OGH 7Ob226/14g

OGH7Ob226/14g2.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, die Hofrätin Mag. Malesich und den Hofrat Mag. Painsi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** P*****, vertreten durch Mag. Jürgen M. Krauskopf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei P***** S*****, vertreten durch Mag. Sylvia Unger, Rechtsanwältin in Wien, wegen 40.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Oktober 2014, GZ 4 R 37/14m-51, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Handelsgericht vom 11. Dezember 2013, GZ 2 Cg 132/11d‑45, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00226.14G.0902.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts

wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.737,86 EUR (darin 456,31 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 4.695,54 EUR (darin 328,59 EUR Umsatzsteuer und 2.724 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger und der Beklagte standen seit mehreren Jahren in einer Geschäftsbeziehung, die hauptsächlich darin bestand, dass der Beklagte für den Kläger als Versicherungsmakler und -betreuer tätig war. Der Beklagte war aber auch als Finanzdienstleistungsassistent der C***** GmbH (im Folgenden kurz: C***** GmbH) tätig und vermittelte dem Kläger in dieser Eigenschaft im Jahr 2007 Unternehmensanleihen der G***** AG („G***** Bonds“). Über das Vermögen der G***** AG wurde mit Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 6. März 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Nachdem der Kläger über Empfehlung des Beklagten im Jahr 2007 50.000 EUR in einjährige G***** Bonds investiert hatte, teilte die G***** AG mit Schreiben vom 2. 9. 2008 mit, dass die Rendite 3,97 % betrage, somit 1.985 EUR an Zinsen abgereift seien. Aufgrund dessen führten der Beklagte und der Kläger ein Telefonat, um die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Der Beklagte sagte dem Kläger, dass derzeit nicht der gesamte Betrag auf einmal überwiesen werden könne. Dem Kläger war dies nicht weiter wichtig, weil er vorerst ohnehin nur etwa 11.000 EUR benötigte. Er teilte dem Beklagten auch mit, dass er zunächst diesen Betrag auf sein Girokonto bei der Bank Austria überwiesen haben möchte, über den Rest (40.000 EUR) aber spätestens zu Weihnachten 2008 verfügen möchte. Es wurde im Rahmen dieses Telefonats ebenfalls über eine mögliche erneute einjährige Investition in G***** Bonds gesprochen. Der Ausgang des Gesprächs zu diesem Punkt konnte aber nicht festgestellt werden.

In der Folge fertigte der Beklagte den auf den Kläger lautenden Folgeauftrag über das Investment in G***** Bonds im Wert von 40.000 EUR mit einer Laufzeit von einem weiteren Jahr unter der Rubrik „1. Käufer“ mit einer Unterschrift, die der Unterschrift auf einer mit 5. 8. 2008 datierten Vollmachtsurkunde zumindest stark ähnelt. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Beklagte dabei die Unterschrift des Klägers nachahmen wollte, oder ob es sich dabei um die übliche Paraphe des Beklagten handeln sollte.

Der Kläger erhielt zwar das Zertifikat vom 26. 9. 2008 über die Folgeveranlagung; es konnte aber nicht festgestellt werden, wann er es erhielt, und wann er dieses Schriftstück erstmals aufmerksam las.

Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung eines Betrags von 40.000 EUR sA. Der Kläger habe im Jahr 2007 über Vermittlung des Beklagten 50.000 EUR in G***** Bonds investiert. Nach dem Ende der Laufzeit habe der Beklagte dem Kläger nur einen Teil des Veranlagungserlöses in Höhe von 11.330,13 EUR auf sein Girokonto überwiesen. Die restlichen 40.000 EUR habe der Beklagte einbehalten und für den Kläger ‑ entgegen seinem Willen und ohne sein Wissen ‑ wiederum in G***** Bonds investiert. Da in der Insolvenz der G***** AG mit Masselosigkeit zu rechnen sei und das als Eigenkapitalzufluss zu qualifizierende Investment eine nachrangige Forderung darstelle, sei der Kläger in der Höhe des gesamten veranlagten Betrags geschädigt.

