European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0090OB00081.21H.0714.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, binnen 14 Tagen der klagenden Partei die mit 587,52 EUR (darin 97,92 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin ist ein gemäß § 29 Abs 1 KSchG klagebefugter Verband. Die Beklagte betreibt ein Kreditinstitut iSd § 1 BWG. Sie schließt mit Verbrauchern Verträge über Bankprodukte unter Verwendung – unter anderem – folgender Allgemeiner Geschäftsbedingungen und Vertragsformblätter:
1. Allgemeine Geschäftsbedingungen der [Beklagten] idF 2015 (im Folgenden: „AGB“),
2. Geschäftsbedingungen für Kreditkarten der [Beklagten] idF April 2016 (im Folgenden: „GB KK“).
[2] Gegenstand der Unterlassungs- und Urteilsveröffentlichungsbegehren der Klägerin vor dem Erstgericht waren 54 Klauseln dieser AGB und Vertragsformblätter, von denen nach einem 45 Klauseln betreffenden rechtskräftigen Teilurteil (9 Ob 19/20i) noch die Klauseln 2 bis 5 sowie 29 bis 33 revisionsgegenständlich sind. Diese lauten (das Unterlassungsbegehren betreffende Textteile sind im Fettdruck gehalten):
Klausel 2 (Z 44. Abs 2 und 3 AGB; „Entgelts- und Leistungsänderungen gegenüber Verbrauchern außerhalb der Zahlungsdienstleistungen“):
(2) Änderungen der im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses mit Verbrauchern vereinbarten Leistungen des Kreditinstituts sind nur mit Zustimmung des Kunden möglich; solche Änderungen werden nach Ablauf von zwei Monaten ab Zugang der Mitteilung der angebotenen Änderungen an den Kunden wirksam, sofern bis dahin kein schriftlicher Widerspruch des Kunden beim Kreditinstitut einlangt. Das Kreditinstitut wird den Kunden in der Mitteilung auf die jeweils angebotenen Änderungen hinweisen und darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen nach Ablauf der zwei Monate ab Zugang der Mitteilung als Zustimmung zur Leistungsänderung gilt. Die Möglichkeit zu Leistungsänderungen auf diesem Weg ist auf sachlich gerechtfertigte Fälle beschränkt; eine sachliche Rechtfertigung liegt insbesondere dann vor, wenn die Änderung durch gesetzliche oder aufsichtsbehördliche Maßnahmen notwendig ist, die Änderung die Sicherheit des Bankbetriebs oder die Abwicklung der Geschäftsverbindung mit dem Kunden fördert, die Änderung zur Umsetzung technischer Entwicklungen erforderlich ist, vereinbarte Leistungen nicht mehr kostendeckend erbracht werden können oder die Leistungen aufgrund geänderter Kundenbedürfnisse nur mehr von wenigen Kunden nachgefragt werden.
(3) Die Bestimmungen dieser Z 44. gelten nicht für die in Z 45. gesondert geregelten Änderungen von in Verträgen über Zahlungsdienste vereinbarten Entgelten und Leistungen.
Klausel 3 (Z 45. Abs 1 AGB; „Änderungen der in einem Rahmenvertrag für Zahlungsdienste mit Verbrauchern vereinbarten Zahlungsdienstleistungen des Kreditinstituts und Entgelte des Kunden“):
(1) Änderungen der in einem Rahmenvertrag für Zahlungsdienste (insbesondere des Girokontovertrags) vereinbarten Entgelte (einschließlich Soll- und Habenzinsen, soweit die Änderung nicht aufgrund der Bindung des Zinssatzes an einen Referenzzinssatz erfolgt) und die Einführung von Entgelten sind nur mit Zustimmung des Kunden möglich, wobei solche Änderungen, wenn nicht zuvor eine ausdrückliche Zustimmung des Kunden erteilt wird, zwei Monate ab Zugang der Mitteilung der angebotenen Änderung an den Kunden wirksam werden, sofern bis dahin kein schriftlicher Widerspruch des Kunden beim Kreditinstitut einlangt. Das Kreditinstitut wird den Kunden in der Verständigung auf die jeweils angebotene Änderung hinweisen sowie darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen nach Ablauf der zwei Monate ab Zugang der Mitteilung als Zustimmung gilt. Der Kunde hat das Recht, den Rahmenvertrag zum Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen. Auch darauf wird das Kreditinstitut im Änderungsangebot hinweisen.
(2) Auf dem in Abs. (1) vorgesehenen Weg werden Änderungen der mit dem Kunden vereinbarten Entgelte im Ausmaß der Entwicklung des von der Statistik Austria veröffentlichten nationalen Verbraucherpreisindex 2010 („VPI“) oder des an seine Stelle tretenden Index angeboten (erhöht oder gesenkt) werden, wobei jeweils die kaufmännische Rundung auf ganze Cent erfolgt. Diese Anpassung erfolgt einmal jährlich mit Wirkung ab dem 1. Juli jeden Jahres. Diese Veränderung wird gemessen am Durchschnitt der Indexzahl für das vorletzte Kalenderjahr vor dem Änderungsangebot gegenüber dem Durchschnitt der Indexzahl für das letzte Kalenderjahr vor dem Änderungsangebot. Falls das Kreditinstitut in einem Jahr von einer Entgelterhöhung absieht, lässt dies das Recht des Kreditinstituts auf künftige Entgelterhöhungen unberührt. …
Klausel 4 (Z 45. Abs 3 AGB; „Änderungen der in einem Rahmenvertrag für Zahlungsdienste mit Verbrauchern vereinbarten Zahlungsdienstleistungen des Kreditinstituts und Entgelte des Kunden“):
Änderungen der im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses mit Verbrauchern vereinbarten Leistungen des Kreditinstituts sind nur mit Zustimmung des Kunden möglich; solche Änderungen werden nach Ablauf von zwei Monaten ab Zugang der Mitteilung der angebotenen Änderungen an den Kunden wirksam, sofern bis dahin kein schriftlicher Widerspruch des Kunden beim Kreditinstitut einlangt. Das Kreditinstitut wird den Kunden in der Verständigung auf die jeweils angebotenen Änderungen hinweisen und darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen nach Ablauf der zwei Monate ab Zugang der Mitteilung als Zustimmung zur Leistungsänderung gilt. Die Möglichkeit zu Leistungsänderungen auf diesem Weg ist auf sachlich gerechtfertigte Fälle beschränkt; eine sachliche Rechtfertigung liegt insbesondere dann vor, wenn die Änderung durch gesetzliche oder aufsichtsbehördliche Maßnahmen notwendig ist, die Änderung die Sicherheit des Bankbetriebs oder die Abwicklung der Geschäftsverbindung mit dem Kunden fördert, die Änderung zur Umsetzung technischer Entwicklungen erforderlich ist, vereinbarte Leistungen nicht mehr kostendeckend erbracht werden können oder die Leistungen aufgrund geänderter Kundenbedürfnisse nur mehr von wenigen Kunden nachgefragt werden.
