Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.119,24 EUR (darin enthalten 186,54 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte betreibt das Versicherungsgeschäft und bietet ihre Leistungen österreichweit an. Sie vereinbart mit Verbrauchern regelmäßig die Allgemeinen Z***** Bedingungen für die Unfall‑Versicherung (AUVB 2008). Die AUVB 2008 enthalten unter anderem folgende Klauseln:
„Artikel 16
Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten (Ärztekommission)
1. Im Fall von Meinungsverschiedenheiten über Art und Umfang der Unfallfolgen oder darüber, in welchem Umfang die eingetretene Beeinträchtigung auf den Versicherungsfall zurückzuführen ist, ferner über die Beeinflussung der Unfallfolgen durch Krankheiten oder Gebrechen entscheidet die Ärztekommission. [...]
2. In den nach Pkt. 1. der Ärztekommission zur Entscheidung vorbehaltenen Meinungsverschiedenheiten können Sie sowie ein allfälliger Begünstigter oder Bezugsberechtigter innerhalb von sechs Monaten nach Zugang unserer Mitteilung gemäß Art 15. Pkt. 1. Widerspruch erheben und unter Bekanntgabe der Forderung die Entscheidung der Ärztekommission beantragen.
3. Das Recht, die Entscheidung der Ärztekommission zu beantragen, steht auch uns zu.
...
7. Die Kosten der Ärztekommission werden von ihr festgesetzt und sind im Verhältnis des Obsiegens der beiden Parteien zu tragen. Der Anteil der Kosten, den der Anspruchsberechtigte zu tragen hat, ist mit 1 % der für Tod und Invalidität zusammen versicherten Summe, höchstens jedoch mit 25 % des strittigen Betrages, begrenzt.“
...
Artikel 21
...
2. Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalles
Als Obliegenheiten, deren Verletzung unsere Leistungsfreiheit nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 VersVG bewirkt, werden vereinbart:
...
2.3. Uns ist das Recht einzuräumen, die Leiche durch Ärzte obduzieren und nötigenfalls exhumieren zu lassen.“
Die Beklagte hält auf der ersten Seite der AUVB 2008 fest, dass im Bedingungstext auf einige Bestimmungen des VersVG verwiesen wird und sich der genaue Wortlaut dieser Vorschriften im Anhang befindet. § 6 Abs 3 VersVG ist im Anhang zu den AUVB 2008 abgedruckt.
Der Kläger ‑ ein Verein nach § 29 Abs 1 KSchG ‑ begehrt mit seiner Klage, der Beklagten die Verwendung der Klauseln Artikel 16.7. und Artikel 21.2.3. oder sinngleicher Klauseln und die Berufung darauf zu untersagen und ihm die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in einer Samstagausgabe einer bestimmten Zeitung zu erteilen.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung.
Das nähere Parteienvorbringen und die Rechtsansicht der Vorinstanzen werden bei der Behandlung der jeweiligen Klausel wiedergegeben.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren unter Setzung einer Leistungsfrist von drei Monaten statt. Es ermächtigte den Kläger jedoch zur Veröffentlichung des klagsstattgebenden Urteilsspruchs in einer Samstagsausgabe einer anderen als der im Klagebegehren genannten Zeitung.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und änderte über Berufung des Klägers das Ersturteil dahin ab, dass ihm die Ermächtigung zur Veröffentlichung des klagsstattgebenden Urteilsspruchs in der beantragten Zeitung erteilt wurde.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige, und ließ auf Antrag der Beklagten nach § 508 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision nachträglich zu, weil der Oberste Gerichtshof nur zu Teilaspekten der in beiden Klauseln verwendeten Formulierungen Stellung genommen habe, sodass eine klarstellende Entscheidung der Rechtssicherheit diene.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Kläger beantwortete Revision der Beklagten ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
1. Für sämtliche Klauseln sind folgende Grundsätze im Verbandsprozess maßgebend:
1.1. Nach § 879 Abs 3 ABGB ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls einen Teil gröblich benachteiligt. Das dadurch geschaffene „bewegliche System“ berücksichtigt einerseits die objektive Äquivalenzstörung und andererseits die „verdünnte Willensfreiheit“. Weicht eine Klausel von dispositiven Rechtsvorschriften ab, liegt eine gröbliche Benachteiligung eines Vertragspartners im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB schon dann vor, wenn es für die Abweichung keine sachliche Rechtfertigung gibt. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die dem Vertragspartner zugedachte Rechtsposition in einem auffallenden Missverhältnis zur vergleichbaren Rechtsposition des anderen steht (stRsp; RIS‑Justiz RS0016914 [T3, T4]). Die Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner gröblich benachteiligt, orientiert sich am dispositiven Recht, das als Leitbild eines ausgewogenen und gerechten Interessenausgleichs für den Durchschnittsfall dient (RIS‑Justiz RS0014676 [T7, T13, T43]).
1.2. Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Dieses sogenannte Transparenzgebot soll eine durchschaubare, möglichst klare und verständliche Formulierung Allgemeiner Geschäftsbedingungen sicherstellen, um zu verhindern, dass der für die jeweilige Vertragsart typische Verbraucher von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigt Pflichten abverlangt werden (stRsp; zB RIS‑Justiz RS0115217 [T8]). Daraus kann sich konkret eine Pflicht zur Vollständigkeit ergeben, wenn die Auswirkung einer Klausel sonst unklar bliebe (RIS‑Justiz RS0115219).
1.3. Im Verbandsprozess nach § 28 KSchG hat die Auslegung der Klauseln im „kundenfeindlichsten“ Sinn zu erfolgen. Auf eine etwaige teilweise Zulässigkeit der beanstandeten Klausel kann nicht Rücksicht genommen werden, weil eine geltungserhaltende Reduktion im Verbandsprozess nicht möglich ist (stRsp; RIS‑Justiz RS0016590 [T1]; RS0038205; 9 Ob 56/13w mwN).