Der Beklagte wandte ein, dass ihn der Kläger beauftragt habe, 40.000 EUR für ein weiteres Jahr in dieselbe Veranlagung zu investieren und ‑ aus Zeitgründen ‑ den Folgeauftrag für den Kläger zu zeichnen. Trotz Übermittlung sowohl einer Kopie des Folgeauftrags als auch des Original-Zertifikats an den Kläger habe dieser keine Einwände gegen die Wiederveranlagung erhoben, dies aus dem einfachen Grund, weil die Anlage mit seiner ausdrücklichen Zustimmung und auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin erfolgt sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es traf dabei über den schon eingangs dargestellten Sachverhalt hinaus Feststellungen zum Verlauf und Ergebnis eines vom Kläger gegen die C***** GmbH angestrengten Schadenersatzprozesses. In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass die Feststellungen aus diesem Vorprozess gegen die C***** GmbH keine Bindungswirkung entfalten würden. Dem Kläger sei zwar nicht der Beweis gelungen, dass der Beklagte entgegen seinem ausdrücklich erklärten Willen gehandelt habe, jedoch verbleibe hinsichtlich der Beauftragung zur Wiederveranlagung ein beweisloser Zustand. Die Beweislast, dass sein schädigendes Handeln vom Auftrag des Klägers gedeckt gewesen sei, obliege dem Beklagten. Der Beklagte habe durch sein Handeln dem Kläger einen Schaden zugefügt, dessen Höhe der Beklagte nie bestritten habe, und er hafte diesem daher gemäß §§ 1009, 1012 ABGB per analogiam und/oder aufgrund des daraus resultierenden deliktischen Handelns.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren in Abänderung des angefochtenen Urteils ab. Das Erstgericht habe die Bindungswirkung der Feststellungen im Vorprozess zutreffend verneint. Auszugehen sei davon, dass dem Kläger eine „Verständigung des Beklagten, auftragsgemäß den Betrag von € 40.000,‑ ‑ neuerlich veranlagt zu haben,“ zugekommen sei. Der Kläger habe den Erhalt dieser Verständigung nie bestritten. Die gegenteiligen Ausführungen des Erstgerichts in seiner Beweiswürdigung seien ‑ sollten sie überhaupt als dislozierte Feststellungen gewertet werden können ‑ als überschießend unbeachtlich. Unter diesen Umständen habe den Kläger aber die Pflicht getroffen, sich gegen die ihm vom Beklagten berichtete Wiederveranlagung zu wehren, sei er doch mit diesem in einer Geschäftsbeziehung gestanden. Aufgrund der Negativfeststellung zum Ausgang des Telefonats vom 5. 9. 2008 sei ein doloses Verhalten des Beklagten nicht erwiesen. Dieser habe daher das Schweigen des Klägers nur so deuten können, dass sein Verhalten auftragskonform gewesen sei. Es wäre also am Kläger gelegen gewesen, in einem solchen Fall der neuerlichen Veranlagung zu widersprechen. Da er dies nicht getan habe, gelte sein Schweigen ausnahmsweise als Zustimmung, sodass er aus der Weiterveranlagung keine Ansprüche gegen den Beklagten ableiten könne.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt deren Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des der Klage stattgebenden Urteils des Erstgerichts. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag.

In der ihm vom Obersten Gerichtshof

freigestellten Beantwortung der Revision beantragte der Beklagte, die Revision zurück-, hilfsweise abzuweisen.

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Revisionswerber macht als schwerwiegenden Mangel des Berufungsverfahrens geltend, dass das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung in einer für seine weiteren Überlegungen zentralen Frage einen urteilsfremden Sachverhalt zugrunde gelegt habe. Indem es davon ausgehe, dass dem Kläger die Verständigung des Beklagten, auftragsgemäß den Betrag von 40.000 EUR neuerlich veranlagt zu haben, zugekommen sei, weiche es von den vom Erstgericht festgestellten Tatsachen ab.

