OGH 7Ob325/99s

OGH7Ob325/99s29.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kuras als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Michaela P*****, geboren am *****, in Obsorge bei der Mutter Brigitte G*****, Angestellte, *****, wegen Aufhebung der Wahlkindschaft über den Revisionsrekurs des leiblichen Vaters Mag. Werner Z*****, vertreten durch DDr. Manfred und Dr. Widukind W. Nordmeyer, Rechtsanwälte in Wels, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wels vom 7. Juli 1999, GZ 21 R 238/99w-68, mit dem dem Rekurs des leiblichen Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes vom 14. Mai 1999, GZ 1 P 2419/95v-61, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Minderjährige entstammt der Ehe zwischen Mag. Werner und Brigitte Z*****, letztere nunmehr G*****, die am 13. 1. 1986 geschieden wurde. Der zweite Ehegatte der Mutter, mit dem diese vom 25. 10. 1986 bis 5. 4. 1990 verheiratet war, nahm die Minderjährige an Kindesstatt an, was mit Beschluss des Bezirksgerichtes Gmunden vom 6. 3. 1987 zu *****, bewilligt wurde. Bei der Scheidung der zweiten Ehe wurde die alleinige Obsorge für die Minderjährige der Mutter übertragen und das Besuchsrecht einer außergerichtlichen Regelung vorbehalten. Die Minderjährige äußerte jedoch bereits im Jahre 1990 gegenüber dem Jugendamt, dass sie keinerlei Kontakt zu ihrem Wahlvater wünsche. Dieser beantragte jedoch im November 1994 eine gerichtliche Regelung des Besuchsrechtes, die mit Beschluss vom 30. 11. 1994 dahin erlassen wurde, dass der Wahlvater die Tochter jeden ersten und dritten Samstag im Monat von 10 bis 20 Uhr besuchen darf. Anfang 1995 beantragte die Mutter, die Ausübung des Besuchsrechts für zumindest zwei Jahre auszusetzen, und auch die Minderjährige äußerte sich dahin, dass sie mit ihrem Wahlvater nicht mitgehen wolle, da ihr dieser unsympathisch sei. Schließlich erfolgte eine Einigung dahin, dass der Wahlvater zwei Jahre auf sein Besuchsrecht verzichtet und die Mutter dafür keine Unterhaltserhöhung beantragen werde. Nach Ablauf der zwei Jahre beantragte er am 25. 3. 1997, ihm ein Besuchsrecht im Abstand von vierzehn Tagen jeweils von 14 bis 18 Uhr zuzuerkennen, was ihm mit Beschluss vom 5. 5. 1997 bewilligt wurde. Bei den darauf folgenden vier Besuchen kam es zu Spannungen zwischen dem Wahlvater und der Minderjährigen. Die Mutter beantragte schließlich am 20. 11. 1997, ihm das Besuchsrecht zu entziehen. Er bestand aber auf dieses und äußerte sich dahin, dass er von dem "Projekt Kind" auch etwas haben wolle. Seit Sommer 1997 kam es zu keinen weiteren Besuchskontakten. Das Erstgericht sah sich veranlasst, von Amts wegen die Aufhebung des Adoptionsvertrages anzuregen. Der für dieses Verfahren bestellte Kurator für die Minderjährige befürwortete die Aufhebung, der auch die Kindesmutter und der Wahlvater zustimmten. Nur der leibliche Vater, der nunmehrige Rechtsmittelwerber, sprach sich gegen die Aufhebung des Adoptionsverhältnisses aus.

