Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 300,10 (darin EUR 50,02 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO mit der Begründung zu, dass der Frage der Zulässigkeit einer Rückzahlungsvereinbarung über Ausbildungskosten, die auf Grund einer Gesetzesänderung zum Erhalt der bisherigen Berufsqualifikation notwendig werden, erhebliche Bedeutung zukomme. Dem schloss sich die Revisionswerberin an. Die Zusatzausbildung resultiere nicht aus den Interessen von zwei Vertragspartnern, sondern aus einem beiden Vertragspartnern von dritter Seite auferlegten Erfordernis. Die Revisionsgegnerin bestritt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision ist das Revisionsgericht an den diesbezüglichen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO):
Die sich hier stellenden Rechtsfragen können auf der Grundlage der bereits vorliegenden Rechtsprechung gelöst werden, die vom Berufungsgericht bei seiner Entscheidung beachtet wurde. Die Revisionswerberin vermengt bei ihrer Argumentation verschiedene Aspekte. Es geht hier nicht darum, ob die Klägerin als Arbeitgeberin eine arbeitsvertragliche Verpflichtung traf, der Beklagten die Sonderausbildung in der Pflege im Operationsbereich zu ermöglichen und zu finanzieren, die auf Grund des mit 1. 9. 1997 in Kraft getretenen Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG), BGBl I 1997/108, notwendig wurde, um die Berechtigung zu erlangen, diese Spezialaufgabe auszuüben. Nach den Feststellungen ermöglichte die Klägerin der Beklagten ohnehin diese mindestens sieben Monate dauernde und mindestens 1000 Stunden umfassende theoretische und praktische Ausbildung (§ 69 Abs 1 GuKG) und bezahlte sie auch. Dass die Beklagte von der Klägerin zu dieser Ausbildung gezwungen worden wäre, kam nicht hervor. Auch die Revisionswerberin räumt mittlerweile ein, dass auch bei ihr - ungeachtet des für sie mit der Ausbildung verbundenen Fahrt- und Zeitaufwands - ein Interesse an dieser Sonderausbildung bestand, dass sie als diplomierte Krankenschwester aber auch jederzeit in einem anderen Bereich arbeiten könnte, wenn auch mit möglichen finanziellen Einbußen je nach Einsatz. Es geht hier somit „nur" um die bereits mehrfach entschiedene Frage, ob sich der Arbeitgeber vertraglich ausbedingen kann, dass der Arbeitnehmer zum anteiligen Rückersatz der Ausbildungskosten verpflichtet ist, wenn er innerhalb von drei Jahren nach dem Ende der Ausbildung kündigt.
Vor dem Eingehen auf dieses Thema ist noch festzuhalten, dass (unstrittig) keine gesetzliche Verpflichtung der Klägerin bestand, die Beklagte auszubilden und die Ausbildungskosten zu tragen (vgl 8 ObA 211/94; 9 ObA 296/01x ua). Das Erfordernis der Ausbildung wurde der Beklagten auch nicht von der Klägerin einseitig auferlegt, sondern dieses wurde - wie die Beklagte selbst zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision ausführte - beiden Vertragspartnern „von dritter Seite auferlegt". Dieser Aspekt begründet aber keine Erheblichkeit iSd § 502 Abs 1 ZPO, weil viele Ausbildungen nicht bloß auf freiwilligen Qualitätsstandards, sondern auf konkreten Vorschriften beruhen, bei deren Nichteinhaltung eine bestimmte (Weiter-)Beschäftigung nicht (mehr) zulässig ist. Der Rückersatz von Ausbildungskosten war auch in solchen Fällen bereits Gegenstand der Beurteilung durch die Rechtsprechung (vgl 4 Ob 124/85; 9 ObA 130/93 ua).
