Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war in der Zeit vom 1. 8. 2004 bis 7. 6. 2006 als Kochlehrling in einem Gasthaus beschäftigt. Ihm gebührte ab 1. 5. 2006 eine monatliche Lehrlingsentschädigung in Höhe von 525 EUR brutto sowie eine monatliche Dienstkleidungspauschale von 32,75 EUR. Er hat zuletzt für den Monat April 2006 das ihm zustehende Entgelt ausbezahlt erhalten. Das Lehrverhältnis endete am 7. 6. 2006 im beiderseitigen Einvernehmen.
Am 26. 6. 2006 verstarb sein Arbeitgeber. Bei Beendigung des Lehrverhältnisses hafteten die monatlichen Lehrlingsentschädigungen für den Zeitraum 1. 5. bis 7. 6. 2006, die anteilige Jahresremuneration für den Zeitraum 1. 1. bis 7. 6. 2006 sowie eine Urlaubsersatzleistung für 11 Werktage offen aus. Der Kläger hat diese Ansprüche gegenüber der Verlassenschaft geltend gemacht. Die Ansprüche wurden vom Steuerberater des Verstorbenen abgerechnet. Es ergab sich für Mai 2006 ein Betrag von 499,91 EUR netto und für Juni 2006 ein solcher von 766,77 EUR netto. Die bedingt erbserklärte Alleinerbin anerkannte diese Ansprüche des Klägers, teilte ihm aber zugleich mit, dass die Verlassenschaft als überschuldet anzusehen sei. Im Verlassenschaftsverfahren wurde im Abhandlungsprotokoll vom 23. 2. 2007 festgestellt, dass die Summe der Aktiven 42.998,31 EUR und die Summe der Passiven 272.602,21 EUR betrage. Mit Einantwortungsbeschluss vom 8. 3. 2007 wurde die Verlassenschaft aufgrund der bedingten Erbantrittserklärung eingeantwortet. Die Alleinerbin teilte mit, dass sich aufgrund des übernommenen Vermögens und der bestehenden Verbindlichkeiten eine Haftungsquote von 59,5 % errechne und dem Kläger somit ein Betrag von 808 EUR zustehe. Dieser Betrag wurde dem Kläger auch ausbezahlt.
Am 7. 9. 2007 beantragte er Insolvenzausfallgeld für die restlichen anteiligen Sonderzahlungen (Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration) vom 1. 1. bis 7. 6. 2006 von zusammen 190 EUR sowie eine Urlaubsersatzleistung für 11 Werktage im Betrag von 213 EUR jeweils netto zuzüglich 9,47 % Zinsen (29 EUR). Es liege ein „Quasi-Tatbestand" im Sinn des § 1 Abs 1 IESG vor, da die Erbin infolge Überschuldung der Verlassenschaft nur eine bedingte Erbserklärung abgegeben habe.
Die Beklagte wies die geltend gemachten Ansprüche mit der Begründung ab, dass kein Tatbestand gemäß § 1 Abs 1 IESG vorliege.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger 432 EUR an Insolvenzausfallgeld für die anteilige Jahresremuneration für den Zeitraum 1. 1. bis 7. 6. 2006 sowie die Urlaubsersatzleistung für 11 Werktage. Durch die bedingte Erbantrittserklärung sei eine gänzliche Befriedigung der dem Kläger zustehenden Entgeltansprüche im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens bzw über die Erbin nicht mehr möglich. § 1 IESG enthalte keine taxative Aufzählung der Sicherungstatbestände und sei einer erweiternden Auslegung zugänglich, die auch im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung wegen Art 2 Abs 2 der Richtlinie 80/987/EWG zu erfolgen habe.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass ein Anerkenntnis der Restforderung des Klägers durch die eingeantwortete Erbin allein mit dem Hinweis, dass die Verlassenschaft als überschuldet anzusehen sei, nicht § 1 Abs 1 IESG entspreche. Es sei keinesfalls Zweck des IESG einer erbserklärten Erbin, die mit der Einantwortung der Verlassenschaft in ihr Alleineigentum verbundenen Verpflichtungen abzunehmen. Der Gesetzgeber habe nur die in den §§ 153 bzw 154 AußStrG umschriebenen Fälle als schutzwürdig erachtet.