Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, anstelle des Arbeits- und Sozialgerichts Wien das Landesgericht Steyr als Arbeits- und Sozialgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache AZ ***** zu bestimmen, wird abgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger begehrt mit seiner beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage Insolvenzentgelt, das von der Beklagten mit Bescheid abgelehnt worden war. Bereits in der Klage beantragte er die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Steyr als Arbeits- und Sozialgericht. Sowohl er als auch die beiden von ihm beantragten Zeugen, möglicherweise auch weitere Zeugen, hätten in Steyr oder in der Nähe dieser Stadt ihren Wohnsitz.
Die Beklagte sprach sich in ihrer Klagebeantwortung gegen die vom Kläger begehrte Delegierung aus. Diese sei nicht im Interesse beider Parteien gelegen, weil sowohl die Beklagte als auch die als Zeugin beantragte Masseverwalterin ihren Sitz in Wien hätten. Die Kostenersatzpflicht für die Zeugengebühren treffe gemäß § 77 Abs 1 Z 1 ASGG ohnedies die Beklagte.
Das Arbeits- und Sozialgericht Wien legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Delegierungsantrag vor. In seiner Stellungnahme vom 30. 3. 2011 sprach es sich gegen die beantragte Delegierung aus.
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen sind dem Obersten Gerichtshof vorbehalten (§ 31 Abs 2 JN). Die Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zur Erleichterung des Gerichtszugangs und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreits beitragen kann (RIS-Justiz RS0053169; RS0046333). Dabei ist zu beachten, dass die Delegierung der Ausnahmefall ist und nicht durch eine allzu großzügige Handhabung zu einer faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen darf. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zugunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589; RS0046324; RS0046455).
Der Kläger hat zwei Zeugen mit Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Steyr angeboten. Demgegenüber hat die von der Beklagten als Zeugin angebotene Masseverwalterin ihren Kanzleisitz in Wien. Für die Annahme einer Verkürzung des Prozesses oder einer Verbilligung des Rechtsstreits im Fall der Delegierung bestehen keine eindeutig überwiegenden Gründe. Dem Kläger sowie auch den beiden von ihm angebotenen Zeugen ist auch mit Rücksicht auf den Zeitaufwand eine Anreise nach Wien ohne weiteres zumutbar. Aufgrund der Kostentragungspflicht der Beklagten ist das Erscheinen vor dem angerufenen Gericht für sie zudem mit keiner Kostenbelastung verbunden. Zweckmäßigkeitserwägungen, die eindeutig im Sinn aller Verfahrensbeteiligter für die vom Kläger beantragte Delegierung sprechen würden, liegen nicht vor. Der Delegierungsantrag war daher abzuweisen.
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