OGH 6Ob84/11p

OGH6Ob84/11p24.11.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei E***** B*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Mag. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei und den Gegner der gefährdeten Partei G***** M***** B*****, vertreten durch Mag. Dr. Helga Wagner, Rechtsanwältin in Wien, wegen Wohnungssicherung, infolge Revisionsrekurses der klagenden und gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. März 2011, GZ 43 R 102/11k-31, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 7. Jänner 2011, GZ 1 C 33/10i-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden in Ansehung der Abweisung des Begehrens, den Gegner der gefährdeten Partei zur Zahlung des Rückstands von Vorschreibungen in Höhe von 485,93 EUR, des Rückstands von Kreditrückzahlungen in Höhe von 717,92 EUR und der anfallenden Vorschreibungen von 194,91 EUR für die Wohnung in *****, zu verpflichten, bestätigt.

Im Übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass der Beschluss als einstweilige Verfügung lautet:

„Dem Gegner der gefährdeten Partei wird aufgetragen, die monatlichen Kreditrückzahlungen für die Wohnung in *****, zu zahlen.

Diese einstweilige Verfügung wird für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen - oder sonstigen - Beendigung des Verfahrens über die Klage getroffen.“

Die gefährdete Partei, die ihre Kosten des Sicherungsverfahrens im Umfang der Stattgebung vorläufig und im Umfang der Abweisung endgültig selbst zu tragen hat, ist schuldig, dem Gegner der gefährdeten Partei die mit 398,45 EUR (davon 66,41 EUR USt) bestimmten Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile ist aufrecht. Ein Scheidungsverfahren ist seit November 2009 anhängig. Die Streitteile sind Eigentümer der Eigentumswohnung *****. Dabei handelte es sich um die gemeinsame Ehewohnung. Der Ehe entstammt der am 22. 3. 2009 geborene David.

Am 29. 10. 2009 zog der Beklagte im Zuge einer Auseinandersetzung aus der gemeinsamen Ehewohnung aus. Er nahm bei seinem Bruder in W***** Unterkunft. Dem Auszug waren zahlreiche Streitigkeiten der Parteien vorangegangen, die bereits im Frühjahr 2008 anlässlich der kirchlichen Trauung der Parteien begonnen hatten. Immer wieder war der Beklagte auch von der Klägerin aus der Wohnung zumindest für einige Stunden ausgesperrt worden. Kurz nach dem Auszug wechselte die Klägerin im November 2009 das Schloss der Ehewohnung aus. Der Beklagte brachte eine Besitzstörungsklage ein. Nach Erlassung einer einstweiligen Vorkehrung wurde das Besitzstörungsverfahren nach Einschränkung auf Kostenersatz mit Vergleich beendet. Der Beklagte war ausgezogen, weil das Zusammenleben der Streitteile für beide unerträglich geworden war und er weitere Eskalationen vermeiden wollte. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Auszug eigenmächtig und gegen den Willen der Klägerin erfolgte.

Der Beklagte war von 2008 bis Juni 2010 als Hausbesorger beschäftigt und verdiente monatlich zwischen 1.100 EUR und 1.300 EUR, 14 x jährlich. Im Juni 2010 wurde er wegen des Konkurses seines Dienstgebers entlassen. Daneben war er von August 2009 bis ca Jänner oder Februar 2010 als Taxifahrer beschäftigt und verdiente im Monat durchschnittlich 100 EUR. Seit Juli 2010 ist er arbeitslos. Er bezieht ein Taggeld von 27,22 EUR (monatlich etwa 817 EUR). Er bemüht sich, eine neue Stelle zu finden. Er hat bereits zahlreiche Bewerbungen verschickt. Andere Einkünfte bzw Vermögenswerte hat er derzeit nicht. Per 16. 12. 2010 hat sein Bankkonto ein Guthaben von 76,21 EUR.

