OGH 7Ob211/02h

OGH7Ob211/02h9.10.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj Michael B*****, in Obsorge der Mutter Eva B*****, über den Revisionsrekurs des Vaters Harald B***** , vertreten durch Dr. Ingrid Herzog-Müller, Rechtsanwältin in Bruck an der Leitha, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. Juli 2002, GZ 44 R 322/02g-48, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 14. Mai 2002, GZ 1 P 2409/95t-44, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Vater wurde zuletzt ab 1. 6. 2001 zu einer monatlichen Unterhaltsleistung für seinen mj Sohn Michael von S 9.150,-- (EUR 664,96) verpflichtet, wobei dieser Unterhaltsfestsetzung ein monatliches Nettoeinkommen (inklusive anteiliger Sonderzahlungen) von rund S 41.500,-- (EUR 3.015,92) zugrundelag. Am 27. 11. 2001 beantragt der Vater, seine Unterhaltsverpflichtung ab 1. 10. 2001 auf monatlich S 7.700,-- (EUR 559,58) herabzusetzen, weil er, nachdem er von seinem Dienstgeber gekündigt worden sei, an seinem neuen Arbeitsplatz nur mehr ein monatliches Nettoeinkommen von S 29.490,-- erziele.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Der Vater verdiene derzeit monatlich rund S 36.000,-- (EUR 2.613,--) netto inklusive der anteiligen Sonderzahlungen. Anlässlich der Kündigung seines (bisherigen) Dienstverhältnisses habe er eine gesetzliche Abfertigung von rund S 200.000,-- netto erhalten. Diese sei nach stRsp heranzuziehen, um das aktuelle Einkommen der seinerzeitigen Bemessungsgrundlage anzugleichen. Die Einkommensdifferenz von monatlich ca S 5.500,-- sei daher aus der Abfertigung auszugleichen, was drei Jahre lang möglich sei; erst dann könne der Vater eine Unterhaltsherabsetzung begehren.

Das Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Nach der Aktenlage habe der Vater anlässlich der Beendigung seines (bisherigen) Arbeitsverhältnisses durch Dienstgeberkündigung eine Abfertigung von S 199.836,-- netto erhalten, die drei Monatsbezügen entspreche. Sein neues Dienstverhältnis, aus dem er monatlich rund S 36.000,-- netto beziehe, habe er am 20. 8. 2001 angetreten. Somit habe er einen Zeitraum der Arbeitslosigkeit von weniger als zwei Monaten zu überbrücken gehabt. Damit dem mj Kind ein angemessener Anteil an der Abfertigung zukomme, sei deren nicht zu Überbrückungszwecken verbrauchte Teil derart anzurechnen, dass möglichst lange das bisherige Lebensniveau (Unterhaltsbemessungsgrundlage) erhalten bleibe. Gehe man davon aus, dass der Vater vom 1. 7. 2001 bis 19. 8. 2001 einkommenslos war, so sei im Juli 2001 ein Abfertigungsteilbetrag von S 41.500,-- und im August 2001 ein Teilbetrag von rund S 30.000,-- anzurechnen, um dem Vater selbst das bisherige Niveau seiner Lebensführung und die Weiterzahlung des bisherigen Unterhaltes zu ermöglichen. Somit verbleibe ein restlicher Abfertigungsbetrag von rund S 128.500,--, der ab dem 1. 9. 2000 auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen sei. Der Vater sei damit in der Lage, die Differenz zwischen dem vormaligen und nunmehrigen monatlichen Einkommen von monatlich S 5.500,-- 23 Monate lang auszugleichen. Damit wäre der Unterhalt in der bisherigen Höhe zu leisten.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da im Hinblick auf die divergierende höchstgerichtliche Judikatur zur Aufteilung einer Abfertigung bei der Unterhaltsbemessung eine Rechtsfrage von wesentlicher Bedeutung iSd § 14 Abs 1 AußStrG vorliege.

Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Vater, der unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache durch die Vorinstanzen geltend macht, dass seinem Rekurs Folge gegeben (also seinem Herabsetzungsbegehren stattgegeben) werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 16 Abs 3 AußStrG) mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig.