2. Zur Klausel Art 16.7. AUVB 2008 (Kostentragung bei Anrufung der Ärztekommission):
Nach Auffassung des Klägers weiche diese Klausel zum Nachteil des Versicherungsnehmers von der gesetzlichen Regelung des § 66 Abs 2 VersVG ab, weil die Beklagte nach Art 16.3. AUVB 2008 auch ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers ein Sachverständigenverfahren beantragen könne. § 66 Abs 2 VersVG befinde sich zwar im Abschnitt über die Schadensversicherung; dies ändere aber nichts daran, dass die hinter dieser Bestimmung stehende Wertung im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 ABGB auf die Unfallversicherung analog übertragbar sei. Wäre die Klausel auch in Fällen zulässig, in denen die Entscheidung der Ärztekommission ausschließlich vom Versicherer ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers beantragt worden sei, sei ein Verbraucher, der nach einem Unfall außergerichtlich in gutem Glauben einen Anspruch auf eine Versicherungsleistung geltend mache, nicht nur dem Risiko ausgesetzt, aus rechtlichen oder medizinischen Gründen eine Ablehnung zu erhalten, sondern er trüge zusätzlich auch noch das Risiko, dem Versicherer kostenpflichtig zu werden. Dieses Kostenrisiko könne der Versicherungsnehmer letztendlich nur dadurch vermeiden, dass er nach einem Unfall gar keine Ansprüche geltend mache. Die Klausel bewirke in der Unfallversicherung eine unfaire, mit der auf alle Sachverständigenverfahren übertragbaren Wertung des § 66 Abs 2 VersVG in Widerspruch stehende Pflichtenlage. Die Begrenzung im zweiten Satz der Klausel stelle ‑ zumindest bei einem höheren Anspruch oder einer höheren vereinbarten Versicherungssumme für Tod und Invalidität ‑ keine relevante Einschränkung der Kostentragungspflicht dar. Weiters sei die Klausel unzulässig, weil die in ihr vorgesehene Kostenersatzpflicht des Versicherers und des Versicherungsnehmers im Verhältnis ihres Obsiegens nur vordergründig den Bestimmungen der ZPO entspreche. Im Ärztekommissionsverfahren bestimmten die Ärzte ‑ anders als im gerichtlichen Verfahren ‑ die Gebühren selbst, ohne weitere Überprüfungsmöglichkeit durch einen Unbeteiligten und ohne dass objektive Kriterien festgelegt seien, nach welchen dies zu erfolgen habe. Zudem fehle im Ärztekommissionsverfahren die Warnpflicht des Sachverständigen, wie dies im gerichtlichen Verfahren der Fall sei. Überdies werde nicht einmal ausdrücklich auf die objektiv notwendigen Kosten abgestellt. In der Klausel werde keine Vorsorge für den Fall getroffen, dass die vom „Schiedsgericht“ getroffenen Feststellungen nach § 184 Abs 1 VersVG nicht verbindlich seien, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abwichen. Auch in diesem Fall müsste der Versicherungsnehmer, der allenfalls vor Gericht obsiege, aufgrund der vereinbarten Klausel dennoch die Kosten der Ärztekommission im Verhältnis des Obsiegens nach der (erheblich unrichtigen) Entscheidung der Ärztekommission tragen, obwohl letztlich der Versicherer unterliege. Dies widerspreche § 66 VersVG. Die gröbliche Benachteiligung ergebe sich schließlich auch daraus, dass nach der Klausel eine Kostentragungspflicht für den Versicherungsnehmer auch dann bestehe, wenn Umstände durch die Ärztekommission bewertet werden sollten, für die der Versicherer beweispflichtig sei und hinsichtlich deren Klärung daher ein ausschließliches Interesse des Versicherers bestehe.
Die Beklagte wendete ein, dass die Unfallversicherung als Summenversicherung betrieben werde, weshalb für die Pflicht zum Ersatz der Kosten der Ärztekommission nicht § 66 Abs 2 VersVG, sondern § 185 VersVG einschlägig sei. Diese Bestimmung sei dispositiv; die Beklagte könne daher mit dem Versicherungsnehmer nicht nur die beiderseitige Anrufungsmöglichkeit einer Ärztekommission vereinbaren, sondern in den AUVB auch eine Kostenersatzregelung treffen. Die Klausel enthalte eine doppelte Beschränkung des Kostenrisikos für den Versicherungsnehmer, wodurch das Kostenrisiko für ihn leicht kalkulierbar und auch vorhersehbar sei. Die Kostenersatzregelung erweise sich im Vergleich zu den Kostenersatzregelungen der ZPO für den Versicherungsnehmer vorteilhafter, weil es nach der ZPO keine Begrenzung der Kostentragungspflicht nach oben gebe. Eine gröbliche Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinn von § 879 Abs 3 ABGB liege nicht vor. Die Befürchtung, dem Versicherungsnehmer werde ein zusätzliches Kostenrisiko aufgebürdet, sei unberechtigt, weil die Anrufung der Ärztekommission eine Meinungsverschiedenheit der Parteien voraussetze. Eine bloße Anspruchserhebung durch den Versicherungsnehmer und die Ablehnung des Anspruchs durch die Beklagte „bewirke noch keine Meinungsverschiedenheit, die sie zur Anrufung der Ärztekommission berechtige“. Dass in der Klausel keine Vorsorge für den Fall getroffen werde, dass die vom „Schiedsgericht“ getroffenen Feststellungen nach § 184 Abs 1 VersVG nicht verbindlich seien, stimme nicht, weil Art 16.1. AUVB 2008 dafür Vorsorge treffe.