Klausel 5 (Z 46. Abs 2 AGB; „Änderung von Zinssätzen“):
(2) Wurde für ein Konto, über das Zahlungsdienste erbracht werden, keine Anpassungsklausel betreffend Zinssätze vereinbart, so bietet das Kreditinstitut dem Kunden eine Änderung des Zinssatzes spätestens zwei Monate vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens an. Die Zustimmung des Kunden zu einem Änderungsangebot gilt als erteilt, wenn beim Kreditinstitut vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens kein schriftlicher Widerspruch des Kunden einlangt. Darauf wird das Kreditinstitut den Kunden im Änderungsangebot hinweisen. Der Kunde hat das Recht, den Rahmenvertrag bis zum Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen. Auch darauf wird das Kreditinstitut im Änderungsangebot hinweisen.
Auf dem in diesem Abs. (2) vereinbarten Weg darf eine Änderung von Zinssätzen nur vorgenommen werden, wenn diese unter Berücksichtigung aller Umstände sachlich gerechtfertigt ist. Als sachlich gerechtfertigt gelten Zinssatzänderungen aufgrund der Änderung gesetzlicher, aufsichtsbehördlicher und geldpolitischer (Leitzinssatz der EZB) Rahmenbedingungen. Eine Änderung des Zinssatzes darf 0,5 %‑Punkte im einzelnen Änderungsangebot nicht übersteigen.
Klausel 29 (III. 16.1 GB KK; „Änderungen der Geschäftsbedingungen für Kreditkarten der *“):
Änderungen dieser zwischen KI (Anm: Karteninhaber) und * vereinbarten Geschäftsbedingungen gelten nach Ablauf von zwei Monaten ab Zugang der Mitteilung der angebotenen Änderungen an den KI als vereinbart, sofern bis dahin kein Widerspruch des KI bei der * einlangt. …
(16.2) Die * wird den KI in der Mitteilung auf die Änderungen hinweisen und darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen nach Ablauf von zwei Monaten ab Mitteilung als Zustimmung zur Änderung gilt. …
Klausel 30 (III. 17.2.1 GB KK; „Entgeltänderungen gegenüber Verbrauchern“):
Änderungen der vereinbarten Entgelte (einschließlich Zinsen) und die Einführung von Entgelten sind nur mit Zustimmung des KI möglich, wobei solche Änderungen, wenn nicht zuvor eine ausdrückliche Zustimmung des KI erteilt wird, zwei Monate ab Zugang der Mitteilung der angebotenen Änderung an den KI wirksam werden, sofern bis dahin kein schriftlicher Widerspruch des KI bei der * einlangt. Die * wird den KI in der Verständigung auf die jeweils angebotene Änderung hinweisen sowie darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen nach Ablauf der zwei Monate ab Zugang der Mitteilung als Zustimmung gilt. Der KI hat das Recht, den Kartenvertrag bis zum Inkrafttreten der Änderung kostenlos fristlos zu kündigen. Auch darauf wird die * im Änderungsangebot hinweisen.
(17.2.2) Auf dem in 17.2.1 vorgesehenen Weg werden Änderungen der mit dem KI vereinbarten Entgelte im Ausmaß der Entwicklung des von der Statistik Austria veröffentlichten nationalen Verbraucherpreisindex 2010 (kurz VPI) oder des an seine Stelle tretenden Index angeboten (erhöht oder gesenkt) werden, wobei jeweils eine kaufmännische Rundung auf ganze Cent erfolgt. Diese Anpassung erfolgt einmal jährlich mit Wirkung ab dem 1. Jänner jeden Jahres. Diese Veränderung wird gemessen am Durchschnitt der Indexzahl für das vorletzte Kalenderjahr vor dem Änderungsangebot gegenüber dem Durchschnitt der Indexzahl für das letzte Kalenderjahr vor dem Änderungsangebot.
Klausel 31 (III. 17.2.3 GB KK; „Entgeltänderungen gegenüber Verbrauchern“):
Änderungen der Zinssätze werden auf dem in 17.2.1 vorgesehenen Weg angeboten, wenn diese Änderung unter Berücksichtigung aller Umstände sachlich gerechtfertigt ist. Als sachlich gerechtfertigt gelten Zinssatzänderungen aufgrund der Änderung gesetzlicher, aufsichtsbehördlicher und geldpolitischer (Leitzinssatz der Europäischen Zentral Bank) Rahmenbedingungen. Eine Änderung des Zinssatzes darf 0,5 %‑Punkte im einzelnen Änderungsangebot nicht übersteigen.
Klausel 32 (III. 17.2.4 GB KK; „Entgeltänderungen gegenüber Verbrauchern“):
Di e * ist berechtigt, Änderungen der mit dem KI vereinbarten, vom Kartenumsatz abhängigen Entgelte auf dem in 17.2.1 vorgesehenen Weg anzubieten, wobei das einzelne Änderungsangebot 0,1 %‑Punkte nicht überschreiten darf. Diese Anpassung kann einmal jährlich mit Wirkung ab dem 1. Jänner jeden Jahres erfolgen.
