Normen
AVG §37;
StVO 1960 §2 Abs1 Z15;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §43 Abs1;
StVO 1960 §44 Abs1;
StVO 1960 §52 lita Z10a;
StVO 1960 §53 Abs1 Z17a;
StVO 1960 §53 Abs1 Z17b;
AVG §37;
StVO 1960 §2 Abs1 Z15;
StVO 1960 §20 Abs2;
StVO 1960 §43 Abs1;
StVO 1960 §44 Abs1;
StVO 1960 §52 lita Z10a;
StVO 1960 §53 Abs1 Z17a;
StVO 1960 §53 Abs1 Z17b;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. August 1998 wurde der Beschwerdeführer hinsichtlich des Spruchpunktes 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion St. Pölten vom 18. April 1997 für schuldig befunden, er habe am 17. September 1996 um 12.04 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in St. Pölten-Stattersdorf, S.-Straße, Höhe Nr. 74, stadteinwärts fahrend die im Ortsgebiet höchstzulässige Geschwindigkeit überschritten. Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 20 Abs. 2 erster Fall StVO verletzt, weswegen über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) zu verhängen gewesen sei.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer habe zwei Lichtbilder zum Beweis dafür vorgelegt, daß die Beschriftung der Ortstafel statt richtig mit "St. Pölten-Stattersdorf" mit "Stattersdorf" durchgeführt worden sei, die seinerzeitige Fahrt stadteinwärts und nicht, wie in der Anzeige und im Verfahren vor der Behörde erster Instanz angegeben, stadtauswärts und die Aufstellung der Ortstafel statt bei km 1,847 bei km 1,816 erfolgt sei. Auf einem Lichtbild sei aber erkennbar, dass der Tatort (Hausnummer 74) erst nach Passieren der Ortstafel erreicht werden habe können.
Der Aufstellungsort (der Ortstafel) sei, weil die Kilometrierung "stadtauswärts" vorgenommen worden sei, jedenfalls auf dem Abschnitt der S-Straße gewesen, der im Ortsgebiet von Stattersdorf liege.
So wie das Passieren der Ortstafel für die Straffreiheit nach § 20 Abs. 1 erster Fall StVO "ohne Belang" sei, sei dafür auch eine allenfalls verkürzte Ortsbezeichnung unbeachtlich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerde u.a. neuerlich die nicht ordnungsgemäße Kundmachung der Verordnung betreffend die Aufstellung der Ortstafel an einem in dieser Verordnung näher genannten Ort. Ohne eine gehörige und gesetzmäßige Kundmachung der Verordnung liege keine Rechtsverordnung vor. Nicht gehörig kundgemachte Verordnungen seien von den Gerichten und vom Verwaltungsgerichtshof nicht anzuwenden. Die unrichtige Positionierung der gegenständlichen Ortstafel bei Streckenkilometer 1,816, anstatt richtig bei km 1,847, sei für die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Übertretung des § 20 Abs. 2 (erster Fall) StVO deshalb von Bedeutung, weil der Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretung genau in dem relevanten Bereich (zwischen Streckenkilometer 1,816 und 1,847) begangen haben solle. Bei nicht ordnungsgemäßer Kundmachung sei zumindest diese Strecke von 31 Metern nicht als Ortsgebiet zu qualifizieren, was die belangte Behörde jedoch nicht ausreichend festgestellt habe.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 15 StVO gilt als Ortsgebiet im Sinne dieses Bundesgesetzes das Straßennetz innerhalb der Hinweiszeichen "Ortstafel" (§ 53 Z 17a) und "Ortsende" (§ 53 Z 17b).
Nach § 44 Abs. 1 erster Satz StVO sind die im § 43 bezeichneten Verordnungen, sofern sich aus den folgenden Absätzen nichts anderes ergibt, durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen und treten mit der Anbringung dieser Zeichen in Kraft.
Als Straßenverkehrszeichen zur Kundmachung von im § 43 bezeichneten Verordnungen kommen gemäß § 44 Abs. 1
vierter Satz StVO u.a. die Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" in Betracht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/02/0038, zur Bestimmung des § 44 Abs. 1 erster Satz StVO - in der damals geltenden Fassung, welche den für den Beschwerdefall nicht maßgeblichen Hinweis auf Bodenmarkierungen noch nicht enthielt - ausgeführt hat, ist dieser Vorschrift immanent, daß die bezüglichen Straßenverkehrszeichen dort angebracht sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet.
In diesem Zusammenhang wurde etwa eine abweichende Aufstellung eines Straßenverkehrszeichens gemäß § 52 lit. a Z. 10a StVO über den Beginn einer Geschwindigkeitsbeschränkung um 12 m nach dem in der Verordnung festgelegten Beginn dieser Beschränkung bzw. eines weiteren derartigen Verkehrszeichens um 5 m vor Beginn einer weiteren in der Verordnung festgehaltenen Geschwindigkeitsbeschränkung als nicht dem § 44 Abs. 1 erster Satz StVO entsprechend beurteilt (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986).
Aufgrund der für das Ortsgebiet gemäß § 20 Abs. 2 erster Fall StVO geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung sind die im vorgenannten Erkenntnis zum Ausdruck gebrachten Grundsätze auch auf das Hinweiszeichen "Ortstafel" anzuwenden.
Aus der dargelegten Begründung des angefochtenen Bescheides zur Frage der Relevanz des Aufstellungsortes des Verkehrszeichens "Ortstafel" ist zu ersehen, daß die belangte Behörde im Hinblick auf das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1986 die Rechtslage verkannte und aus diesem Grunde zu Unrecht nähere Ermittlungen und Sachverhaltsfeststellungen betreffend eine ordnungsgemäße Kundmachung des durch eine Verordnung des Bürgermeisters von St. Pölten festgelegten Aufstellungsortes des gegenständlichen Hinweiszeichens Ortstafel unterlassen hat, weshalb der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grunde (sekundärer Verfahrensmangel) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war. Es erübrigt sich daher auch, auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil sich die dem Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid widerfahrene Rechtsverletzung schon aus den Schriftsätzen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie den vorgelegten Verwaltungsakten ergab und dem Beschwerdeführer zum Erfolg seiner Beschwerde verhalf, sodaß die mündliche Verhandlung kein für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mehr hätte herbeiführen können (vgl. etwa auch das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1998, Zl. 96/07/0092, 0093). Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 16. Februar 1999
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