Das Erstgericht hielt fest, dass die Klausel von § 66 Abs 1 und 2 sowie § 185 VersVG insofern abweiche, als ihr zufolge die Kosten der Ärztekommission im Verhältnis des Obsiegens von beiden Parteien zu tragen seien. Nach dem Gesetz müsse der Versicherer die Kosten tragen, wenn er die Erstellung eines Gutachtens veranlasst habe. Die Beklagte räume sich in Art 16.3. AUVB 2008 das Recht ein, die Entscheidung der Ärztekommission zu beantragen. Die beanstandete Klausel sei insofern unzulässig, als nach ihr der Versicherungsnehmer dazu angehalten werden könnte, die Kosten für das Verfahren vor der Ärztekommission zu übernehmen, welches der Versicherer ohne Zutun des Versicherungsnehmers veranlasst habe. Dass die Klausel eine doppelte Kostenbeschränkung vorsehe, komme nicht zum Tragen, weil nach den gesetzlichen Bestimmungen der Versicherer die Kosten ersetzen müsse, sofern er ein Gutachten in Auftrag gegeben habe. Insofern schränke die Klausel den Grundsatz, dass auf Veranlassung des Versicherers entstandene Gutachterkosten für die Schadenserhebung stets der Versicherer zu tragen habe, unzulässigerweise ein.
Das Berufungsgericht bejahte einen Verstoß gegen § 879 Abs 3 ABGB. Die in der Klausel vorgesehene Kostenersatzpflicht des Versicherers und des Versicherungsnehmers im Verhältnis ihres Obsiegens mit zweifacher Kostenersatzbeschränkung für den Versicherungsnehmer erwecke zwar vordergründig den Eindruck, eine Verbesserung gegenüber den Bestimmungen der ZPO herbeizuführen. Bei näherer Betrachtung weise die Klausel jedoch erhebliche Nachteile für den Versicherungsnehmer im Verhältnis zu den in der ZPO geregelten Kostenfolgen auf: Im gerichtlichen Verfahren würden die Kosten der Sachverständigen nach den geltenden Tarifen vom Gericht, im Instanzenzug überprüfbar, bestimmt. Im Ärztekommissionsverfahren bestimmten hingegen die Ärzte ihre Gebühren ohne weitere Überprüfungsmöglichkeit durch einen Unbeteiligten selbst, ohne dass zumindest objektive Kriterien festgelegt würden, nach welchen dies zu erfolgen habe. Nur im gerichtlichen Verfahren bestehe die Möglichkeit der Gewährung von Verfahrenshilfe. Auch sehe die Kostenregelung nicht das Korrektiv der Warnpflicht des Sachverständigen vor (7 Ob 202/07t). Darüber hinaus enthalte die Kostentragungsbestimmung keine § 43 Abs 2 zweiter Fall ZPO vergleichbare Abfederung des Kostenrisikos für den Versicherungsnehmer. Gerade bei Ansprüchen aus der Unfallversicherung werde es regelmäßig dazu kommen, dass die erhobene Forderung von der Ausmittlung durch Sachverständige abhängig sei. In diesen Fällen werde im Zivilprozess die für den Versicherungsnehmer bestehende Schwierigkeit, seine Forderung abschätzen zu können, kostenmäßig dadurch entschärft, dass den Kläger bis zu einer Überklagung um 100 % keine nachteiligen Kostenfolgen träfen. Die Kostentragungspflicht des Versicherungsnehmers sei mit 25 % des strittigen Betrags gedeckelt; das bedeute jedoch, dass dann, wenn der Versicherungsnehmer nach der Entscheidung der Ärztekommission mit seiner Forderung zu 75 % erfolgreich sei, er im zivilgerichtlichen Verfahren keine nachteiligen Folgen tragen müsste, soweit es sich um eine Forderung, die vom Sachverständigen ausgemittelt werde, handle. Im Verfahren vor der Ärztekommission hätte er jedoch 25 % der Kosten zu tragen. Da das Recht, die Entscheidung der Ärztekommission zu beantragen, auch dem Versicherer zustehe und der Versicherungsnehmer keine Möglichkeit habe, die Einleitung des Verfahrens zu verhindern, sei der Versicherungsnehmer durch die Klausel dem Risiko ausgesetzt, dass er bei einer Obsiegensquote von über 50 % des strittigen Betrags mit erheblichen Kostenfolgen in einem von ihm nicht gewünschten Verfahren konfrontiert sei, die ihn im Zivilverfahren nicht treffen würden. Die vom Obersten Gerichtshof zu 7 Ob 75/09v ‑ einem Individualprozess ‑ angestellten Überlegungen zu einer Vertragsanpassung könnten auf den Verbandsprozess nicht übertragen werden. Dem Argument der Beklagten, dass die Kosten der Anrufung der Ärztekommission als vorprozessuale Kosten geltend gemacht werden könnten und daher der Versicherungsnehmer im Fall des Obsiegens vor Gericht diese Kosten nur vorläufig zu tragen habe, sei zu entgegnen, dass die Ersatzfähigkeit dieser Kosten daran scheitere, dass es sich dabei nicht um Kosten der konkreten Prozessvorbereitung handle. Dem Versicherungsnehmer entstünden ja nur dann Kosten vor der Ärztekommission, wenn er dort teilweise unterliege. Damit würde das Ergebnis der Ärztekommission nicht seinen Prozessstandpunkt schützen, weshalb die dem Versicherungsnehmer im Schiedsverfahren entstandenen Kosten nicht seiner zweckentsprechenden Prozessvorbereitung dienten.
Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt:
2.1. Für die Unfallversicherung ist in § 185 VersVG gesetzlich geregelt, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer insoweit die Kosten, welche durch die Ermittlung und Feststellung des Unfalls sowie des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers entstehen, zu ersetzen hat, als ihre Aufwendung den Umständen nach geboten war. Die Aufwendung welcher Kosten geboten war, richtet sich nach objektiven Kriterien (7 Ob 202/07t mwN).