2. Das Erstgericht nahm zu der vom Berufungsgericht angesprochenen Verständigung, einem mit 5. 9. 2008 datierten Schreiben des Beklagten (Beilage ./10), (nur) im Rahmen seiner Beweiswürdigung Stellung. Es führte aus, dass ‑ aus einzeln dargelegten Gründen ‑ der Verdacht nahe liege, dass dieses Schreiben zu einem späteren Zeitpunkt konstruiert worden sein könnte. Dieses Schreiben habe wenig Aussagekraft, auch weil es keinen Hinweis darauf gebe, dass es dem Kläger tatsächlich zugekommen sei. Das Berufungsgericht, für dessen rechtliche Beurteilung der Zugang dieses Schreibens von entscheidender Bedeutung ist, bezweifelt zunächst den Feststellungscharakter dieser Aussage. Aber selbst wenn diese als dislozierte Negativfeststellung über den Zugang des Schreibens des Beklagten vom 5. 9. 2008 zu werten wäre, sei sie überschießend und unbeachtlich, weil sie in den Prozessbehauptungen des Klägers keinerlei Deckung finde.

3. Das Gericht darf die bei seiner Beweisaufnahme hervorkommenden Umstände nur insoweit berücksichtigen, als sie im Parteivorbringen Deckung finden. Die Berücksichtigung „überschießender“ Feststellungen ist also unzulässig, wenn sie sich nicht im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes oder der erhobenen Einwendungen halten (RIS‑Justiz RS0040318; RS0036933 [T6]; RS0037972 [T9, T13, T14]).Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts finden Feststellungen zur Tatsachenfrage des Zugangs des mit 5. 9. 2008 datierten Schreibens des Beklagten (Beilage ./10) hier im Parteivorbringen sehr wohl Deckung. Die Behauptungs- und Beweislast für die ‑ vom Berufungsgericht bejahte ‑ stillschweigende nachträgliche Zustimmung trifft schon nach allgemeinen Grundsätzen den Beklagten (vgl 2 Ob 207/12y). Wer sich darauf beruft, dass ein Recht nicht wirksam geworden oder beseitigt worden sei, muss die rechtshemmenden und rechtsvernichtenden Tatsachen beweisen (RIS-Justiz RS0037797 [T10]).

In diesem Sinne hat der Beklagte im Verfahren vor dem Erstgericht wiederholt behauptet, dass der Kläger sowohl das ‑ verkürzt als „Kopie des Folgeauftrages“ bezeichnete und als Beilage ./10 vorgelegte ‑ Schreiben vom 5. 9. 2008 als auch das Original-Zertifikat der G***** AG für die von ihm gezeichneten G***** Bonds erhalten und deshalb bei keinem dieser Dokumente Einwände erhoben habe, weil die dadurch dokumentierte Veranlagung mit seiner ausdrücklichen Zustimmung und auf seinen ausdrücklichen Wunsch erfolgt sei. Der Kläger wiederum hat nicht nur pauschal das gesamte Vorbringen des Beklagten als unrichtig bestritten, er hat auch konkret vorgebracht, dass er von der Wiederveranlagung erst im Dezember 2008 erfahren habe, er nicht mehr mit Sicherheit nachvollziehen könne, ob bzw wann er im weiteren Verlauf eine Kopie dieses Folgeauftrags sowie das Original des „G***** Bonds“-Zertifikats erhalten habe, diese Fragen jedoch unerheblich seien, weil ein entsprechender Zugang nur für den Beginn der Verjährungsfrist relevant sein könnte und/oder weil der Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits ‑ weisungswidrig und eigenmächtig ‑ die Folgeveranlagung bewirkt gehabt habe, die nicht mehr rückgängig zu machen gewesen sei.

4. Vor diesem Hintergrund kommt den Ausführungen des Erstgerichts in seiner Beweiswürdigung, wonach es keinen Hinweis darauf gebe, dass die Verständigung mit Schreiben vom 5. 9. 2008 dem Kläger tatsächlich zugekommen sei, nicht nur erkennbar Feststellungscharakter zu. Diese ‑ dislozierte ‑ Negativfeststellung zum Zugang des Schreibens ist auch vom Parteivorbringen gedeckt, nicht überschießend und daher beachtlich.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat der Kläger den Zugang des Schreibens vom 5. 9. 2008 auch nicht im Sinne des § 267 ZPO schlüssig zugestanden. Das ist hier insofern von entscheidender Bedeutung, als der Widerspruch zwischen einem Geständnis und der gegenteiligen Überzeugung des Gerichts zwar grundsätzlich durch den Vorrang der vom Gericht getroffenen Feststellung aufgelöst wird (vgl RIS‑Justiz RS0039949). Bei einer bloßen Negativfeststellung läge aber kein solcher Widerspruch vor. Dass das Gericht von der Richtigkeit der Tatsachenbehauptungen einer Partei nicht überzeugt ist, schließt ja nicht aus, dass die Gegenpartei die Richtigkeit dieser Behauptung zugesteht. In diesem Fall hätte das Geständnis aufgrund der Dispositionsmaxime Vorrang (17 Ob 19/11k). Die vom Erstgericht getroffene Negativfeststellung wäre daher bei Vorliegen eines Geständnisses unbeachtlich.

