European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0080OB00024.17P.1220.000
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass es einschließlich des unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Teils lautet:
I. Die Beklagte ist schuldig, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, und/oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der Klauseln:
„ 3. Die Meldung eines Gepäckschadens/‑verlustes hat gegenüber dem Abfertigungsagenten des ausführenden Luftfrachtführers am Zielflughafen unmittelbar durch Aufnahme eines Schadenprotokolls (P.I.R.) zu erfolgen. Bei Gepäckschäden/‑verlust ist jede Klage ausgeschlossen, wenn der Berechtigte nicht unverzüglich nach Entdeckung des Schadens, bei internationalen Reisen jedenfalls aber spätestens sieben Tage nach Erhalt des Gepäcks schriftlich Anzeige an den Luftfrachtführer erstattet. Das Gleiche gilt für die verspätete Auslieferung von Gepäck mit der Maßgabe, dass diese Anzeige unverzüglich, jedenfalls aber spätestens 21 Tage nach Andienung des Gepäcks zu erstatten ist. Die Anzeige bedarf der Schriftform und muss innerhalb der vorgenannten Fristen abgesandt werden.
4. Datenverwendung und Datenschutz – a***** h***** erhebt und verwendet Ihre Daten gemäß den datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu Bewerbung, Verkauf und Durchführung von Reisen. Nur soweit gesetzlich zulässig, werden Ihre Daten an Dritte übermittelt, z.B. Fluggesellschaft, Hotel, sonstige Auftragnehmer sowie Konsumentenauskunft, die zur Ermittlung Ihres wahrscheinlichen Zahlungsverhaltens ua Ihre Anschriftendaten heranzieht.
5. Soweit gesetzlich zulässig holen wir ggf eine Bonitätsauskunft ein – in Deutschland bei C ***** GmbH ***** sowie S***** AG *****, in Österreich bei D***** GmbH *****. Hierzu übermitteln wir die zu einer Bonitätsprüfung benötigten personenbezogenen Daten an die oben genannten Auskunfteien und verwenden die erhaltenen Informationen für eine abgewogene Entscheidung über die Begründung und Durchführung eines Vertragsverhältnisses.
Die Bonitätsauskunft kann Wahrscheinlichkeitswerte (Score‑Werte) beinhalten, die auf Basis wissenschaftlich anerkannter mathematisch -statistischer Verfahren berechnet werden und in deren Berechnung unter anderem Anschriftendaten einfließen. Ihre schutzwürdigen Belange werden gemäß den gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigt.
6. Es gilt deutsches Recht.
7. Gerichtsstand für Rechtsstreitigkeiten gegen a ***** h***** ist Baden‑Baden.
8. Sollte eine der vorstehenden Bestimmungen unwirksam sein oder werden, so behalten die übrigen Bedingungen gleichwohl Gültigkeit. Die Wirksamkeit des Vermittlungsvertrages als solchen bleibt unberührt “,
oder die Verwendung sinngleicher Klauseln binnen drei Monaten zu unterlassen. Die Beklagte ist weiters schuldig, es zu unterlassen, sich auf die vorstehend genannten Klauseln oder sinngleiche Klauseln zu berufen.
II. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei weiters schuldig, die Verwendung der Klauseln
„1. Wird der Hinflug nicht wahrgenommen, zieht dies regelmäßig auch eine Stornierung des Rückfluges nach sich.
2. Gleiches gilt bei Unterlassen einer von einigen Fluggesellschaften geforderten Bestätigung des Rückfluges“
zu unterlassen und es werde ihr verboten, sich auf diese Klauseln zu berufen, wird abgewiesen.
III. Dem Kläger wird die Ermächtigung erteilt, den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruchs im Umfang des Unterlassungsbegehrens und der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft einmal in einer Samstagausgabe des redaktionellen Teiles der „Kronen Zeitung“, bundesweit erscheinende Ausgabe, auf Kosten der Beklagten mit gesperrt geschriebenen Prozessparteien und in Fettdruckumrandung in Normallettern, somit in gleich großer Schrift wie der Fließtext redaktioneller Artikel, zu veröffentlichen.
IV. Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 3.491,07 EUR bestimmten Prozesskosten (darin enthalten 1.041,75 EUR Barauslagen und 408,22 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 1.107,10 EUR bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 124,07 EUR USt und 362,66 EUR Barauslagen) zu bezahlen.
