OGH 2Ob216/68

OGH2Ob216/6813.2.1969

SZ 42/28

Normen

Fürsorgepflichtverordnung §21a
ZPO §406
Fürsorgepflichtverordnung §21a
ZPO §406

 

Spruch:

§ 406 ZPO. ist auch auf die Klage des Fürsorgeträgers nach § 21a FürsorgepflichtV. anzuwenden.

Entscheidung vom 13. Februar 1969, 2 Ob 216/68.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Klägerin brachte vor, daß sich der Sohn der Beklagten, Rudolf W., seit 1951 in der Heil- und Pflegeanstalt G. befinde. Die Kosten dieser Unterbringung würden aus öffentlichen Fürsorgemitteln vom Magistrat der Stadt Wien als dem hiefür endgültig verpflichteten Fürsorgeverband getragen. Die Beklagte sei als Mutter des Befürsorgten gemäß §§ 143, 1042 ABGB. unterhaltspflichtig. Mit Übergangsanzeige vom 27. Februar 1951, zugestellt am 9. März 1951, sei der Beklagten mitgeteilt worden, daß der Unterhaltsanspruch des Hilfsbedürftigen gegen sie als Mutter auf die Stadt Wien übergegangen sei. Der Kindesvater, Rudolf W. sen., habe niemals ein Einkommen gehabt, das zur vollen Deckung des Unterhaltes ausgereicht hätte. Es seien ihm daher nur ihn auslastende Teilbeträge vorgeschrieben worden, derzeit 111.40 S monatlich. Die Beklagte sei im Laufe der Jahre zu erhöhten Beitragsleistungen verpflichtet worden, denen sie auch nachgekommen sei. Da mit dem zuletzt vorgeschriebenen Rückersatzbetrag von 275 S das Auslangen nicht gefunden werden könne, sei der Beklagten Karoline W., nunmehr verehelichte S., mit Mitteilung vom 13. Juni 1966, zugestellt am 21. Juni 1966, mit Wirkung ab 1. Juli 1966 eine monatliche Ersatzleistung von 410 S vorgeschrieben worden. In diesem Betrag seien 161.80 S, welche die Beklagte von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten als Kinderzuschuß für den Hilfsbedürftigen erhalte, inbegriffen. Für die Monate Juli 1966 bis einschließlich Jänner 1967 sei ein Rückstand von 7 X 410 S = 2870 S aufgelaufen. Den Rückersatz dieses Rückstandes begehre die Klägerin gemäß § 1042 ABGB. im Zusammenhalt mit § 21a (2) Fürsorgepflichtverordnung.

Die Klägerin begehrte daher, die Beklagte zur Zahlung von 2870 S samt 4% Zinsen seit Klagseinbringung sowie zur Zahlung von 410 S monatlich ab 1. Februar 1967 im vorhinein auf die Dauer der Anstaltspflege zu verurteilen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage, weil kein Asylierungsfall nach § 144 (3) ASVG. vorliege und eine Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin fehle.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Beklagte ist die Mutter des am 21. Februar 1940 geborenen Rudolf W., der sich seit 1951 in der Heil- und Pflegeanstalt G. befindet. Dieser erkrankte in seinem zweiten Lebensjahr an einer Kinderlähmung, wobei auch das Gehirn in Mitleidenschaft gezogen wurde. Seit dieser Zeit zeigten sich schwere geistige Störungen. Es konnte ihm keinerlei positive Tätigkeit angelernt werden. Er setzt Aggressionen gegen andere Personen und Sachen, neigt zu Selbstbeschädigungen und leidet seit 1953 auch an epileptischen Anfällen. Er steht dauernd in medikamentöser Behandlung. Der Kranke muß einerseits in einer die Behandlung in lückenloser Fortsetzung garantierenden Umgebung untergebracht sein, muß aber anderseits auch zur Vermeidung jedweder Fährnisse, die von ihm ausgehen, ihn selbst und andere betreffen können, der Beobachtung geeigneter Personen unterstellt werden, die in der Lage sind, den zu erwartenden Zwischenfällen zu begegnen. Die Möglichkeit sofortigen und zielgerichteten ärztlichen Einschreitens muß gewährleistet werden. Selbst bei Erfüllung dieser Voraussetzungen, die nur in einem psychiatrischen Krankenhaus möglich ist, ist keine Heilung oder wesentliche Besserung zu erzielen. Ohne dauernde ärztlich kontrollierte medikamentöse Behandlung würde sich der Zustand Rudolf W."s unweigerlich verschlechtern. Seine Anhaltung sei aber auch aus Gründen der öffentlichen Sicherheit notwendig.