(17.2.5) Falls die * in einem Jahr von einem Angebot auf Entgelterhöhung absieht, lässt dies das Recht der * auf künftige Entgelterhöhungen unberührt. Unterbleibt eine Entgelterhöhung in einem oder mehreren aufeinanderfolgenden Jahren, kann diese (können diese) mit Wirkung ab der nächsten vorgenommenen Entgelterhöhung nachgeholt werden, wobei in diesem Fall die Anpassung in jenem Ausmaß erfolgt, welches der Veränderung der für den Durchschnitt des Jahres vor der Entgelterhöhung verlautbarten VPI‑Indexzahl zu derjenigen VPI‑Indexzahl, welche die Grundlage für die letzte durchgeführte Entgelterhöhung war, entspricht.
Klausel 33 (III. 18.1 und 18.2 GB KK; „Änderung der Dauerleistungen [der] gegenüber Verbrauchern“):
(18.1) Änderungen der von der * zu erbringenden Dauerleistungen sind nur mit Zustimmung des KI möglich; solche Änderungen werden nach Ablauf von zwei Monaten ab Zugang der Mitteilung der angebotenen Änderungen an den KI wirksam, sofern bis dahin kein schriftlicher Widerspruch des KI bei der * einlangt. Die * wird den KI in der Mitteilung auf die jeweils angebotenen Änderungen hinweisen und darauf aufmerksam machen, dass sein Stillschweigen nach Ablauf der zwei Monate ab Zugang der Mitteilung als Zustimmung zur Leistungsänderung gilt.
(18.2) Die Möglichkeit zu Leistungsänderungen gem. Punkt 18.1 ist auf sachlich gerechtfertigte Fälle beschränkt; eine sachliche Rechtfertigung liegt insbesondere dann vor, wenn die Änderung durch gesetzliche oder aufsichtsbehördliche Maßnahmen notwendig ist, die Änderung die Sicherheit des Bankbetriebs oder die Abwicklung der Geschäftsverbindung mit dem Kunden fördert, die Änderung zur Umsetzung technischer Entwicklungen erforderlich ist, vereinbarte Leistungen nicht mehr kostendeckend erbracht werden können oder die Leistungen aufgrund geänderter Kundenbedürfnisse nur mehr von wenigen Kunden nachgefragt werden.
[3] Das Erstgericht gab dem entsprechenden Unterlassungsbegehren der Klägerin sowie ihrem Urteilsveröffentlichungsbegehren im Umfang des Unterlassungsbegehrens und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung statt. Das auf den klagsabweisenden Teil des Urteilsspruchs bezogene Urteilsveröffentlichungsgegenbegehren der Beklagten wies es ab.
[4] Das Berufungsgericht unterbrach im Hinblick auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Obersten Gerichtshofs (8 Ob 24/18i) das Berufungsverfahren betreffend die Klauseln 2 bis 5 und 29 bis 33 sowie die Urteilsveröffentlichungsbegehren beider Parteien (Beschluss in ON 21). Infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 11. 11. 2020, Rs C‑287/19 , VKI/Denizbank, setzte es das Berufungsverfahren fort und gab mit dem nun bekämpften Endurteil der Berufung der Beklagten keine Folge. Zusammengefasst sah es in den Klauseln 2, 4, 5, 31, 32 und 33 einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG und in den Klauseln 3, 29 und 30 einen Verstoß gegen § 29 Abs 1 ZaDiG 2009. Es erklärte die Revision für zulässig, weil die Klauseln für eine Vielzahl von Verbrauchern von Bedeutung seien und jedenfalls zum Teil und/oder in ihrer konkreten Ausgestaltung noch nicht höchstgerichtlich beurteilt worden seien.
[5] In ihrer dagegen gerichteten Revision beantragt die Beklagte die Abänderung des Berufungsurteils im Sinn einer Klagsabweisung und Ermächtigung zur Veröffentlichung des klagsabweisenden Teils des Urteilsspruchs.
[6] Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[7] Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
[8] 1. Zu den nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs im Verbandsprozess zu beachtenden Grundsätzen wird auf die Ausführungen in der Entscheidung 9 Ob 73/17a verwiesen.
[9] 2. Voranzustellen ist weiter, dass die Klägerin in den Klauseln 3, 4, 29, 30 und 33 einen Verstoß gegen § 29 Abs 1 Z 1 des Zahlungsdienstegesetzes (idF: ZaDiG 2009), in der Klausel 4 zudem einen Verstoß gegen § 29 Abs 1 Z 2 lit b ZaDiG 2009 sieht. Dass das ZaDiG 2009 nach Schluss der Verhandlung erster Instanz (16. 11. 2017) außer Kraft getreten ist und an dessen Stelle – in Umsetzung der RL (EU) 2015/2366 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt (idF: PDS II‑RL) – am 1. 6. 2018 das Zahlungsdienstegesetz 2018 (ZaDiG 2018) in Kraft trat, ist für die Prüfung der beanstandeten Klauseln unschädlich, weil die genannten Bestimmungen des ZaDiG 2009 mit identem Wortlaut nunmehr den Rechtsnormen der § 50 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 sowie § 50 Abs 1 Z 2 lit b ZaDiG 2018 entsprechen (Weilinger/Knauder in Weilinger/Knauder/Miernicki, ZaDiG 2018, § 50 Rz 1, Stand 1. 11. 2020, rdb.at).