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten binnen 14 Tagen 230,80 EUR an Kosten (Barauslagen) des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist ein nach § 29 KSchG klagebefugter Verein. Die Beklagte ist eine in Deutschland registrierte Gesellschaft, die das Reisevermittlungsgewerbe betreibt. Sie tritt über ihre Website laufend auch in Österreich mit Verbrauchern iSd § 1 KSchG in rechtsgeschäftlichen Kontakt und schließt mit diesen Verträge. Diesen legt sie Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zugrunde, die unter anderem die in den Entscheidungsgründen (soweit im Revisionsverfahren noch gegenständlich) wiedergegebenen Klauseln enthalten.
In der Klage wird beantragt, der Beklagten die Verwendung von insgesamt acht beanstandeten Klauseln in AGB und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern ebenso zu verbieten wie die Berufung auf diese Klauseln, da sie gegen gesetzliche Verbote und gegen die guten Sitten verstießen, weiters begehrt die Klägerin die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klagsstattgebenden Teils des Urteils in einer Samstagausgabe der Neuen Kronen Zeitung.
Die Beklagte wandte (soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung) ein, bei den strittigen Klauseln handle es sich um keine Vertragsbedingungen iSd § 28 KSchG, sondern um Äußerungen über Bedingungen Dritter, die bloß zur Information der Verbraucher dienten. Jedenfalls seien sie zulässig. Es sei deutsches materielles Recht anzuwenden.
Das Erstgericht gab der Klage hinsichtlich der Klauseln 4 bis 8 sowie der beantragten Veröffentlichung statt und wies das Mehrbegehren ab. Die Beurteilung habe nach österreichischem Recht zu erfolgen. Die Klauseln 1 bis 3, die innerhalb des Textes der AGB unter der Überschrift „Wichtige Hinweise zu Flugreisen“ zu finden seien, hätten lediglich Aufklärungs‑ und Hinweischarakter für die Kunden. Die Beklagte lege hier keine eigenen Bedingungen für eine bestimmte Flugreise zugrunde und maße sich auch eindeutig nicht an, als Reiseveranstalter statt als Vermittler aufzutreten. Eine Verantwortung für den Inhalt der AGB der betreffenden Fluggesellschaften sei ihr nicht aufzuerlegen.
Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten nicht, der Berufung des Klägers hingegen Folge und änderte die Entscheidung im zur Gänze klagsstattgebenden Sinn ab.
Bei der im Verbandsprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung sei den Klauseln 1 bis 3 auch nicht nur ein Hinweis- und Informationscharakter beizumessen. So könne die Klausel 1 dahingehend missverstanden werden, dass die Stornierung des Rückflugs stets automatisch Folge der Nichtwahrnehmung des Hinflugs sei, die Klausel 3 schließe „jede Klage“ bei Gepäckschaden bzw ‑verlust aus.
Die Klauseln 4 und 5 seien intransparent, weil Klausel 4 die Weitergabe von nicht näher definierten Kundendaten an unbekannte Dritte erlaube und in Klausel 5 unklar bleibe, in welchen Fällen von der Beklagten eine Bonitätsauskunft eingeholt werde und in welchen nicht.
Die begehrte Veröffentlichung in der auflagenstärksten Tageszeitung sei dem Informationsbedürfnis der von der Beklagten mit ihrem Angebot angesprochenen Öffentlichkeit angemessen.
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil eine große Anzahl von Kunden von den Klauseln betroffen sein könnte.
Die vom Kläger beantwortete Revision der Beklagten bekämpft die Klagsstattgebung hinsichtlich der Klauseln 1 bis 5, weiters strebt sie eine Einschränkung der Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung auf eine Samstagausgabe einer österreichischen Tageszeitung mit Ausnahme der „Neuen Kronen Zeitung“ an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen zulässig; die Auslegung der Klauseln berührt Fragen, die für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung nicht nur im Einzelfall von Bedeutung sind (RIS‑Justiz RS0121516 [T3]). Die Revision ist teilweise auch berechtigt.