Rudolf W. ist Mitversicherter der Beklagten bei der Wiener Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte gemäß § 123 (3) Z. 2 ASVG.

In rechtlicher Hinsicht war das Erstgericht der Ansicht, daß kein Asylierungsfall im Sinne des § 144 (3) ASVG. vorliege, sondern ein Behandlungsfall. Da Rudolf W. nach § 123 (3) Z. 2 ASVG. bei seiner Mutter mitversichert sei, seien die Kosten für seine Anstaltsunterbringung nicht von der Beklagten, sondern vom Sozialversicherungsträger zu bezahlen, zumal § 148 Z. 5 ASVG. seit 1. Jänner 1967 aufgehoben sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil; es übernahm dessen Feststellungen und meinte, daß eine Verurteilung der Beklagten zu Leistungen, die erst nach Schluß der mündlichen Streitverhandlung fällig würden, wegen § 406 ZPO. nicht möglich sei, weil durch den Übergang auf den Fürsorgeverband der Unterhaltsanspruch seinen Unterhaltscharakter verliere. Im übrigen liege kein Asylierungs-, sondern ein Behandlungsfall vor. Der Sozialversicherungsträger habe daher dem Rudolf W. gemäß § 144 (1) ASVG. Anstaltspflege zu gewähren, solange es die Art der Krankheit erfordere. Wegen der Aufhebung des § 148 Z. 5 ASVG. (der bestimmt hatte, daß der Sozialversicherungsträger die Hälfte der Verpflegungskosten eines Geisteskranken in einer Sonderheilanstalt zu tragen habe) mit 31. Dezember 1966 als verfassungswidrig, sei bis zu diesem Zeitpunkt auf die erwähnte Bestimmung noch Bedacht zu nehmen. Die Kostenteilung habe einen endgültigen Lastenausgleich zwischen den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung und den Fürsorgeverbänden bezweckt. Keiner von beiden habe für die aufgewendeten Pflegekosten Regreß nehmen können. Daher sei der Anspruch der Klägerin auf Ersatz von Leistungen, die für die Monate Juli 1966 bis einschließlich Dezember 1966 erbracht wurden, unberechtigt.

Für die Zeit ab 1. Jänner 1967 sei aber die Einschränkung der Leistungspflicht des Sozialversicherungsträgers weggefallen. Da ein Behandlungsfall vorliege, habe von diesem Zeitpunkt an nicht die Klägerin, sondern der Sozialversicherungsträger die Kosten der Unterbringung des Rudolf W. in der Heil- und Pflegeanstalt G. zu tragen. Weil somit die Klägerin zur Tragung dieser Kosten nicht verpflichtet gewesen sei, könne sie keinen Regreß nehmen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge; er hob die Urteile beider Untergerichte auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Rechtsrüge der Revision wendet sich u. a. dagegen, daß das Vorliegen eines Behandlungsfalles angenommen wurde, obwohl Heilungsaussicht nicht bestehe.