[10] 3. Die Beklagte macht zunächst im Hinblick auf alle revisionsgegenständlichen Klauseln zusammengefasst geltend, dass sie vollkommen den Vorgaben des § 48 Abs 1 Z 6 iVm § 50 ZaDiG 2018 entsprächen. Diese Bestimmungen würden eine gesetzliche Grundlage für die Zustimmungsfiktion des Verbrauchers zu Änderungen des Rahmenvertrags schaffen, dies ohne jegliche Einschränkung, welche Inhalte des Rahmenvertrags geändert werden könnten. In den diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Bestimmungen der Art 52 und 54 der Zahlungsdiensterichtlinie sei die Zulässigkeit der Erklärungsfiktion bewusst nur an formale Voraussetzungen geknüpft und keine inhaltlichen Einschränkungen getroffen worden, sodass auch Änderungen der Hauptleistungspflichten möglich seien. Die ausschließliche Anwendbarkeit der Bestimmungen des ZaDiG auf Zustimmungsfiktions‑Klauseln resultiere aus der vollharmonisierenden Wirkung der Richtlinie, die es den Mitgliedsstaaten nicht erlaube, strengere Voraussetzungen zu fordern. Es sei folglich ausgeschlossen, Zustimmungsfiktionsklauseln einer Transparenzkontrolle nach § 6 Abs 3 KSchG oder der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB zu unterziehen. Auch eine Missbräuchlichkeitsprüfung gemäß der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sei ausgeschlossen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass im 55. Erwägungsgrund die Richtlinie 93/13/EWG nicht angeführt sei. Abgesehen davon handle es sich bei den Bestimmungen der Zahlungsdiensterichtlinie um jüngere und speziellere Bestimmungen als jene der Klauselrichtlinie, sodass bereits aus methodischer Sicht eine ausschließliche Anwendbarkeit der Zahlungsdiensterichtlinie gegeben sei. Auch der österreichische Gesetzgeber habe Zustimmungsfiktionen bewusst nur an formale Kriterien und nicht an inhaltliche Vorgaben geknüpft. Dies zeige sich an § 6 Abs 1 Z 2 KSchG, wonach eine Vertragsbestimmung, nach der ein bestimmtes Verhalten des Verbrauchers als Abgabe oder Nichtabgabe einer Erklärung gelte, für den Verbraucher bei entsprechendem Hinweis und angemessener Frist zur Abgabe einer Erklärung jedenfalls verbindlich sei. Eine im sondergesetzlichen Klauselkatalog des § 6 Abs 1 KSchG ausdrücklich als zulässig erklärte Klausel könne weder unwirksam noch intransparent sein. Ungeachtet dessen seien die Klauseln nicht intransparent und auch sachlich gerechtfertigt.
[11] Dem ist nicht zu folgen.
[12] Ausgehend von 1 Ob 210/12g hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt judiziert, dass eine Zustimmungsfiktionsklausel nicht allein deshalb automatisch zulässig ist, weil sie die Formalerfordernisse erfüllt, sondern dass auf diesem Wege ermöglichte Vertragsänderungsklauseln zusätzlich der Kontrolle im Sinne der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sowie deren nationaler Umsetzung (§ 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG) unterliegen (10 Ob 60/17x [Klausel 1] mwN). Infolge der Kritik der Lehre hat der Oberste Gerichtshof dem EuGH mit Vorlagebeschluss zu 8 Ob 24/18i ua um Vorabentscheidung zur Frage ersucht, ob Art 52 Nr 6 Buchst a iVm Art 54 Abs 1 RL (EU) 2015/2366 dahin auszulegen ist, dass eine Zustimmungsfiktion auch mit einem Verbraucher völlig uneingeschränkt für sämtliche denkbare Vertragsbedingungen vereinbart werden kann. Dies wurde vom EuGH im bereits genannten Urteil vom 11. 11. 2020, Rs C‑287/19 , VKI/Denizbank, wie folgt beantwortet:
„Art 52 Nr 6 Buchst. a in Verbindung mit Art 54 Abs 1 der Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG , 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG ist dahin auszulegen, dass er die Informationen und Vertragsbedingungen bestimmt, die von einem Zahlungsdienstleister mitzuteilen sind, der mit dem Nutzer seiner Dienste gemäß den in diesen Bestimmungen vorgesehenen Modalitäten eine Vermutung der Zustimmung zur Änderung des zwischen ihnen geschlossenen Rahmenvertrags vereinbaren möchte, dass er aber keine Beschränkungen hinsichtlich der Eigenschaft des Nutzers oder der Art der Vertragsbedingungen, die Gegenstand einer solchen Vereinbarung sein können, festlegt; hiervon unberührt bleibt jedoch, wenn es sich bei dem Nutzer um einen Verbraucher handelt, die Möglichkeit der Prüfung, ob diese Klauseln im Licht der Bestimmung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen missbräuchlich sind.“
[13] Wie in der Folge zu 8 Ob 105/20d (Rz 18) ausgeführt, hat der EuGH damit klargestellt, dass die dargestellte ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs mit den Vorgaben der Zahlungsdienste‑Richtlinie vereinbar ist. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen steht damit im Einklang.
[14] Regelt diese Richtlinie insoweit aber nur prozedurale Anforderungen zur „Vorabunterrichtung“, nicht aber die Frage, welche Vertragsinhalte im Wege der Zustimmungsfiktion geändert werden können, gehen die Argumente der Beklagten zur vollharmonisierenden Wirkung der Richtlinie an ihrem Regelungsbereich vorbei und damit ins Leere. Des von der Beklagten angeregten neuerlichen Vorabentscheidungsersuchens bedarf es nicht.
[15] Auch die Frage des Vorrangs der spezielleren und der jüngeren Gesetzesbestimmung, den die Beklagte hier verletzt sieht, stellt sich nicht, weil die Regelungen der Art 52 Nr 6 Buchst a iVm Art 54 Abs 1 der Zahlungsdiensterichtlinie danach in keinem Konkurrenzverhältnis zu den Vorgaben der Klauselrichtlinie und den jeweiligen Umsetzungsnormen gesehen werden können.
[16] Damit kann auf die ständige Rechtsprechung verwiesen werden, wonach auch dann, wenn von der klagenden Partei zugestanden wird, dass eine inkriminierte Klausel den formalen Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG entspricht, ihre Zulässigkeit nach § 6 Abs 3 KSchG und § 879 Abs 3 ABGB zu prüfen ist (RS0128865 lit a).