Zutreffend geht auch die Revisionswerberin davon aus, dass die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung der Ausbildungskosten - eine gesetzliche Regelung des Schutzes der Investition des Arbeitgebers in die Ausbildung des Arbeitnehmers fehlt bisher (vgl jedoch den Initiativantrag 605/A 22. GP, der am 12. 5. 2005 dem Ausschuss für Arbeit und Soziales in der 110. Sitzung des Nationalrats zur Behandlung zugewiesen wurde) - nach herrschender Rechtsprechung und Lehre grundsätzlich zulässig ist, wenn die Rückzahlung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben dem Arbeitnehmer zuzumuten ist und vom Standpunkt eines verständigen Betrachters einem begründeten und zu billigenden Interesse des Arbeitgebers entspricht. Eine Vereinbarung, die Kosten einer zunächst unentgeltlich zugesicherten Ausbildung nachträglich bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen doch geltend machen zu können, ist daher nicht grundsätzlich sittenwidrig; vielmehr muss geprüft werden, ob die Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt und ob dem Arbeitnehmer die Erfüllung einer solchen Vereinbarung zugemutet werden kann und nicht eine unverhältnismäßig große Belastung bedeutet (IA 605/A 22. GP 6 ff mwN; 9 ObA 319/89, 9 ObA 296/01x, jeweils mwN auch des Schrifttums; RIS-Justiz RS0016706 ua).
Eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen läge in der einseitigen Betonung der Interessen des Arbeitgebers gegenüber jenen des Arbeitnehmers, vor allem wenn sie dazu führt, dass letzterem das alleinige und beachtliche finanzielle Risiko der Ausbildung aufgebürdet wird (RIS-Justiz RS0016712 ua). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich der Arbeitgeber das Recht auf Geltendmachung der Kosten der Ausbildung unter Bedingungen sichert, auf deren Erfüllung der Arbeitnehmer keinen Einfluss hat (RIS-Justiz RS0016706 ua). Das dem Arbeitnehmer zustehende Kündigungsrecht darf auch nicht durch eine Vereinbarung über den Rückersatz der Ausbildungskosten, die an die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anknüpft, unzumutbar beschränkt werden (9 ObA 138/88; 9 ObA 296/01x ua). Für die Frage der Zumutbarkeit der übernommenen Verpflichtung ist es auch wesentlich, ob der Arbeitnehmer nur mit den Eigenheiten einiger Produkte bzw Leistungen seines Arbeitgebers vertraut gemacht, also bloß eingeschult wurde, oder ob ihm Spezialkenntnisse theoretischer und praktischer Art vermittelt wurden, die auch bei anderen Arbeitgebern verwertet werden können (so auch die Definition der Ausbildungskosten im beantragten § 2d Abs 1 AVRAG laut IA 605/A 22. GP). Hat also der Arbeitnehmer eine Ausbildung erlangt, die über die bloße Einschulung eines Neulings hinausgeht und ihm bessere Verdienstmöglichkeiten auch in anderen Unternehmen verschaffen kann, falls er den Arbeitsplatz wechselt, dann wird ihm die Rückzahlung der für seine Ausbildung tatsächlich aufgewendeten Kosten grundsätzlich zugemutet werden können (9 ObA 319/89; RIS-Justiz RS0028893 ua). Der Auffassung der Revisionswerberin, die gegenständliche Sonderausbildung wäre keine Ausbildung iSd der bisherigen Rechtsprechung gewesen, kann nicht gefolgt werden. Dass § 108 Abs 2 GuKG eine Übergangsregelung für Angehörige des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege vorsah, die in den letzten acht Jahren vor In-Kraft-Treten des GuKG mindestes fünf Jahre vollbeschäftigt oder entsprechend länger bei Teilzeitbeschäftigung Spezialaufgaben nach dem Krankenpflegegesetz ausgeübt haben, steht - abgesehen vom bereits erwähnten beträchtlichen Umfang dieser Sonderausbildung (§ 69 Abs 1 GuKG) - der Qualifikation als Ausbildung nicht entgegen, zumal die Beklagte die vorgenannten Praxiszeiten gerade nicht aufwies und daher ohne diese Sonderausbildung nicht berechtigt gewesen wäre, weiter in der Pflege im Operationsbereich zu arbeiten.
Während die Revisionswerberin einerseits die Besonderheit des gegenständlichen Falls, wie schon erwähnt, gerade darin sieht, dass die gegenständliche Ausbildung von „dritter Seite" angeordnet wurde, meint sie andererseits, dass nicht unberücksichtigt bleiben könne, dass die Anordnung im GuKG "indirekt" eine Anordnung der Klägerin sei, bei der es sich um eine "Einrichtung des Bundes" handle. Diese „Gleichsetzung" entbehrt ebenso wie die der Revisionswerberin vorschwebende "analoge Anwendung der so genannten Drucktheorie" jeder Grundlage. Die Beklagte übergeht im Übrigen bei ihren diesbezüglichen Überlegungen, dass Anspruchsgrundlage der Klageforderung eine bedingte Vereinbarung zwischen den Parteien ist, wobei sie selbst den Eintritt der Bedingung herbeigeführt hat.