Die Vorschreibungen der Betriebskosten für die Eigentumswohnung betrugen bis einschließlich Juni 2010 monatlich 275,81 EUR, die der Beklagte seit seinem Auszug auch zahlte. Seit Juli 2010 betragen die monatlichen vorgeschriebenen Betriebskosten 194,91 EUR. Der Beklagte zahlte seit seinem Auszug auch die Stromkosten für die Eigentumswohnung in Höhe von ca 30 bis 40 EUR monatlich. Er zahlt die Stromkosten nach wie vor, die Betriebskosten beglich er allerdings seit Juli 2010 nicht mehr, weil er sich dies aufgrund seiner schlechten wirtschaftlichen Lage nicht mehr leisten konnte. Er allein zahlt auch den Kredit für die Finanzierung der Ehewohnung in monatlichen Raten 180 EUR, wobei zusätzlich die Zinsen viermal jährlich gesondert zu zahlen sind. Die quartalsmäßig berechneten Zinsen sind je nach Zinsentwicklung unterschiedlich hoch, sie betragen jedoch zumindest 600 EUR, sodass sie im Durchschnitt monatlich 200 EUR betragen. Die Kreditrückzahlung beläuft sich daher insgesamt im Durchschnitt auf zumindest 380 EUR (Kapital und Zinsen) monatlich. Per November 2010 haftete ein Rückstand in Höhe von 717,92 EUR an Kreditrückzahlungen aus. Den Rückstand beglich der Beklagte Ende November 2010. Er zahlt für seinen Sohn monatlich 150 EUR Unterhalt. Seinem Bruder zahlt er 300 EUR monatlich dafür, dass er bei ihm wohnen kann.

Zum 28. 10. 2010 hafteten die Betriebskostenvorschreibungen für die Eigentumswohnung in Höhe von 485,93 EUR aus. Die Hausverwaltung hat diesen Betrag mittels Zahlungserinnerung vom 28. 10. 2010 eingefordert.

Die Klägerin bezieht Kinderbetreuungsgeld in Höhe von monatlich 617,70 EUR. Bis November 2010 hatte sie monatlich zusätzliche Einnahmen von 100 EUR aus der Vermietung einer Eigentumswohnung in R*****. Sie bezieht seit dem Frühling 2009 zumindest ein Einkommen von rund 200 EUR monatlich aus ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft im Ausmaß von vier Stunden pro Woche. Ihr Erfolgscard-Konto weist per 7. 12. 2010 einen Einlagestand von 4.203,34 EUR auf. Sie zahlt monatlich lediglich die Telefonkosten. Sie überweist 30 EUR auf ein Sparkonto des Sohnes. Für diesen bezieht sie auch die Familienbeihilfe von rund 140 EUR monatlich.