[17] 4. Soweit die Beklagte in jedem Fall von der Transparenz aller Klauseln iSd § 6 Abs 3 KSchG ausgeht, ist der Beurteilung der einzelnen Klauseln allgemein voranzustellen:
[18] Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Dieses Transparenzgebot soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden (RS0115217 [T8]; RS0115219 [T9]). Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssen also so gestaltet sein, dass der Verbraucher durch ihre Lektüre klare und verlässliche Auskunft über seine Rechtsposition erhält (RS0115217 [T14]). Einzelwirkungen des Transparenzgebots sind das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit (RS0115217 [T12], RS0115219 [T12]). Es entspricht weiter der Rechtsprechung zu Entgeltänderungen, dass im Hinblick auf die aus dem Transparenzgebot abzuleitende Pflicht zur Vollständigkeit der Verbraucher dabei von Anfang an auch über die Gründe und die maßgeblichen Indizes für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion informiert werden muss, weil sonst die Auswirkungen der Klausel für ihn unklar bleiben. Nur auf diese Weise kann dem Risiko der künftigen Passivität des Verbrauchers ausreichend Rechnung getragen werden. Der gegenteiligen Ansicht, ein Gebot der Umschreibung von zukünftigen, ungewissen Veränderungen der Rahmenbedingungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei aus dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG nicht ableitbar, wurde nicht gefolgt, denn die Parameter, die für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion eine Rolle spielen, müssen aus der Klausel selbst hervorgehen, damit diese dem Transparenzgebot entspricht (10 Ob 60/17x [3.6.] mwN; s zuletzt auch 5 Ob 117/21y Rz 85).
[19] Widersprüche zwischen dem Rechtssatz RS0128865 lit b) und Einzelfallentscheidungen, wie sie von der Beklagten geortet werden (Pkt 3 der Revision), bestehen nicht. Die Aussage des Rechtssatzes, dass eine Klausel, die Änderungen des Vertrags über eine Zustimmungsfiktion nach Inhalt und Ausmaß unbeschränkt zulässt und nicht einmal ansatzweise irgendeine Beschränkung erkennen lässt, die den Verbraucher vor dem Eintritt unangemessener Nachteile schützen könnte, gegen das Transparenzgebot verstößt, kann im Gesamtzusammenhang nicht dahin verstanden werden, dass im Wege der Zustimmungsfiktion erfolgende Vertragsanpassungen schon bei jedweder Beschränkung zulässig wären.
5. Zu den Klauseln 2, 4 und 33
[20] Das Erstgericht sah in den Klauseln 2 und 4 einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB und § 6 Abs 3 KSchG, in der Klausel 33 einen Verstoß gegen § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2009 und § 6 Abs 3 KSchG.
[21] Das Berufungsgericht erachtete diese Klauseln gemäß § 6 Abs 3 KSchG als intransparent, weil eine dem Grunde nach nicht näher konkretisierte, unbeschränkte Möglichkeit einer Vertragsänderung mittels Erklärungsfiktion geschaffen werde.
[22] Die Revision macht im Wesentlichen geltend, dass die Änderungen auf sachlich gerechtfertigte Fälle eingeschränkt seien, die eine eindeutige Bedeutung hätten und durch Beispiele erläutert würden. Eine noch weitergehende Einschränkung im Sinn einer absoluten Vorhersehbarkeit durch eine bis ins Kleinste definierte Determination sei unmöglich. Die Interessen der Karteninhaber seien durch den gesetzlichen Schutzmechanismus, wie er in der Klausel abgebildet sei, gewahrt.
[23] Dem ist nicht zu folgen.
[24] Bereits in der Entscheidung 10 Ob 60/17x waren Entgelt- und Zinsanpassungsklauseln zu beurteilen, die auf „sachlich gerechtfertigte Umstände (insbesondere Veränderung der gesetzlichen und aufsichtsbehördlichen Rahmenbedingungen, Veränderungen des Personal- oder Sachaufwands) ...“ Bezug nahmen. Sie wurden als intransparent beurteilt, weil sie den Vorgaben an eine möglichst präzise und sachliche Determinierung nicht gerecht wurden und keine Beschränkung erkennen ließen, die den Kunden vor dem Eintritt unangemessener Nachteile bei Änderungen des Vertrags mittels Zustimmungsfiktion schützten, indem sie es der Bank aufgrund des ihr eingeräumten Ermessensspielraums ermöglichten, das Äquivalenzverhältnis von Leistungen und Gegenleistungen erheblich zu ihren Gunsten zu verändern. Es wurde auch festgehalten, mangels Gewichtung der als „sachlich gerechtfertigt“ anzusehenden Umstände könnte die (dort) Beklagte bei kundenfeindlichster Auslegung primär auch auf eigene betriebswirtschaftliche (allenfalls auch Fehl‑) Entscheidungen zurückzuführende Kostensteigerungen zum Anlass für Entgelterhöhungen nehmen.
[25] In der Entscheidung 5 Ob 117/21y wurde eine Klausel (dort: 11a) als intransparent angesehen, nach der es der Zustimmung durch den Karteninhaber bedurfte, wenn „eine Änderung der AGB aufgrund geänderter rechtlicher Rahmenbedingungen, technischer Innovationen oder aus sonstigen sachlich gerechtfertigten (sicherheitsrelevanten) Gründen erforderlich“ ist. Eine Einschränkung, weil die „sonst sachlich gerechtfertigten Gründe“ den „geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen und technischen Innovationen“ gleichwertig gegenüberstünden, ergebe sich aus dem Wortlaut keineswegs und habe außer Betracht zu bleiben. Die Klausel lasse den Verbraucher sowohl über die Gründe als auch den Umfang einer möglichen Vertragsänderung über eine Zustimmungsfiktion im Unklaren.
