European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00073.21Z.1129.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.411,20 EUR (darin enthalten 235,20 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin gewährte A* 1975 einen Kontokorrentkredit zur Finanzierung der laufenden Geschäfte seines Unternehmens. Der Kredit war bis zum vereinbarten Höchstbetrag von 600.000 ATS ausnutzbar. Die Beklagte unterfertigte eine Bürgschaft für diesen Kredit sowie eine Wechselverpflichtungserklärung. Sie verpflichtete sich als Bürge und Zahler iSd § 1357 ABGB für alle Ansprüche und Forderungen aus dem Kredit zu haften. Festgehalten wurde, dass die Bürgschaft nicht durch vorübergehende Rückzahlung des Kredits bei Fortbestand des Kontokorrentverhältnisses erlischt sowie dass sie durch die Feststellung und Anerkennung des Saldos nicht eingeschränkt und aufgehoben wird und in voller Höhe bis zur Beendigung der Geschäftsbeziehung mit dem Hauptschuldner bzw bis zur völligen Bezahlung der Forderung bestehen bleibt.
[2] Mit Kreditübernahmeerklärung vom 14. 8. 1985 trat anstelle des bisherigen Kreditnehmers die a* gmbh zu denselben Bedingungen mit allen Rechten und Pflichten als Schuldner und Gläubiger in dieses Kreditverhältnis ein. Festgehalten wurde, dass die Haftung der Beklagten laut Bürgschaftsvertrag vom 20. 6. 1975 trotz Schuldnerwechsels aufrecht bleibt. Die Beklagte unterfertigteneuerlich eine Bürgschaftserklärung, eine Wechselverpflichtungserklärung und einen Blankowechsel als Bürgin.
Die Wechselverpflichtungserklärung vom 14. 8. 1985 lautet auszugsweise:
„Ich (Wir) überreiche(n) Ihnen anbei 2 Stück von mir (uns) akzeptierte(n) Blancowechsel, welche(n) Sie zur Sicherstellung aller Ihnen gegen den (die) oben angeführten Schuldner bereits zustehenden und künftig entstehenden, wie immer gearteten Forderungen und Ansprüche, mögen diese aus laufender Rechnung, aus Krediten oder Darlehen, aus Wechseln, aus Warenverpfändungen, aus der Abtretung von offenen Buchforderungen, aus der Übernahme von Haftungen oder Garantien oder irgendeinem sonstigen damit zusammenhängenden Rechtsgrunde stammen und auf welche Währung immer lauten, zu verwenden berechtigt sind.
Ich (Wir) ermächtige(n) Sie ausdrücklich, auch trotz einer inzwischen erfolgten Abrechnung, nach Ihrem Belieben das Ausstellungs- und Fälligkeitsdatum dieses(r) Wechsel(s) und einen allfälligen Domizilvermerk einzusetzen, die Abschnitte nach Ihrer Wahl zahlbar zu stellen, die zu entrichtende Wechselgebühr zu meinen (unseren) Lasten oder zu Lasten des(r) obengenannten Schuldner(s) auszulegen, die Wechselsumme entsprechend den gesamten Ihnen gegen den (die) erwähnten Schuldner im Zeitpunkte der Ausstellung zustehenden Forderungen und Ansprüche aller Art, einschließlich aller Zinsen, Provisionen, Spesen und sonstigen Nebengebühren oder nach Ihrem Ermessen auch nur entsprechend einem Teil der Ihnen zustehenden Forderungen und Ansprüche als Rektawechsel auszufüllen und gegen mich (uns) geltend zu machen. Es stehen mir (uns) somit diesbezüglich im Falle einer derartigen Ausfertigung und Verwendung der Wechsel keine wie immer gearteten Einwendungen zu.
Durch die Ausfüllung und Geltendmachung der Wechsel tritt in der rechtlichen Natur Ihrer Forderungen und Ansprüche samt Anhang, insbesondere in der Währung und in der bedungenen Zahlungsart, keine Änderung ein. [...]“
[3] Die Beklagte ermächtigte die Klägerin mit dieser Wechselverpflichtungserklärung zur Ausfüllung des Wechsels als Rektawechsel bis zu einem Betrag von 600.000 ATS.
[4] Über das Vermögen der a* gmbh wurde am 3. 1. 2019 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Daraufhin verständigte die Klägerin die Beklagte von der Fälligkeit der gesamten Forderung gegenüber dem Kreditnehmer und forderte sie auf, den offenen Schlusssaldo von 21.125,62 EUR bis längsten 31. 1. 2019 abzudecken. Aufgrund des Sanierungsplans erhielt die Klägerin zwischenzeitig eine Zahlung von 211,48 EUR als Quote.