Die Klägerin verband ihre am 22. 11. 2010 eingebrachte auf § 97 ABGB gestützte Klage auf Wohnungserhaltung mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Sicherungsantrag.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest. Rechtlich führte es aus, nach § 97 zweiter Satz ABGB bestehe der Anspruch des anderen Ehegatten auf Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses nicht, wenn das Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten Ehegatten durch die Umstände erzwungen werde. Der Wohnungserhaltungsanspruch sei dann ausgeschlossen, wenn die Erhaltung der Wohnung dem verfügungsberechtigten anderen Ehegatten unter Abwägung aller Interessen unzumutbar sei, wobei keine echte Zwangslage im Sinn fehlender Alternativen erforderlich sei. Relevant sei die finanzielle Leistungsfähigkeit des verfügungsberechtigten Ehegatten. Berücksichtige man, dass der Beklagte etwa 380 EUR monatlich für die Rückzahlung des Kredits, 150 EUR an Unterhalt für seinen Sohn und ca 30 bis 40 EUR an Stromkosten für die Eigentumswohnung zahle, verblieben ihm von seinem Einkommen von ca 817 EUR monatlich nicht einmal 300 EUR zur Lebensführung. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Beklagten sei daher derart gering, dass ihm die Zahlung der Betriebskosten von 194,91 EUR für die Ehewohnung nicht zumutbar sei. Im Rahmen der Interessenabwägung sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin bereits seit Juli 2010 monatlich allein durch den Bezug des Kinderbetreuungsgelds und ihres zusätzlichen Einkommens von 200 EUR - also ohne Berücksichtigung der Familienbeihilfe und des Unterhalts für den Sohn - etwa über denselben monatlichen Betrag verfüge wie der Beklagte, wobei sie für die Ehewohnung lediglich die Telefonkosten zahle.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts. Rechtlich führte es aus, ein Leistungsanspruch nach § 97 ABGB könne nicht bestehen, wenn die Erhaltung der Wohnung ohnehin mit jenen Mitteln möglich sei, die dem auf die Wohnung angewiesenen Ehegatten zur Verfügung stünden. Der Beklagte habe mit Ausnahme der seit Juli 2010 anfallenden Betriebskosten für die im Wohnungseigentum beider Parteien stehende Ehewohnung in Höhe von insgesamt 194,91 EUR monatlich sämtliche Fixkosten der Wohnung gezahlt. Er habe auch den per November 2010 aufgelaufenen Rückstand hinsichtlich der Kreditrückzahlungen in Höhe von 717,92 EUR auch Ende November 2010 zur Gänze beglichen. Nach den zur Einkommens- und Vermögenslage der Klägerin getroffenen Feststellungen sei diese aber in der Lage, die angeführten, aushaftenden Wohnungserhaltungskosten ohne Gefährdung ihrer über die Wohnbedürfnisse hinausgehenden Unterhaltsbedürfnisse zu leisten. Bei dieser Beurteilung werde das von der Klägerin bezogene Kinderbetreuungsgeld als ihr zuzurechnendes Einkommen gewertet. Es sei auch zu beachten, dass nach § 97 zweiter Satz ABGB der Wohnungserhaltungsanspruch ausgeschlossen sei, wenn dem verfügungsberechtigten Ehegatten die Erhaltung der Wohnung unzumutbar sei. Auch wirtschaftliche Gründe, wie im Anlassfall die festgestellte mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit des Beklagten, führten dazu, dass ihm aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwägung keine Zahlungspflicht nach § 97 ABGB aufzuerlegen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob bzw inwieweit das von dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten bezogene Kinderbetreuungsgeld zu ihren finanziellen Mittel zu zählen sei, welche dem Anspruchswerber nach § 97 ABGB als zur Bestreitung der Wohnungserhaltungskosten zur Verfügung stehend zuzurechnen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist zum Teil auch berechtigt.

Nach § 97 ABGB hat ein Ehegatte, der über die zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Gatten dienende Wohnung verfügungsberechtigt ist, alles zu unterlassen und vorzukehren, damit der auf die Wohnung angewiesene Gatte diese nicht verliere. Auf dieser Grundlage kann ihm auch die Zahlung von Wohnungserhaltungskosten (insbesondere Kreditrückzahlungsraten [6 Ob 611/95]) aufgetragen werden (RIS-Justiz RS0011673). Dies gilt auch bei Nichtbestehen eines Geldunterhaltsanspruchs nach der Prozentsatzmethode, wenn der andere Ehegatte nicht in der Lage ist, diese Kosten ohne Gefährdung seiner über den Wohnungsbedarf hinausgehenden übrigen Unterhaltsbedürfnisse zu tragen (6 Ob 611/95; RIS-Justiz RS0085176). Der Anspruch nach § 97 ABGB umfasst zwar nicht die Zahlung der Wohnungsbenützungskosten (zB der Kosten für Strom und Gas; RIS-Justiz RS0119482), wohl aber (etwa auch) die Vorschreibungen nach § 32 WEG. Der Oberste Gerichtshof hat schon ausgesprochen, dass nach § 382h EO sicherungsfähige Leistungen, deren Unterbleiben einen Verlust der Wohnung zur Folge haben könne, von solchen Leistungen, bei denen ein derartiger Verlust nicht drohe, zu unterscheiden ist (2 Ob 173/09v; vgl auch 3 Ob 231/04y SZ 2004/150; 1 Ob 65/05; 4 Ob 55/07b; RIS-Justiz RS0119482). Ein Wohnungseigentümer ist dabei nach § 36 Abs 1 Z 1 WEG einer Ausschließungsklage der übrigen Wohnungseigentümer ausgesetzt, wenn er seinen Pflichten aus der Gemeinschaft nicht nachkommt, insbesondere die ihm obliegenden Zahlungen nicht leistet. Damit sind hinsichtlich der Betriebskosten einer Eigentumswohnung die Voraussetzungen des § 382h EO erfüllt (zu Betriebskosten nach § 15 MRG vgl im gleichen Sinn Beck in Gitschthaler/Höllwerth, EuPR [2011] § 382h EO Rz 13).

