OGH 7Ob176/01k

OGH7Ob176/01k31.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Paul N*****, und 2.) Josefine N*****, beide vertreten durch Dr. Hans Widerin, Rechtsanwalt in Bludenz, gegen die beklagte Partei Birgit P*****, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in Schruns, wegen Zustimmung zu einer Bauführung (Streitwert S 80.000,--), über die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom 20. Februar 2001, GZ 3 R 25/01a-32, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Montafon vom 22. November 2000, GZ 2 C 44/99g-26, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zurückverwiesen und diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Kläger betreiben - als Ehegatten gemeinsam - seit 1970 den Campingplatz "B*****" in S*****. Die betreffende Liegenschaft gehörte der Mutter des Klägers Maria N*****, die mit diesem im Jahr 1970 übereinkam, dass er den Campingplatz bis zu ihrem Ableben unentgeltlich betreiben könne.

Die Beklagte ist eine von mehreren Schwestern des Erstklägers. Ihr wurde mit Übergabsvertrag vom 30. 10. 1978 (ua) die betreffende Liegenschaft von der Mutter auf den Todesfall hin übergeben.

Nachdem der Erstkläger davon Kenntnis erlangt hatte, erschien es ihm ratsam, die mit der Mutter getroffene mündliche Vereinbarung schriftlich festzuhalten. Er ließ von einem Notar einen (von ihm nachträglich mit 29. 5. 1980 datierten) Dienstbarkeitsvertrag verfassen, den die Mutter unterfertigte. Dieser Vertrag hat folgenden wesentlichen Inhalt:

"II.

Zwischen Maria N***** und ihrem Sohn Paul N***** wurde anlässlich der Übernahme des auf den genannten Liegenschaften befindlichen Campingplatzes durch Paul N***** vor ca 10 Jahren die nachstehende Vereinbarung mündlich getroffen, die nun schriftlich festgehalten wird.

III.

Maria N***** räumt hiemit für sich und ihre Rechtsnachfolger ihrem Sohn Paul N***** auf dessen Lebenszeit das Dienstbarkeitsrecht ein, auf einem Teil der Gp. 3460, 3428 und 3439, wie er in der beigeschlossenen Skizze rot umrandet ist, einen Campingplatz zu betreiben. Das in diesem Bereich befindliche Haus S***** Nr 68a mit dem Stallgebäude an der Straße steht jedoch nicht den Dienstbarkeitsberechtigten zur Verfügung.

IV.

Das Dienstbarkeitsrecht erlischt mit dem Ableben des Paul N*****. Zu Lebzeiten der Maria N***** hat Paul N***** kein Entgelt für die Dienstbarkeit zu bezahlen. Nach dem Ableben von Maria N***** hat Paul N***** mit der Rechtsnachfolgerin der Maria N*****, nämlich deren Tochter Birgit P*****, eine Vereinbarung zu treffen, mit der das Entgelt für die Dienstbarkeit festgesetzt wird.

V.

Der Dienstbarkeitsberechtigte darf das Grundstück uneingeschränkt zum Zwecke des Betriebes des Campingplatzes benützen; insbesondere dürfen auch Einrichtungen und Baulichkeiten errichtet werden, die dem Betrieb des Campingplatzes dienen.

VII.

Der Dienstbarkeitsberechtigte kann jederzeit auf die Ausübung des Dienstbarkeitsrechtes verzichten und den Campingplatz einstellen. Er ist aber berechtigt, den Campingplatz von seinen Familienangehörigen betreiben zu lassen.

X.

Auf eine grundbücherliche Sicherstellung des Dienstbarkeitsrechtes wird verzichtet.

In der Folge wurde der Beklagten die ihr bereits auf den Todesfall übergebene Liegenschaft von der Mutter mit Übergabsvertrag vom 15. 3. 1996 sogleich ins bücherliche Eigentum übertragen.

Der Ehemann der Beklagten teilte dem Erstkläger daraufhin mit, dass die Beklagte den Campingplatz nunmehr selbst betreiben wolle. Dies wurde vom Erstkläger unter Hinweis auf den Dienstbarkeitsvertrag abgelehnt.

