OGH 9ObA138/88

OGH9ObA138/8829.6.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Helmut Mojescick als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei T*** A*** Luftfahrtgesellschaft mbH & Co KG, Innsbruck, Fürstenweg 180, vertreten durch Dipl. Vw.DDr. Armin Santner und Dr. Peter Lechner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Josef S***, Pilot, Muckendorf, Schulgasse 13, vertreten durch Dr. Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 105.560,80 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck in Arbeits- und Sozialrechtssachen als Berufungsgerichtes vom 22. März 1988, GZ 5 Ra 42/88-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 7. Dezember 1987, GZ 47 Cga 1101/87-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.657,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 514,35 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Da die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Rechtsprechung und Lehre anerkennen, worauf das Berufungsgericht bereits zutreffend verwiesen hat, die Wirksamkeit von Vereinbarungen, mit denen sich ein Dienstnehmer zur Rückzahlung von Ausbildungskosten für den Fall verpflichtet, daß das Dienstverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Zeit aufgelöst wird (SZ 58/189 mwH = ZAS 1987/15 mit Anm. von Dusak; 1 Ob 625/87; Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht2 I 146 mwH). Die Vereinbarung darf nur das dem Dienstnehmer zustehende Kündigungsrecht nicht unzumutbar beschränken (SZ 45/122) und nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Ein Verstoß gegen die guten Sitten wird dann angenommen, wenn die Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt, so etwa wenn dem Ausgebildeten das alleinige und beachtliche finanzielle Risiko der Ausbildung aufgebürdet wird oder wenn die Erfüllung der Verpflichtung eine unverhältnismäßig große Belastung bedeutet. Wesentlich ist für den vorliegenden Fall, daß die klagende Partei keine Verpflichtung zu einer dauernden Beschäftigung des Beklagten übernommen hat. Es war nur in Aussicht genommen, daß der Beklagte jeweils für die Dauer eines saisonalen Bedarfes beschäftigt werde, wobei bei Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht feststand, ob und zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Dauer ein neuerlich befristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen würde. Zwischen dem Ende des befristeten Arbeitsverhältnisses für das Jahr 1986 und dem Beginn des wiederum befristeten Arbeitsverhältnisses für das Jahr 1987 lag ein beträchtlicher Zeitraum, in dem der Beklagte von der klagenden Partei nicht beschäftigt wurde; solche Zeiten der Nichtbeschäftigung waren auch in Zukunft zu erwarten. Es lag ausschließlich im Einflußbereich der klagenden Partei, ob und für welche Dauer sie den Kläger jeweils beschäftigte. Unter diesen Umständen kamen die Vorinstanzen zutreffend zu dem Ergebnis, daß die wirtschaftliche Freiheit des Beklagten als Arbeitnehmer durch die mit der klagenden Partei geschlossene Vereinbarung in unzumutbarem Ausmaß eingeschränkt wurde. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Vereinbarung, wonach der Dienstnehmer, wenn das Arbeitsverhältnis aus von ihm zu vertretenden Gründen vor einem bestimmten Zeitpunkt beendet wird, Ausbildungskosten ganz oder teilweise zu erstatten hat, ist unter anderem, daß dem Dienstnehmer eine entsprechende Möglichkeit zur wirtschaftlichen Entfaltung seiner Arbeitskraft geboten wird. Wird der Dienstnehmer vertraglich verpflichtet, für einen längeren Zeitraum dem Dienstgeber nach dessen Einteilung und Bedarf zur Verfügung zu stehen, wobei längere Zeiträume der Arbeitslosigkeit zu erwarten sind, deren Umfang ausschließlich der Disposition des Dienstgebers unterliegt, so verstößt eine derartige Vereinbarung über die Rückerstattung von Ausbildungskosten gegen die guten Sitten und kann daher weder durch Einzelarbeitsvertrag noch durch Betriebsvereinbarung oder Kollektivvertrag wirksam begründet werden.

Die Bestimmung des § 1497 ABGB ist auf die Ausschlußfristen des Arbeitsrechtes analog anzuwenden (SZ 49/106). Der Oberste Gerichtshof hat zur Frage des Eintrittes der Wirksamkeit einer Klageänderung in der Entscheidung SZ 56/157 eingehend Stellung genommen und sich bei diesem Anlaß mit allen von der Revisionswerberin vertretenen Argumenten und Lehrmeinungen auseinandergesetzt. Er gelangte zum Ergebnis, daß die rechtlichen Wirkungen einer Klageänderung erst mit ihrem Vorbringen in einer Tagsatzung nach ausdrücklicher oder konkludenter Zustimmung des Beklagten oder dem sie ersetzenden Gerichtsbeschluß eintreten. Von dieser Rechtsansicht abzugehen geben auch die Revisionsausführungen keinen Anlaß. Die Klageänderung (Vorbringen eines neuen anspruchsbegründeten Sachverhaltes und eines hieraus abgeleiteten anderen Rechtsgrundes für die erhobene Forderung) wurde erst bei der mündlichen Streitverhandlung vom 17. Dezember 1987 wirksam, sohin zu einem Zeitpunkt, zu dem die Ausschlußfrist des § 34 AngG unbestritten bereits abgelaufen war. Die Tatsache, daß der Beklagte mit Schriftsatz vom 2. Dezember 1987 zum vorbereitenden Schriftsatz der klagenden Partei, in dem die Ausführungen zur Klageänderung enthalten waren, Stellung nahm, hat keinen Einfluß darauf, daß die Wirksamkeit der Klageänderung erst mit dem Vortrag in der mündlichen Streitverhandlung eintrat, zumal die beklagte Partei in ihrem vorbereitenden Schriftsatz ausdrücklich die Zurückweisung des neuen Vorbringens beantragte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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