[5] Die Klägerin beantragte die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrags unter Vorlage des Originalwechsels gegen die Beklagte als Bürgin für die Bezogene und Annehmende a* gmbh. Sie brachte vor, die Beklagte schulde den Betrag als Bürgin und Zahlerin sowie als Wechselbürgin für die Insolvenzschuldnerin.
[6] Die Beklagte erhob fristgerecht Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag und beantragte dessen Aufhebung und die Abweisung der Klage. Sie brachte neben anderen, im Revisionsverfahren nicht mehr relevanten Einwänden vor, dass der Anspruch verjährt sei. Die Krediteinräumung sei 1975 erfolgt, die Wechselverpflichtung und die Bürgschaftsannahme, auf die sich die Klägerin stütze 1985. Beim Ausfüllen eines Blankowechsels dürfe kein der Verkehrssitte widersprechender Verfallstag gewählt werden, was insbesondere dann anzunehmen sei, wenn die Forderung, zu deren Sicherung der Wechsel angenommen worden sei, bereits verjährt sei. Für Forderungen aus einem Kontokorrentverhältnis bzw auf Rückzahlung gewährter Kredite gelte die allgemeine Verjährungsfrist nach § 1479 ABGB. Unter Berücksichtigung, dass der Blankowechsel seitens der Beklagten 1985 unterfertigt worden sei, des Weiteren die Bürgschaftsannahme bereits 1975 zugunsten des Hauptschuldners erfolgt sei, seien zum Zeitpunkt des Verfallstags 7. 1. 2019 sowohl die Forderungen aus dem Kreditvertrag aus dem Jahr 1975 als auch die eingegangene Haftung als Bürgin und Zahlerin sowie die Haftung aus dem gegenständlichen Wechsel verjährt gewesen.
[7] Die Klägerin replizierte, dass Verjährung nicht eingetreten sei. Die besicherte Forderung aus dem Kontokorrentverhältnis sei erst mit der Insolvenzeröffnung fällig geworden. Der gewählte und eingesetzte Verfallstag liege daher innerhalb der Verjährungsfrist. Die Sicherheit könne mangels gegenteiliger Vereinbarung nicht vor der besicherten Forderung verjähren.
[8] Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag hinsichtlich eines Betrags von 20.936,73 EUR sA aufrecht und wies das Mehrbegehren von 211,48 EUR sA ab. Der Anspruch sei nicht verjährt, da die Beendigung des Kontokorrentverhältnisses aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sei. Damit sei aber der Wechsel innerhalb der Verjährungsfrist der Hauptschuld und der Bürgenhaftung der Beklagten ausgefüllt worden.
[9] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil nicht Folge. Gemäß Art 70 Abs 1 WG verjährten wechselmäßige Ansprüche gegen den Annehmer in drei Jahren vom Verfallstag, somit jenem Tag, an dem der Wechsel zur Zahlung fällig geworden sei. Gegen den Wechselbürgen des Akzeptanten verjähre der Wechsel in der gleichen Frist. Beim vorliegenden Blankowechsel richte sich der Verjährungsbeginn nach dem von der Klägerin bestimmten Verfallszeitpunkt. Der Wechsel sei daher nicht verjährt. Richtig sei zwar, dass das Ausfüllen eines Blankowechsels nach Eintritt der Verjährung der Forderung, zu deren Deckung er gegeben worden sei, der Verkehrssitte widerspreche. Die Hauptschuld aus dem Kontokorrentkreditvertrag sei jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht verjährt gewesen, weil für die Dauer des Kontokorrentverhältnisses, das erst aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet worden sei, der Verjährungsfortlauf gehemmt sei. Nach der Rechtsprechung verjähre die Bürgschaftsschuld ohne Rücksicht auf die für die Hauptschuld geltende Verjährung in 30 Jahren. Dagegen gehe die jüngere Lehre von der für den gesicherten Anspruch geltenden Verjährungsfrist auch für die Bürgenverpflichtung aus. Dem schließe sich das Berufungsgericht an. Damit sei auch die Bürgschaftsverpflichtung nicht verjährt, da die Verjährung gegenüber dem Hauptschuldner gehemmt gewesen sei.