§ 185 VersVG enthält für die Unfallversicherung eine § 66 Abs 1 VersVG entsprechende Bestimmung. Sie ist abänderlich (dispositiv; BK/Schwintowski § 185 VVG Rn 4; Knappmann in Prölss/Martin , VVG 27 § 185 Rn 1); auch zu Lasten des Versicherungsnehmers, sofern damit nicht der Kernbereich der Vorschrift betroffen ist ( Grimm , Unfallversicherung 4 AUB 99 Nr 9 Rn 9 mwN). Die Einschränkung der Kostenerstattung bei Zuziehung eines Sachverständigen oder eines Beistands nach § 66 Abs 2 VersVG gilt für die Unfallversicherung nicht ( Knappmann aaO § 185 Rn 3; vgl Amtliche Begründung des Gesetzesentwurfs der [dt] Bundesregierung zum Versicherungsvertragsreformgesetz, BT‑Drucks 16/3945, 109 zu § 189 VVG nF).
2.2. Die Anrufung der Ärztekommission ist nach Art 16 AUVB 2008 nur fakultativ (vgl RIS‑Justiz RS0116382). Der Versicherungsnehmer kann entscheiden, ob er die Ärztekommission anrufen (Art 16.2. AUVB 2008) oder seine Ansprüche in einem gerichtlichen Verfahren geltend machen will. Nach Art 16.3. AUVB 2008 hat das Ärztekommissionsverfahren aber auch dann stattzufinden, wenn dies allein der Versicherer beantragt. In diesem Fall kann sich der Versicherungsnehmer dem Schiedsverfahren nicht entziehen. Es kann ihm gegen seinen Willen ‑ mit den hier zu beurteilenden Kostenfolgen ‑ aufgezwungen werden (vgl 7 Ob 202/07t).
2.3. Wie der Oberste Gerichtshof (7 Ob 202/07t = VR 2009/820, 27 [zust Palten ]; dazu Ertl , Rechtsprechungsübersicht Versicherungsrecht 2007, ecolex 2008, 1094 [1103]) zu einer mit dem ersten Satz der hier zu beurteilenden Klausel inhaltsähnlichen Bedingungslage ausgesprochen hat, entspricht die vorgesehene Kostenersatzpflicht des Versicherers und des Versicherungsnehmers im Verhältnis ihres Obsiegens zwar vordergründig den Bestimmungen der ZPO, bei näherer Betrachtung ist dies jedoch nicht der Fall. Im gerichtlichen Verfahren werden die Kosten der Sachverständigen und Rechtsanwälte nach den geltenden Tarifen vom Gericht ‑ im Instanzenzug überprüfbar ‑ bestimmt. Im Ärztekommissionsverfahren bestimmen hingegen die Ärzte ihre Gebühren ohne Überprüfungsmöglichkeit durch einen Unbeteiligten selbst, ohne dass zumindest objektive Kriterien festgelegt sind, nach welchen dies zu erfolgen hat. Die im Gerichtsverfahren entstehenden Kosten sind also im Gegensatz zur hier vereinbarten Kostenregelung einerseits objektiv durch Tarife vorweg festgelegt und andererseits werden sie vom Gericht ‑ im Instanzenzug überprüfbar ‑ bestimmt. Weiters besteht nur im gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit der Gewährung von Verfahrenshilfe. Schließlich fehlt das Korrektiv der Warnpflicht des Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren nach § 25 Abs 1 GebAG 1975. Nach Art 16.7. zweiter Satz AUVB 2008 sind die vom Versicherungsnehmer zu ersetzenden Kosten zwar begrenzt, jedoch sind die zu erwartenden Kosten innerhalb dieses Rahmens nicht abschätzbar, weil nicht einmal ausdrücklich nur auf die objektiv notwendigen Kosten und deren Bemessungsgrundlage abgestellt wird.
Weiters ist in der Klausel keine Vorsorge für den Fall getroffen, dass die vom Schiedsgericht getroffenen Feststellungen nach § 184 Abs 1 VersVG nicht verbindlich sind, wenn sie also offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abweichen. Auch in diesem Fall muss nämlich der Versicherungsnehmer, der allenfalls vor Gericht obsiegt, aufgrund der vereinbarten Klausel dennoch die Kosten der Ärztekommission im Verhältnis des Obsiegens nach der (erheblich unrichtigen) Entscheidung der Ärztekommission tragen, obwohl letztlich der Versicherer unterliegt. Auch das ist für den Versicherungsnehmer eine gröbliche Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB.
Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Kosten des zwischen den Parteien in Art 16 AUVB 2008 vereinbarten Schiedsgutachterverfahrens keinesfalls vorprozessuale Kosten, die der Prozessvorbereitung dienen und in der Kostennote geltend zu machen sind. Vielmehr ist das Schiedsgutachterverfahren ein eigenständiges Verfahren, das einen Prozess grundsätzlich vermeiden soll. Lediglich in den Fällen des § 184 Abs 1 VersVG kann die Feststellung durch Urteil erfolgen. Die Kostentragungspflicht ergibt sich nicht aus den §§ 40 ff ZPO (für den Prozess aufgewendete Kosten), sondern aus der Vereinbarung in Art 16.7. AUVB 2008 (7 Ob 201/08x [zu Art 15 AUVB 1995]; ebenso Garger , Das Sachverständigenverfahren im Versicherungsvertragsrecht [2002], 82 f).
In der Entscheidung 7 Ob 202/07t hat der Oberste Gerichtshof die vom Versicherer in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgenommene unbegrenzte Kostentragungspflicht als für den Versicherungsnehmer gröblich benachteiligend nach § 879 Abs 3 ABGB und damit als nichtig beurteilt, weil sie dessen Rechtsposition zu seinem Nachteil gegenüber der gerichtlichen Durchsetzung ohne sachlichen Grund verschlechtert. Nichts anderes kann für Art 16.7. AUVB 2008 gelten, der zwar eine begrenzte Kostentragungspflicht für den Versicherungsnehmer enthält, jedoch den Versicherungsnehmer innerhalb dieses Kostenrahmens der Gefahr aussetzt, im Fall seines Unterliegens völlig unangemessene und unüberprüfbare Kosten der Ärztekommission in beträchtlicher Höhe ersetzen zu müssen. Diese Gefahr kann den Versicherungsnehmer davon abschrecken, einen Versicherungsanspruch überhaupt geltend zu machen. Beantragt der Versicherer die Ärztekommission, wird der Versicherungsnehmer ‑ so er ganz oder teilweise verliert ‑ im Rahmen seiner maximalen Kostenersatzpflicht mit nicht vorhersehbaren Kosten belastet, deren Entstehung er weder beeinflussen noch verhindern kann, es sei denn, er verzichtet vorsichtshalber auf seine Ansprüche oder nimmt widerspruchslos, was ihm der Versicherer zu geben bereit ist (vgl Palten in VR 2009/820, 28 [Anm zu 7 Ob 202/07t]). Die Kostenklausel ist daher nach § 879 Abs 3 ABGB unwirksam.