I. Klauseln 1 und 2
1. Die Klauseln 1 und 2 finden sich in den AGB der Beklagten unterhalb der Kapitelüberschrift „ Wichtige Hinweise zu Flugreisen “ (Beilage ./D). Insgesamt lautet der Absatz wie folgt (Klauseln kursiv hervorgehoben):
„Bei Nichtinanspruchnahme von Flügen behalten Fluggesellschaften regelmäßig den Flugpreis in voller Höhe ein. Sind die betreffenden Flüge nicht Bestandteil einer Pauschalreise, sind nicht angefallene Steuern und Flughafengebühren jedoch vereinzelt erstattungsfähig. Die Erstattung führt ai*****.h***** gerne gegen eine Bearbeitunsgebühr von 25 EUR für Sie durch. Wird der Hinflug nicht wahrgenommen, zieht dies regelmäßig auch eine Stornierung des Rückflugs nach sich “ (Klausel 1). „ Gleiches gilt bei Unterlassen einer von einigen Fluggesellschaften geforderten Bestätigung des Rückflugs “ (Klausel 2).
2. Das Berufungsgericht beurteilte die Klauseln 1 und 2 als gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB, weil darin nicht zwischen jenen Kunden differenziert werde, die das Tarifsystem der Fluglinie bewusst umgehen wollen und solchen, bei denen das nicht der Fall ist. Die mit der Klausel 2 verbundene Erklärungsfiktion widerspreche zudem mangels Vereinbarung einer Hinweispflicht dem § 6 Abs 1 Z 2 KSchG.
3. Dieser Begründung hält die Revision entgegen, dass das Berufungsgericht den Kontext der beanstandeten Klauseln missachtet habe. Die Überschrift lasse für einen durchschnittlichen Angehörigen des angesprochenen Adressatenkreises bei gebotener objektiver Auslegung keinen Zweifel, dass nicht die Beklagte selbst diese Bedingungen vorschreibe oder vorgeben wolle, sondern es sich um eine geraffte Wiedergabe gängiger Regeln der Fluggesellschaften handle, mit dem Zweck, die Kunden darüber zu informieren und sie vor nachteiligen Überraschungen zu bewahren.
Nicht die Beklagte, sondern der Reiseveranstalter hafte für die Durchführung der vermittelten Flugreisen. Es sei auch nicht festgestellt worden, dass die Beklagte beauftragt gewesen sei oder beabsichtigt habe, stellvertretend für den Reiseveranstalter AGB zu vereinbaren, die in dessen Bereich fallen, umso mehr als dieser selbst gleichlautende eigene AGB verwende. Von welchem Eigeninteresse der Beklagten das Berufungsgericht ausgegangen sei, könne nicht nachvollzogen werden. Sie habe nur ihre Aufklärungspflichten darüber wahrgenommen, was sich auf einer Reise ereignen könnte. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts würde praktisch zu einer Haftung des Reisevermittlers für die Sphäre des Reiseveranstalters führen.
4. Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.
Gemäß § 28 Abs 1 KSchG kann auf Unterlassung geklagt werden, wer im geschäftlichen Verkehr in AGB, die er von ihm geschlossenen Verträgen zugrunde legt, oder in hiebei verwendeten Formblättern für Verträge Bedingungen vorsieht, die gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen, oder wer solche Bedingungen für den geschäftlichen Verkehr empfiehlt. Dieses Unterlassungsgebot schließt auch das Verbot ein, sich auf eine solche Bedingung zu berufen, soweit sie unzulässigerweise bereits vereinbart worden ist. Der Unterlassungsanspruch ist nicht auf die Kontrolle und Durchsetzung der Verbote des § 6 KSchG und des § 879 ABGB beschränkt, sondern umfasst auch die Verletzung weiterer zivilrechtlicher wie auch öffentlich‑rechtlicher Vorschriften (RIS‑Justiz RS0110990 [T4]).
Gegenstand einer Unterlassungsklage sind also Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss eines Vertrags stellt und die seinen Inhalt determinieren. Betrifft ein in AGB enthaltener Satz keine Vertragsbedingung, sondern nur eine Aufklärung des Verbrauchers, dann ist er grundsätzlich unbedenklich (RIS‑Justiz RS0131601 = 5 Ob 217/16x; RS0115219 [T3]).
5. Bei isolierter Betrachtung lassen die Klauseln 1 und 2 nicht erkennen, wer unter den beschriebenen Umständen die Rückflüge stornieren würde, insbesondere ob die Beklagte an einem Storno in irgendeiner Weise mitwirken würde. Die Revision weist aber mit Recht darauf hin, dass die beanstandeten Klauseln aus einem längeren, zusammenhängenden Absatz herausgegriffen sind und das Verständnis eines durchschnittlichen Adressaten, der mit dem Klauselwerk konfrontiert ist, sich in dieser Konstellation nicht nur am Wortlaut des einzelnen Satzes, sondern am Kontext des Absatzes orientiert.
