European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0090OB00034.14M.0625.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Die Antragsteller mit Wohnsitz in den USA begehren die Aufhebung der in Nepal am 28. 12. 2008 bewilligten Adoption der am ***** 2006 geborenen L***** B*****. Trotz zahlreicher Interventionen in Nepal sei es aufgrund faktischer Umstände in Nepal bisher nicht möglich gewesen, mit ihrer Adoptivtochter ‑ seit 8. 6. 2011 wie auch der Erstantragsteller österreichische/r Staatsbürger/in ‑ von Nepal in die USA auszureisen. Insbesondere der Direktor des Waisenhauses, in dem ihre Adoptivtochter lebe, verweigere dazu seine Zustimmung. Die weitere Aufrechterhaltung des Adoptivverhältnisses, das bisher nicht gelebt werden konnte und aller Voraussicht nach auch in Zukunft nicht gelebt werden könne, laufe dem Kindeswohl zuwider.
Die Vorinstanzen wiesen den Antrag ab. Der bloße Umstand, dass bisher zwischen den Wahleltern und dem Wahlkind noch keine dem Eltern‑Kind‑Verhältnis entsprechende Beziehung entstanden sei, rechtfertige die Aufhebung der Wahlkindschaft wegen Gefährdung des Kindeswohls gemäß § 201 Abs 1 Z 2 ABGB nicht. Die Antragsteller hätten gar nicht behauptet, dass die Persönlichkeitsentwicklung des Wahlkindes gefährdet wäre. Vielmehr erscheine die Aufrechterhaltung der Wahlkindschaft schon unter Bedachtnahme darauf, dass das Wahlkind gegenüber seinen Wahleltern unterhalts‑ und erbberechtigt sei und aufgrund seiner österreichischen Staatsbürgerschaft auch in Österreich seinen Aufenthalt nehmen könne, im Interesse des Wahlkindes gelegen.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob eine Wahlkindschaft aufgehoben werden könne, weil noch keine Eltern‑Kind‑Beziehung zustande gekommen sei.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem Ausspruch ist der Revisionsrekurs der Antragsteller mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
Ob im Einzelfall das Kindeswohl gefährdet und damit die Aufhebung einer Wahlkindschaft dem Wohl des Kindes dient, hat das Gericht ‑ ebenso wie schon die Frage, ob die Bewilligung der Adoption dem Kindeswohl dient - (RIS‑Justiz RS0086536 [T2]; RS0087003) ‑ nach freiem pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden (vgl 7 Ob 325/99s; RIS‑Justiz RS0007101). Eine Einzelfallentscheidung ist für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit eine grobe Fehlbeurteilung korrigiert werden müsste.
Die Revisionsrekurswerber vermögen jedoch keine derartige Fehlbeurteilung, noch sonst eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen.
§ 201 Abs 1 ABGB legt taxativ (§ 203 ABGB) die Gründe fest, bei deren Vorliegen die Wahlkindschaft vom Gericht aufzuheben ist (Deixler‑Hübner in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 §§ 200‑203 Rz 10; Hopf in KBB4 § 200 ABGB Rz 1 und §§ 201‑203 ABGB Rz 2; vgl RIS‑Justiz RS0108189). Durch die strenge Einschränkung der Auflösungsgründe bezweckt das Gesetz, das neue Wahlkindverhältnis zu schützen (7 Ob 536/84; RV 107 BlgNR 9. GP 24, 28).
Von Amts wegen ist die Adoption aufzuheben, wenn diese das Wohl des Kindes ernstlich gefährden würde (§ 201 Abs 1 Z 2 ABGB). Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, der von den Antragstellern geltend gemachte Grund für eine Aufhebung der Wahlkindschaft liege nicht schon dann vor, wenn sich zwischen Wahlkind und Wahleltern aufgrund der von den Antragstellern behaupteten faktischen Umstände, die sie bisher daran hindern, das Wahlkind an den von ihnen bestimmten Ort zu bringen, kein Eltern-Kind-Verhältnis einstelle, ist vertretbar (Höllwerth in Schwimann/Kodek ABGB4 Ia § 201 Rz 8, 13 mwN; Deixler‑Hübner in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 §§ 200‑203 Rz 14 unter Bezugnahme auf EFSlg XV/13; Barth/Neumayr in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ [2008] § 184a ABGB Rz 7 mwN). Auf den vom Rekursgericht betonten Verlust von Unterhalts‑ und Erbrechtsansprüchen im Fall der Aufhebung der Wahlkindschaft muss hier nicht weiter eingegangen werden weil die Antragsteller keine Gründe nennen, die die konkrete Situation des Wahlkindes bei Aufhebung der Wahlkindschaft verbessern würden (vgl SZ 34/56) bzw weshalb sonst eine Gesamtwürdigung der konkreten Umstände ergeben sollte, dass der Fortbestand des Wahlkindverhältnisses das Wohl des Wahlkindes ernstlich gefährdet.
Mangels einer Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.
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