3. Zur Klausel Art 21.2.3. AUVB 2008 (Obliegenheit der Einräumung des Rechts zur Obduktion und Exhumierung):
Der Kläger erachtet diese Klausel für den Versicherungsnehmer, die versicherte Person oder den Anspruchsberechtigten für unzumutbar und gröblich benachteiligend im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB. Die Klausel enthalte keine Einschränkung dahin, dass eine Obduktion immer nur dann zu gestatten sei, wenn dies für die Beurteilung der Leistungspflicht erforderlich sei. Den Anspruchsberechtigten müsse überlassen bleiben, ob sie einer Obduktion zustimmen oder Gefahr laufen wollten, den Versicherungsfall nicht nachweisen zu können. Eine Obduktion setze das Einverständnis der Gefahrperson voraus, welche nicht immer mit der Person des Versicherungsnehmers ident sei, wobei das Einverständnis auch nicht vorab in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden könne. Die Klausel laufe aufgrund der nach dem Versicherungsfall zu erfüllenden Obliegenheit darauf hinaus, die Anspruchsberechtigten ‑ und nicht den verstorbenen Versicherten ‑ zur Zustimmung zur Obduktion und zur Exhumierung zu bewegen. Es gehe dabei um eine auf den eingetretenen Versicherungsfall bezogene nachträgliche Zustimmung der Anspruchsberechtigten. Nach § 25 Abs 2 KAKuG müsse die Zustimmung des Verstorbenen eindeutig gegeben und nachvollziehbar sowie entsprechend dokumentiert sein. Von einer eindeutigen, wirksam erteilten Zustimmungserklärung könne jedoch bei einer Zustimmung allein „auf der Grundlage verdünnter Willensfreiheit“ in den AUVB 2008 keinesfalls gesprochen werden. Eine einmal erteilte Zustimmung zu einer Obduktion müsse auch ohne Begründung widerrufen werden können. Dies würden die AUVB 2008 nicht vorsehen, sodass die Klausel gegen § 25 KAKuG verstoße. Die Klausel erwecke beim Konsumenten auch den Eindruck, dass die Zustimmung wirksam sei, womit die tatsächliche Rechtslage verschleiert werde, weshalb sie intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG sei. Die Obliegenheit zur Duldung der Obduktion gehe über die in § 34 VersVG geregelte bloße Auskunftspflicht weit hinaus. Wenn selbst die Beschaffung von Belegen von Versicherungsnehmern nur nach Maßgabe der Zumutbarkeit verlangt werden dürfe, könne es nicht zulässig sein, dem Versicherungsnehmer eine derart weitreichende „Duldungsobliegenheit“ aufzuerlegen. In der Klausel werde außerdem nur darauf verwiesen, dass die Verletzung der Obliegenheit „nach Maßgabe des § 6 Abs 3 VersVG“ die Leistungsfreiheit bewirke. Die Klausel mache damit die in § 6 Abs 3 VersVG vorgesehenen Ausnahmen von der Leistungsfreiheit des Versicherers nicht hinreichend deutlich. Die Verbraucher könnten sich dadurch nicht ausreichend über ihre Rechte und Pflichten informieren. Weiters sei die Klausel nach ihrem Wortlaut insofern missverständlich, als jedes Fehlen einer Zustimmung zur Obduktion ‑ von wem auch immer die Zustimmung verweigert werde ‑ zur Leistungsfreiheit führen könne. Dem sei aber nicht so, weil das Fehlen der Zustimmung der „totensorgeberechtigten“ Angehörigen, welche nicht gleichzeitig auch Anspruchsberechtigte seien, keine Wirkung entfalten könne. Die Klausel mache das nicht deutlich, sodass sie intransparent sei.
Die Beklagte wendete ein, dass die Vereinbarung der Obliegenheit, dem Versicherer nach Eintritt des Versicherungsfalls die Obduktion der Leiche zu ermöglichen, zulässig sei, weil weder Pietät noch religiöse Gründe eine Verweigerung der Zustimmung rechtfertigen könnten. Nach § 25 KAKuG könne eine Person zu Lebzeiten wirksam in eine Obduktion einwilligen. Weshalb eine mögliche und zulässige Einwilligung zur Obduktion grob benachteiligend sei, könne nicht nachvollzogen werden. Die Klausel enthalte keine Mitwirkungspflicht, sondern eine bloße „Duldungsobliegenheit“ des Anspruchsberechtigten. Insofern sei diese Obliegenheit nicht mit den in § 34 VersVG geregelten Mitwirkungs‑ und Auskunftspflichten des Anspruchsberechtigten vergleichbar. Eine Verletzung dieser Obliegenheit führe auch nicht jedenfalls zum Leistungsausschluss, sondern nur nach Maßgabe von § 6 Abs 3 VersVG. Sollte die Einräumung des Rechts zur Obduktion im konkreten Fall tatsächlich unzumutbar sein, liege kein Verschulden des Versicherungsnehmers vor und die Beklagte müsse leisten. Die Gefahrperson bestimme zu Lebzeiten darüber, ob sie bei Ableben mit einer Obduktion einverstanden sei. Liege keine Erklärung vor, bedürfe es der Zustimmung der nahen Angehörigen. Im Fall, dass der Anspruchsberechtigte nicht zur alleinigen Totenfürsorge berechtigt sei, habe er den Versicherer bei der Erlangung der Zustimmung der nahen Angehörigen zu unterstützen. Die Klausel richte sich demnach zu Lebzeiten an die Gefahrperson direkt und nach dem Ableben an den Anspruchsberechtigten. Nach § 6 Abs 3 VersVG sei es erforderlich, dass die Leistungsfreiheit für den Fall der Obliegenheitsverletzung vereinbart worden sei. Die Klausel sei nicht missverständlich, weil sich die Obliegenheit, ohne dass dies in der Klausel gesondert erwähnt werden müsse, naturgemäß an Anspruchsberechtigte richte. Nur diese könnten eine Obliegenheitsverletzung im Sinn des § 6 Abs 3 VersVG schuldhaft begehen. Die Gefahrperson selbst komme ebensowenig in Frage wie unbeteiligte Dritte (nahe Angehörige). In der Klausel brauche nicht gesondert darauf hingewiesen werden, dass Obliegenheiten ab Ableben der versicherten Person vom Anspruchsberechtigten zu erfüllen seien. Die Obliegenheit sei bei Gesamtbetrachtung aller Interessen auch zumutbar, weil die Obduktion von Ärzten vorgenommen werde und der Feststellung der genauen Umstände des Todesfalls diene.