Ob tatsächliche Behauptungen einer Partei als zugestanden anzusehen sind, hat das Gericht unter sorgfältiger Berücksichtigung des gesamten Inhalts des gegnerischen Vorbringens nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen (RIS-Justiz RS0039927 [T9, T10]; RS0040078 [T3, T4]; RS0040091; RS0040146 [T2]). Nach dem dargestellten Vorbringen der Parteien kann von einem schlüssigen Tatsachengeständnis im Sinne des § 267 ZPO keine Rede sein. Der Kläger hat vielmehr den Zugang des Schreibens vom 5. 9. 2008 (Beilage ./10) ganz konkret bestritten.

5. Werden der Entscheidung unzulässige überschießende Feststellungen zugrunde gelegt, so wird damit nicht gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, sondern die Sache wird rechtlich unrichtig beurteilt (RIS-Justiz RS0040318 [T2]; RS0036933 [T10, T11, T12]; RS0037972 [T11]; RS0112213 [T1, T4]). Gleiches hat auch im umgekehrten Fall zu gelten, wenn Feststellungen als „überschießend“ qualifiziert und daher nicht berücksichtigt werden, obwohl sie sich ‑ wie hier ‑ im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes oder der erhobenen Einwendungen halten.

Die Frage wiederum, ob § 267 ZPO zutreffend angewendet wurde oder nicht, nämlich ob ein schlüssiges Tatsachengeständnis vorlag oder nicht, ist eine Verfahrensfrage (RIS-Justiz RS0040078; RS0040119); diese ist vom Obersten Gerichtshof insbesondere in dem Fall überprüfbar, dass erstmals das Gericht zweiter Instanz ein schlüssiges Zugeständnis annahm (RIS-Justiz RS0040078 [T7]).

Das Berufungsgericht ist hier demnach schon in unrichtiger Anwendung der Verfahrensvorschrift des § 267 ZPO zu Unrecht davon ausgegangen, dem Kläger sei die Verständigung des Beklagten, auftragsgemäß den Betrag von 40.000 EUR neuerlich veranlagt zu haben (Beilage ./10), zugekommen. Als Konsequenz dessen hat es die Sache schließlich auch rechtlich unrichtig beurteilt. Die vom Berufungsgericht angenommene Obliegenheit des Klägers, der neuerlichen Veranlagung zu widersprechen, lässt sich aus den vom Erstgericht zulässig getroffenen Feststellungen nämlich nicht ableiten. Damit ist dessen Schweigen aber auch nicht als nachträgliche Genehmigung der Folgeveranlagung zu werten.

6. Eine Obliegenheit des Klägers, der neuerlichen Veranlagung zu widersprechen, ergibt sich auf Basis des vom Erstgericht festgestellten Sachverhalts auch nicht aus der Tatsache der Übermittlung des Zertifikats der G***** AG allein, weil nicht feststeht, zu welchem Zeitpunkt der Kläger dieses erhalten hat. Allerdings hat der Beklagte die Negativfeststellung dazu in seiner Beweisrüge bekämpft. Das Berufungsgericht hat - ausgehend von seiner unzutreffenden Rechtsansicht ‑ die Relevanz dieser Negativfeststellung verneint und sich mit der Beweisrüge dazu nicht auseinander gesetzt. Dennoch bedarf es hier zur abschließenden Beurteilung der Sache nicht der Aufhebung in die zweite Instanz. Auch im Fall des unterstellten Erfolgs dieser inhaltlich bisher nicht geprüften Beweisrüge wäre nämlich das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.