[26] Im vorliegenden Fall ist nicht zu verkennen, dass die Klauseln nicht Entgelte, sondern Leistungen der Beklagten betreffen. Die grundsätzlichen Erwägungen der genannten Entscheidungen gelten hier aber in gleicher Weise. Im Besonderen erweckt die Wendung „gesetzliche oder aufsichtsbehördliche Maßnahmen“ – vergleichbar mit der Wendung „gesetzliche und aufsichtsbehördliche Rahmenbedingungen (10 Ob 60/17x) – den Eindruck, es würde sich dabei nicht um aus der Sphäre der Beklagten stammende und von deren Willen unabhängige Determinanten zur Rechtfertigung für eine Leistungsanpassung handeln. Aus den weiter genannten Beispielen (Änderung, die die Sicherheit des Bankbetriebs oder die Abwicklung der Geschäftsverbindung mit dem Kunden fördert; zur Umsetzung technischer Entwicklungen erforderliche Änderung; keine Kostendeckung der vereinbarten Leistungen; geänderte Kundenbedürfnisse) wird aber erkennbar, dass die Beklagte nicht nur extern veränderte Rahmenbedingungen, sondern auch verschiedenste andere Gründe bezüglich der von ihr zu erbringenden Leistungen als Anlass für eine Änderung heranziehen können möchte. Da die sachliche Rechtfertigung hier nur mit Beispielen skizziert wird (arg: „insbesondere“), besteht auch hier die Möglichkeit zur Vertragsanpassung mittels Erklärungsfiktion, deren Umfang, Gründe und Grenzen nicht abzusehen sind. Die Beklagte argumentiert zwar, es bestünde ein sachlicher Bezug zwischen der gesetzlichen bzw aufsichtsbehördlichen Maßnahme und der Leistungsänderung, sodass nur solche Gesetze und aufsichtsbehördlichen Maßnahmen zum Anlass für Leistungsänderungen genommen werden könnten, die die Leistungsanpassung erforderlich machen würden (Revision S 49). Gerade das ist aber nicht der Fall, weil eine Leistungsänderung nach der Klausel immer dann möglich sein soll, wenn ein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt. Dieser Verweis entspricht aber, wie bereits ausgeführt, nicht den Vorgaben an eine möglichst präzise und sachliche Determinierung (RS0132023). Warum eine mangelnde Kostendeckung, wie von der Beklagten argumentiert (Revision S 48), nur durch externe Umstände oder geändertes Kundenverhalten begründet werden könnte, ist nicht ersichtlich.
[27] Das Widerspruchsrecht des Kunden ist kein geeignetes Regulativ. Die vertragliche Zustimmungsfiktion läuft in der Praxis trotz des formalen Widerspruchsrechts weitgehend auf eine einseitige Änderungsbefugnis hinaus, weil sich Verbraucher erfahrungsgemäß mit Änderungsangeboten nicht auseinandersetzen, weshalb ihnen infolge der Gefahr ihrer Passivität ein Schutzbedürfnis zuzubilligen ist (zB 10 Ob 60/17x [3.4.]; 5 Ob 103/21i Rz 16; 5 Ob 117/21y Rz 80).
[28] Zur Beurteilung des Berufungsgerichts besteht danach kein Korrekturbedarf.
6 . Zu den Klauseln 5 und 31 (Änderung von Zinssätzen):
[29] Das Erstgericht erachtete die Klauseln als gröblich benachteiligend.
[30] Das Berufungsgericht sah darin einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG, weil Zinsänderungen auf breiter Basis, ohne Bezug zur Leistung der Beklagten und ohne Abbildung ihrer Tragweite möglich wären. Hinzu komme, dass Zins- oder Entgeltänderungsklauseln auch dann, wenn sie Änderungen durch Zustimmungsfiktion vorsehen, infolge der damit verbundenen verdünnten Willensfreiheit der Wertung des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG unterlägen, der einseitige Entgeltänderungen nur bei entsprechender Zweiseitigkeit für zulässig erkläre. Bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Entgelterhöhung habe auch eine entsprechende Entgeltsenkung einzutreten, wozu allerdings Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
[31] Die Revision bringt dagegen vor, auch bei diesen Klauseln sei die Änderung auf sachlich gerechtfertigte Fälle – wozu insbesondere auf den Leitzinssatz der EZB verwiesen werde – beschränkt; überdies werde eine Änderung auf 0,5 %‑Punkte beschränkt. Eine analoge Anwendung von § 6 Abs 1 Z 5 und Abs 2 Z 3 KSchG auf Vertragsänderungen mit Zustimmungsfiktion sei bereits verneint worden. Die Änderungen beinhalteten überdies sowohl Erhöhungen als auch Senkungen des Zinssatzes.
[32] Auch dem ist nicht zu folgen.
[33] Richtig ist, dass die Klauseln 5 und 31 der Legalausnahme des § 6 Abs 1 Z 2 KSchG entsprechen. Sie präsentieren den Mechanismus der Vertragsanpassung durch Zustimmungsfiktion für den Durchschnittsverbraucher in durchschaubarer Weise, indem klargelegt wird, dass eine einseitige Änderung der Leistungen durch die Beklagte möglich ist und auch die Vorgangsweise klargelegt wird.
[34] Die Klauseln erlauben eine Änderung der Zinssätze nur, „wenn diese unter Berücksichtigung aller Umstände sachlich gerechtfertigt ist. Als sachlich gerechtfertigt gelten Zinssatzänderungen aufgrund der Änderung gesetzlicher, aufsichtsbehördlicher und geldpolitischer (Leitzinssatz der EZB) Rahmenbedingungen. Eine Änderung des Zinssatzes darf 0,5 %‑Punkte im einzelnen Änderungsangebot nicht übersteigen“.
[35] Entgegen der Klauseln 2, 4 und 31 regeln die Klauseln 5 und 31 abschließend, welche Zinssatzänderungen als sachlich gerechtfertigt gelten, nämlich solche aufgrund von Änderungen gesetzlicher, aufsichtsbehördlicher und geldpolitischer Rahmenbedingungen. Allerdings sollen offenbar lediglich die geldpolitischen Rahmenbedingungen durch einen Klammerverweis auf den Leitzinssatz der EZB weiter determiniert werden, während die Änderungen gesetzlicher und aufsichtsbehördlicher Rahmenbedingungen in keiner Weise näher beschrieben werden und auch keinen Bezug zur Leistung der Beklagten und keine Abbildung ihrer Tragweite erkennen lassen (vgl 9 Ob 73/17a). Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Möglichkeit von Zinssatzänderungen auf viel breiterer Basis werden durch das Revisionsvorbringen nicht widerlegt. Auch der Zusammenhang zwischen dem Erfordernis „unter Berücksichtigung aller Umstände“ und den sachlichen Rechtfertigungsgründen bleibt unklar. Schließlich ergibt sich auch aus der Beschränkung der Änderung des Zinssatzes auf 0,5 %‑Punkte im einzelnen Änderungsangebot kein ausreichendes Korrektiv für eine nachträgliche Veränderung des Äquivalenzverhältnisses, weil Änderungen (Entgelterhöhungen) mangels Vorgabe zeitlicher Abstände auch in kurzen Intervallen ermöglicht würden und die Begrenzung dadurch leicht umgangen werden könnte.
