OGH 8Ob39/09g

OGH8Ob39/09g19.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Glawischnig sowie den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Herbert G*****, vertreten durch Dr. Erich Greger und Dr. Günther Auer, Rechtsanwälte in Oberndorf, wider die beklagten Parteien 1.) Josef P*****, und 2.) Waltraud P*****, vertreten durch Dr. Harald Heinrich, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Entfernung (Streitwert 5.800 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 22. Dezember 2008, GZ 53 R 345/08d-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Oberndorf bei Salzburg vom 21. Juli 2008, GZ 2 C 59/08p-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 612,70 EUR (darin enthalten 102,12 EUR an USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu Handen ihres Vertreters zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitparteien sind Eigentümer von aneinander angrenzenden Grundstücken. Die Beklagten haben an der Grundstücksgrenze einen Maschendrahtzaun mit neun Stehern errichtet, der sich genau auf der Grundstücksgrenze befindet. Die neun Steher für den Maschendrahtzaun befinden sich aber auf Betonsockeln, die etwa 5 bis 10 cm unter der Grasnarbe liegen. Sechs davon ragen etwa 15 bis 20 cm in das Grundstück des Klägers hinein. Dieser hat auf seiner Seite des Zaunes in einer Entfernung von etwa 80 cm Sträucher gesetzt. Der Maschendrahtzaun samt Stehern und Betonsockel wurde von den Beklagten in den Jahren 1999 oder 2000 errichtet. Von den Voreigentümern des Klägers, der diese Liegenschaft erst im Jahr 2006 erworben hat, wurde dies damals geduldet. Sie waren teilweise bei der Zaunerrichtung auch anwesend. Mit einem anderen Nachbarn, der in das Grundstück des Klägers baute, hat der Kläger eine Vereinbarung für die unentgeltliche Nutzung getroffen, jedoch ist die „zwischenmenschliche Situation zwischen dem Kläger und diesem Nachbarn eine andere als jene mit den Beklagten".

Die Vorinstanzen haben übereinstimmend das Begehren des Klägers, die Beklagten schuldig zu erkennen, die Betonsockel, soweit sie sich auf dem Grundstück des Klägers befinden, durch ein konzessioniertes Unternehmen binnen 14 Tagen zu entfernen, abgewiesen. Sie haben zwar den Anspruch des Klägers als Eigentümer bejaht, jedoch den Schikaneeinwand der Beklagten als gerechtfertigt erachtet.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht deshalb als zulässig, da eine Situation, dass bei Zäunen, die unmittelbar im Grenzbereich errichtet wurden, die Fundamente auch auf das Nachbargrundstück reichen, „immer wieder vorkomme" und hiezu Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, es im klagsstattgebenden Sinne abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Die Beklagten beantragen, die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen; hilfsweise, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels Darstellung einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Die Erledigung der Revision kann sich daher auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung liegt Schikane im Sinne des § 1295 Abs 2 ABGB nicht nur dann vor, wenn die Schikaneabsicht den einzigen Grund der Rechtsausübung bildet, sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Missverhältnis besteht (RIS-Justiz RS0026265 mzwN, zuletzt etwa 5 Ob 225/08m; Mader, Neuere Judikatur zum Rechtsmissbrauch, JBl 1998, 677 ff; Karner in KBB2 § 1295 Rz 22 uva). Auch dass bei einem geringfügigen Grenzüberbau der Schikaneeinwand des Bauführers berechtigt sein kann, wenn eine Verhaltensweise des auf Entfernung klagenden Grundnachbarn vorliegt, die weit überwiegend auf eine Schädigung des Bauführers abzielt und die Wahrung und Verfolgung der sich aus der Freiheit des Eigentumsrechts ergebenden Rechte deutlich in den Hintergrund treten, wurde bereits wiederholt festgehalten (vgl RIS-Justiz RS0115858; ähnlich RS0010395 mzwN; anders bei tatsächlich substantiellen Beeinträchtigungen RIS-Justiz RS0037903 mwN).

Ob dies der Fall ist, kann jeweils nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und stellt damit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl allgemein Kodek in Rechberger ZPO3 § 502 Rz 26; RIS-Justiz RS0044088; RS0110900). Eine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigierende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts ist hier nicht ersichtlich. Konkrete Vorteile für den Kläger durch die Entfernung der ja ohnehin unter der Grasnarbe und hinter der vom Kläger selbst gepflanzten Hecke liegenden Betonfundamente wurden - auch im Rechtsmittel - in keiner Weise dargestellt. Hingegen sind die massiven Aufwendungen der Beklagten für die Entfernung der Betonsockel, deren Errichtung vom Voreigentümer des Klägers geduldet wurde, offensichtlich.

Dementsprechend war die Revision ungeachtet des vom Berufungsgericht vorgenommenen, den Obersten Gerichtshof aber nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO. Die Beklagten haben ausdrücklich auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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