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging rechtlich zusammengefasst davon aus, dass zwar bei den der Konkurseröffnung gleichzuhaltenden Tatbeständen im § 1 Abs 1 Z 1 bis Z 6 IESG eine vorsichtige Analogie möglich sei, jedoch nicht für den vorliegenden Sachverhalt. Der Kläger hätte rechtzeitig vor Einantwortung einen Konkursantrag als Verlassenschaftsgläubiger stellen können.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es ging rechtlich zusammengefasst ebenfalls davon aus, dass die einer Konkurseröffnung gleichzuhaltenden Tatbestände einer vorsichtigen Analogie offen stünden. Daraus lasse sich für den Kläger aber kein günstigeres Ergebnis ableiten. Der Anspruch auf Insolvenz-Entgelt knüpfe nicht an die Zahlungsunfähigkeit bzw Zahlungsunwilligkeit des Arbeitgebers an, sondern an die Eröffnung des Konkursverfahrens oder die Verwirklichung eines gleichgestellten Tatbestands. Auch in Art 2 Abs 1 InsolvenzRL werde definiert, wann ein Arbeitgeber als zahlungsunfähig im Sinne dieser Richtlinie gelte. Dabei werde darauf abgestellt, dass die Eröffnung eines nach den Vorschriften eines Mitgliedstaats vorgeschriebenen Gesamtverfahrens beantragt wurde, das die Insolvenz des Arbeitgebers voraussetze und den teilweisen oder vollständigen Vermögensbeschlag gegen diesen Arbeitgeber sowie die Bestellung eines Verwalters oder einer Person, die eine ähnliche Funktion ausübt, zur Folge habe. Weiters müsse die zuständige Behörde die Eröffnung des Verfahrens beschließen oder feststellen, dass das Unternehmen oder der Betrieb des Arbeitgebers endgültig stillgelegt wurde und die Vermögensmasse nicht ausreiche, um die Eröffnung des Verfahrens zu rechtfertigen. Dies entspreche den in § 1 Abs 1 Z 1 bis Z 5 IESG angeführten Tatbeständen. § 1 Abs 1 Z 6 IESG binde den Anspruch auf Insolvenz-Entgelt an das Vorliegen eines Beschlusses gemäß § 153 Abs 1 oder § 154 Abs 1 AußStrG, weil mit diesen Beschlüssen festgestellt werde, dass im ersteren Fall in der Verlassenschaft nach dem verstorbenen Arbeitgeber ein den Wert von 4.000 EUR übersteigendes Aktivvermögen nicht vorhanden sei, sodass allein schon aus diesem Grunde nach Abzug der Todfallskosten von keiner allfällige Nachlassforderungen abdeckenden Verlassenschaft auszugehen sei. § 154 AußStrG setze die Feststellung einer überschuldeten Verlassenschaft und die Nichteröffnung eines Verlassenschaftskonkurses voraus. Für den Fall, dass das Nachlassverfahren mit einer Einantwortung beendet wurde, sehe § 1 IESG aber keinen Anknüpfungstatbestand vor. Dabei werde auch keine Feststellung zur Zahlungsunfähigkeit eines überschuldeten Nachlasses oder dessen Vermögenslosigkeit getroffen. Nach der Einantwortung sei ein Konkursantrag nicht mehr möglich. Das bei bedingter Erbantrittserklärung errichtete Inventar sei einer Beweissicherung vergleichbar, wirke über das Verlassenschaftsverfahren aber nicht hinaus. Die Beschränkung der Haftung des Erben beziehe sich auf den Wert der zugekommenen Verlassenschaft und sei vom Erben zu beweisen. Die Forderung des Verlassenschaftsgläubigers bleibe als solche unberührt. Die Einantwortung des Nachlasses aufgrund einer bedingten Erbantrittserklärung habe keine Feststellung der Überschuldung des Nachlasses zur Grundlage. Zweck der Regelung des § 1 Abs 1 IESG sei es, klare Tatbestände für das Entstehen des Anspruchs auf Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld festzulegen, die auf eine gerichtliche Entscheidung zurückzuführen seien und deren Richtigkeit einer Überprüfung durch die Beklagte entzogen sei. Dem Kläger wäre zur Sicherung seiner Forderung ein Antrag auf Nachlassseparation oder ein Konkurseröffnungsantrag gegen die Verlassenschaft offengestanden.
Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht als zulässig, da zur Frage, ob die Abgabe einer bedingten Erbantrittserklärung und die darauf gegründete Einantwortung einem Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 bis Z 6 bzw der Z 6 IESG gleichzusetzen sei, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen Beurteilung gestützte Revision des Klägers mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Klagestattgebung abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur Beurteilung von Arbeitnehmeransprüchen gegen Arbeitgeber, deren nicht ausreichender Nachlass nach einer bedingten Erbserklärung eingeantwortet wurde, liegt jedenfalls nach dem Inkrafttreten des AußStrG 2005 nicht vor.
Auch mit dem neuen AußStrG sollte grundsätzlich an dem bisherigen Einantwortungsprinzip festgehalten werden (vgl Fucik/Kloiber, AußStrG Vor § 143 ErlRV ebenso auch Rz 1; Bittner in Rechberger, AußStrG Vor § 143 Rz 1). Dabei ist auch weiter ein Absehen von der Abhandlung wegen des geringen Werts der Aktiven (4.000 EUR - § 153 AußStrG) und eine Überlassung an Zahlungs statt (§ 154 AußStrG) vorgesehen, die aber einen entsprechenden Antrag voraussetzt. Unterbleibt ein solcher Antrag, so werden die Wirkungen der dann bei einer Verlassenschaft mit Aktiven über 4.000 EUR vorgenommenen Abhandlung und Einantwortung an einen bedingt erbserklärten Erben weiter auch durch § 802 ABGB geregelt. Dessen zweiter Satz sieht vor, dass Erben, die die Erbschaft „mit Vorbehalt der rechtlichen Wohltat des Inventariums" angetreten haben, den Gläubigern nur soweit verpflichtet sind als die Verlassenschaft für ihre und auch seine eigenen, aus dem Erbrecht ihm zustehende Forderungen ausreicht. Die §§ 813 bis 815 ABGB enthalten darüber hinaus noch Regelungen über die Wirkungen der Gläubigerkonvokation bzw deren Unterlassung.
§ 802 ABGB ist nach herrschender Auffassung dahin zu verstehen, dass die Haftung des Erben zwar mit dem Wert der ihm zukommenden Verlassenschaft begrenzt wird, die Forderungen der Gläubiger aber „als solche" unberührt bleiben (vgl Welser in Rummel ABGB³ § 802 Rz 2; Sailer in KBB² § 802 Rz 1; ebenso Eccher in Schwimann ABGB³ § 802 Rz 1 zur Haftungsbeschränkung jeweils mwN). Sie kann daher gegen einen anderen Mithaftenden (etwa einen weiteren Arbeitgeber) auch weiter geltend gemacht werden.
Die beschränkte persönliche Haftung des „Vorbehaltserben" ist nicht nur eine bloße Exekutionsbeschränkung, sondern eine Minderung von „dessen" materiellrechtlicher Verpflichtung, weil der Anspruch insoweit gegen den beschränkt haftenden Erben nicht geltend gemacht werden kann und ihm gegenüber untergegangen ist (vgl RIS-Justiz RS0013024 mzwN, etwa 2 Ob 563/93). Er kann daher die Unzulänglichkeit des Nachlasses auch nicht wahlweise im Titelprozess oder durch Oppositionsklage nach § 35 EO im Falle der Exekutionsführung geltend machen; vielmehr kann eine Oppositionsklage nur dann erhoben werden, wenn er die Unzulänglichkeit des Nachlasses im Titelverfahren nicht hat geltend machen können (RIS-Justiz RS0001192, zuletzt 6 Ob 108/06k; zur Einwendungspflicht der Unzulänglichkeit des Nachlasses im Titelverfahren RIS-Justiz RS0013013, zuletzt 2 Ob 150/05f und RIS-Justiz RS0013017 jeweils mwN). Für den Umfang der Haftung des bedingt erklärten Erben ist der Wert des Nachlasses zur Zeit der Einantwortung entscheidend (RIS-Justiz RS0047846, zuletzt 3 Ob 92/06k ebenso Welser aaO Rz 5; Eccher aaO Rz 2). Soweit der Arbeitnehmer darüber hinausgehende Ansprüche hat, kann er diese wegen des nicht ausreichenden Vermögens des Nachlasses somit nicht gegen den nur bedingt erbantrittserklärten Erben durchsetzen (8 ObA 65/08d).
Zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld vorliegen.
§ 1 Abs 1 IESG lautet wie folgt:
„§ 1. (1) Anspruch auf Insolvenz-Entgelt haben Arbeitnehmer, Heimarbeiter und ihre Hinterbliebenen sowie ihre Rechtsnachfolger von Todes wegen (Anspruchsberechtigte) für die nach Abs. 2 gesicherten Ansprüche, wenn sie in einem Arbeitsverhältnis (Auftragsverhältnis) stehen oder gestanden sind und gemäß § 3 Abs. 1 oder Abs. 2 lit. a bis d des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, als im Inland beschäftigt gelten (galten) und über das Vermögen des Arbeitgebers (Auftraggebers) im Inland der Konkurs eröffnet wird. Der Konkurseröffnung stehen gleich:
1. die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens,
2. die Anordnung der Geschäftsaufsicht,
3. die Ablehnung eines Antrages auf Eröffnung des Konkurses mangels hinreichenden Vermögens,
4. die Ablehnung der Eröffnung des Konkurses gemäß § 68 der Konkursordnung (KO), RGBl. Nr. 337/1914, oder die Löschung gemäß § 40 oder § 42 des Firmenbuchgesetzes (FBG), BGBl. Nr. 10/1991, wegen Vermögenslosigkeit,
5. die Zurückweisung des Antrages auf Eröffnung des Konkurses gemäß § 63 KO,
6. der Beschluss gemäß § 153 Abs. 1 oder § 154 Abs. 1 des Außerstreitgesetzes (AußStrG), BGBl. I Nr. 111/2003.
Hat ein ausländisches Gericht eine Entscheidung getroffen, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (EU-Insolvenzverordnung), ABl. Nr. L 160 vom 30. 06. 2000 S. 1, oder gemäß § 240 KO oder nach den §§ 243 bis 251 KO (betreffend Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen) im Inland anerkannt wird, besteht nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes gleichfalls Anspruch auf Insolvenz-Entgelt, wenn die Voraussetzungen des ersten Satzes mit Ausnahme der Konkurseröffnung im Inland erfüllt sind."
Die Rechtsprechung geht davon aus, dass § 1 Abs 1 IESG hinsichtlich der Aufzählung der der Konkurseröffnung gleichzuhaltenden Tatbestände in den Z 1 bis 6 keine taxative Aufzählung enthält, sondern die einer Konkurseröffnung gleichzuhaltenden Tatbestände, wenn es die Teleologie beziehungsweise der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung gebietet, für eine „vorsichtige Analogie" offensteht (RIS-Justiz RS0113340; 8 ObS 60/00g; im Übrigen dazu, dass auch eine taxative Aufzählung das Vorliegen einer „teleologischen" oder „unechten" Lücke nicht unter allen Umständen ausschließt, wenn alle motivierenden Merkmale der geregelten Fälle und das Prinzip der Norm die Beachtung fordert, RIS-Justiz RS0008839 mwN, etwa 8 ObA 52/06i = SZ 2006/111).
