacht werden müssen. Die Kundmachung erfolgte jedoch bei Straßenkilometer 19.686, sodass gegenständlich ein Kundmachungsmangel vorliegt.
Zudem wurde von der Bezirkshauptmannschaft Murau der Kreuzungsmittelpunkt falsch bemessen. Der Kreuzungsmittelpunkt der B 317 und der B 96 liegt bei Straßenkilometer 19.420. An diesem Punkt endet die gegenständliche B 317 aus Fahrtrichtung von Judenburg kommend und hier beginnt die B 317 mit Straßenkilometer 0.0 in weiterer Folge in Fahrtrichtung nach Kärnten.
[…]"
3. Die verordnungserlassende Behörde legte die Akten betreffend die angefochtene Verordnung vor und erstattete mit Schreiben vom 25. Oktober 2018 folgende Äußerung:
"[…]
Im Zuge eines beim Landesverwaltungsgericht Steiermark anhängigen Beschwerdeverfahrens zum Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau 5.3.2017, GZ.: BHMU-15.1-12865/2017, wurde hinsichtlich der Kundmachung der maßgeblichen Straßenverkehrszeichen durch neuerliche Ausmessung seitens der Straßenmeistere[i] Scheifling evident, dass der in der Verordnung angeführte Kreuzungsmittelpunkt B 317 — B 96 nicht bei StrKm. 19.600 sondern bei StrKm. 19.420 liegt.
Der im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Murau ausgemittelte Kreuzungsmittelpunkt ist nunmehr Grundlage für die Adaptierung der in Beschwerde gezogenen Fahrverbotsverordnung. Damit soll sichergestellt werden, dass die Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet. Nach Abschluss des Anhörungsverfahrens wird die adaptierte Fahrverbotsverordnung unverzüglich nachgereicht.
[…]."
4. Mit Schreiben vom 30. Jänner 2019 übermittelte die verordnungserlassende Behörde den Verordnungstext der neuerlassenen Verordnung vom 21. Jänner 2019, Z 11.0 66/06, und teilte mit, dass die in der Verordnung angeführten Straßenkilometer den tatsächlichen Aufstellungsbereichen der Verkehrszeichen entsprechen würden, weshalb die nunmehrige Verordnung gehörig kundgemacht sei.
5. Der am Verfahren beteiligte Beschwerdeführer des beim Landesverwaltungsgericht Steiermark anhängigen Verfahrens brachte mit Schriftsatz vom 13. März 2019 eine weitere Stellungnahme ein, in der insbesondere die bereits angeführten Bedenken betreffend die Gesetzwidrigkeit der Verordnung wiederholt wurden.
6. Mit Schreiben vom 21. März 2019 teilte die Bezirkshauptmannschaft Murau mit, dass die Verordnung vom 21. Jänner 2019 ordnungsgemäß kundgemacht worden sei, was sich aus den beigelegten Unterlagen ergebe (nämlich dem Amtsblatt der Grazer Zeitung [Stk. 7/2019] vom 15. Februar 2019, mehreren E‑Mails und Fotos der Straßenverkehrszeichen).
7. In der Folge erstattete der Beschwerdeführer des beim antragstellenden Gerichtes anhängigen Verfahrens eine weitere Stellungnahme.
8. Die Steiermärkische Landesregierung hat von der Erstattung einer Äußerung abgesehen.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrags
1.1. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung zu Art89 Abs1 B‑VG seit dem Erkenntnis VfSlg 20.182/2017 die Auffassung, dass eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm – also eine an einen unbestimmten, externen Personenkreis adressierte, verbindliche Anordnung von Staatsorganen – bereits dann vorliegt, wenn eine solche Norm ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz erlangt (vgl zB VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch VfGH 18.9.2015, V96/2015, sowie die Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur). Es ist nicht notwendig, dass die Kundmachung der Norm in der rechtlich vorgesehenen Weise erfolgt. Demnach haben auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B‑VG anzuwenden und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich.