Danach weist die Klausel 1 schon durch die Wiederholung des Wortes „regelmäßig“ einen eindeutigen Bezug zum Eingangssatz („Bei Nichtinanspruchnahme von Flügen behalten Fluggesellschaften regelmäßig den Flugpreis in voller Höhe ein“) auf. Im weiteren Zusammenhang mit der Überschrift, wonach es sich um „Hinweise“ handelt, ist für den Adressaten unmissverständlich erkennbar, dass es hier um eine Information über übliche Geschäftsgepflogenheiten von Fluggesellschaften geht, mit denen er bei Konsumation einer Flugreise von diesen konfrontiert werden könnte, und nicht um Bedingungen seines Vertrags mit dem Vermittler der Reise.
6. Als bloße Mitteilungen unterliegen die Klauseln 1 und 2 nicht dem Anwendungsbereich des § 28 Abs 1 KSchG. Dem Berufungsgericht kann nicht beigepflichtet werden, das die Klauseln 1 und 2 den Eindruck vermitteln würden, die Beklagte wolle sich ihren Inhalt zu eigen machen oder in Stellvertretung der vermittelten Veranstalter und Flugunternehmen zu deren Gunsten die beschriebenen Gepflogenheiten zur Vertragsbedingung erheben.
Soweit sich die Revision gegen die Klagsstattgebung in Ansehung der Klauseln 1 und 2 richtet, ist sie daher berechtigt.
II. Klausel 3
Die Klausel 3 findet sich im selben Kapitel der AGB und lautet:
„ Die Meldung eines Gepäckschadens/‑verlustes hat gegenüber dem Abfertigungsagenten des ausführenden Luftfrachtführers am Zielflughafen unmittelbar durch Aufnahme eines Schadenprotokolls (P.I.R.) zu erfolgen. Bei Gepäckschäden/‑verlust ist jede Klage ausgeschlossen, wenn der Berechtigte nicht unverzüglich nach Entdeckung des Schadens, bei internationalen Reisen jedenfalls aber spätestens sieben Tage nach Erhalt des Gepäcks schriftlich Anzeige an den Luftfrachtführer erstattet. Das Gleiche gilt für die verspätete Auslieferung von Gepäck mit der Maßgabe, dass diese Anzeige unverzüglich, jedenfalls aber spätestens 21 Tage nach Andienung des Gepäcks zu erstatten ist. Die Anzeige bedarf der Schriftform und muss innerhalb der vorgenannten Fristen abgesandt werden .“
1. Das Berufungsgericht gelangte zu dem Ergebnis, dass die Klausel 3 normativen und nicht nur mitteilenden Charakter aufweise. Sie sei intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG, weil sie die Bestimmungen des Montrealer Abkommens nur unvollständig darstelle, vor allem sei daraus nicht zu erkennen, dass die Verletzung der Anzeigepflicht bei Arglist des Luftfrachtführers nicht zum Klageausschluss führe.
2. Die Revisionswerberin macht geltend, auch die Klausel 3 habe bloß informativen Charakter, weil darin lediglich über geltendes Recht, nämlich das Montrealer Übereinkommen (MÜ zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, Abl L 194/2001, 39), informiert werde.
3. Es ist daher die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zu prüfen, das die Klausel als Vertragsbedingung beurteilt hat. Die Formulierung, bei Gepäckschaden/‑verlust sei „jede Klage ausgeschlossen (...)“, wenn der Kunde eine unverzügliche Anzeige verabsäumt habe, ist objektiv betrachtet als Haftungsausschluss zu verstehen. Ob ein Schadenersatzanspruch für Gepäckschäden gegenüber der Beklagten als Reisevermittlerin tatsächlich in Frage kommen könnte, ist für die Beurteilung, ob die Klausel als solche eine Vertragsbedingung darstellt, nicht entscheidend.