Voraussetzung einer Gesetzesanalogie ist es nun, dass der nicht geregelte Fall in den wesentlichen Wertungen den gesetzlich geregelten Fällen gleicht (F. Bydlinski in Rummel ABGB3 § 7 Rz 2; RIS-Justiz RS0008864). Die Tatbestände der Z 1 bis 4 und 6 des § 1 Abs 1 IESG erfassen nun eindeutig Verfahren, in denen die „Vermögenslosigkeit" des Arbeitgebers in gewisser Weise überprüft wird. Bei § 1 Abs 1 Z 5 IESG, der auf die Zurückweisung des Antrags auf Konkurseröffnung nach § 63 KO als möglichen Tatbestand für den Anspruch auf Insolvenzausfallgeld abstellt, ist dies nun vorweg nicht offensichtlich. Allerdings wird diese Bestimmung im Hinblick auf den letzten Satz des § 1 Abs 1 IESG, der bestimmte „Konkurseröffnungen" im Ausland jenen im Inland gleichstellt, nicht dahin verstanden, dass sie die Zurückweisung von Konkursanträgen wegen mangelnder - inländischer - Gerichtsbarkeit erfassen soll. Vielmehr wird die Bestimmung des § 1 Abs 1 Z 5 IESG über die Zurückweisung dahin interpretiert, dass davon Fälle erfasst sein sollen, in denen ein österreichischer Arbeitgeber nicht mehr auffindbar und kein Vermögen im Inland vorhanden ist (Liebeg, Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz³, § 1 Rz 210; ähnlich Holzer/Reissner/Schwarz, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz4, 104). Damit liegt aber in den Fällen des § 1 Abs 1 IESG doch regelmäßig eine bestimmte Prüfung der „Insolvenz" („Vermögenslosigkeit") in einem vorangegangenen inländischen oder ausländischen Verfahren vor und ist die Entscheidung in diesen Verfahren Anknüpfungspunkt für den Anspruch nach dem IESG. Eine bloße Einantwortung des Nachlasses an einen bedingt erbantrittserklärten Erben allein entspricht dem nicht, wird doch bei der Einantwortung an einen bedingt erbantrittserklärten Erben die Frage, ob der Wert der Verlassenschaft zur Befriedigung der Arbeitnehmeransprüche ausreicht, überhaupt nicht geprüft. Vielmehr wird mancher Erbe in der Regel schon „vorsichtshalber" eine bloß bedingte Erbserklärung abgeben.
Dass aber zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Absicherung nach dem IESG nicht immer ein „Insolvenzverfahren" im engeren Sinne vorliegen muss, zeigt sich auch aus der Bestimmung des § 1a IESG, ordnet diese Bestimmung doch an, dass Insolvenzausfallgeld auch für Abfertigungen insoweit gebührt, als der Arbeitgeber aufgrund eines Urteils, in dem die Prüfung ergab, dass sich seine Wirtschaftslage derart verschlechtert hat, dass ihm die Erfüllung der Abfertigungsansprüche nicht zugemutet werden kann (etwa § 23 Abs 2 AngG), von der Zahlung zum Teil oder zur Gänze befreit wurde.
Auch wenn bei der Einantwortung an einen bedingt erbantrittserklärten Erben das Ausreichen des Werts der Verlassenschaft nicht geprüft wird und daher allein dieses Verlassenschaftsverfahren noch nicht geeignet ist, einen gleichgestellten Tatbestand im Sinne des § 1 Abs 1 IESG zu verwirklichen, stellt sich dies jedoch dann anders dar, wenn im nachfolgenden Streitverfahren gegen den bedingt erbserklärten Erben eine Abweisung erfolgt, weil der Wert nicht ausreicht.
Im Kern entspricht dies materiell wertungsmäßig in vielen Aspekten dem § 1 Abs 1 Z 4 IESG, also der Ablehnung der Eröffnung des Konkurses gemäß § 68 KO, nach Auflösung einer juristischen Person oder einer eingetragenen Personengesellschaft bzw § 1 Abs 1 Z 5 IESG betreffend die Zurückweisung des Konkursantrags in dem hier verstandenen Sinn, also wegen der mangelnden Auffindbarkeit des Arbeitgebers und dessen Vermögens. Auch bei der bedingten Einantwortung, bei der sich herausstellt, dass der Wert des eingeantworteten Nachlasses nicht zur Befriedigung der Arbeitnehmerforderung ausreicht, entfällt durch die bedingte Einantwortung im Ergebnis partiell ein Haftungssubjekt. Verfahrenstechnisch stellt sich dies als eine konsequente Fortführung des § 1 Abs 1 Z 6 IESG, also der Beschlüsse gemäß § 153 Abs 1 oder § 154 Abs 1 AußStrG, sohin des Unterbleibens einer Abhandlung wegen geringen Werts oder der Überlassung an Zahlungs statt an die Gläubiger, dar, ist doch - mangels Antrags nach § 153 AußStrG - die Einantwortung an den bedingt erbserklärten Erben die regelmäßige konsequente Folge bei überschuldeten Verlassenschaften. Jedoch mangelt es eben an einer den §§ 153 und 154 AußStrG vergleichbaren Prüfung der „Vermögenslosigkeit". Die Möglichkeit eines Konkursantrags gegen eine eingeantwortete Verlassenschaft wird zwar dann bejaht, wenn ein Seperationskurator bestellt und damit weiter ein eigenes konkursfähiges Sondervermögen aufrecht erhalten wurde (RIS-Justiz RS0117472; 8 Ob 244/02v), jedoch ist dies hier nicht erfüllt, sondern bloß eine Haftungsbeschränkung mit dem Wert des Nachlasses zur Zeit der Einantwortung eingetreten (RIS-Justiz RS0047846 mwN, zuletzt 3 Ob 92/06k; ebenso Welser aaO § 802 Rz 5; Eccher aaO § 802 Rz 2 und Sailer aaO § 802 Rz 5). Die Möglichkeit der Überprüfung der „Vermögenslosigkeit" eines konkursfähigen Vermögens der Verlassenschaft in einem nachträglichen „Insolvenzverfahren" besteht daher nach Einantwortung nicht mehr (6 Ob 34/01w mwN; jüngst ausführlich in 8 ObA 65/08d mwN).