[10] Die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht zugelassen, weil zur Frage der Verjährung der (Kontokorrent‑)Bürgschaft bei Hemmung der Verjährung des gesicherten Anspruchs und zur Frage, ob die Rechtsprechung, dass die Wahl eines Verfallstags nach Verjährung der Forderung der Verkehrssitte widerspreche, auch für den Fall anwendbar sei, dass zwar die Bürgenhaftung, nicht aber die Hauptschuld verjährt sei, keine bzw widersprechende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehe.
[11] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahingehend abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen wird. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[12] Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen bzw ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[13] Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
[14] 1. Voranzustellen ist, dass die Revision nur noch die Verjährung der Ansprüche geltend macht, auf die in erster und zweiter Instanz sonst erhobenen Einwendungen muss daher nicht eingegangen werden.
[15] 2. Die Wechselbürgschaft ist eine im WG sondergesetzlich geregelte Bürgschaftsform und stellt damit einen eigenen wechselrechtlichen Vertrag zwischen Wechselgläubiger und Wechselbürgen dar (Huemer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB3 [Klang] § 1346 Rz 71). Auch wenn sie in der Regel als Sicherungsmittel für eine fremde Verbindlichkeit eingegangen wird, geht sie infolge des Formalcharakters der Wechselerklärungen und ihrer gegenseitigen Unabhängigkeit insofern über die bürgerlich‑rechtliche Bürgschaft hinaus, als der Wechselbürge selbständig verpflichtet wird, wenn die Verbindlichkeit, für die er sich verbürgt hat, aus einem anderen Grund als wegen eines Formalfehlers nichtig ist (RIS‑Justiz RS0083456).
[16] 3. Auf die Wechselbürgschaft sind grundsätzlich die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über die Bürgschaft nicht anwendbar (RS0032174). Im Zweifel ist nicht anzunehmen, dass durch die Unterfertigung eines Wechsels eine Haftung sowohl nach Wechselrecht als auch nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts übernommen werden soll. Die Übernahme einer Wechselbürgschaft begründet vielmehr nur dann die Haftung nach bürgerlichem Recht, wenn dies vereinbart wurde (RS0032131 [T1]). Dabei ist unerheblich, ob über die Bürgenhaftung nach § 1357 ABGB und die Wechselbürgenhaftung getrennte Vereinbarungen geschlossen wurden. Maßgebend ist vielmehr, ob aufgrund eines inneren Sachzusammenhangs die Vereinbarungen als Einheit zu betrachten sind (8 Ob 128/10x). Ist von einer solchen „wechselmäßig unterlegten“ bürgerlich‑rechtlichen Bürgschaft auszugehen, stehen dem Bürgen auch die sich aus dem bürgerlichen Bürgschaftsrecht ergebenden Einwendungen zu (8 Ob 119/97a; 8 Ob 253/99k; 8 Ob 31/05z; 8 Ob 128/10x; Hauser, Österreichisches Wechsel‑ und Scheckrecht, Rz 172; Huemer aaO, Rz 74). Derartige Einwendungen stehen auch dem Beklagten in einem Wechselmandatsverfahren zu (vgl Klicka in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 556 Rz 14).
[17] 4. Aufgrund der Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten als Bürgin und Zahlerin für einen Kredit ihres Mannes bzw des Unternehmensnachfolgers bei gleichzeitiger Unterfertigung einer Wechselbürgschaft zur Besicherung eben dieses Kredits und damit letztlich auch der Bürgenverpflichtung sind die Vorinstanzen von einem derartigen sachlichen Zusammenhang ausgegangen, wogegen sich keine der Parteien im Rechtsmittelverfahren wendet. Der Beklagten stehen daher auch Einwendungen aus der bürgerlich‑rechtlichen Bürgschaft zu.
[18] 5. Nach den Feststellungen hat die Beklagte die Bürgschaft für einen Kontokorrentkredit zur Finanzierung der laufenden Geschäfte der a* gmbh übernommen. Dieser Kredit wurde mit Eröffnung des Sanierungsverfahrens am 3. 1. 2019 fällig gestellt.
[19] Die Rechtsfolgen der Wechselbürgschaft richten sich wie ausgeführt ausschließlich nach Wechselrecht. Nach § 32 WG haftet der Wechselbürge in der gleichen Weise wie derjenige, für den er sich verbürgt hat. Art 70 WG sieht vor, dass wechselmäßige Ansprüche gegen den Annehmer in drei Jahren vom Verfallstag verjähren.
