European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00057.15P.0628.000
Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 373,68 EUR (darin 62,28 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war ab 18. 10. 2004 als Vertragsbedienstete in einem von der beklagten Partei betriebenen Krankenhaus beschäftigt. Das Dienstverhältnis unterlag zunächst dem NÖ‑LVBG. Aufgrund einer Optionserklärung wurde die Klägerin im Jahre 2007 rückwirkend per 1. 7. 2006 in den Anwendungsbereich des NÖ‑LBG überstellt.
Ab 1. 5. 2010 wurde ihr antragsgemäß für die Dauer von 12 Monaten Sonderurlaub gegen Entfall der Bezüge bewilligt. Das Dienstverhältnis wurde schließlich über Wunsch der Klägerin per 30. 4. 2011 einvernehmlich aufgelöst.
Zwischen März 2006 und Oktober 2009 absolvierte die Klägerin auf Kosten der Dienstgeberin und unter Fortzahlung ihres Entgelts mehrere ein- oder mehrtägige Aus- und Weiterbildungskurse. Auf den von der Klägerin dazu unterschriebenen Antragsformularen befand sich jeweils in Fettdruck ein Hinweis auf die gesetzlichen Rückerstattungsbestimmungen und eine Angabe der Kosten des Kurses.
Gemäß § 94 Abs 1 Z 1 NÖ-LBG in der bei Beendigung des Dienstverhältnisses am 30. 4. 2011 geltenden Fassung haben Vertragsbedienstete deren Dienstverhältnis durch einverständliche Lösung, Kündigung oder vorzeitige Auflösung endet, dem Land „ die bis zum Beendigungszeitpunkt aufgewendeten Aus- und Weiterbildungskosten “ zu ersetzen, „ wenn diese den Betrag von 2.500 EUR übersteigen “. Mit Geltung ab 31. 12. 2014 (LGBl 2100-17) fügte der Landesgesetzgeber dem § 94 Abs 1 NÖ-LBG folgende Sätze an: „ Der Ersatz der Aus- und Weiterbildungskosten reduziert sich pro vollendetem Kalendermonat des Dienstverhältnisses nach dem jeweiligen Monat der Beendigung der Ausbildung um ein Sechzigstel. Besteht die Ausbildung aus mehreren in einem sachlichen Zusammenhang zueinander stehenden Teilen, reduzieren sich die Aus- und Weiterbildungskosten mit Enden des letzten Teiles. “
Nach Auflösung des Dienstverhältnisses stellte die Beklagte der Klägerin aufgrund der Rückerstattungsregelung des § 94 Abs 1 NÖ-LBG einen Ausbildungskostenersatz von insgesamt 8.780,14 EUR in Rechnung. Unstrittig ist, dass es sich dabei nur um den – in Vorwegnahme der späteren Gesetzesänderung freiwillig –aliquotierten Teil der Gesamtkosten handelt.
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass diese von der Beklagten mit Dienstrechtsmandat erhobene Forderung nicht zu Recht bestehe.
Die Beklagte wandte ein, die Klägerin habe alle Ausbildungen, für die ihr Kostenersatz vorgeschrieben wurde, innerhalb der letzten fünf Jahre vor ihrem Ausscheiden absolviert. Die Betragsgrenze von 2.500 EUR komme wegen Überschreitung nicht zum Tragen.
Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren der Klägerin bezüglich einer Teilforderung von 5.254,94 EUR statt und wies das Mehrbegehren ab.
Grundsätzlich sei die Klägerin nach den sukzessive auf ihr Dienstverhältnis anzuwendenden Dienstrechtsgesetzen (§ 60a NÖ-LVBG und § 94 NÖ-LBG, deren Regelungsinhalt im hier relevanten Teil ident sei) zur Kostenerstattung verpflichtet.
Die Kosten des Lehrgangs „Personalcontrolling“ seien jedoch nicht erstattungsfähig, weil die Teilnahme daran von der Dienstgeberin angeordnet worden sei. Weiters sei zu berücksichtigen, dass Ausbildungskosten nach § 94 Abs 1 NÖ‑LBG nur zu erstatten seien, wenn diese den Betrag von 2.500 EUR überstiegen. Im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung müsse das Wort „wenn“ in dieser Regelung im Sinne von „soweit“ verstanden werden. Der Betrag von 2.500 EUR sei daher vom aliquotierten Erstattungsbetrag noch abzuziehen, womit sich der Anspruch der Beklagten im Anlassfall auf 3.525,20 EUR verringere.
Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der beklagten Partei teilweise Folge. Es sprach aus, dass die Forderung der Beklagten mit 1.004,61 EUR nicht zu Recht bestehe und wies das Feststellungsmehrbegehren ab.
Ein Abzug der Kosten des Lehrgangs „Personalcontrolling“ entspreche nicht dem Gesetz, weil § 94 NÖ‑LBG – wie auch § 2d AVRAG – zwischen freiwilligen und verpflichtenden Qualifikationsmaßnahmen nicht unterscheide.
Das Berufungsgericht teile die Interpretation des Erstgerichts, dass nach § 94 Abs 1 NÖ‑LBG bei Ermittlung des Erstattungsbetrags in jedem Fall ein Freibetrag von 2.500 EUR zu berücksichtigen sei. Allerdings beziehe sich dieser nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes auf die vom Dienstgeber „aufgewendeten“ Ausbildungskosten und nicht auf den bereits aliquotierten, rückforderbaren Anteil.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei die Berücksichtigung dieses Freibetrags zweckentsprechend so vorzunehmen, dass die innerhalb des Fünfjahreszeitraums vor Beendigung des Dienstverhältnisses zeitlich am längsten zurückliegenden Ausbildungskosten so lange nicht zu berücksichtigen seien, bis der Schwellenwert von 2.500 EUR überschritten werde. Ab Erreichen dieser Grenze seien die den Schwellenwert übersteigenden Ausbildungskosten dann (aliquotiert) zu ersetzen.
Wende man diese Berechnung auf den vorliegenden Fall an, erweise sich die Rückforderung der Beklagten mit 7.775,53 EUR als berechtigt.
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Auslegung des § 94 NÖ‑LBG, insbesondere zur Anwendung des Grenzbetrags, noch nicht bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung richten sich die Revisionen beider Parteien, die aus dem vom Berufungsgericht ausgeführten Grund auch zulässig sind. Beide Revisionen sind aber nicht berechtigt.
1. Revision der Klägerin
1.1. Die Klägerin beantragt, der Oberste Gerichtshof möge „dem Antrag, wonach ein Betrag von 2.500 EUR für aufgewendete Aus- und Weiterbildungskosten im Zeitraum von 0–5 Jahren von diesen in Abzug zu bringen sei, stattgeben und das zweitinstanzliche Urteil antragsgemäß abändern“.
Dieser Revisionsantrag ist unschlüssig. Gemäß § 506 Abs 1 Z 2 ZPO muss die Revisionsschrift unter anderem die Erklärung, ob die Aufhebung oder eine Abänderung des Urteils des Berufungsgerichts und welche beantragt wird, also einen bestimmten Revisionsantrag, enthalten. Der Antrag auf Abänderung eines eine Zahlung betreffenden Leistungsurteils muss grundsätzlich ziffernmäßig zum Ausdruck bringen, welcher Teil des Leistungsbegehrens zugesprochen und welcher abgewiesen werden soll (2 Ob 146/89; SZ 42/148); nichts anderes gilt für ein negatives, auf das Nichtbestehen einer bestimmten Forderung abzielendes Feststellungsbegehren.
Eine unschlüssige Revision ist aber dann nicht von vornherein zu verwerfen, wenn trotz Fehlens der ausdrücklichen Erklärung, welche Abänderung des Berufungsurteils beantragt wird, wenigstens nach dem Inhalt der Revisionsgründe darüber kein Zweifel bestehen kann (vgl RIS-Justiz RS0043631). Aus dem Zusammenhang der Revisionsausführungen der Klägerin kann geschlossen werden, dass sie eine teilweise Wiederherstellung des teilstattgebenden erstgerichtlichen Urteils anstrebt, und zwar im Umfang der Feststellung, dass die Forderung der Beklagten mit 3.504,61 EUR nicht zu Recht bestehe.
1.2. Die Berechnung dieses Revisionsinteresses ist wiederum unschlüssig. Die Revisionswerberin rechnet jenen 1.004,61 EUR, die das Berufungsgericht als unberechtigt festgestellt hat, weitere 2.500 EUR hinzu, verkennt aber, dass dieser Betrag im Teilzuspruch bereits berücksichtigt ist.
1.3. Mit ihrem Vorbringen, die gesetzliche Bindungsdauer von fünf Jahren führe zu einer unzulässigen Knebelung der Dienstnehmer, wendet sich die Revision gegen die Zulässigkeit der Erstattungsforderung dem Grunde nach. Bei dieser Frage handelt es sich um einen bereits abschließend erledigten Streitpunkt, weil die Klägerin das erstgerichtliche Urteil, mit dem ihre Rückzahlungspflicht dem Grunde nach bejaht wurde, gar nicht angefochten hat.
Aus den in der Revision zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen, insbesondere (richtig:) 9 ObA 130–132/93, wäre für den Rechtsstandpunkt der Klägerin auch nichts zu gewinnen, weil sie sich auf vertraglichen Ausbildungskostenersatz beziehen und für den vorliegenden Fall nicht einschlägig sind.
1.4. Zur Frage der konkreten Anwendung des Grenzbetrags nach § 94 Abs 1 NÖ-LBG hat der erkennende Senat bereits in der Entscheidung 8 ObA 16/15h (RIS-Justiz RS0130246) ausgesprochen, dass § 94 Abs 1 NÖ-LBG sich wörtlich auf die insgesamt für die Aus- und Weiterbildung aufgewendeten Kosten bezieht und daher (jedenfalls) nicht auf den pro rata temporis aliquotierten Rückforderungsbetrag anzuwenden ist. Mit dieser Beurteilung steht die Entscheidung des Berufungsgerichts im Einklang.
Die gegenteilige Auffassung ist weder im Gesetzeswortlaut gedeckt, noch mit dem Zweck der Regelung vereinbar, dem Dienstgeber längerfristig durch zulässige Bindung des Dienstnehmers den Nutzen der von ihm finanzierten Ausbildung zu erhalten (vgl allg Reissner in ZellKomm I² § 2d AVRAG Rz 1 mwN). Wäre der Grenzbetrag vom rückforderbaren, aliquotierten Erstattungsbetrag abzuziehen, würde sich die vom Gesetzgeber vorgesehene fünfjährige Bindung stets auf jenen Zeitraum verkürzen, in dem der aliquotierte Ersatzbetrag noch über 2.500 EUR liegt.
Die Klägerin setzt sich in ihrem Rechtsmittel mit dem eindeutigen Wortlaut der Regelung des § 94 Abs 1 NÖ‑LBG und den eingehenden, zutreffenden (§ 510 Abs 3 ZPO) Überlegungen des Berufungsgerichts inhaltlich nicht auseinander. In einer zulässigen Rechtsrüge muss aber dargelegt werden, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig sein soll (vgl RIS-Justiz RS0043480 [T20], RS0043605), weil sonst keine Überprüfung der im angefochtenen Urteil vertretenen Rechtsansicht stattfinden kann (RIS-Justiz RS0043654 [T6]).
Die Revision der Klägerin ist daher insgesamt nicht berechtigt.
2. Revision der Beklagten
2.1. Nach Ansicht der Beklagten soll die Grenzbetragsregelung des § 94 Abs 1 NÖ-LBG überhaupt nur dann anwendbar sein, wenn der Gesamtbetrag der für den Dienstnehmer im Referenzzeitraum aufgewendeten Ausbildungskosten 2.500 EUR nicht überstiegen hat. Es handle sich entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen bei dieser Summe nicht um einen Freibetrag zugunsten der Dienstnehmer, sondern nur um einen Schwellenwert zum Zweck der Verwaltungsvereinfachung.
Die rückwirkende Erfassung sämtlicher Ausbildungskosten und weiterbezahlten Entgelte eines ausscheidenden Dienstnehmers sei kompliziert und verursache einen hohen Verwaltungsaufwand, der sich bei geringen Kostenbeträgen nicht lohne. Werde der Grenzbetrag jedoch im Einzelfall überschritten, dann sei eine genaue Erfassung und Geltendmachung der Ausbildungskosten unumgänglich und erscheine es nicht sachgerecht, auch in diesem Fall, in dem sich die Beklagte keinen Aufwand erspare, einen Abzug des Grenzbetrags vorzunehmen.
2.2. Diese Ausführungen überzeugen nicht.
Die Beklagte gesteht zu, dass die wörtliche Interpretation der in Frage stehenden Grenzbetragsregelung des § 94 Abs 1 NÖ-LBG in dieser Hinsicht zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, weil das entscheidende Wort „wenn“ zwar in der Bedeutung von „sofern“, aber auch im Sinne von „soweit“ oder „sobald“ verstanden werden kann.
Ob bzw in welcher Weise der Grenzbetrag nach § 94 Abs 1 NÖ-LBG bei den ursprünglich aufgewendeten Kosten zu berücksichtigen ist, ist in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung noch nicht geklärt. In der bereits zitierten Entscheidung 8 ObA 16/15h hatte sich der erkennende Senat lediglich mit der Frage zu beschäftigen, ob Ausbildungskosten dann noch zu ersetzen sind, wenn sie nach Aliquotierung den Grenzbetrag unterschreiten.
Unter Berücksichtigung der systematisch-logischen Auslegung, weiters unter der Prämisse, dass der Landesgesetzgeber eine den Gleichheitsgrundsatz wahrende, verfassungskonforme Regelung treffen wollte (vgl ua Posch in Schwimann/Kodek ABGB4 I § 6 Rz 11 ff; Kerschner/Kehrer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB³ (Klang) §§ 6, 7 Rz 24, 78), ist das vom Berufungsgericht erzielte Auslegungsergebnis überzeugend.
2.3. Nach dem Regelungsverständnis der Beklagten führt die Betragsgrenze von 2.500 EUR zu einer eindeutigen Ungleichbehandlung. Betragen zB die aufgewendeten Ausbildungskosten zweier Dienstnehmer, die den selben Lehrgang besucht haben, einmal insgesamt 2.500 EUR und im anderen Fall, etwa wegen einer höheren Gehaltsstufe, 2.510 EUR, dann hätte der erste Dienstnehmer bei Selbstkündigung nach einem Jahr überhaupt keine Kosten zurückzuerstatten, der zweite müsste 2.008 EUR zurückzahlen. Bei praktisch identem Sachverhalt hätte der zweite Dienstnehmer damit eine erheblich höhere Belastung zu tragen.
2.4. Nach dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art 2 StGG; Art 7 B-VG) ist der Gesetzgeber verpflichtet, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Unterschiedliche Regelungen, die nicht in entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ihre Grundlage haben sind verfassungswidrig, weil sie nicht sachlich gerechtfertigt sind (Mayer/Muzak, B-VG5 Art 2 StGG III.1; RIS-Justiz RS0053509 [T4]; VfGHSlg 3754, 4140, 4392).
Zur Vermeidung interpretativer Widersprüche zum Verfassungsrecht trifft auch die Gerichte die Pflicht zu einer gebotenen, dem äußerst möglichen Wortsinn eines Gesetzeswortlautes nicht widersprechenden verfassungskonformen Auslegung (ua Bydlinski in Rummel, ABGB² Rz 21 zu § 6 mwN; RIS-Justiz RS0052446). Wenn zwei oder mehrere Auslegungsvarianten denkmöglich sind, gebührt der verfassungskonformen Auslegung der Vorrang, weil davon auszugehen ist, dass der einfache Gesetzgeber bemüht ist, Verfassungswidrigkeiten in einfachen Gesetzen oder Verordnungen zu vermeiden (vgl 8 ObA 92/97f). Ausnahmetatbestände müssen innerhalb dieser verfassungsmäßig gezogenen Grenzen dem Gebot der Sachlichkeit entsprechen.
Für die Beurteilung der Sachlichkeit ist in entscheidendem Maße das Interesse, das mit den betreffenden Maßnahmen geschützt ist, von Bedeutung. Gleichartige Interessen dürfen nicht grundlos unterschiedlich behandelt werden. Auch wenn der Normsetzer einen Gestaltungsspielraum hat, so muss er diesen doch unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze nützen.
2.5. Betrachtet man nun die Regelung des § 94 Abs 1 NÖ-LBG aus dem Blickwinkel der von der Beklagten angestrebten Auslegung, würde sie unterschiedliche Rechtsfolgen an ähnliche bis gleiche Sachverhalte knüpfen. Die Grenzbetragsregelung wäre nach diesem Verständnis intransparent und würde in erworbene Rechtspositionen eingreifen, weil Absolventen von Ausbildungsmaßnahmen mit unter dem Grenzwert liegenden Kosten, die keiner Bindungsfrist bzw Rückerstattungspflicht unterliegen, Jahre später rückwirkend wegen eines weiteren Lehrgangs eine Verbindlichkeit für die Vergangenheit entstehen könnte.
Eine Regelung mit solchen Folgen kann nur dann vor dem Gleichheitsgrundsatz bestehen, wenn sich für die Differenzierung eine ausreichende sachliche Begründung findet.
2.6. Die Revision führt zur Begründung ihres Standpunkts das Argument des öffentlichen Interesses an einer Verwaltungsvereinfachung ins Treffen. Gründe der Verwaltungsökonomie sind nach herrschender Auffassung geeignete allgemeine Gesichtspunkte, die innerhalb eines sachgerechten Rahmens eine unterschiedliche Behandlung, insbesondere Stichtagsregelungen oder Pauschalierungen, rechtfertigen können (Mayer/Muzak aaO Art 2 StGG VI.1.).
Nach dem Revisionsvorbringen ist aber nicht nachvollziehbar, dass die strittige Grenzbetragsregelung abstrakt geeignet wäre, die Verwaltung der Beklagten wesentlich zu entlasten.
Die Argumentation der Beklagten, die grob gesprochen darauf hinausläuft, dass die Feststellung von Ausbildungskosten bis zu 2.500 EUR keinen, ab 2.501 EUR aber einen hohen Verwaltungsaufwand bedingen würde, ist nicht überzeugend, denn auch um feststellen zu können, dass der Betrag von 2.500 EUR im Einzelfall nicht überschritten wurde, müssen die für den austretenden Dienstnehmer aufgewendeten Ausbildungskosten zunächst ermittelt und summiert werden. Zwar wird diese Feststellung bei weit unter dem Grenzwert liegenden Kosten keinen besonderen Aufwand erfordern und überschlagsmäßig erfolgen können, erspart bleibt sie aber in keinem Fall. Außerdem wird die Nachprüfung umso akribischer zu erfolgen haben, je mehr sich die Gesamtkosten einschließlich Entgeltfortzahlung dem Grenzwert annähern und eine Überschreitung möglich ist.
2.7. Nachvollziehbar ist das Argument der Revisionswerberin, dass die Vorschreibung und Einhebung von relativ geringfügigen Kostenerstattungsbeträgen unter Umständen einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand erfordert.
Gerade solche Fälle kann die Grenzbetragsregelung in der von der Revisionswerberin gewünschten Auslegung aber nicht (mehr) verhindern, seitdem sich der Landesgesetzgeber zur zeitlichen Aliquotierung bekannt hat.
Selbst wenn die für einen Bediensteten aufgewendeten Ausbildungskosten insgesamt 2.500 EUR überstiegen haben, kann der aliquotierte Erstattungsbetrag bei Lösung des Dienstverhältnisses nach einigen Jahren weit darunter liegen. Da das Gesetz keine Begrenzung des rückforderbaren Betrags nach unten vorsieht (vgl 8 ObA 16/15h), müssen solche geringfügigen Erstattungsbeträge gleichwohl eingehoben werden.
Andere Gründe, die eine für eine unterschiedliche Behandlung der Bediensteten bei der Erstattungspflicht rechtfertigen würden, zeigt die Revision nicht auf.
2.8. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Grenzbetrag von 2.500 EUR in § 94 Abs 1 NÖ-LBG einen Freibetrag darstellt, der in jedem Fall durch Abzug von den gesamten aufgewendeten Ausbildungskosten zu berücksichtigen ist.
Gegen diese Auslegung kann auch der in der Revision zitierte Motivenbericht des Landesgesetzgebers nicht erfolgreich ins Treffen geführt werden. Abgesehen davon, dass diesem Bericht keine eindeutige Aussage entnommen werden kann, die den Standpunkt der Revision stützen würde, sind Gesetzesmaterialien weder das Gesetz selbst, noch interpretieren sie dieses authentisch (RIS-Justiz RS0008799 [T3] = 6 Ob 4/08v). Sie können erst dann zur Auslegung einer Gesetzesbestimmung herangezogen werden, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes selbst zweifelhaft ist (RIS-Justiz RS0008800), das grundsätzlich nach der „ihm eigenen Vernünftigkeit“, also teleologisch zu verstehen ist (RIS-Justiz RS0109735).
2.6. Das Berufungsgericht hat die Berücksichtigung des Freibetrags richtig derart vorgenommen, dass es ihn von den ältesten innerhalb des fünfjährigen Bindungszeitraums gelegenen Ausbildungskosten abgezogen hat. Mit dieser Berechnungsmethode werden vergleichbare Sachverhalte adäquat behandelt und ein willkürliches rückwirkendes Entstehen von Verbindlichkeiten hintangehalten. Andererseits trägt diese Berechnungsweise dem Interesse der Beklagten am Verbleib der auf ihre Kosten höherqualifizierten Dienstnehmer bestmöglich Rechnung, da der Freibetragsanteil auf jene Kosten entfällt, die der höchsten möglichen Aliquotierung unterliegen. Der fünfjährige Bindungszeitraum bleibt über seine gesamte Dauer wirksam.
Der Revision der beklagten Partei war daher ebenfalls keine Folge zu geben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 2 ASGG und §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.
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