Die Minderjährige steht ihrem Wahlvater völlig ablehnend gegenüber, fürchtet ihn und spürt, dass er sie nicht mag. Sie ist ebenso wie der Wahlvater selbst der Überzeugung, dass die Aufrechterhaltung der Adoption für sie eine starke Belastung wäre. Auch er selbst bewertete die Ausübung der Kontakte als kindeswohlgefährdend, zeigt jedoch keine Bereitschaft, sein Verhalten aufzugeben und wird weiter in egoistischer Weise auf seinem Besuchsrecht beharren. Er möchte keine Unterhaltszahlungen mehr erbringen und unter die Vergangenheit einen Schlussstrich ziehen. Zwischen ihm und der Minderjährigen hat sich keine Vater-Tochterbeziehung entwickelt. Bei Aufrechterhaltung der Wahlkindschaft ist das Kindeswohl ernstlich gefährdet. Die Aufrechterhaltung würde zu emotionalen Belastungen und Konflikten führen, die die Entwicklung der Minderjährigen hemmen und die Entfaltung ihrer Persönlichkeit negativ beeinträchtigen würden. Die emotionale Belastung durch die Aufrechterhaltung würde zu Symptomen einer Rollendiffussion führen.

Das Erstgericht sprach die Aufhebung der Wahlkindschaft und das Aufleben der Rechtsbeziehungen zu den leiblichen Eltern aus. Das Erstgericht folgerte rechtlich aus den einleitend dargestellten Feststellungen, dass im Interesse der Minderjährigen die Wahlkindschaft aufzuheben sei.

Das Rekursgericht gab dem dagegen vom leiblichen Vater erhobenen Rekurs nicht Folge. Es beurteilte den festgestellten Sachverhalt dahin, dass auch ausgehend von einer guten psychischen Grundausstattung der Minderjährigen eine ernstliche Gefährdung des Kindeswohls nicht von vornherein auszuschließen sei. Die Auseinandersetzung mit den negativ besetzten Vaterfiguren, die auch durch die bloße Entziehung des Besuchsrechtes nicht ausreichend gemindert werden könne, und die dadurch bewirkte Bindung von für entwicklungsbedingten Aufgaben erforderlichen Energien lasse das Scheiterns der Jugendlichen bei den Entwicklungsaufgaben befruchten. Den Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht als zulässig, da eine Rechtsprechung, ob das Tatbestandsmerkmal der ernstlichen Gefährdung des Kindeswohls bereits durch eine abstrakte Befürchtung verwirklicht sei oder sich diese bereits durch äußere Anzeichen konkretisiert haben müsse, fehle.

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichtes (vgl § 16 Abs 3 AußStrG) nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der leibliche Vater macht in seinem Revisionsrekurs geltend, dass eine bloß abstrakte Befürchtung den Tatbestand der ernstlichen Gefährdung in § 184a Abs 1 Z 2 ABGB für die Aufhebung der Annahme an Kindesstatt nicht verwirkliche. Damit entfernt sich jedoch der Revisionsrekurs vom festgestellten Sachverhalt. Wurde doch ausgehend vom konkreten Verhalten des Wahlvaters und des Kindes festgestellt, dass die Aufrechterhaltung der Wahlkindschaft zu emotionalen Belastungen und Konflikten führen würden, die die Entfaltung der Persönlichkeit dermaßen negativ beeinträchtigen, dass die Bewältigung der entwicklungsbedingt gegebenen psychosozialen Krise misslingen und sich eine Rollendiffusion ergeben würde (vgl S 7 des erstgerichtlichen Beschlusses). Inwieweit nun ausgehend von dieser konkreten Feststellung von einer ernstlichen Gefährdung durch die Aufrechterhaltung der Adoption gesprochen werden kann (vgl dazu auch

schon SZ 34/56 = RZ 1961/141 = NZ 1962, 109; dazu, dass generell auch

die Zukunftsprognosen entscheidend sind RIS-Justiz RS048632 = SZ

69/20) ist jedoch eine Entscheidung im Einzelfall, der keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden kann (vgl dazu allgemein RIS-Justiz RS0007101 mzwN).

Eine Aktenwidrigkeit, die als revisibel angesehen wird, weil sonst die Rechtssicherheit gefährdet wäre (vgl RIS-Justiz RS0007111 = EvBl 1992/54 uva) liegt nicht vor.

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