Die vom Rekursgericht behauptete (und auch in den Entscheidungen 7 Ob 550/93 und 3 Ob 308/98k konstatierte) Rechtsprechungsdivergenz liegt, wie der Oberste Gerichtshof zuletzt bereits wiederholt (1 Ob 21/98i, EvBl 1998/109; 7 Ob 232/01w) betont hat, in Wahrheit nicht vor bzw ist nur eine scheinbare:

Nach einhelliger Judikatur kommt es für die Einbeziehung einer Abfertigung in die Unterhaltsbemessungsgrundlage auf die jeweiligen Umstände des konkreten Falles an (RIS-Justiz RS0009667 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen, zuletzt etwa 6 Ob 229/01x; 3 Ob 97/01p; 3 Ob 279/01b). Eine Aufteilung des Gesamtbetrages auf jenen Zeitraum, der den in der Abfertigung enthaltenen Monatsentgelten entspricht, kann ebenso gerechtfertigt sein, wie eine Zuschussrechnung zur Erhaltung des früheren monatlichen Durchschnittseinkommens (vgl etwa 3 Ob 308/98k; 6 Ob 229/01x; RIS-Justiz RS0047425) oder schlechthin die Verteilung auf ein Jahr (vgl 1 Ob 683/90; 5 Ob 512/94; 5 Ob 125/01w) oder auf einen sonstigen längeren Zeitraum (vgl etwa 7 Ob 550/93, EFSlg 71.072 = ÖA 1994, 67/U 92 und 6 Ob 282/97g, EFSlg 83.457: vier Jahre) bis hin zu einem Zeitraum, der der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen entspricht (1 Ob 504, 505/95; 1 Ob 224/98t, ÖA 1999, 120/U 269 = EFSlg 86.370). Ersteres, also die Aufteilung auf so viele Monate, als die Abfertigung dem zuletzt bezogenen Monatsentgelt entspricht, ist allerdings nur in jenen Fällen angemessen, in denen die Abfertigung zumindest in gewissem Maß als Überbrückungshilfe bis zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes dient (8 Ob 1562/91; 7 Ob 550/93 ua, RIS-Justiz RS0009667). Maßgebend für die Aufteilung einmaliger Zahlungen, wie insbesondere Abfertigungen, sind nach stRsp demnach die Umstände, insbesondere die Lebensverhältnisse des Unterhaltsverpflichteten (1 Ob 224/98t; 7 Ob 232/01w uva). Es handelt sich dabei also um eine Frage des konkreten Einzelfalles (1 Ob 504, 505/95; 5 Ob 125/01w; RIS-Justiz RS0047428), die die Vorinstanzen im vorliegenden Fall im Rahmen der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung gelöst haben. Es erscheint durchaus sachgerecht, die vom Vater bezogene Abfertigung - wie vom Rekursgericht erläutert - so aufzuteilen, dass unter Bedachtnahme auf eine zu überbrückende Zeit der Arbeitslosigkeit und unter Berücksichtigung des dem Vater nun anstelle des bisherigen Arbeitseinkommens zufließenden, verminderten Einkommens etwa der Betrag des letzten, vor dem (zufolge Kündigung notwendigen) Arbeitsplatzwechsel erzielten, durchschnittlichen monatlichen Einkommens erreicht wird.

Die Behauptung des Revisionsrekurswerbers (der weiterhin eine Aufteilung der Abfertigung auf nur drei Monate anstrebt bzw für angemessen erachtet), die Anrechnung der Abfertigung auf einen längeren Zeitraum werde nach der Judikatur (grundsätzlich) nur dann vorgenommen, wenn es sich um einen Abfertigungsanspruch anlässlich der Pensionierung handle, ist unrichtig. Nach der (bereits zitierten) oberstgerichtlichen Rechtsprechung ist vielmehr entscheidend, inwieweit die Abfertigung Überbrückungscharakter hat, oder bei wirtschaftlich sinnvoller Betrachtungsweise dazu dienen soll, auf einen längeren Zeitraum, entsprechend den gegebenen Umständen auch auf mehrere Jahre, Vorsorge für ein höheres Einkommen zu treffen (an dem das unterhaltsberechtigte Kind partizipieren soll). Letzteres wird wohl in der Regel bei Pensionsabfertigungen, kann aber auch, wie der vorliegende Fall zeigt - zumindest teilweise - bei anderen gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Abfertigungen der Fall sein (s etwa die dem vorliegenden Fall ganz vergleichbare Causa 7 Ob 232/01w).

Da die Frage des Anrechnungsmodus von Abfertigungen zufolge der dargestellten Einzelfallbezogenheit nur dann revisibel erscheint, wenn aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit eine Korrektur vorinstanzlicher Entscheidungen durch den Obersten Gerichtshof erforderlich ist, eine solche erhebliche Fehlbeurteilung hier aber nicht erkannt werden kann, war der Revisionsrekurs des Vaters mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes zurückzuweisen. Dabei konnten sich die Ausführungen des Obersten Gerichtshofes gemäß § 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Darlegung der Zurückweisungsgründe beschränken.

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