[36] Da der Inhalt und die Tragweite der Klausel demnach in ihren Auswirkungen ungeachtet der Begrenzung auf Zinsanpassungen um 0,5 % nicht ausreichend durchschaubar ist (s RS0122169), wurde sie vom Berufungsgericht zu Recht als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG erachtet. Auf die Frage der analogen Anwendung des einseitigen Entgeltänderungsrechts bei entsprechender Zweiseitigkeit kommt es danach nicht an. Ob die Klausel, wie die Beklagte meint, auch auf Entgeltsenkungen bezogen ist, kann folglich dahingestellt bleiben.
7. Zu den Klauseln 3 und 30 (VPI-Bindung von Entgelten)
[37] Das Erstgericht sah hier einen Verstoß gegen § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2009.
[38] Das Berufungsgericht führte aus, die Klauseln würden Entgeltänderungen mittels Zustimmungsfiktion dem Verbraucherpreisindex unterwerfen, der ein taugliches (objektives) Änderungskriterium, aber keine geeignete Grundlage für eine – in den Klauseln auch vorgesehene – „Einführung von (neuen) Entgelten“ darstelle. Ob die Klauseln wegen der damit wohl in das Belieben der Beklagten gestellten Einführung neuer Entgelte Bedenken aufwerfen, könne aber dahingestellt bleiben. Denn werde der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderung vom Zugang des Änderungsvorschlags abhängig gemacht, sei bei dessen Erstattung noch kein bestimmter Zeitpunkt der Anwendung geplant. Vielfach bliebe unklar, ab wann die Entgeltänderung wirksam werde. Es liege ein Verstoß gegen § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2009 vor.
[39] Die Beklagte wendet dagegen ein, § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2009 (§ 50 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018) sehe gerade keinen konkreten geplanten Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung, der dem Kunden mitgeteilt werden müsse, vor. Auch sähen die einschlägigen Normen nicht vor, dass Änderungen bei allen Kunden zum selben Zeitpunkt einheitlich in Kraft treten müssten. Der geplante Zeitpunkt sei exakt bestimmt. Der Kunde kenne das genaue Datum des Wirksamwerdens, weil sich dieses sowohl aus der gegenständlichen Klausel als auch aus der Änderungsmitteilung ergebe.
[40] Darin ist ihr nicht zu folgen.
[41] Die Bestimmung des § 29 ZaDiG 2009 wird durch § 50 ZaDiG 2018 ohne inhaltliche Änderung fortgeführt. Dessen Abs 1 lautet:
„§ 50 (1). Der Zahlungsdienstleister hat
1. dem Zahlungsdienstnutzer Änderungen des Rahmenvertrags spätestens zwei Monate vor dem geplanten Zeitpunkt ihrer Anwendung in der in § 47 Abs 1 vorgesehenen Weise vorzuschlagen und
2. sofern eine Vereinbarung gemäß § 48 Abs 1 Z 6 lit a getroffen wurde, darauf hinzuweisen,
a) dass die Zustimmung des Zahlungsdienstnutzers zu den Änderungen als erteilt gilt, wenn er dem Zahlungsdienstleister seine Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt der Anwendung der Änderungen angezeigt hat, und
b) dass der Zahlungsdienstnutzer das Recht hat, den Rahmenvertrag vor dem Inkrafttreten der Änderungen kostenlos fristlos zu kündigen.“
[42] In der Entscheidung 1 Ob 124/18v wurde zu § 50 Abs 1 ZaDiG 2018 im Hinblick auf folgende Klausel (Nr 20) Stellung genommen:
„Die Änderungen der Geschäftsbedingungen und des Leistungsumfangs gelten als genehmigt und vereinbart, wenn der KI [Anm.: Karteninhaber] nicht innerhalb von 2 Monaten nach Zustellung widerspricht, wenn …“
Dazu wurde ausgeführt:
„Die Klausel enthält jedoch keine Regelung der Frage, ab wann geänderte Bedingungen anzuwenden sein sollen, und ist daher intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Sie weicht vom Text des früheren § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG und nunmehrigen § 50 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018 ab. § 29 Abs 1 ZaDiG setzte Art 44 Abs 1 PSD I um, wie nunmehr § 50 Abs 1 ZaDiG 2018 Art 54 Abs 1 PSD II. Aus den genannten Richtlinienbestimmungen lässt sich ableiten, dass Voraussetzung für die Vertragsänderung mittels Zustimmungsfiktion die Bekanntgabe eines konkreten Tages der Anwendung ist, wird doch dort ausdrücklich auf den vorgeschlagenen Zeitpunkt bzw vorgeschlagenen Tag abgestellt. Die Klausel weist aber nicht auf die Voraussetzung eines vorzuschlagenden Zeitpunkts der Anwendung hin und stellt damit die Rechtslage nicht vollständig dar. Die unvollständige Wiedergabe der Rechtslage kann aber die Intransparenz einer Klausel bewirken, wenn der Verbraucher dadurch einen unrichtigen Eindruck von seiner Rechtsposition bekommen kann (RS0115219 [T55]). Damit genügt die Klausel nicht dem Transparenzgebot des Art 6 Abs 3 KSchG.“
[43] Hier sehen die Klauseln 3 und 30 (ebenso wie die Klauseln 4, 29 und 33) bezüglich des „geplanten Zeitpunktes“ vor, dass die angebotene Änderung „zwei Monate ab Zugang der Mitteilung der angebotenen Änderung“ wirksam wird bzw als vereinbart gilt, „sofern bis dahin kein Widerspruch einlangt“. Diese Formulierung ist mit der zu 1 Ob 124/18v zu beurteilenden Klausel vergleichbar, weil die Änderung auch dort als „vereinbart“ gelten hätte sollen, wenn der Karteninhaber nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung – einem für die Beklagte im Übrigen in der Regel gar nicht genau feststellbaren Zeitpunkt – widerspricht. Da die Klauseln auch im vorliegenden Fall nicht auf den geplanten/vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung abstellen, liegt hier ein Verstoß gegen § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2009 vor.