Die Kläger wollen nun einen 2 x 3,5 m großen, massiven Anbau an das Sanitärgebäude errichten, das sie Anfang der 70er Jahre auf dem Campingplatz gebaut haben. Dieser Zubau soll als Geräteraum und für die Entleerung der Chemietoiletten verwendet werden. In dem diesbezüglich bei der Bezirkshauptmannschaft B***** anhängigen Verfahren wurden die Kläger aufgefordert, die Zustimmung der Grundeigentümerin zur Bauführung vorzulegen. Mit Schreiben vom 10. 9. 1999 hat die Beklagte ihre Zustimmung verweigert.

Mit der Klage begehren die Kläger unter Hinweis auf Punkt V. des Dienstbarkeitsvertrages vom 29. 5. 1980, die Beklagte schuldig zu erkennen, im betreffenden baubehördlichen Verfahren der von ihnen beantragten Bauführung zuzustimmen.

Die Beklagte bestritt die mündliche und schriftliche Vereinbarung des Erstklägers mit der Mutter und beantragte die Klage abzuweisen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Ausgehend von dem von ihm festgestellten, bereits eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt führte es rechtlich im Wesentlichen aus: Im Übergabsvertrag vom 30. 10. 1978 habe sich die Mutter (auch) verpflichtet, die betreffende Liegenschaft nur mit Zustimmung der Beklagten zu veräußern oder zu belasten. Dies habe zur Folge, dass später geschlossene Vereinbarungen der Zustimmung der Beklagten bedürften. Das Beweisverfahren habe aber ergeben, dass der Erstkläger mit der Mutter bereits 1970 eine mündliche Vereinbarung geschlossen habe, die 1980 lediglich schriftlich niedergelegt worden sei. In diesem Dienstbarkeitsvertrag sei festgehalten, dass der Erstkläger das Grundstück uneingeschränkt zum Zwecke des Betriebes des Campingplatzes benützen, insbesondere auch Einrichtungen und Baulichkeiten errichten dürfe, die dem Betrieb des Campingplatzes dienten. Bei dem nunmehr von den Klägern angestrebten Anbau handle es sich um ein Vorhaben, das nicht zuletzt aus hygienischen Gründen geboten erscheine. Die Beklagte verweigere ihre Zustimmung zur Bauführung daher zu Unrecht.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung der ersten Instanz dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies, wobei es aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,-- übersteige. Entscheidend sei der Umstand, dass der Dienstbarkeitsvertrag vom 29. 5. 1980 - entsprechend seinem Punkt X - nicht verbüchert wurde. Dienstbarkeiten, die an sich Grunddienstbarkeiten seien, könnten auch ohne dass daraus für die Benützung eines Grundstücks ein Vorteil entstehe, einer Person zugestanden werden. Um eine solche unregelmäßige Dienstbarkeit iSd § 479 ABGB handle es sich hier. Auch unregelmäßige Dienstbarkeiten seien verbücherungsfähig. Es gelte also auch hier, dass das dingliche Recht der Dienstbarkeit nur durch Eintragung im Grundbuch erworben werden könne (§ 481 Abs 1 ABGB). Eine Durchbrechung des Eintragungsprinzips lasse die herrschende Meinung bei den "offenkundigen" Dienstbarkeiten zu. Wer einen gültigen Titel besitze, sei trotz Nichtverbücherung geschützt, wenn sichtbare Anlagen auf dem dienenden Grund oder sonstige Einrichtungen oder Vorgänge, die man von dort aus bei einiger Aufmerksamkeit wahrnehmen könne, das Bestehen einer Dienstbarkeit vermuten ließen. Nach der jüngsten Judikatur des Obersten Gerichtshofes komme Offenkundigkeit auch bei persönlichen Dienstbarkeiten in Betracht. Der Standpunkt der Kläger, dass vertragliche, nicht verbücherte Dienstbarkeiten gegenüber dem Rechtsnachfolger des Bestellers wirksam seien, wenn dieser von der Dienstbarkeit entweder Kenntnis hatte oder die Dienstbarkeit offenkundig ist, sei grundsätzlich zutreffend. Zu bedenken sei allerdings, dass der bloße Gebrauch einer erkennbar fremden Sache "titelneutral" sei, also keinen bestimmten Gebrauchstitel indiziere. Dies müsse insbesondere bei Rechtseinräumungen unter Familienangehörigen gelten. Es sei daher zu verlangen, dass für die Offenkundigkeit neben den tatsächlichen Gebrauch noch ein weiteres rechtserhebliches Moment treten müsse. Die Kläger hätten in erster Instanz als rechtsbegründenden Sachverhalt allerdings allein den Abschluss des Dienstbarkeitsvertrages vom 29. 5. 