Es ist jedoch den Ausführungen des Berufungsgerichtes beizupflichten, das in Übereinstimmung mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Oktober 1966, G 17/66, den Standpunkt eingenommen hat, die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung im Sinne des § 144 (3) ASVG. sei schon dann zu bejahen, wenn diese geeignet sei, zu verhindern, daß sich eine unheilbare Krankheit verschlechtere. Selbst wenn überwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit für eine Unterbringung sprächen, schließe dies noch nicht die Notwendigkeit ärztlicher Behandlung aus. Diese Erwägungen konnten im vorliegenden Fall nur zu dem Schluß führen, daß die Unterbringung W.s keinen Asylierungsfall darstellt.

Die Revision bekämpft ferner die Ansicht des Berufungsgerichtes, ein Zuspruch künftig fällig werdender Leistungen sei nicht zulässig.

In diesem Zusammenhang ist zunächst die Frage zu erörtern, ob die Legalzession nach § 21a Fürsorgepflichtverordnung auch in die Zukunft wirkt, d. h. ob sie auch erst künftig vom Fürsorgeträger zu erbringende Leistungen umfaßt. Wäre diese Frage zu verneinen, dann gäbe es das Problem des § 406 ZPO. hier überhaupt nicht, weil dann dem Fürsorgeträger die Aktivlegitimation fehlte. Diesen Standpunkt nahm allerdings der 1942 erschienene Kommentar von Baath - Kneip - Langlotz, Fürsorgepflicht[13], S. 291 ein. Damals fehlte jedoch im Gesetzestext noch der jetzige erste Satz des 2. Absatzes des § 21a Fürsorgepflichtverordnung. Dieser erste Satz wurde durch die dritte Verordnung zur Vereinfachung des Fürsorgerechtes, DRGBl. 1943 I S. 302, eingefügt und stellt nunmehr klar, daß sich die Wirkung des Überganges des Rechtsanspruches für die Zeit seit Eintritt der Hilfsbedürftigkeit bis zu ihrer Beendigung, also auch in die Zukunft, erstreckt. Daher entschied der Bundesgerichtshof am 29. Februar 1956 zu dieser Gesetzesstelle (BGHZ. 20. 127), daß eine Überleitungsanzeige nach § 21a Fürsorgepflichtverordnung auch künftige Ansprüche unter der aufschiebenden Bedingung auf den Fürsorgeverband überleite, daß dieser den Unterhaltsberechtigten unterstütze. Der Unterhaltsberechtigte könne daher diese Forderung nicht mehr im Wege einer Unterhaltsvereinbarung erlassen. Lindenmaier - Möring bemerken dazu, daß der Bundesgerichtshof nicht der Ansicht sei, § 21a Fürsorgepflichtverordnung habe nur formale Bedeutung und entbinde nur davon, nach jeder Zahlung den Übergang durch Anzeige erneut herbeizuführen; der Bundesgerichtshof nehme vielmehr an, daß diese Bestimmung bereits eine durch spätere Unterstützung aufschiebend bedingte Überleitung der künftigen Unterhaltsansprüche ausspreche.

Wenn also der Übergang des Unterhaltsanspruches auf den Fürsorgeträger auch für die Zukunft gegeben ist, soweit dieser Leistungen erbringt, so ergibt sich die weitere Frage, ob dem Fürsorgeträger solche Leistungen pro futuro zugesprochen werden können. Das Berufungsgericht hat seine ablehnende Ansicht auf die Rechtsprechung gestützt, daß durch den Übergang auf den Fürsorgeverband ein Unterhaltsanspruch seinen Unterhaltscharakter verliere.

Dazu ist folgendes zu bemerken:

Zu 1 Ob 795/54 hatte der Oberste Gerichtshof hinsichtlich einer auf § 21a Fürsorgepflichtverordnung gestützten Klage auf Ersatz von Leistungen für die Vergangenheit den Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zurückgewiesen, weil die Klägerin auf Grund eines von ihr behaupteten gesetzlichen Überganges der Unterhaltsansprüche diese selbst geltend mache, ohne daß ein neuer Rechtsgrund hinzukomme. Wegen der Bemessung des gesetzlichen Unterhalts könne aber der Oberste Gerichtshof auch nicht mit Rekurs angerufen werden.