[44] Auf einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG hat sich die Beklagte in der Revision nicht mehr gestützt.
[45] 8. Das gilt nicht anders für Klausel 29. Dass sie, wie die Revision dagegen vorbringt, keine Leistungs- oder Entgeltänderung zulässt, ist unerheblich, weil § 29 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2009 (§ 50 Abs 1 Z 1 ZaDiG 2018) keine derartige Beschränkung enthält.
9. Zur Klausel 32
[46] Das Erstgericht erachtete die Klausel als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG.
[47] Das Berufungsgericht bestätigte dies. Zwar sei die Anzahl der Änderungen beschränkt und der Erhöhungsmodus nicht unklar (die 0,1 %‑Punkte würden sich auf die Entgelthöhe beziehen). Allerdings sei die Erhöhung an keinerlei Voraussetzungen geknüpft und entspreche insoweit nicht den Grundsätzen der Judikatur. Daran ändere nichts, dass die jährliche Erhöhung im untersten Bereich angesiedelt sei. Die Stellung der Klausel im Bedingungsgefüge lasse zudem offen, ob diese Art von Entgelt neben der quasi bedingungslosen jährlichen Erhöhung nicht auch eine Erhöhung nach einem der beiden vorangehenden Absätze erfahren könne.
[48] Die Beklagte bringt dagegen vor, die Vereinbarung sei aufgrund der höchst beschränkten Änderungsmöglichkeit selbst dann wirksam, wenn keine sachlichen Voraussetzungen für eine Entgelterhöhung vorgeschrieben seien; dies wegen der gerichtsbekannten laufenden Teuerung. Es liege auf der Hand, dass ein Entgelt, das einen Prozentsatz vom Kartenumsatz betrage, nicht der VPI‑Anpassung unterliegen könne. Es sei auch klar, dass auf vom Kartenumsatz abhängige Entgelte weder die Klausel 30 (VPI‑Anpassung) noch die Klausel 31 (Änderung von Zinssätzen) anwendbar sei.
[49] Der Beklagten kann letzteres zwar ebenso zugestanden werden wie der Umstand, dass als Bezugsgröße des Prozentsatzes hier nur das Entgelt in Frage kommt. Allerdings ist erneut auf die Rechtsprechung (10 Ob 60/17x mwN) zu verweisen, dass der Verbraucher im Hinblick auf die aus dem Transparenzgebot abzuleitende Pflicht zur Vollständigkeit (RS0115219) von Anfang an auch über die Gründe und die maßgeblichen Indizes für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion informiert werden muss, andernfalls die Auswirkungen der Klausel für ihn unklar bleiben. Nur auf diese Weise kann dem Risiko der künftigen Passivität des Verbrauchers ausreichend Rechnung getragen werden. Die Parameter, die für eine Entgelterhöhung mittels Zustimmungsfiktion eine Rolle spielen, müssen aus der Klausel selbst hervorgehen, damit diese dem Transparenzgebot entspricht (s oben Pkt 4.). Diese Erfordernisse werden mit einer bloß betraglichen Begrenzung einer jährlich möglichen Entgeltänderung nicht erfüllt. Auch diesbezüglich besteht zur Beurteilung des Berufungsgerichts kein Korrekturbedarf.
10. Urteilsveröffentlichung
[50] Die Beklagte richtet sich schließlich gegen die Urteilsveröffentlichung und argumentiert, die Klägerin habe kein schutzwürdiges Interesse an der Aufklärung der Kunden im begehrten Ausmaß, nämlich an der Veröffentlichung in der Kronen‑Zeitung, vielmehr sei dem Begehren durch die Veröffentlichung auf der Website der Beklagten Genüge getan. Die Veröffentlichung der Veröffentlichungsermächtigung als Teil des Urteilsspruchs sei zur Aufklärung der Öffentlichkeit keinesfalls erforderlich. Auch habe sie einen Anspruch auf Veröffentlichung des klagsabweisenden Teils des Urteils.
[51] Nach der Rechtsprechung betrifft die Frage, ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung des Urteils nach den Umständen des Falls zur Aufklärung des Publikums geboten ist, keinen der Fälle des § 503 Abs 2 ZPO; auf Rechtsausführungen der Revision zur Frage der Urteilsveröffentlichung ist daher nicht weiter einzugehen, auch wenn eine nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässige Revision vorliegt (RS0042967). Es wird lediglich auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Zweck der Urteilsveröffentlichung verwiesen (RS0121963), von der das Berufungsgericht nicht abgewichen ist. Der Rechtsprechung entspricht es auch, dass die bloße Bereitstellung einschlägiger Informationen auf der Website der Beklagten dem Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung über die Verwendung bestimmter gesetzwidriger Vertragsbestandteile nicht gerecht wird und die elektronische Veröffentlichung im Rechtsinformationssystem des Bundes schon aufgrund der Anonymisierung der Prozessparteien nicht zur Aufklärung des Publikums geeignet ist (RS0128866). Zur Beurteilung des Berufungsgerichts besteht auch insoweit kein Korrekturbedarf.
[52] Eine Veröffentlichung des klagsabweisenden Teils („Gegenveröffentlichung“), die die Beklagte hier begehrt, ist an strengere Voraussetzungen geknüpft als die Urteilsveröffentlichung zugunsten des obsiegenden Klägers (RS0079624 [T14]). Auch dafür gilt, dass der Frage, ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung des Urteils nach den Umständen des Falls zur Aufklärung des Publikums geboten ist, im Regelfall keine erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung zukommt (RS0042967 [T8]; zuletzt 9 Ob 76/18v). Das ist auch im vorliegenden Verfahren, in dem die Klägerin letztlich insgesamt mit 45,5 von 54 Klauseln obsiegte, nicht der Fall.
[53] 11. Zusammenfassend erweist sich die Revision der Beklagten als nicht berechtigt. Ihr ist daher keine Folge zu geben.
[54] 12. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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