1980 behauptet. Offenkundigkeit im eben dargelegten Sinn (Hinzutreten eines weiteres Merkmales zum bloßen Gebrauch) als die Intabulation ersetzenden Modus hätten sie ebensowenig geltend gemacht, wie die Kenntnis der Beklagten von der Dienstbarkeit. Dass der Erstkläger auch ohne Verbücherung an der Liegenschaft der Beklagten ein Dienstbarkeitsrecht erworben habe, werde also weder durch ein erstinstanzliches Sachvorbringen der Kläger noch durch Feststellungen im Ersturteil getragen. Dies führe zum Ergebnis, dass die von den Klägern behauptete Dienstbarkeit in Ermangelung einer Erwerbungsart nicht gegen die Beklagte als nunmehrige Liegenschaftseigentümerin wirke. Hilfsweise stützten sich die Kläger auf eine obligatorische Verpflichtung der Beklagten, der geplanten Bauführung als Rechtsnachfolgerin ihrer Mutter zuzustimmen. Vertragliche, nicht verbücherte Servitute seien zwar zulässig, würden jedoch nur die Vertragsparteien binden und seien gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger nur bei Übernahme durch diesen wirksam. Die Beklagte sei Einzelrechtsnachfolgerin ihrer Mutter. Die Kläger hätten im Verfahren erster Instanz aber eine mit obligatorischer Wirkung ausgestattete Übernahme der Dienstbarkeiten durch die Beklagte nicht behauptet. Derartiges sei vom Erstgericht auch nicht festgestellt, sodass dem Rechtsstandpunkt der Kläger die Tatsachengrundlage fehle. Zusammenfassend sei zu folgern, dass der Dienstbarkeitsvertrag vom 29. 5. 1980 bzw die diesem zugrundeliegende mündliche Vereinbarung allein keine Verpflichtung der Beklagten zur Abgabe der von den Klägern begehrten Zustimmungserklärung zu begründen vermöge.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil es sich bei seiner Entscheidung an die von ihm zitierte Judikatur des Obersten Gerichtshofes gehalten habe. Es änderte diesen Ausspruch über Antrag der Kläger aber iSd § 508 Abs 3 ZPO mit der wesentlichen Begründung ab, seine Rechtsmeinung, dass für die Offenkundigkeit neben dem tatsächlichen Gebrauch noch ein weiteres rechtserhebliches Moment treten müsse, fuße auf Entscheidungen zu Wohnungsdienstbarkeiten; ob diese Überlegungen auch auf das Problem der Offenkundigkeit einer unregelmäßigen (Grund-)Dienstbarkeit übertragbar seien, könne in Zweifel gezogen werden. Es gebe hiezu keine Rechtsprechung des Höchstgerichtes.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger, die in erster Linie die Wiederherstellung des Ersturteiles anstreben, ist, wie die folgenden Erörterungen zeigen werden, zulässig und im Sinne des von den Revisionswerbern hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Ausgehend davon, dass der gegenständliche "Dienstbarkeitsvertrag" nicht verbüchert wurde, hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass das dingliche Recht der Dienstbarkeit nach österreichischem Recht grundsätzlich nur durch Eintragung im Grundbuch erworben wird (§ 481 Abs 1 ABGB). Vertragliche, nicht verbücherte Servituten sind zwar zulässig, binden jedoch nur die Vertragsparteien, sind aber gegen deren Gesamtrechtsnachfolger und bei Übernahme auch durch einen Einzelrechtsnachfolger diesem gegenüber wirksam (1 Ob 128/98z; 7 Ob 286/99f, RZ 2000/44; 4 Ob 285/00s je mwN; RIS-Justiz RS0011871; RS0011673). Durchbrochen wird das Eintragungsprinzip nach hM (aA Koziol/Welser, Bürgerliches Recht11 I 383 und Apathy, Die publizianische Klage 55) dann, wenn der Belastete die Dienstbarkeit kannte oder sie offenkundig ist. Wer in Kenntnis der Ausübung von Rechten Dritter an einer Liegenschaft ein grundbücherlich lastenfreies Grundstück erwirbt, kann sich nicht mit Erfolg auf den Grundbuchsstand berufen (SZ 23/225; SZ 39/146; SZ 47/29; NZ 1997, 215 ua). Dasselbe gilt nach stRsp, wenn auf Grund der Umstände bei einiger Aufmerksamkeit das Bestehen einer Dienstbarkeit zu vermuten ist (Kiendl-Wendner in Schwimann2 II Rz 4 zu § 481 mwN; RIS-Justiz RS0034803; RS0011633). Offenkundige, nicht verbücherte Dienstbarkeiten, die dem Eigentümer der belasteten Liegenschaft bekannt sind oder bekannt sein müssten, werden sachenrechtlich somit wie eingetragene Dienstbarkeiten behandelt (Kiendl-Wendner aaO). Wer einen gültigen Titel besitzt, ist bei offenkundigen Dienstbarkeiten also trotz Nichtverbücherung geschützt (SZ 69/71; RIS-Justiz RS0011631), sofern es nicht nach dem Willen der Parteien bei einem bloß obligatorischen Recht ohne Verbücherung bleiben soll (RIS-Justiz RS0097244; 7 Ob 286/99f, RZ 2000/44). Nach der älteren Rechtsprechung wurden unter den Begriff einer derartigen offenkundigen Dienstbarkeit grundsätzlich nur Grunddienstbarkeiten subsumiert, keineswegs aber persönliche, wie das Recht des Gebrauches oder ein Wohnungsrecht, weil von außen her das Bestehen einer solchen Dienstbarkeit gar nicht wahrgenommen werden könne (RIS-Justiz RS0011633). Hievon ist der Oberste Gerichtshof jedoch bereits in mehreren Entscheidungen der letzten Jahre abgewichen (SZ 68/194; 1 Ob 112/97w; 1 Ob 128/98z; RZ 2000/44; RIS-Justiz RS0079882). Bei offenkundigen Dienstbarkeiten ist, ebenso wie selbstredend bei Kenntnis einer nicht intabulierten Servitut, Gutgläubigkeit betreffend den lastenfreien Erwerb ausgeschlossen (1 Ob 112/97w).