[20] Bei einem Blankowechsel, der ohne Einsetzen des Ausstellungs‑ und Verfallstages begeben wird, beginnt die Verjährungsfrist nicht bereits am Tag der tatsächlichen Ausstellung des Blankowechsels, sondern erst von dem später eingesetzten Verfallstag an zu laufen. Dabei ist die Verwendung eines Blankoakzepts, um durch seine Ausfüllung einer bereits verjährten Schuld die Wirkung einer unverjährten zu verschaffen, unzulässig (vgl RS0084051, RS0083847; Hauser, Österreichisches Wechsel‑ und Scheckrecht2, Rz 184).
[21] Da die Verbindlichkeit des Akzeptanten im vorliegenden Fall erst mit der Eröffnung des Sanierungsverfahrens fällig wurde, ist das auf dem Wechsel eingesetzte Verfallsdatum 7. 1. 2019 innerhalb der Verjährungsfrist für die Forderung, für die der Wechsel gegeben wurde. Ein sittenwidriges Ausfüllen des Blankowechsels kann daher der Klägerin nicht vorgeworfen werden. Damit verjähren die wechselrechtlichen Ansprüche gegenüber dem Annehmer binnen drei Jahren ab diesem Verfallstag. Diese Frist gilt auch gegenüber dem Wechselbürgen des Annehmers (8 Ob 90/12m mwN).
[22] Diese Frist war zum Zeitpunkt der Klagseinbringung noch nicht abgelaufen.
[23] 6. Zu prüfen ist daher weiters, ob die Verpflichtungen aus der bürgerlich‑rechtlich übernommenen Bürgschaft verjährt sind, da wie ausgeführt die Beklagte auch diesen Einwand geltend machen kann. Die Beklagte hat zwei Bürgschaftserklärungen unterschrieben, eine 1975 für den Kredit, den ihr Mann aufgenommen hat, sowie nach Übernahme durch die jetzige Schuldnerin 1985 für diese. Da die Klägerin Ansprüche aus dieser zweiten Verpflichtung geltend macht, kann eine Verjährungsfrist daher frühestens 1985 zu laufen beginnen. Die Beklagte macht geltend, dass ausgehend von dem Tag der Unterfertigung der Bürgschaftsverpflichtung die 30‑jährige Verjährungsfrist abgelaufen ist. Demgegenüber beruft sich die Klägerin in der Revision auf die 40‑jährige Verjährungsfrist des § 1485 iVm § 1472 ABGB. Diese Bestimmung sieht eine Verlängerung der 30‑jährigen Frist auf 40 Jahre für alle juristischen Personen des öffentlichen und des privaten Rechts vor (Meissel in KBB6 §§ 1472–1473 Rz 1; Bydlinski in Rummel 3 § 1472 Rz 1; Mader/Janisch in Schwimann/Kodek, ABGB4 VI §§ 1471, 1472 ABGB Rz 2; R. Madl in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.06 § 1485 Rz 1). Diese Rechtsauffassung ist jedoch zuletzt nicht unumstritten(Gusenleitner‑Helm in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3, § 1472 Rz 5, treten für eine teleologische Reduktion ein; Auer, Sind Personen‑ und Kapitalgesellschaften „erlaubte Körper“ iSd §§ 1472–1485 ABGB?, JBl 2015, 477 ff befürwortet eine Beschränkung insbesondere auf verwaltungsbehördlich genehmigte Gesellschaften).
[24] 7. Ob im vorliegenden Fall eine 30‑ oder 40‑jährige Verjährungsfrist anzuwenden ist, muss jedoch nicht abschließend geklärt werden.
[25] Rechte verjähren durch Nichtausübung innerhalb der 30‑jährigen Verjährungszeit (§ 1478 ABGB). Die Verjährung selbst beginnt mit der objektiven Möglichkeit der Rechtsausübung (RS0034382).
[26] Eine Bürgschaft, die für ein Dauerschuldverhältnis eingegangen wird, stellt ein echtes Dauerschuldverhältnis dar (Mayerhofer, SchRAT 138). Dies gilt auch für Bürgschaften, die für Kontokorrentkredite eingegangen werden, da auch diese Dauerschuldverhältnisse sind (vgl Gamerith in Rummel 3 § 1353 Rz 3a mwN). Bei Dauerschuldverhältnissen entstehen die Forderungen immer wieder neu und ist daher die Erfüllung so lange fortzusetzen, als der Vertrag existiert (Bollenberger/P. Bydlinski in KBB6, § 859 Rz 7).