Insgesamt ist davon auszugehen, dass dieser Fall ganz offensichtlich vom Gesetzgeber nicht bedacht wurde. Aus den Wertungen der Bestimmungen des § 1 Abs 1 IESG, insbesondere Z 4 (§ 68 KO), Z 5 (mangelnde Auffindbarkeit von Arbeitgeber und Vermögen) und Z 6 (§§ 153, 154 AußStrG) ist aber eindeutig, dass der Gesetzgeber den Fall des - "partiellen" - Untergangs eines Haftungssubjekts für Arbeitnehmeransprüche doch absichern wollte. Verfahrenstechnisch bietet es sich daher an, auf die vom Gesetzgeber in § 1a IESG auf Grundlage eines Streitverfahrens nachgewiesene „Vermögenslosigkeit" zurückzugreifen, ergibt sich doch daraus, dass die Prüfung der „Insolvenz" nicht unbedingt in einem „Insolvenzverfahren" erfolgen muss. Andernfalls müsste man davon ausgehen, dass die mangelnde rechtzeitige Stellung eines Konkursantrags oder eines Antrags nach § 154 AußStrG die Absicherung nach dem IESG ausschließt. Dies entspricht aber auch sonst nicht dem System des IESG. Stellt dieses regelmäßig doch nur darauf ab, ob die Ansprüche „aufrecht" (§ 1 Abs 2 bis 6 IESG) und von der Sicherung erfasst sind (§§ 3 ff IESG). Eine weitere Bindung etwa dahin, wann einer der Tatbestände des § 1 Abs 1 und § 1a IESG verwirklicht wurde oder dass der Arbeitnehmer dabei mitgewirkt und selbst etwa einen Konkursantrag gestellt hat, sieht das IESG nicht vor.
Es ist daher davon auszugehen, dass nur dann, wenn in einem Streitverfahren der bedingt erbserklärte Erbe eine Abweisung der Forderungen eines Arbeitnehmers unter Bezugnahme auf die Haftungsbeschränkung des § 802 ABGB erreichen konnte, insoweit in analoger Anwendung des § 1a IESG eine Absicherung gegeben ist. Darauf hat im Ergebnis zutreffend auch Liebeg, aaO § 1 Rz 217 hingewiesen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt es sich auf die Frage einzugehen, ob nicht auch Art 2 der InsolvenzRL 80/987/EWG gebietet, dass die Mitgliedstaaten für den Fall der materiellen Insolvenz auch ein Verfahren vorsehen, das den Anforderungen des Art 2 der RL entspricht. Im Hinblick auf die grundsätzliche Möglichkeit der Geltendmachung von Ansprüchen auf Insolvenzausfallgeld bedarf es auch keines näheren Eingehens auf die vom Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemachten europarechtlichen Bedenken.
Insgesamt erweist sich die Revision des Klägers, bei dem ein Urteil über die mangelnde Durchsetzbarkeit seiner restlichen Ansprüche gegen die Erbin nicht vorliegt, (anders 8 ObA 65/08d), damit als unberechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 ASGG.
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