Im vorliegenden Fall geht es um den Gebrauch einer Liegenschaft zu einem bestimmten Zweck, nämlich der Betreibung eines Campingplatzes. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass Verträge über die Dienstbarkeit des "Gebrauchs" eines Grundstückes im Rechtsverkehr durchaus möglich und auch zulässig sind (vgl etwa SZ 48/78 im Zusammenhang mit einer Garagenbenützung; RZ 2000/44 betreffend den uneingeschränkten Gebrauch an einem bestimmten Grundstücksteil). Ob es sich dabei, wie das Berufungsgericht meint, um eine unregelmäßige Dienstbarkeit nach § 479 ABGB handelt oder eine persönliche Gebrauchsservitut nach § 478 ABGB vorliegt, ist nicht entscheidend. Entgegen der im Zulassungsbeschluss des Berufungsgerichtes vertretenen Ansicht sind nämlich die Kriterien der Offenkundigkeit, wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 1 Ob 587/95 dargelegt und in weiteren Entscheidungen bekräftigt hat (RIS-Justiz RS0079882), sowohl bei den Grunddienstbarkeiten als auch bei den persönlichen Servituten und damit auch bei den mit diesen eng verwandten (vgl RIS-Justiz RS0011587) unregelmäßigen Servituten (die an sich Grunddienstbarkeiten sind, aber ohne dass daraus für die Benützung eines Grundstücks ein Vorteil entsteht, einer Person zugestanden werden können) dieselben: Grundsätzlich lässt die bloße Wahrnehmung des Gebrauches oder die Nutzung einer Liegenschaft durch andere Personen als den Eigentümer nicht auf den Rechtsgrund des Gebrauches oder der Nutzung schließen. Die Frage der Offenkundigkeit einer Dienstbarkeit lässt sich also - entsprechend den von der Rechtsprechung bei den Grunddienstbarkeiten herausgebildeten Kriterien - demnach nur nach den Umständen des Einzelfalles (vgl RIS-Justiz RS0079882), somit danach beurteilen, ob bei einiger Aufmerksamkeit Einrichtungen oder Vorgänge wahrnehmbar sind, die das Bestehen (oder die Erweiterung) einer Dienstbarkeit vermuten lassen. Richtig hat das Berufungsgericht demnach erkannt, dass für die Offenkundigkeit einer unregelmäßigen Dienstbarkeit bzw einer persönlichen Gebrauchsservitut neben den tatsächlichen Gebrauch in der Regel noch ein weiteres rechtserhebliches Moment treten muss.