Das Transparenzgebot soll dem Kunden im Rahmen des Möglichen und Überschaubaren ermöglichen, sich aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung zu informieren, damit er nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten werden kann und ihm nicht unberechtigte Pflichten abverlangt werden. Maßstab für die Transparenz ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden. Als Einzelwirkungen des Transparenzgebots werden das Gebot der Erkennbarkeit und Verständlichkeit, das Gebot, den anderen Vertragsteil auf bestimmte Rechtsfolgen hinzuweisen, das Bestimmtheitsgebot, das Gebot der Differenzierung, das Richtigkeitsgebot und das Gebot der Vollständigkeit genannt (vgl 9 Ob 12/06y; 6 Ob 16/01y; 4 Ob 28/01y mwN; vgl auch Schmidt in BeckOK BGB 43 Stand 15. 6. 2017, § 307 Rz 43). Der typische Verbraucher soll durch eine undurchschaubare Formulierung der Geschäftsbedingungen nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten werden, ebensowenig sollen ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden. Er soll sich zuverlässig über seine Rechte und Pflichten bei der Vertragsabwicklung informieren können (RIS‑Justiz RS0115217 [T6, T8, T41]). Auch wenn das Transparenzgebot generell nicht überspannt werden darf, ist doch von einer Verletzung auszugehen, wenn eine wesentliche Information weggelassen wird und ihr Fehlen geeignet ist, beim Adressaten eine unrichtige Vorstellung von seinen Rechten zu erwecken und ihn von der Verfolgung berechtigter Ansprüche abzuhalten.
4. Nach Art 31 Abs 4 MÜ tritt der Verlust des Anspruchs auf Ersatz eines Gepäckschadens bei Versäumung der Anzeigefrist nicht ein, wenn der Luftfrachtführer arglistig gehandelt hat. Diese Einschränkung wird in der Klausel 3 dem Adressaten vorenthalten und der falsche Eindruck vermittelt, dass bei verspäteter Anzeige ausnahmslos „jede Klage“ ausgeschlossen sei.
Das Berufungsgericht hat in der Klausel 3 daher ohne Rechtsirrtum einen Verstoß gegen § 6 Abs 3 KSchG gesehen.
5. Darüber hinaus wäre ein Haftungsausschluss für grob fahrlässige und vorsätzliche Schadenszufügung nach § 6 Abs 1 Z 9 KSchG unzulässig und unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion kommt im Verfahren nach § 28 KSchG nicht in Betracht (RIS‑Justiz RS0038205 [T1]).
III. Klauseln 4 und 5
„ Datenverwendung und Datenschutz – a***** h***** erhebt und verwendet Ihre Daten gemäß den datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu Bewerbung, Verkauf und Durchführung von Reisen. Nur soweit gesetzlich zulässig, werden Ihre Daten an Dritte übermittelt, z.B. Fluggesellschaft, Hotel, sonstige Auftragnehmer sowie Konsumentenauskunft, die zur Ermittlung Ihres wahrscheinlichen Zahlungsverhaltens ua Ihre Anschriftendaten heranzieht (Klausel 4) .
Soweit gesetzlich zulässig holen wir ggf eine Bonitätsauskunft ein – in Deutschland bei C***** GmbH ***** sowie S***** AG *****, in Österreich bei D***** GmbH *****. Hierzu übermitteln wir die zu einer Bonitätsprüfung benötigten personenbezogenen Daten an die oben genannten Auskunfteien und verwenden die erhaltenen Informationen für eine abgewogene Entscheidung über die Begründung und Durchführung eines Vertragsverhältnisses. Die Bonitätsauskunft kann Wahrscheinlichkeitswerte (Score‑Werte) beinhalten, die auf Basis wissenschaftlich anerkannter mathematisch-statistischer Verfahren berechnet werden und in deren Berechnung unter anderem Anschriftendaten einfließen. Ihre schutzwürdigen Belange werden gemäß den gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigt (Klausel 5).“
1. Das Berufungsgericht hat auch die Klauseln 4 und 5 als intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG beurteilt. Für eine wirksame Zustimmung zur Verwendung nicht sensibler Daten müsse der Betroffene wissen, welche seiner Daten zu welchem Zweck verwendet werden. Dem entspreche die Klausel 4 nicht, weil sie die Dritten, an die Daten weitergegeben werden könnten, nur beispielhaft aufzähle und ihr nicht zu entnehmen sei, welche konkreten Daten weitergegeben würden.
Der Hinweis, dass einer Verwendung zur Werbung jederzeit widersprochen werden könne, sei irreführend, weil er suggeriere, dass das Gesetz in Bezug auf die Weitergabe von Daten von einer Opt-out-Regel ausgehe und sich das Widerrufsrecht überdies nur auf Werbemaßnahmen beschränken würde.