Damit wird im Rahmen des § 97 ABGB ein Zahlungsanspruch begründet, der getrennt vom eigentlichen Unterhaltsanspruch zu sehen ist (4 Ob 61/10i; 4 Ob 71/09h).

Zweck des § 97 ABGB ist es, dem betroffenen Ehegatten jene Wohnmöglichkeit zu erhalten, die ihm bisher zur Deckung des den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Bedürfnisses gedient hat und die er weiterhin benötigt (RIS-Justiz RS0009570); er soll insofern vor Willkürakten des anderen Ehegatten geschützt werden (RIS-Justiz RS0009580). Dieser Regelungszweck begründet einen Zahlungsanspruch (nur) dann, wenn der in der Wohnung verbliebene Ehegatte die Zahlungen nicht aus Eigenem leisten kann (4 Ob 61/10i; 4 Ob 55/07b = RIS-Justiz RS0009570 [T6]; Hinteregger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang 3 § 97 Rz 17 mwN). Denn nur dann droht ein Verlust der Wohnung, den abzuwehren der verfügungsberechtigte Ehegatte nach § 97 ABGB „vorkehren“ muss (4 Ob 55/07b; vgl 6 Ob 611/95). Der Anspruch auf Zahlung der Wohnungskosten besteht nicht, wenn der in der Wohnung gebliebene Ehegatte die Kosten ohnehin ohne Gefährdung seiner sonstigen Bedürfnisse selbst tragen kann. Maßgebend ist somit die finanzielle Lage des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten, dabei ist der konkrete Bedarf zur Erhaltung der Wohnung entscheidend (4 Ob 61/10i; 4 Ob 55/07b).

Die Höhe des Zahlungsanspruchs nach § 97 ABGB hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgebend sind vor allem die finanzielle Leistungsfähigkeit beider Teile und die Höhe der Wohnungserhaltungskosten im Verhältnis zu den Mitteln, die dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten (einschließlich des ihm zustehenden Unterhalts) zur Verfügung stehen (4 Ob 61/10i; 4 Ob 55/07b). Zutreffend haben die Vorinstanzen das von der Klägerin bezogene Kinderbetreuungsgeld bei der Ermittlung der Höhe ihres Zahlungsanspruchs als ihr Einkommen gewertet. Der mit „Unterhaltsansprüche“ überschriebene § 42 KBGG steht entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin dieser Beurteilung nicht entgegen. Die Bestimmung normiert, dass das Kinderbetreuungsgeld und der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld weder als eigenes Einkommen des Kindes noch des beziehenden Elternteils gelten und nicht deren Unterhaltsansprüche mindern. Mit dieser Regelung will der Gesetzgeber im Bereich des Unterhaltsrechts das Kinderbetreuungsgeld nicht als Einkommen des Kindes oder des beziehenden Elternteils behandelt haben (vgl RIS-Justiz RS0124356; VfGH G 9/09, G 42/09).

Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung § 97 ABGB nicht den Streitigkeiten über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt nach § 49 Abs 2 Z 2 JN zuordnet (4 Ob 71/09h mwN) und der auf § 97 ABGB gestützte Zahlungsanspruch kein bloßer Teil des Unterhaltsanspruchs, sondern ein familienrechtlicher Anspruch ist, der Ausfluss der spezifischen Beistandspflicht während aufrechter Ehe ist (RIS-Justiz RS0009534), widerspricht es dem Regelungszweck des § 97 ABGB, bei der Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit des in der Wohnung verbliebenen Ehegatten von diesem bezogenes Kinderbetreuungsgeld außer Acht zu lassen. Diese Mittel stehen ihm tatsächlich zur Befriedigung seiner Bedürfnisse zur Verfügung.

Was die Höhe des Zahlungsanspruchs im zu entscheidenden Fall betrifft, so ist im relevanten Zeitraum zwar das von der Klägerin bezogene Erwerbseinkommen und das Kinderbetreuungsgeld in etwa gleich hoch wie das Arbeitslosengeld des Beklagten, sodass der Anspruch der Klägerin grundsätzlich auf die Zahlung der Hälfte der Summe aus Kreditraten und Betriebskosten ginge. Es ist aber zu berücksichtigen, dass der Beklagte auch noch in seiner Revisionsrekursbeantwortung dazu steht, die Kreditraten zur Gänze zu zahlen. Die Klägerin hat daher Anspruch auf Zahlung der monatlichen Kreditraten (an die kreditierende Bank), nicht aber auf Zahlung der Betriebskosten, weil sie diese mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln tragen kann.