Das Berufungsgericht hat nun die Offenkundigkeit der hier in Rede stehenden Dienstbarkeit mit der Begründung verneint, die Kläger hätten dies ebensowenig, wie die Kenntnis der Beklagten von der Dienstbarkeit geltend gemacht. Es fehle sowohl an einem diesbezüglichen erstinstanzlichen Sachvorbringen als auch an Feststellungen im Ersturteil.

Dies rechtfertigt jedoch noch nicht die Klagsabweisung. Zutreffend rügen nämlich die Kläger, dass sie insoweit von der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes überrascht wurden. Die Gerichte, insbesondere auch die Rechtsmittelgerichte, dürfen nach stRsp die Parteien nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die diese nicht beachtet haben und auf die sie vom Gericht nicht aufmerksam gemacht wurden (SZ 42/28; SZ 50/35 = JBl 1978, 262 [König]; MietSlg 34.719/13; vgl dazu auch Sprung/König, "Jura novit curia" und rechtliches Gehör, JBl 1976, 1). Wie der Oberste Gerichtshof in 4 Ob 2334/96f, ZVR 1997/147 ausgeführt hat, gilt in Österreich somit, wenngleich eine ausdrückliche Regelung fehlt, dasselbe, was § 278 Abs 3 dZPO festlegt. Danach darf das Gericht seine Entscheidung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, nur dann stützen, wenn es Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Es bedarf keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob die anwaltlich vertretenen Kläger bei gehöriger Sorgfalt auf den Umstand, dass die von ihnen behauptete Dienstbarkeit nicht verbüchert wurde, einzugehen und Kenntnis der Beklagten von der Servitut bzw deren Offenkundigkeit zu behaupten gehabt hätten. Zwar muss das Gericht den Parteien seine Rechtsansicht nicht vor der Urteilsfällung kundtun. Führt diese Rechtsansicht allerdings - wie im vorliegenden Fall - dazu, dass rechtserhebliche Tatsachen nicht vorgebracht wurden, an die die Parteien mangels Erörterung der Rechtsansicht nicht dachten (oder denken mussten), so verstößt dies gegen § 182 ZPO (Fucik in Rechberger ZPO2 Rz 4 zu § 182 mwN).