Dementgegen nahm der Oberste Gerichtshof zu 2 Ob 29/55, SZ. XXVIII 33 (und seither in ständiger Rechtsprechung) den Standpunkt ein, daß Urteile über Klagen nach § 21a Fürsorgepflichtverordnung grundsätzlich revisibel seien, weil durch den Rechtsübergang auf den Fürsorgeträger der Unterhaltscharakter verloren gehe. Diese Entscheidung berief sich auf Volkmar - Antoni, Komm. zum EheG., § 71 (2), wo die Meinung vertreten wird, der übergegangene Anspruch sei nicht mehr "gesetzlicher Unterhaltsanspruch" im Sinne der prozeßrechtlichen Sondervorschriften; er verliere insbesondere die Pfändungsvorrechte (in Anlehnung an Soergel zu § 1607 BGB.).

In der Entscheidung SZ. XXV 335 u. a. wurde aus dem Rechtsübergang abgeleitet, daß die Ansprüche des Fürsorgeverbandes ausschließlich im streitigen Verfahren geltend zu machen seien, daß also das außerstreitige Verfahren hier nicht in Frage komme.

Schon zu 3 Ob 152/53 hatte die Stadt Wien den Sohn wegen Leistungen an die Mutter in Vergangenheit und Zukunft geklagt. In diesem Sinne erfolgte auch die Verurteilung; daß ein Zuspruch für die Zukunft nicht erfolgen könne, wurde von niemand behauptet.

Zu 2 Ob 29/55 wurde ebenfalls nach § 21a Fürsorgepflichtverordnung für Vergangenheit und Zukunft geklagt. Der Oberste Gerichtshof verneinte das Bestehen der Rechtsmittelbeschränkung des § 502 (2) ZPO., wandte sich aber nicht gegen das Begehren für die Zukunft.

Die Entscheidung 6 Ob 138/62 = EvBl. 1962 Nr. 494 bejahte sogar den Übergang eines künftigen Aufwertungsanspruches aus der clausula rebus sic stantibus auf den Fürsorgeträger. Die Klägerin hatte auf Grund eines Kaufvertrages von der Käuferin (Schwiegertochter) einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 20 RM zu bekommen. Sie lebte dann in einem Fürsorgeheim und klagte auf Zahlung eines Rückstandes und eines für die Zukunft auf 100 S monatlich erhöhten Betrages. Die Klage wurde in allen Instanzen abgewiesen, weil auf Grund einer Anzeige des Fürsorgeverbandes an die Beklagte der Unterhaltsanspruch auf jenen übergegangen sei, so daß der Klägerin die Aktivlegitimation fehle; der Klägerin sei zwar darin beizupflichten, daß eine Verurteilung der Beklagten auch für erst künftig fällig werdende Rentenbeträge (§ 406 ZPO.) zulässig wäre, doch gehe der Klägerin auch diesbezüglich die Aktivlegitimation ab.

Damit wurde implicite gesagt, daß der Anspruch pro futuro auf den Versicherungsträger übergegangen und daß ein wesentliches Merkmal des Unterhaltsanspruches (nämlich die Aufwertbarkeit) trotz der Legalzession erhalten geblieben sei.

In dieselbe Richtung weist die Entscheidung 2 Ob 603/59: Die Klage nach § 21a Fürsorgepflichtverordnung war auf Ersatz für Vergangenheit und Zukunft gerichtet. Hinsichtlich der Zukunft wurde das Verfahren von der zweiten Instanz für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen. Der Oberste Gerichtshof hob diesen Beschluß auf und trug dem Berufungsgericht neuerliche Entscheidung auf. Die Erwägung, daß die klagende Partei bei einem Zuspruch für die Zukunft mißbräuchlich mehr verlangen könnte, als sie selber leisten werde, sei verfehlt.