Da der Beklagte die rückständigen Kreditraten schon vor Beschlussfassung erster Instanz gezahlt hatte und die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung der Betriebskosten hat, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen in diesem Umfang zu bestätigen.

Der Anspruch eines Ehegatten auf Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses sowie die ihm aufgrund einer Verletzung dieses Anspruchs zustehenden, nicht in Geld bestehenden Forderungen können nach § 382h EO (vor Inkrafttreten des 2. GeSchG, BGBl I 2009/40, mit 1. 6. 2009: § 382e EO), insbesondere durch die Sicherungsmittel nach § 392 Abs 1 Z 4 bis 5 EO, gesichert werden. Ist zwischen den Parteien ein Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe anhängig, so kann die einstweilige Verfügung erlassen werden, auch wenn die in § 381 EO bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen (§ 382h Abs 2 EO). Daher ist die Bescheinigung einer konkreten Gefährdung des Anspruchs im Fall eines zwischen den Parteien bereits anhängigen Eheverfahrens (hier: wegen Scheidung) nicht notwendig (RIS-Justiz RS0115045 [T3]; 1 Ob 67/11a mwN). Die Klägerin, deren dringendes Wohnbedürfnis am Sicherungsobjekt ebenso unstrittig ist wie die Verfügungsbefugnis des Beklagten, hatte über die Tatsache des eingeleiteten Scheidungsverfahrens hinaus kein zusätzliches Tatsachenvorbringen zur Gefährdung ihres Anspruchs zu erstatten. § 382h Abs 2 EO begründet nämlich eine Rechtsvermutung zugunsten der Gefährdung des Wohnungserhaltungsanspruchs, die nach dem Gesetzestext bereits durch die Tatsache eines anhängigen Eheverfahrens ausgelöst wird (1 Ob 67/11a). Diese Rechtsvermutung ist aber widerleglich (1 Ob 67/11a). Der Verfügungsgegner muss daher den Beweis des Gegenteils erbringen, dass trotz Vorliegens der Vermutungsbasis der vermutete Rechtszustand nicht eingetreten ist (1 Ob 67/11a). Der Beklagte hat dazu nichts Konkretes vorgebracht. Die Tatsache, dass er den Kreditratenrückstand noch Ende November 2010 zahlte, reicht alleine für den Gegenbeweis gegen das vermutete Vorliegen einer Gefährdung nicht aus. Daraus lässt sich nämlich nicht schließen, dass es auch künftig zu keinem Zahlungsrückstand kommen wird.

Die Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung in Ansehung der laufenden Kreditraten für die Eigentumswohnung liegen daher vor, weshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen in diesem Punkt im Sinn einer Stattgebung des Sicherungsantrags abzuändern sind.

Gelingt dem Beklagten die Abwehr des Sicherungsantrags, dann ist die Entscheidung über seine Kosten des Sicherungsverfahrens nicht vorzubehalten, sondern er hat gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO, § 50 Abs 1 ZPO Anspruch auf Ersatz dieser Kosten. Gelingt ihm nur die Abwehr eines Teils des Sicherungsantrags, sind die Vorschriften der ZPO über die Kostenteilung zufolge § 393 Abs 1 EO, der einen Zuspruch von Kosten an den Kläger im Provisorialverfahren nicht ausschließt, nicht anzuwenden. Der Beklagte hat vielmehr Anspruch auf Kostenersatz in jenem Ausmaß, in dem er im Provisorialverfahren erfolgreich war (1 Ob 14/04x mwN). Im zu entscheidenden Fall ist nach dem Verhältnis der monatlichen Betriebskosten zu den monatlichen Kreditraten von einem Obsiegen des Beklagten zu einem Drittel auszugehen. Im Verfahren erster Instanz hat der Beklagte lediglich die Kosten seines Äußerungsschriftsatzes als Kosten des Sicherungsverfahrens verzeichnet. Diese Kosten und jene der Rechtsmittelbeantwortungen sind ihm zu einem Drittel von der Klägerin zu ersetzen.

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