Nach Ansicht des Erstgerichts sei die Klausel unter Anwendung der kundenfeindlichsten Interpretation so zu verstehen, dass dem Versicherungsnehmer oder dem Anspruchsberechtigten die Pflicht auferlegt werde, dem Versicherer das Recht einzuräumen, die Leiche durch Ärzte obduzieren oder nötigenfalls exhumieren zu lassen, widrigenfalls nach Maßgabe des § 6 Abs 3 VersVG der Versicherungsschutz verloren gehe. Nach der Formulierung der Klausel, die lediglich anordne, dass dem Versicherer das Recht einzuräumen sei, eine Obduktion vornehmen zu lassen, liege vorweg keine wirksame Zustimmung der Obduktion noch zu Lebzeiten des Verstorbenen vor. Daher kämen nur die nächsten Angehörigen für die Zustimmung zu einer Obduktion in Betracht. Verweigerten die nächsten Angehörigen die Zustimmung, so bestehe für den Anspruchsberechtigten keine Möglichkeit, dem Versicherer das Recht auf Durchführung der Obduktion zu verschaffen, was nach der Formulierung der Klausel als Obliegenheitsverletzung aufzufassen sei, sodass nach § 6 Abs 3 VersVG der Versicherungsschutz verloren gehen könnte. Dass dieser Fall von der Beklagten nicht als vorsätzliche oder grob fahrlässige Obliegenheitsverletzung qualifiziert werde, sei für den Versicherungsnehmer nicht ersichtlich, weshalb die Klausel intransparent sei. Der Verweis auf § 6 Abs 3 VersVG verschaffe keine Klarstellung, weil für den Verbraucher daraus nicht hervorgehe, wo die Grenze zwischen leichter und grober Fahrlässigkeit liege und ob nun in der „gegebenen Konstellation“ eine Obliegenheitsverletzung liege oder nicht. Die Kenntnis der Auslegung der Begriffe „leichte“ und „grobe Fahrlässigkeit“ im Sinn des § 6 Abs 3 VersVG könne beim durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht vorausgesetzt werden. Dem Versicherungsnehmer werde daher ein unklares Bild seiner vertraglichen Situation vermittelt, was bewirken könne, dass er in Unkenntnis der Auslegung einer gesetzlichen Regelung an der Ausübung seiner Rechte gehindert werde. Im Übrigen bleibe völlig offen, durch wen und auf welche Weise die Rechtseinräumung vor sich gehen solle, ebenso der Umstand, dass die Zustimmung zur Obduktion oder Exhumierung ‑ um wirksam zu sein ‑ wohl einer gewissen Aufklärung und Absicherung bedürfe.
Das Berufungsgericht beurteilte die Klausel als gegen das Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG verstoßend. Der Hinweis auf die Leistungsfreiheit „nach Maßgabe des § 6 Abs 3 VersVG“ unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Gesetzestext nur im Anhang abgedruckt sei, widerspreche dem sich aus § 6 Abs 3 KSchG ergebenden Gebot der klaren und verständlichen Formulierung. Bei lebensnaher Betrachtung könne nicht davon ausgegangen werden, dass der durchschnittlich verständige Versicherungsnehmer jeweils das gesamte Regelwerk durchlese, damit auch auf den im Anhang abgedruckten Text des § 6 Abs 3 VersVG stoße und die dort normierten Ausnahmen von der Leistungsfreiheit des Versicherers erkennen könne. Die Unklarheit der Klausel ergebe sich auch anhand § 25 KAKuG. Ein unbefangenes Lesen der Klausel lasse für den Durchschnittsverbraucher die Schlussfolgerung zu, dass er als Anspruchsberechtigter aus der Unfallversicherung der Totenfürsorgeberechtigte sei. Die Klausel stelle jedenfalls keine Vorausverfügung des Verstorbenen über seinen Leichnam dar und könne gemäß § 914 ABGB auch nicht in diese Richtung gedeutet werden, weil sie nach dem eindeutigen Wortlaut nur eine Obliegenheit der Anspruchsberechtigten festlege. Sollte es sich bei den Anspruchsberechtigten um nahe Angehörige handeln, komme ihnen nur dann die Totenfürsorge zu, wenn der Wille des Verstorbenen nicht mehr ermittelt werden könne. Aus der Klausel lasse sich für den Durchschnittskonsumenten nicht erkennen, dass er als naher Angehöriger nur dann dieses Recht einräumen könne, wenn eine Ermittlung des geäußerten oder sogar hypothetischen Willens des Verstorbenen nicht gelinge. Sollte der Anspruchsberechtigte kein naher Angehöriger des Verstorbenen sein, komme eine Verfügungsberechtigung über den Leichnam unter keinen Umständen in Frage. Für diese Personengruppe sei die Erfüllung dieser Obliegenheit rechtlich gar nicht möglich, sodass aufgrund der Formulierung der Klausel die Gefahr bestehe, dass sich auch Personen belastet erachteten, denen rechtlich diese Verfügungsbefugnis gar nicht zustehe. Die Klausel enthalte eine Handlungsobliegenheit und keine Duldungsobliegenheit. Eine Interpretation der Obliegenheit dahin, dass dann, wenn keine Zustimmung der Gefahrperson vorliege und es der Zustimmung der nahen Angehörigen bedürfe, der Anspruchsberechtigte, der nicht zur alleinigen Totenfürsorge berechtigt sei, den Versicherer bei der Erlangung der Zustimmung der nahen Angehörigen zu unterstützen habe, finde im Wortlaut der Klausel keine Deckung.