Für die Zulässigkeit der Revision ist letztlich zu beachten, dass die Interessenabwägung und Beurteilung der Zumutbarkeit stets von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt (vgl 9 ObA 130/93; RIS-Justiz RS0017754 ua), denen regelmäßig keine darüber hinausgehende Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt, sofern keine unvertretbare Beurteilung des Berufungsgerichts vorliegt. Von einer solchen kann hier keine Rede sein. Dass der Beklagten durch die gegenständliche Sonderausbildung in der Pflege im Operationsbereich eine Ausbildung vermittelt wurde, deren Verwertungsmöglichkeit nicht nur auf das Krankenhaus der Klägerin beschränkt ist, sondern weit darüber hinausreicht und der Beklagten auch bessere Verdienstmöglichkeiten in anderen Krankenhäusern verschaffen konnte, liegt auf der Hand. Dass die Beklagte derzeit in einem anderen Krankenhaus weniger als früher verdient, steht dem nicht entgegen, zumal sie ohne die ihr von der Klägerin ermöglichte Ausbildung nicht mehr berechtigt wäre, in der Pflege im Operationsbereich zu arbeiten. Entscheidend ist die Verwertungsmöglichkeit in einem anderen Unternehmen, die Möglichkeit eines besseren Verdienstes. Im Übrigen ging sie selbst, wie schon erwähnt, von „möglichen finanziellen Einbußen" aus, wenn sie als diplomierte Krankenschwester ohne Sonderausbildung in einem anderen Bereich arbeiten würde (müsste). Im Hinblick auf die Höhe der Kosten, die die gegenständliche Ausbildung erforderte, war eine vertragliche Bindung der Beklagten auf eine Zeit von drei Jahren auf Grund vertretbarer Beurteilung des Berufungsgerichts auch keine unzulässige Knebelung, sondern entsprach durchaus einem gerechtfertigten Interesse des Arbeitgebers (vgl 9 ObA 319/89 ua; s auch IA 605/A 22. GP, der im geplanten § 2d Abs 3 Z 3 AVRAG eine Höchstgrenze von fünf Jahren vorsieht). Eine unverhältnismäßige und unausgewogene Belastung der Beklagten mit den anteiligen Ausbildungskosten, die über die der Klägerin tatsächlich entstandenen Kosten nicht hinausgehen und auch die bereits „abgearbeiteten" Kosten aliquot berücksichtigen (vgl 9 ObA 128/97g; RIS-Justiz RS0028893 ua; s auch IA 605/A 22. GP, der im geplanten § 2d Abs 3 Z 4 AVRAG ebenfalls auf eine aliquote Rückerstattungsverpflichtung abstellt), ist bei einem Ausscheiden der Beklagten nur 11 Monate nach Beendigung der Ausbildung aus eigenem Antrieb ohne ein zugrundeliegendes Verschulden des Arbeitgebers ebenfalls nicht erkennbar (vgl 9 ObA 296/01x ua).
Zum schließlich behaupteten Verzicht der Klägerin auf Rückforderung der Ausbildungskosten auf Grund einer diesbezüglichen Zusage des Pflegedienstleiters ist ergänzend zu den Ausführungen des Berufungsgerichts auch auf § 434 Abs 1 ASVG hinzuweisen, der die Vertretung von Sozialversicherungsträgern regelt. Im Übrigen folgt aus § 867 ABGB, wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, dass die Gültigkeitsvoraussetzungen für Rechtsgeschäfte der Klägerin im Privatrechtsverkehr, wozu auch ein allfälliger Verzicht gehört, nach ihrem Organisationsrecht zu beurteilen sind (vgl 9 ObA 191/91, DRdA 1992/35 [Eichinger]; RIS-Justiz RS0014717 ua). Da die Revisionswerberin aber ohnehin nur auf das Vorliegen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht abstellt, genügt der Hinweis, dass derartiges von ihr in erster Instanz nicht behauptet wurde (vgl RIS-Justiz RS0053936 ua), obwohl die Klägerin den von der Beklagten behaupteten Verzicht bestritt. Die Revisionswerberin zeigt auch insoweit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Ihre Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO; die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen (RIS-Justiz RS0035962 ua).
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