1.2. Die Kundmachung der angefochtenen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30. September 2013, Z 11.0 66/06, erfolgte durch Verlautbarung des Verordnungsinhaltes im Amtsblatt der Grazer Zeitung (Stk. 42/2013) am 18. Oktober 2013, durch Aufstellung der Straßenverkehrszeichen sowie durch Anbringung von auf die Kundmachung in der Grazer Zeitung Bezug nehmenden Zusatztafeln unterhalb der Straßenverkehrszeichen. Dadurch erlangte die angefochtene Verordnung ein Mindestmaß an Publizität und somit rechtliche Existenz, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist (vgl VfSlg 19.072/2010, 19.230/2010 uva.; vgl auch VfGH 18.9.2015, V96/2015).
1.3. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).
Ein von Amts wegen oder auf Antrag eines Gerichtes eingeleitetes Verordnungsprüfungsverfahren dient der Herstellung einer verfassungsrechtlich einwandfreien Rechtsgrundlage für das Anlassverfahren (vgl VfSlg 11.506/1987, 13.701/1994).
1.4. Laut dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau wurde die Verwaltungsübertretung der Missachtung des Fahrverbotes für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t auf der B 317 im Streckenabschnitt von StrKm. 19.069 bis StrKm. 19.600 begangen.
1.5. §1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30. September 2013 sieht – neben dem Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t auf dem Streckenabschnitt von StrKm. 19.069 bis StrKm. 19.600 – auch ein derartiges Fahrverbot auf der B 317 für den Streckenabschnitt von StrKm. 0,00 bis StrKm. 22,862 vor.
1.6. Der Hauptantrag sowie der Eventualantrag umfassen somit Bestimmungen, die im Anlassfall offenkundig nicht präjudiziell und offensichtlich trennbar sind (vgl VfSlg 17.572/2005, 19.939/2014; VfGH 24.11.2016, V18‑19/2016; 28.9.2017, G31/2017; 14.3.2018, V114/2017), weil die Verordnung in §1 auch ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t auf der B 317 für den Streckenabschnitt von StrKm. 0.00 bis StrKm. 22,862 und damit eine Verkehrsbeschränkung auf einem nicht die gegenständliche Verwaltungsübertretung betreffenden Streckenabschnitt enthält. Dieses weitere Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge bildet offenbar keine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall. Es ist daher denkunmöglich, dass die gesamte Verordnung bzw der gesamte §1 der Verordnung eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes bildet (vgl VfGH 24.11.2016, V18/2016 ua). Der auf die Aufhebung der gesamten Verordnung gerichtete Hauptantrag erweist sich daher als zu weit gefasst. Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen (im Gegensatz zu einem zu eng gefassten) nicht in jedem Fall unzulässig, sondern führt zu seiner teilweisen Zurückweisung.
1.7. Soweit sich der Hauptantrag daher auf §1 der angefochtenen Verordnung und hier auf die Wortfolge "von Straßenkilometer 19.069 bis Straßenkilometer 19.600 (Kreuzungsbereich B 317 – B 96) und" bezieht, erweist sich der Antrag, da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, als zulässig. Auf den Eventualantrag ist daher nicht näher einzugehen.
1.8. Im Übrigen ist der Hauptantrag jedoch als unzulässig zurückzuweisen, weil die Verordnung vom 30. September 2013 auch Bestimmungen über ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t enthält, die im Anlassfall offenbar keine Voraussetzung für die Entscheidung des antragstellenden Gerichtes bilden.
2. In der Sache
2.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl VfSlg 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg 15.644/1999, 17.222/2004).
2.2. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er auch begründet.
2.3. Die vorgenommene Kundmachung der Verordnung vom 30. September 2013 entspricht nicht den Anforderungen des §44 Abs1 StVO 1960:
Gemäß §44 Abs1 StVO 1960 sind die in §43 StVO 1960 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit deren Anbringung in Kraft (vgl VfSlg 18.710/2009, 19.409/2011, 19.410/2011).