Im Hinblick auf diesen aufgezeigten Mangel des Berufungsverfahrens war in Stattgebung der Revision mit einer Aufhebung vorzugehen. Da aber, um die Sache spruchreif zu machen, offenbar eine Verhandlung in erster Instanz notwendig ist, waren die Urteile beider Vorinstanzen aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen (§ 510 Abs 1 ZPO). Dieses wird im fortgesetzten Verfahren den Parteien Gelegenheit zu geben haben, sich zum Problemkreis Kenntnis bzw Offenkundigkeit der von den Klägern behaupteten Dienstbarkeit Stellung zu nehmen und sodann nach der Aufnahme allfälliger Beweise Feststellungen zu treffen haben, die eine abschließende rechtliche Beurteilung der vorliegenden Causa ermöglichen.

Das Erstgericht wird aber auch zu beachten haben, dass das Verfahren noch aus einem anderen Aspekt ergänzungsbedürftig erscheint: Von den Klägern wird in der Revision ausdrücklich bemängelt, dass die Frage zu prüfen und zu erörtern gewesen wäre, ob die gegenständliche Vereinbarung zwischen dem Erstkläger und seiner Mutter nicht "obligatorische Wirkung zwischen den Streitteilen" entfalte. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Frage nur insoweit auseinandergesetzt, als es darauf hingewiesen hat, dass die Kläger die im Falle einer nur obligatorischen Vereinbarung notwendige Übernahme der (dann also lediglich mit obligatorischer Wirkung ausgestatteten) Dienstbarkeit durch die Beklagte gar nicht behauptet haben und vom Erstgericht derartiges auch nicht festgestellt wurde.

Dazu ist zu erwägen: Die Kläger nehmen offenbar selbst an, dass nach dem Parteiwillen dem Erstkläger auch bloß ein obligatorisches Recht eingeräumt worden sei. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 6 Ob 359/59, RZ 1960, 29 ausgeführt hat, ist eine - hier vorliegende - unentgeltliche Einräumung eines beschränkten Gebrauchsrechts an einem Grundstück, wenn sie mit dinglicher Wirkung erfolgt, Servitut, sofern sie nur mit obligatorischer Wirkung erfolgt, sohin ein inhaltlich einer Servitut entsprechender Nutzungsvertrag. Ein obligatorisches Nutzungsrecht ist gegenüber einem Einzelrechtsnachfolger nicht schon dann wirksam, wenn dieser von diesem Recht wusste. Vielmehr tritt er in das obligatorische Schuldverhältnis nur im Wege der Vertragsübernahme ein (vgl 10 Ob 44/01w). Hätte der Erstkläger mit seiner Mutter im gegenständlichen Fall nur einen obligatorischen Nutzungsvertrag abgeschlossen (worauf auch die Ausführungen der Revisionsgegnerin zielen), wäre die Beklagte als Einzelrechtsnachfolgerin der Mutter daran demnach nur dann gebunden, wenn sie die obligatorische Verpflichtung der Mutter ausdrücklich oder schlüssig übernommen hätte (vgl MietSlg 34.060; 39.038; 8 Ob 224/96x ua).