In der Klausel 5 bleibe unklar, in welchen „gegebenen“ Fällen die Beklagte eine Bonitätsauskunft einzuholen gedenke, außerdem werde auch hier verschwiegen, welche konkreten Kundendaten an die genannten Unternehmen weitergegeben würden.
2. Die Revision führt dagegen ins Treffen, die Vorinstanzen hätten die Klauseln 4 und 5 zu Unrecht nach österreichischem Recht beurteilt. Den Entscheidungen des EuGH in den Rechtssachen C‑230/14 und C‑191/15 folgend unterliege die Verarbeitung personenbezogener Daten durch ein Unternehmen nur dann dem Recht desjenigen Mitgliedstaates, auf den das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit ausrichtet, wenn es die fragliche Datenverarbeitung im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung vornimmt.
Im vorliegenden Fall lägen die Voraussetzungen für die Annahme, dass die Beklagte über eine österreichische Niederlassung verfüge, nicht vor, selbst wenn man die Kriterien dafür sehr niederschwellig ansetze. Die Beklagte habe im Inland nur ein Drittunternehmen fallweise in nicht festgestelltem Ausmaß beauftragt, Bonitätsauskünfte zu erteilen. Die Datenerfassung der Beklagten erfolge ausschließlich in Deutschland und unterliege daher deutschem Recht. Überdies habe das Berufungsgericht die in der Klausel 6 enthaltene Rechtswahlklausel nicht beachtet. Auch wenn das klagsstattgebende Ersturteil hinsichtlich der Klausel 6 unbekämpft geblieben sei, schließe dies eine gültige Rechtswahl nicht generell aus.
3. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beklagte infolge Rechtskraft der Klagsstattgebung in Bezug auf die Klausel 6 nicht mehr auf die darin getroffene Rechtswahl berufen kann. Ob eine solche Vereinbarung künftig in einer anderen Form grundsätzlich möglich und zulässig wäre, muss dahingestellt bleiben, weil es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist, theoretische rechtliche Überlegungen zu einem verfahrensfremden Sachverhalt anzustellen.
4. Die Klauseln 4 und 5 formulieren keine ausdrückliche Zustimmungserklärung des Kunden zur Datenverarbeitung, sodass allenfalls Zweifel bestehen könnten, ob ihnen überhaupt ein normativer Gehalt innewohnt. Würden die Klauseln lediglich als Beschreibung eines von der Beklagten beabsichtigten Verhaltens verstanden, wären sie der Prüfung nach § 28 KSchG entzogen.
Die Vorinstanzen sind implizit davon ausgegangen, dass der Kunde durch Akzeptieren der Klauseln 4 und 5 der Verarbeitung seiner Daten zustimmt. Dieser Beurteilung schließt sich der erkennende Senat an.
Den Klauseln 4 und 5 kommt nach der Auffassung eines durchschnittlichen Kunden nicht nur informativer Charakter zu. Die Formulierung, „ a***** h***** erhebt und verwendet Ihre Daten gemäß den datenschutzrechtlichen Bestimmungen “ bietet für den Adressaten keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte dazu noch an einer anderen Stelle um sein Einverständnis fragen würde. Aus der Beschreibung der Art der beabsichtigten Datenverwendung einschließlich ihrer angedeuteten Beschränkung („nur soweit gesetzlich zulässig“, „Ihre schutzwürdigen Belange werden gemäß den gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigt“) sowie der teilweisen Nennung bestimmter Empfänger ergibt sich der Charakter einer Zustimmungserklärung (vgl auch 2 Ob 20/15b [Klausel 17]; 6 Ob 233/15f [Klausel 10]).
5. Soweit die Revision ins Treffen führt, dass die Klausel nicht österreichischem, sondern deutschem Datenschutzrecht unterliege, weil die Beklagte über keine Niederlassung in Österreich verfüge, ist dazu festzuhalten, dass das Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG nicht an der Erlaubtheit des Inhalts der Klausel anknüpft, sondern an deren Form. Es kommt danach nicht darauf an, ob das in der Klausel geregelte Verhalten nach den geltenden Datenschutzbestimmungen an sich zulässig wäre, sondern ob die Klausel so gefasst ist, dass ihr Inhalt und ihre Tragweite für den Verbraucher „durchschaubar“ sind (RIS‑Justiz RS0122169). Dies ist hier nicht der Fall, weil angesichts der vagen und nur beispielhaften Formulierung der Klausel unklar bleibt, welchen konkreten Maßnahmen er zustimmt.