Der Vorschrift des §44 Abs1 StVO 1960 ist immanent, dass die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungs-bereich der Verordnung beginnt und endet. Zwar ist zur Kundmachung von Verkehrsbeschränkungen keine "zentimetergenaue" Aufstellung der Verkehrs-zeichen erforderlich (vgl dazu VwGH 13.2.1985, 85/18/0024; 25.1.2002, 99/02/0014; 10.10.2014, 2013/02/0276), jedoch wird dieser Vorschrift nicht Genüge getan und liegt ein Kundmachungsmangel vor, wenn der Aufstellungsort vom Ort des Beginns bzw Endes des verordneten Geltungsbereiches einer Geschwindigkeitsbeschränkung signifikant abweicht (vgl VfSlg 15.749/2000 mwN; zu den in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien vgl VwGH 3.7.1986, 86/02/0038; 16.2.1999, 98/02/0338; 22.2.2006, 2003/17/0138; 24.11.2006, 2006/02/0232; 5.9.2008, 2008/02/0011; 21.11.2008, 2008/02/0231; 25.11.2009, 2009/02/0095; 25.6.2014, 2013/07/0294).
2.4. Wie sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus dem von der verordnungserlassenden Behörde im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark vorgelegten Bildmaterial der Landespolizeidirektion Steiermark vom 27. Juni 2018, ergibt, befindet sich das Verkehrszeichen, mit dem das Ende des Fahrverbotes für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t im Kreuzungsbereich B 317 – B 96 kundgemacht wird, bei StrKm. 19.686, anstelle des verordneten Standpunktes bei StrKm. 19.600, und weicht somit um 86 Meter vom verordneten Standpunkt ab. Dies stellt eine signifikante Abweichung dar. Die Nichtübereinstimmung der verordnungsmäßig festgelegten Grenzen der Geschwindigkeitsbeschränkung mit den tatsächlich kundgemachten Grenzen führt zur Rechtswidrigkeit und zu einer nicht gesetzmäßigen Kundmachung iSd §44 Abs1 StVO 1960 des §1 der angefochtenen Verordnung, soweit sich §1 der Verordnung auf den Streckenabschnitt zwischen dem StrKm. 19.069 und dem StrKm. 19.600 bezieht.
2.5. Eine Anwendung des Art139 Abs3 Z3 B‑VG scheidet schon deswegen aus, weil die Verordnung verschiedene, voneinander unabhängige Tatbestände enthält. Es ist daher nicht die gesamte Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, weil der Kundmachungsmangel der Verkehrsbeschränkung keine unmittelbare Auswirkung auf die Verbindlichkeit der anderen, in der Verordnung enthaltenen und kundgemachten Verkehrsbeschränkungen bzw Anordnungen hat (vgl VfGH 14.3.2018, V114/2017).
Der festgestellte Kundmachungsmangel betrifft ausschließlich den – im Ausgangsverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark präjudiziellen und – im Spruch genannten Teil der zitierten Verordnung. Da die unter II.1. wiedergegebene Verordnung ua weitere Regelungen über Vorschriftszeichen beinhaltet, die auf andere Weise, wie etwa durch anders gestaltete Verkehrszeichen an anderen, näher bezeichneten Orten kundzumachen sind, kommt eine Aufhebung der ganzen Verordnung gemäß Art139 Abs3 Z3 B‑VG im vorliegenden Verfahren nicht in Betracht (vgl VfSlg 19.127/2010, 19.128/2010; VfGH 14.3.2018, V114/2017).
2.6. Mit Verordnung vom 21. Jänner 2019, Z 11.0 66/06, hat die Bezirkshauptmannschaft Murau eine neue Verordnung betreffend ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von über 7,5 t auf der B 317 erlassen. Die neue Verordnung wurde bereits kundgemacht und ist daher in Kraft getreten. Da mit der Kundmachung der neuen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 21. Jänner 2019 der angefochtenen Verordnung vom 30. September 2013 derogiert wurde, ist die angefochtene Verordnung mit dem Inkrafttreten der neuen Verordnung außer Kraft getreten.
2.7. Der Verfassungsgerichtshof hat daher gemäß Art139 Abs4 B‑VG festzustellen, dass die angefochtene Verordnung vom 30. September 2013 in ihrem zulässigerweise angefochtenen Teil gesetzwidrig war (vgl VfSlg 12.160/1989).
V. Ergebnis
1. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 30. September 2013, Z 11.0 66/06, war in §1 im Umfang der Wortfolge "von Straßenkilometer 19.069 bis Straßenkilometer 19.600 (Kreuzungsbereich B 317 – B 96) und" gesetzwidrig.
2. Im Übrigen ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
3. Die Verpflichtung der Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Feststellung der Gesetzwidrigkeit erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 Z7 Steiermärkisches KundmachungsG.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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