Der Beklagte begehrt anstelle der bekämpften Negativfeststellung die Ersatzfeststellung, dass die G***** AG dem Kläger (die „Mitteilung vom 30. September 2012“ und) das Zertifikat für die G***** Bonds „spätestens Anfang Oktober 2008“ übermittelt habe. Allein aus dem Erhalt dieses Zertifikats und der nachfolgenden Untätigkeit des Klägers ließe sich, auch wenn daraus die Tatsache der Folgeveranlagung hervorgegangen sein mag, eine den Ansprüchen des Klägers aus dem auftragslosen Handeln des Beklagten entgegenstehende stillschweigende Genehmigung der Veranlagung nicht ableiten. Mangels Relevanz der im Berufungsverfahren offen gebliebenen Tatsachenfragen ist daher die Enderledigung durch Entscheidung in der Sache möglich.

7. Ausgangspunkt der Überlegungen dazu hat das Wesen der hier zu beurteilenden nachträglichen Genehmigung des Handelns des Beklagten zu sein. Die Streitteile standen jedenfalls in Bezug auf den Erwerb der Unternehmensanteile im Jahre 2007 in einem Auftrags- und Vollmachtsverhältnis, zu dessen Gegenstand auch die Verfügung über den Veranlagungserlös zählte. Der Beklagte konnte einen Wiederveranlagungsauftrag des Klägers nicht beweisen.

Bei einer Vollmachtsüberschreitung begründet im Innenverhältnis die Schadenshaftung gemäß § 1009 ABGB, eine normale Verschuldenshaftung mit den für die Schädigung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses geltenden Beweislastregeln (Strasser in Rummel³, § 1017 Rz 8). Von der Vollmachtsüberschreitung ist der Vollmachtsmissbrauch zu unterscheiden, der wegen der rechtlichen Trennung der Vertretungsmacht vom Innenverhältnis dann eintritt, wenn der Machthaber zwar mit ausreichender Vertretungsmacht handelt, die Vornahme des konkreten Rechtsgeschäfts jedoch im Innenverhältnis ‑ wie hier mangels Deckung durch einen Auftrag ‑ pflichtwidrig ist (RIS‑Justiz RS0125397; Perner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.01 § 1016 Rz 5). Im Fall eines solchen Vollmachtsmissbrauchs gelten im Verhältnis Vertreter und Geschäftsherr die Haftungsgrundsätze des § 1012 ABGB. Die nachträgliche Genehmigung des Geschäfts im Sinne des § 1016ABGB bezieht sich nur auf das Außenverhältnis, also die Wirksamkeit des (genehmigten) Geschäfts im Verhältnis zwischen dem Dritten und dem (vollmachtslos) Vertretenen (P. Bydlinski in KBB4, § 1016 Rz 1; Apathy in Schwimann 4 § 1016 Rz 1; Strasser in Rummel³, § 1017 Rz 1). Diese Genehmigung bedeutet für sich nicht, dass der Vertretene mit der Ausführung des Geschäfts durch den Gewalthaber einverstanden ist und auf die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen verzichtet (Apathy in Schwimann 4 § 1016 Rz 2; Strasser in Rummel³, § 1017 Rz 1; RIS‑Justiz RS0025435). Eine vom Geschäftsherrn gemäß § 1016ABGB vorgenommene Sanierung der Vollmachtsüberschreitung oder des vollmachtlosen Handelns kann zwar unter Umständen auch Bedeutung für die Rechtslage im Innenverhältnis haben, die Wirksamkeit des Geschäfts im Außenverhältnis bedeutet aber keineswegs automatisch den Wegfall der Rechtswidrigkeit des Vertreterverhaltens. Diese Frage bedarf stets einer sorgfältigen Prüfung im Einzelfall (Strasser in Rummel³, § 1017 Rz 1).