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die schriftliche Einräumung einer dinglichen Servitut im Jahre 1980 im Hinblick auf das anlässlich der Liegenschaftsübergabe an die Beklagte auf den Todesfall im Jahr 1978 intabulierte Veräußerungs- und Belastungsverbot voraussetzte, dass die Einräumung eines dinglichen Rechtes bereits bei der mündlichen Vereinbarung im Jahr 1970 der Parteienabsicht entsprochen hätte. Durch das anlässlich der Übergabe auf den Todesfall vereinbarte Veräußerungs- und Belastungsverbot wurden nämlich nur frühere bücherliche Rechte Dritter nicht tangiert (Dietrich/Tades, ABGB35 E 18 zu § 364c mwH); der Belastung durch (erstmalige) Einräumung eines Gebrauchsrechtes mit dinglicher Wirkung im Jahr 1980 wäre aber das bereits 1978 verbücherte Verbot, die gegenständliche Liegenschaft zu belasten, entgegengestanden. Die (insbesondere in Ansehung des dem gegenständlichen "Dienstbarkeitsvertrag" zugrundeliegenden Entwurfs - siehe Ersturteil S 4 - wohl naheliegende) nach den Auslegungsregeln der §§ 914 f ABGB zu entscheidende (vgl JBl 1991, 642) Frage einer bloß obligatorischen Vereinbarung der gegenständlichen Dienstbarkeit wurde in erster Instanz nicht erörtert; ganz offenbar haben die Kläger - im Gegensatz zum Berufungsgericht - mangels einer solchen Erörterung auch nicht erkannt, dass im Falle der Einräumung eines bloß obligatorischen Rechtes die Schlüssigkeit der Klage die Behauptung der Übernahme der betreffenden Dienstbarkeit durch die Beklagte voraussetzte. Da sich das Gericht zweiter Instanz auf das Fehlen eines solchen Vorbringens und entsprechender Feststellungen durch das Erstgericht aber berufen hat, ist auch insoweit eine gegen § 182 ZPO verstoßende "Überraschungsentscheidung" anzunehmen. Im fortgesetzten Verfahren werden daher auch im Sinne dieser eben angestellten Überlegungen Erörterungen und allenfalls ergänzende Beweisaufnahmen vorzunehmen sein.

Es ist noch zu bemerken, dass auch zur Frage der Aktivlegitimation der Zweitklägerin derzeit noch nicht abschließend Stellung genommen werden kann. Hinsichtlich der Zweitklägerin kommt ein dingliches Gebrauchsrecht im Hinblick darauf, dass der Dienstbarkeitsvertrag vom 29. 5. 1980 bzw die mündliche Vereinbarung 10 Jahre zuvor ausdrücklich nur mit dem Erstkläger geschlossen wurden und Personalservituten grundsätzlich nicht übertragen werden können (1 Ob 54/99v ua), nur mit Zustimmung des Grundstückseigentümers bzw Servitutsverpflichteten (8 Ob 534/94, NZ 1995, 153 = EFSlg 75.271 mwN) in Betracht (vgl § 507 zweiter Satz ABGB, wonach das Gebrauchsrecht an keinen anderen übertragen werden darf [anders beim Recht des Gebrauchs an einer Wohnung - JBl 1957, 267[). Auch diesbezüglich wurde von den Klägern in erster Instanz nichts vorgebracht und die Frage der Klagslegitimation der Zweitklägerin im Hinblick auf das Vorliegen einer persönlichen Servitut nur zu Gunsten des Erstklägers auch nicht erörtert. Während Sachenrechte, bei denen die vertragliche Übertragung der Rechtszuständigkeit besonders geregelt ist, nicht zedierbar sind, sind obligatorische Rechte im Allgemeinen abtretbar. Im Falle einer bloß obligatorischen Vereinbarung könnte im Hinblick auf die ohne weiteres hier anzunehmende Gestattung des Mitgebrauchs durch den Erstkläger die Aktivlegitimation der Zweitklägerin keineswegs von vornherein verneint werden. Auch darauf wird das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren allenfalls Bedacht zu nehmen haben.

Der Vollständigkeit halber ist schließlich noch zu erwähnen, dass die Klagsabweisung durch das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revisionsgegnerin nicht schon deshalb ohne weiteres bestätigt werden kann, weil mit der begehrten Zustimmungserklärung zur Bauführung von der Beklagten ein aktives Tun verlangt wird, während eine Dienstbarkeit den damit belasteten Liegenschaftseigentümer nur zu einem Dulden oder Unterlassen verpflichten könnte. Die Beklagte übersieht, dass Dienstbarkeiten reallastartige Nebenverpflichtungen beinhalten können (SZ 50/61; Kiendl-Wendner aaO Rz 9 zu § 472). Als solche müsste die begehrte Abgabe der Zustimmungserklärung angesehen werden, wenn dem Erstkläger (und allenfalls auch der Zweitklägerin) auf Grund des gegenständlichen Dienstbarkeitsvertrages ein Recht auf die von den Klägern geplante Bauführung zustünde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.

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