Der Revision der Beklagten kommt keine Berechtigung zu:
3.1. Der Oberste Gerichtshof hat in der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung 7 Ob 216/11g (dazu zust Ertl , Schriftform, Totalschaden und Transparenz ‑ Zugleich eine Besprechung der E 7 Ob 216/11g, ecolex 2012, 769 [771 f]; krit Palten in VR 2013/896, 26 [27 f]) ausgesprochen, dass bei Darlegung der Folgen einer Obliegenheitsverletzung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Verweis auf § 6 Abs 3 VersVG ‑ nämlich in Form eines bloßen Klammerzitats ‑ intransparent ist, wobei dort der Wortlaut der Klausel nicht erkennen ließ, dass die Leistungsfreiheit des Versicherers nur in den Ausnahmefällen der in Klammer angeführten Gesetzesstelle statuiert ist: Die Klausel verschleiere, dass die Leistungsfreiheit des Versicherers nur nach Maßgabe des § 6 Abs 3 VersVG eintrete.
Legt demgegenüber eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen klar, dass Obliegenheitsverletzungen nach Maßgabe von § 6 (Abs 3) VersVG zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen, ist sie diesbezüglich nicht intransparent (7 Ob 66/12z). Dies trifft auf die hier zu beurteilende Klausel zu. § 6 Abs 3 VersVG ist im Anhang zu den AUVB 2008 abgedruckt; darauf wird auf der ersten Seite der AUVB 2008 verwiesen. Da die Leistungsfreiheit des Versicherers nur nach Maßgabe des § 6 Abs 3 VersVG eintritt, lässt der Klauselwortlaut erkennen, dass dort Ausnahmen von der auf Grund von Obliegenheitsverletzungen gegebenen Leistungsfreiheit des Versicherers statuiert sind. Damit ist der Einleitungssatz des Art 21.2. AUVB 2008 ‑ entgegen der Rechtsansicht des Klägers und der Vorinstanzen ‑ nicht intransparent.
3.2. Zur Frage der Verfügungsberechtigung über einen Leichnam hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass über das Schicksal des Leichnams im Rahmen der öffentlich‑rechtlichen Vorschriften und der guten Sitten auf Grund eines über den Tod hinaus fortwirkenden Persönlichkeitsrechts die betroffene Person selbst entscheidet. Primär ist der Wille des Verstorbenen zu respektieren, soweit dies mit den bestehenden öffentlich‑rechtlichen Vorschriften vereinbar ist. Der Wille braucht nicht in einer bestimmten Form kundgetan worden zu sein, sondern kann unter Bedachtnahme auf die Grundsätze des § 914 ABGB auch aus den Umständen gefolgert oder hypothetisch ermittelt werden. Nur soweit ein erkennbarer Wille des Verstorbenen nicht vorliegt oder dieser aus öffentlich‑rechtlichen Gründen undurchführbar ist, haben die nächsten Angehörigen des Verstorbenen ohne Rücksicht auf ihre Erbenstellung das Recht, über den Leichnam ‑ ebenfalls im Rahmen der öffentlich‑rechtlichen Vorschriften und der guten Sitten ‑ zu bestimmen (zuletzt 1 Ob 222/12x mwN = iFamZ 2013/97, 146 [ Reiter ] = RdM 2013/103, 151 [ Kräftner ]).
3.3. Bestimmungen, die die Zulässigkeit von Obduktionen (Leichenöffnungen) oder Exhumierungen (Enterdigungen) regeln, finden sich verstreut sowohl in verschiedenen Bundesgesetzen als auch in Landesgesetzen.
Für privat veranlasste Obduktionen von Patienten, die in einer öffentlichen oder einer privaten Krankenanstalt verstorben sind, enthalten § 25 Abs 2 und § 40 Abs 1 lit b KAKuG und die Ausführungsgesetze der Länder eigene Regelungen (§ 53 Abs 2 und § 76 Burgenländisches Krankenanstaltengesetz 2000; § 55 Abs 2 und § 74 Abs 2 Kärntner Krankenanstaltenordnung 1999; § 42 Abs 2 und § 79 Abs 1 lit b NÖ Krankenanstaltengesetz; § 49 Abs 2 und § 88 Abs 1 Z 1 Oö Krankenanstaltengesetz 1997; § 57 Salzburger Krankenanstaltengesetz 2000 [betrifft öffentliche Krankenanstalt]; § 71 Abs 2 und § 105 Z 2 Stmk Krankenanstaltengesetz 2012; § 37 Abs 2 und § 59 lit d Tiroler Krankenanstaltengesetz; § 50 [Vorarlberger] Gesetz über Krankenanstalten; § 40 Abs 2 und § 62 lit a Wiener Krankenanstaltengesetz 1987).