In der Entscheidung 3 Ob 233/59 handelte es sich um die Exekution des dem Fürsorgeverband zugesprochenen Betrages durch Pfändung der Pension des Gatten der Befürsorgten. Die Entscheidung befaßte sich mit der Frage, ob durch den Übergang der Unterhaltsforderung die Exekutionsbegünstigung nach § 98 (1) Z. 2 ASVG. oder nach § 6 Lohnpfändungsverordnung verloren gehe. Die aus SZ. XXV 335, RiZ. 1959 S. 68 u. a. gezogene Folgerung, daß der Übergang auf eine andere Person den Unterhaltscharakter der Forderung vernichte, lasse sich nicht über das Gebiet der Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges hinaus verallgemeinern. Es sei vielmehr bei jeder auftauchenden Rechtsfrage zu untersuchen, ob der Zweck für die besondere Behandlung von Unterhaltsforderungen auf die betreffende Gattung von Fällen im allgemeinen zutreffe. Die österreichische Lehre und Rechtsprechung habe die Exekutionsprivilegien bestehen lassen, wenn die Unterhaltsforderung auf eine dritte Person übergehe. Bezüglich § 21a Fürsorgepflichtverordnung seien die Ansichten im deutschen Schrifttum geteilt. Das Einschreiten des Dritten dürfe aber nicht dazu führen, daß der Verpflichtete für seinen Verzug geradezu eine Belohnung erhalte. Gerade durch die Erleichterungen in der Hereinbringung der Forderung werde dem Berechtigten die Möglichkeit gegeben, den Unterhalt von Dritten vorschußweise zu erlangen, da dieser dadurch eher zur Befriedigung gelangen könne. Dasselbe müsse für den Übergang nach § 21a Fürsorgepflichtverordnung gelten. Diese Bestimmung solle die Einbringung des Ersatzes für die Leistungen des Fürsorgeträgers erleichtern und ihn von der Notwendigkeit befreien, sich die Forderung erst abtreten zu lassen. Andernfalls hätte gerade die Wahrungsmitteilung, die dem Fürsorgeträger zu seinem Geld verhelfen solle, die Folge, daß die Erleichterung der Hereinbringung wegfallen würde. Der Unterhaltsberechtigte selbst, dem die Begünstigung zustatten kommen würde, sei ja zur Klage und Exekution nicht mehr befugt. Es hieße also, die Bestimmung des § 21a Fürsorgepflichtverordnung in ihr Gegenteil verkehren, wenn man dem Forderungsübergang die Wirkung beilegte, daß die Begünstigung bei der Hereinbringung damit erlösche.

Heller - Ringhofer, Das österreichische Fürsorgerecht, ÖGB. Verlag 1965, S. 106, geben den wesentlichen Inhalt dieser Entscheidung zustimmend wieder und bemerken, daß sie trotz der Neufassung des § 98 ASVG. durch die 11. Novelle grundsätzlich noch heute von Bedeutung sei.

Zusammenfassend ergibt sich also, daß bisher überhaupt nur die Entscheidung RiZ. 1958 S. 47 die Anwendung des § 406 ZPO. auf den Fall des § 21a Fürsorgepflichtverordnung verneint hat, wogegen mehrere Entscheidungen diese Möglichkeit implicite bejaht haben.

Der erkennende Senat pflichtet den Ausführungen der Entscheidung 3 Ob 233/59 bei.