[27] Als Dauerschuldverhältnis dient die Bürgschaft daher auf unbestimmte Zeit der Absicherung von zukünftigen, zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bürgschaft noch nicht feststehenden Verbindlichkeiten bis zu der zwischen den Parteien vereinbarten Höhe. Bei Übernahme einer Bürgschaft auf unbestimmte Zeit bzw bei Sicherung von Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, hat der Bürge auch ein Recht auf ordentliche Kündigung entsprechend den allgemeinen Grundsätzen, daneben nach angemessener Dauer auch ein Recht auf außerordentliche Kündigung (vgl W. Faber in Schwimann/Kodek, ABGB4 IV § 1353 Rz 9; Gamerith in Rummel 3 § 1353 Rz 3a; Huemer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB3 § 1353 Rz 37 f).
[28] 8. Die Bürgschaftserklärung der Beklagten bezog sich daher nicht auf eine bereits entstandene, sondern auf zukünftig immer wieder neu entstehende Verbindlichkeiten für die Dauer des Kontokorrentverhältnisses bzw bis zur Kündigung der Bürgschaftsverpflichtung.
[29] Auf eine Verjährung dieser auf unbestimmte Dauer angelegten Verpflichtung kann sich die Beklagte daher nicht berufen, da nicht davon gesprochen werden kann, dass diese nicht ausgeübt wurde, nur weil die Beklagte nicht auf Zahlung in Anspruch genommen wurde. Vielmehr stellte die Beklagte laufend eine Sicherheit für die im Kontokorrentverhältnis entstehenden Forderungen und war diese laufende Sicherheit auch Grundlage für das Fortbestehen des Kontokorrentverhältnisses.
[30] 9. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, dass es gröblich benachteiligend sei, dass nach Rückzahlung durch Wiederausnutzung des Kontokorrentkredits durch den Hauptschuldner die Bürgschaftsverpflichtung aufrecht bleibt, ist sie darauf zu verweisen, dass bei Bürgschaftsverträgen, die auf die Besicherung eines Kontokorrentkredits abzielen, eine entsprechende Verlängerungsmöglichkeit nahezu immanent ist. Sie ist folglich nicht gröblich benachteiligend (RS0016906; insb 8 Ob 31/05z).
[31] 10. Die objektive Möglichkeit der Rechtsausübung im Hinblick auf die konkrete Forderung aus dem Abschluss des Kontokorrents bestand erstmals mit Fälligstellung des Kontokorrentkredits. Ob die Hemmung durch die Kontokorrentvereinbarung letztlich auch zu einer Hemmung der Bürgschaftsschuld führt, muss nicht beantwortet werden. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass der Bürge eine Unterbrechung der Verjährung gegen den Hauptschuldner innerhalb der 30‑jährigen Verjährungsfrist gegen sich gelten lassen muss (RS0032209). Auch die Beklagte behauptet nicht, dass die Verbindlichkeiten, aus denen sich der eingeklagte Saldo zusammensetzt, mehr als 30 Jahre vor ihrer Geltendmachung entstanden sind. Davon ist auch aufgrund des Umstands, dass das Kreditkonto 2014 einen Habensaldo in Höhe von 3.241,35 EUR auswies, nicht auszugehen.
[32] Damit stellt sich aber auch die in der Revision aufgeworfene Frage, ob eine unzulässige Verlängerung der Verjährungsfrist nach § 1502 ABGB vorliegt, nicht, hat diese ja erst mit Fälligstellung des Kontokorrentkredits zu laufen begonnen.
[33] 11. Wenn die Beklagte weiters damit argumentiert, dass aufgrund der prinzipiellen Möglichkeit der Aufkündigung des Kontokorrentverhältnisses durch die Klägerin bereits früher die Möglichkeit einer Realisation der Bürgschaft bestanden hätte, ist daraus für sie nichts zu gewinnen. Dass die Klägerin von einer theoretisch bestehenden Kündigungsmöglichkeit nämlich der, den Kontokorrentkredit aus unsachlichen Gründen zur Realisierung von Sicherheiten, die für den Kredit gestellt wurden, nicht Gebrauch gemacht hat, kann den Beginn der Verjährungsfrist nicht auslösen.
[34] 12. Die Beklagte kann sich daher auch nicht auf eine Verjährung ihrer bürgerlich‑rechtlichen Bürgschaftsverpflichtung berufen.
[35] 13. Der Revision war daher insgesamt nicht Folge zu geben.
[36] 14. Die Kostenentscheidung gründete sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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