Das Leichen‑ und Bestattungswesen fällt bezüglich Gesetzgebung und Vollziehung in den Zuständigkeitsbereich der Länder (Art 10 Abs 1 Z 12 B‑VG iVm Art 15 B‑VG). Die Voraussetzungen für „Privatobduktionen“ sind in den einzelnen Landesvorschriften durchaus unterschiedlich geregelt (siehe § 12 Abs 2 Burgenländisches Leichen‑ und Bestattungswesengesetz; § 10 Abs 3 Kärntner Bestattungsgesetz; § 9 Abs 1 Z 2 und 3 NÖ Bestattungsgesetz 2007; § 10 Abs 4 Oö Leichenbestattungsgesetz 1985; § 13 Abs 1 iVm § 15 Abs 1 zweiter Satz Salzburger Leichen‑ und Bestattungsgesetz 1986; § 12 Abs 2 Steiermärkisches Leichenbestattungsgesetz 2010; § 31 Abs 2 [Tiroler] Gemeindesanitätsdienstgesetz; § 12 Abs 2 [Vorarlberger] Gesetz über das Leichen‑ und Bestattungswesen; § 13 Abs 1 Wiener Leichen‑ und Bestattungsgesetz).
Wiederum nicht einheitliche Regelungen enthalten die einzelnen Landesgesetze für eine Exhumierung einer Leiche. Danach ist für die Enterdigung grundsätzlich eine behördliche Bewilligung oder ‑ wie in Wien, wenn der Todeszeitpunkt mehr als ein halbes Jahr zurückliegt ‑ ein befristetes Untersagungsrecht vorgesehen und die Antragstellung ist unterschiedlich ausgestaltet (§ 28 Burgenländisches Leichen‑ und Bestattungswesengesetz; § 25 Kärntner Bestattungsgesetz; § 19 NÖ Bestattungsgesetz 2007; § 26 Oö Leichenbestattungsgesetz 1985; § 23 Salzburger Leichen‑ und Bestattungsgesetz 1986; § 29 Steiermärkisches Leichenbestattungsgesetz 2010; § 46 [Tiroler] Gemeindesanitätsdienstgesetz; § 26 [Vorarlberger] Gesetz über das Leichen‑ und Bestattungswesen; § 18 Wiener Leichen‑ und Bestattungsgesetz).
3.4. Art 21.2.3. AUVB 2008 sieht bei kundenfeindlichster Auslegung vor, dass der Beklagten jedenfalls das Recht einzuräumen ist, die Leiche durch Ärzte zu obduzieren und „nötigenfalls“ exhumieren zu lassen. Damit ist diese Klausel jedenfalls unklar im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG. Weder wird festgelegt, durch wen und auf welche Weise das Recht zur Obduktion oder Exhumierung „eingeräumt“ werden soll, noch in welchen Fällen dies erforderlich sein soll.
Zunächst ist darauf zu verweisen, dass es im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen nicht im Belieben des Unfallversicherers steht, aus der Verweigerung der Obduktion oder der Exhumierung seine Leistungsfreiheit herzuleiten. Er ist vielmehr nur dann auf eine Obduktion oder die Entnahme von Leichenblut angewiesen, wenn die begehrte Maßnahme zu einem entscheidungserheblichen Beweisergebnis führen kann und wenn mit ihr das letzte noch fehlende Glied eines vom Versicherer zu führenden Beweises geliefert werden soll (vgl BGH IV ZR 153/91 = NJW‑RR 1992, 853). Da sowohl eine Obduktion als auch eine Exhumierung in das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen eingreifen, bedarf es von der Beklagten tragfähiger Gründe für die begehrten Maßnahmen. Eine Leichenöffnung oder Exhumierung „ins Blaue hinein“ ist jedenfalls unzulässig (vgl Stefula in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang³ § 138a ABGB Rz 23). Das kommt in der Klausel überhaupt nicht zum Ausdruck. Sie ist als absolute Verpflichtung formuliert und suggeriert, dass dem Versicherer jedenfalls das „Recht einzuräumen“ ist.
Unklar ist auch, wer als Adressat dieser Obliegenheit in Betracht kommt. Treffen könnte die Obliegenheit den Versicherungsnehmer selbst, der erst in zeitlichem Abstand zum (versicherten) Unfall stirbt, nach seinem Tod die Verlassenschaft oder die Erben, weiters die Begünstigten oder die Bezugsberechtigten. Erfüllen könnten diese Obliegenheit nach dem Ableben des Versicherungsnehmers nur die nahen oder nächsten Angehörigen. Diese müssen aber nicht die Anspruchsberechtigten der Versicherungsleistung sein. Abgesehen davon, dass auch unter nahen Angehörigen Uneinigkeit bestehen kann und daher die Zustimmung zur Obduktion oder Enterdigung nicht einvernehmlich erteilt wird, besteht für einen Anspruchsberechtigten, der nicht zugleich Angehöriger ist, rechtlich keine Möglichkeit, dass er der Beklagten die geforderte Zustimmung verschafft. Darauf wird er aber vom Versicherer nicht hingewiesen.
Ebenfalls nicht klar ist, wie und in welcher Form der Beklagten das Recht zur ‑ privat veranlassten ‑ Obduktion oder Exhumierung „eingeräumt“ werden soll. Das ist umso bedeutender, weil dazu zahlreiche unterschiedliche Rechtsvorschriften bestehen (siehe Punkt 3.3.), die ein anspruchsberechtigter Verbraucher im Einzelnen nicht kennen kann. Da mit dem Verstoß gegen diese Obliegenheit die Leistungsfreiheit des Versicherers verbunden sein kann, wäre es erforderlich, dem Verbraucher aufzuzeigen, welche Handlungen der Versicherer von wem und in welchen Fällen erwartet.
Da Art 21.2.3. AUVB 2008 jedenfalls intransparent im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG ist, braucht nicht beurteilt werden, ob diese Klausel auch gegen § 879 Abs 3 ABGB verstößt.
4. Die Berechtigung des Urteilsveröffentlichungsbegehrens ist im Revisionsverfahren kein Streitthema mehr.
Der Revision der Beklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.
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