8. Für die Schlüssigkeit eines Verhaltens im Hinblick auf einen damit erklärten rechtsgeschäftlichen Willen legt § 863 ABGB grundsätzlich einen strengen Maßstab an (RIS-Justiz RS0014146, RS0014157). Schon die nachträgliche Zurechnung vollmachtlosen Handelns im Falle schlüssiger Genehmigung nach § 1016 ABGB setzt voraus, dass entweder der Vertreter oder der Dritte nach den Umständen des Falls darauf vertrauen durfte und auch darauf vertraut hat, der vollmachtlos Vertretene wolle ihm gegenüber zum Ausdruck bringen, dass er mit dem ohne Vollmacht abgeschlossenen Geschäft einverstanden ist. Es durfte für den Vertreter oder den Dritten kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig sein, dass der unwirksam Vertretene ihm gegenüber einen solchen Willen äußern wollte (RIS-Justiz RS0014374). Bei der Beurteilung der Frage, ob ‑ darüber hinaus ‑ auch im Innenverhältnis auf allfällige Ersatzansprüche stillschweigend verzichtet wurde, ist noch größere Vorsicht geboten. Ein Verzicht darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist (RIS‑Justiz RS0014190; RS0014420). Die bloße Untätigkeit des Berechtigten auch durch einen längeren Zeitraum ist für sich allein noch kein Grund, Verzicht anzunehmen (RIS‑Justiz RS0014190; RS0014420), insbesondere ist die Unterlassung der Geltendmachung eines Rechts über längere Zeit hindurch für sich allein nicht geeignet, einen Anspruchsverlust im Sinne des § 863 ABGB zu bewirken (vgl RIS-Justiz RS0014186). Schweigen allein hat nämlich grundsätzlich keinen Erklärungswert (RIS-Justiz RS0014124; RS0047273). Stillschweigen bedeutet nur dort Zustimmung, wo Gesetz, Verkehrssitte oder Treu und Glauben eine Pflicht zum Handeln auferlegen (RIS-Justiz RS0014122) oder wo der nicht Zustimmende nach Treu und Glauben oder nach der Verkehrssitte hätte reden oder antworten müssen (RIS-Justiz RS0013958; RS0016507; RS0062161 [T1]; zu § 1016 ABGB: RS0014147).

9. Bloßes Stillschweigen kann also nur unter besonderen Umständen die Bedeutung einer Zustimmung gewinnen. Entscheidend ist, dass der Erklärungsempfänger dem Schweigen seines Partners schlechterdings keine andere Bedeutung als jene der Zustimmung beilegen kann (RIS-Justiz RS0014126; RS0014122 [T1, T2]; RS0013958 [T14]; RS0013991). Davon kann im vorliegenden Fall allerdings keine Rede sein. Insbesondere kann aus der Tatsache allein, dass zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Geschäftsverbindung bestand, keine Auftragsgenehmigung durch Stillschweigen hergeleitet werden. Erforderlich wäre vielmehr, dass das Schweigen durch die bisherigen Gepflogenheiten der Partner im Rahmen einer Geschäftsverbindung in diesem Sinn geprägt worden wäre und sich die nachträgliche Genehmigung von Handlungen des Machthabers durch Stillschweigen eingespielt hätte (vgl RIS‑Justiz RS0062161). Das wurde für die Geschäftsbeziehung der Streitteile, die hauptsächlich darin bestand, dass der Beklagte für den Kläger als Versicherungsmakler und -betreuer tätig war, weder behauptet, noch gibt es Anhaltspunkte hierfür. Dazu kommt, dass der Kläger dem Beklagten nach dem festgestellten Sachverhalt in dem Telefonat, das der Folgeveranlagung unmittelbar vorausgegangen ist, ausdrücklich mitgeteilt hat, dass er über die 40.000 EUR spätestens zu Weihnachten 2008 verfügen möchte, und ein gegenteiliges Ergebnis des Gesprächs über eine mögliche erneute einjährige Investition in G***** Bonds nicht festgestellt werden konnte.

10. Die Entscheidung über die Verpflichtung des Beklagten zum Ersatz der Kosten sowohl des Berufungsverfahrens als auch des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Bei der Bestimmung der Höhe des jeweiligen Kostenersatzes war von den Kostenverzeichnissen geringfügig abzuweichen, weil der Ansatz für die Berufungsbeantwortung um 0,40 EUR zu hoch verzeichnet wurde und der ERV-Zuschlag nach § 23a RATG für die Revision nur 1,80 EUR beträgt.

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