Da eine geltungserhaltende Reduktion der beanstandeten Klausel nicht möglich ist, kommt es auf die weiteren in der Revision dargelegten Überlegungen, ob die Einholung von Bonitätsauskünften im berechtigten Interesse des Unternehmers gelegen und die Vereinbarung einer entsprechenden Ermächtigung an sich zulässig wäre, nicht an.
IV. Urteilsveröffentlichung
Die Revisionswerberin erachtet den Veröffentlichungsanspruch in der von den Vorinstanzen zuerkannten Form für überschießend, weil ihre gesamte jährliche Kundenzahl nur rund 2 Promille der durchschnittlichen Leseranzahl einer Wochenendausgabe der „Kronen Zeitung“ betrage. Die Revision vertritt den Standpunkt, dass die Urteilsveröffentlichung in der Wochenendausgabe einer nur durchschnittlich verbreiteten und deutlich kostengünstigeren Tageszeitung der geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Beklagten immer noch mehr als gerecht würde.
Diesen Ausführungen kann nicht beigepflichtet werden. Die Urteilsveröffentlichung hat den Zweck, die potentiell beteiligten Verkehrskreise über die Rechtsverletzung aufzuklären und ihnen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RIS‑Justiz RS0121963 [T2]). In der Regel ist die Urteilsveröffentlichung in einem solchen Umfang zuzusprechen, dass die Verkehrskreise, denen gegenüber die Rechtsverletzung wirksam geworden ist, über den wahren Sachverhalt bzw den Gesetzesverstoß aufgeklärt werden (RIS‑Justiz RS0121963 [T9]).
Art und Umfang der Veröffentlichung müssen nach ständiger Rechtsprechung in angemessenem Verhältnis zur Wirkung eines Wettbewerbsverstoßes stehen (RIS‑Justiz RS0079737 [T4]). Dieser Grundsatz kann auf Urteilsveröffentlichungen in einem Klauselprozess übertragen werden, zumal § 30 Abs 1 KSchG unter anderem auf § 25 Abs 3 bis 7 UWG verweist.
Unter diesen Gesichtspunkten ist hier die Veröffentlichung in der Wochenendausgabe der auflagenstärksten österreichischen Tageszeitung, die der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in durchaus vergleichbaren Fällen entspricht (ua 5 Ob 118/13h; 4 Ob 117/14f; 2 Ob 198/10x; 6 Ob 169/15v) nicht überschießend. Auch wenn die Beklagte in Österreich bisher noch wenige Kunden gewinnen konnte, schließt dies nicht zwingend ein Bedürfnis nach einer allgemeinen Aufklärung des Publikums mithilfe einer auflagenstarken Tageszeitung aus. Der potentiell von den Klauseln betroffene Personenkreis reicht nämlich bei weitem über die bereits gewonnenen Kunden hinaus, weil sich der Webauftritt der Beklagten grundsätzlich an jeden an einer Reisebuchung interessierten Internetnutzer richtet und ihr Angebot jederzeit von jedermann abgerufen werden kann.
V. Insgesamt war der Revision der beklagten Partei daher spruchgemäß teilweise Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 und 50 ZPO. Der Kläger ist mit drei Vierteln seines ursprünglichen Begehrens durchgedrungen und hat Anspruch auf Ersatz der Hälfte seiner Kosten und 75 % der Pauschalgebühr erster Instanz.
Im Berufungsverfahren, in dem der Kläger die Klagsabweisung der bezüglich der Klauseln 1 bis 3 bekämpft hat, ist er letztlich mit 1/3 durchgedrungen, sodass ihm Barauslagenersatz in diesem Bruchteil zuzuerkennen ist und er der Beklagten 1/3 der Kosten ihrer Berufungsbeantwortung zu ersetzen hat. Die Berufung der Beklagten, die sich auf die Klauseln 4 und 5 bezogen hatte, blieb endgültig erfolglos, sodass es beim Kostenzuspruch für die Berufungsbeantwortung bleibt.
Im Revisionsverfahren ist die Beklagte mit der Anfechtung von zwei von fünf Klauseln durchgedrungen; sie hat Anspruch auf Ersatz der Pauschalgebühr zu 2/5 und ist zum Kostenersatz für die Revisionsbeantwortung im Ausmaß von 1/5 zu verpflichten.
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