Es würde dem Zweck der in der Fürsorgepflichtverordnung normierten Legalzession widersprechen, den Fürsorgeträger zu immer neuer Prozeßführung zu nötigen. In dem ähnlich gelagerten Fall des § 332 ASVG. hat der Oberste Gerichtshof entschieden, daß der Sozialversicherungsträger den im Wege der Legalzession auf ihn übergegangenen Rentenanspruch auch für die Zukunft einklagen könne (ZVR, 1960 Nr. 134 und 212). § 406 ZPO. ist daher auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

Die Klägerin macht aber auch geltend, daß gemäß § 146 ASVG. - diesfalls § 147 ASVG. - die Pflege in öffentlichen Krankenanstalten befristet gewesen sei. Diese Bestimmung sei zwar durch Art. I Z. 10 der 18. Novelle zum ASVG. (BGBl. 1966 Nr. 168) rückwirkend mit 1. Juli 1966 aufgehoben worden. Als Übergangsregelung bestimme aber Art. II, daß die unbeschränkte Anstaltspflege auch gewährt werde, wenn der Versicherungsfall der Krankheit vor dem Wirksamkeitsbeginn dieses Bundesgesetzes eingetreten sei und der Anspruch auf Anstaltspflege am 30. Juni 1966 noch nicht erschöpft gewesen sei. Da sich W. seit 1951 in der Heil- und Pflegeanstalt G. befinde, sei der Versicherungsfall noch vor dem Wirksamkeitsbeginn des erwähnten Gesetzes eingetreten und der Anspruch auf Anstaltspflege am 30. Juni 1966 bereits erschöpft gewesen. Der Sozialversicherungsträger sei daher keinesfalls verpflichtet gewesen, die Kosten für die Anstaltspflege des Befürsorgten zu tragen. Die Klägerin habe sich daher zu Recht an die Beklagte wegen Kostenersatzes gewendet.

Die Beklagte entgegnet in der Revisionsbeantwortung, das Erlöschen des Anspruches nach § 146 ASVG. sei nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Dieses Vorbringen stelle eine unzulässige Neuerung dar. Die für die Anwendung des § 146 ASVG. maßgebenden Tatsachen seien mangels eines entsprechenden Vorbringens der Klägerin in erster Instanz nicht festgestellt worden.

Hierin kann der Beklagten jedoch nicht gefolgt werden. Schon das Erstgericht hätte von Amts wegen auf die 18. Novelle zum ASVG. Bedacht zu nehmen und die entsprechenden Feststellungen zu treffen gehabt. Der Hinweis in der Revision zeigt somit zulässigerweise einen Feststellungsmangel auf, der eine erschöpfende rechtliche Beurteilung derzeit hindert. Durch die Aufhebung der Kostenteilungsvorschrift des § 148 Z. 5 ASVG. mit 31. Dezember 1966 als verfassungswidrig ist zwar innerhalb des von der Klagsforderung umfaßten Zeitraums eine Änderung der Rechtslage eingetreten. Wie der Oberste Gerichtshof aber schon in der Entscheidung 2 Ob 39/65 (RiZ. 1965 S. 149) ausgesprochen hat, kommt eine Kostenteilung oder ein Lastenausgleich zwischen den Trägern der Sozialversicherung und den Fürsorgeverbänden nur für jenen Zeitraum in Betracht, in dem der Krankenversicherungsträger Leistungen zu erbringen hat. Wenn also im gegenständlichen Falle der Sozialversicherungsträger für den fraglichen Zeitraum keine Leistungen in Form von Anstaltspflege mehr zu erbringen gehabt haben sollte, könnte die Klägerin nicht auf solche Leistungen verwiesen werden, sondern wäre grundsätzlich berechtigt, Ersatz für ihre Aufwendungen nach § 21a Fürsorgepflichtverordnung zu fordern (vgl. 4 Ob 566/67). Das Erstgericht wird daher den Sachverhalt unter diesem rechtlichen Gesichtspunkte mit den Parteien zu erörtern und die darnach fehlenden Feststellungen zu treffen haben. Das Gericht darf ja die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie vom Gericht nicht aufmerksam gemacht worden waren (EvBl. 1964 Nr. 161).

Es war daher mit der Aufhebung der Urteile beider Untergerichte und der Rückverweisung der Sache an das Erstgericht vorzugehen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte