OGH 8ObA52/04m

OGH8ObA52/04m27.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Hofrat DI Roland Bauer und DDr. Wolfgang Massl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Fritz K*****, vertreten durch Dr. Kurt Klein, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei L***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Christine Ulm, Rechtsanwältin in Graz, wegen 1.465,65 EUR brutto sA (Revisionsinteresse 628,77 EUR brutto sA) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Februar 2004, GZ 7 Ra 14/04i-22, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Seit der Entscheidung 8 ObA 2058/96x = ZAS 1997/5 [Apathy] vertritt der Oberste Gerichtshof in Übereinstimmung mit der überwiegenden Lehre (Apathy, Beiderseitiges Verschulden an der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Tomandl, Beendigung des Arbeitsvertrages, 81, 85 ff; Kramer in Glosse zu DRdA 1979/6; Kuderna Entlassungsrecht² 76 ff; Wachter, Beiderseitiges Verschulden an der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses 32 ff; Löschnigg, Arbeitsrecht10 537; aA Pfeil, Die Mitverschuldensregel bei vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses WBl 1987, 175 ff), die Auffassung, dass den Arbeitnehmer ein Mitverschulden an seiner (unberechtigten) Entlassung treffen kann, wenn er einen ihm bekannten Rechtfertigungsgrund für ein an sich pflichtwidriges Verhalten dem Arbeitgeber trotz bestehender Möglichkeit nicht bekannt gibt und wenn der Arbeitgeber bei Kenntnis des Rechtfertigungsgrundes die Entlassung aller Voraussicht nach nicht abgesprochen hätte (8 ObA 68/99d; 9 ObA 290/00p; 9 ObA 290/01i; zuletzt 9 ObA 55/04k).

Betont wurde dabei (8 ObA 41/02s), dass von dem in der außerordentlichen Revision erwähnten Grundsatz, dass die Mitverschuldensregel des § 1162c ABGB nur bei berechtigter vorzeitiger Auflösung angewendet werden kann, nur dann abgewichen und auch bei ungerechtfertigter vorzeitiger Auflösung die Mitverschuldensregel angewendet werden kann, wenn ein zusätzliches für den vorzeitigen Beendigungsausspruch kausales schuldhaftes Verhalten des anderen Teiles vorliegt. Liegt ein solches zusätzliches schuldhaftes Verhalten nicht vor, hat es beim Grundsatz zu bleiben, dass § 1162c ABGB nicht dazu dient, einer Auflösungserklärung, für die keine ausreichenden Gründe gegeben sind, doch noch wenigstens teilweise zum Erfolg zu verhelfen (RIS-Justiz RS0028230).

2. Die Beurteilung des Berufungsgerichtes ein (gleichteiliges) Mitverschulden des Klägers an seiner - unberechtigten - Entlassung sei zu bejahen, hält sich unter Berücksichtigung des konkret zu beurteilenden Sachverhaltes an diese Grundsätze: Der Kläger, der vom 17. Jänner bis 17. März 2003 bei der beklagten Partei als Staplerfahrer beschäftigt war, trat am 14. 3. 2003 seinen Dienst an. Gegen 8.15 Uhr rief er bei der beklagten Partei an und teilte der Sekretärin mit, dass er sich "nicht über den Tisch ziehen lasse". Dem Geschäftsführer der beklagten Partei wiederholte er diese Äußerung telefonisch und gab überdies bekannt, dass er "nichts mehr tue, bis sie ihn heimschicken würden". Gegen 9.00 Uhr verließ der Kläger seinen Arbeitsplatz, nachdem er zum Schichtleiter gesagt hatte, "es zipfe ihn an und er kündige". Von einer Krankheit bzw einem Krankenstand war nicht die Rede. Noch am selben Tag sprach der Geschäftsführer der Beklagten wegen dieses Verhaltens des Klägers die Entlassung aus. Erst danach erfuhr der Geschäftsführer der beklagten Partei, dass der Kläger noch am 14. März 2003 von seinem Hausarzt wegen einer Gastritis krankgeschrieben worden war.

3. Das Berufungsgericht ging ohnedies davon aus, dass den beklagten Arbeitgeber die Behauptungs- und Beweislast für ein Mitverschulden des Klägers an seiner unberechtigten Entlassung trifft, wobei allerdings das Mitverschulden nicht ausdrücklich eingewendet werden muss, sondern das Aufstellen entsprechender Tatsachenbehauptungen genügt (9 ObA 290/00p; 8 ObA 68/99d ua).

Die Auffassung des Berufungsgerichtes, dass im konkreten Fall die erstinstanzlichen Tatsachenbehauptungen der beklagten Partei in diesem Sinne als ausreichend zu qualifizieren sind, betrifft eine Frage der Auslegung des Parteivorbringens, der nur dann erhebliche Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO zukommen könnte, wenn dem Berufungsgericht dabei eine - hier nicht vorliegende - erhebliche Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RIS-Justiz RS0042828).

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