European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060OB00006.19D.0627.000
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird teilweise abgeändert, sodass es folgendermaßen zu lauten hat:
„1. Das Klagebegehren, die Beklagte sei schuldig, es zu unterlassen, vom Kläger Videoaufzeichnungen, Lichtbilder oder Bildnisse vergleichbarer Art anzufertigen, wird abgewiesen.
2. Die Beklagte ist schuldig, es zu unterlassen, Lichtbilder, Videoaufzeichnungen oder sonstige Bildnisse vergleichbarer Art des Klägers zu veröffentlichen.
3. Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 11.318,31 EUR (darin enthalten 1.435,76 EUR USt und 2.703,75 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Der Kläger ist schuldig, der Beklagten an anteiliger Pauschalgebühr für das Revisionsverfahren 715,25 EUR binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 1.098,90 EUR (darin enthalten 183,15 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Am 26. 1. 2017 kam es gegen 9:00 Uhr am Sitz des Unternehmens des Ehemanns der Beklagten zu einem Polizeieinsatz, bei dem unter anderem der Kläger als Polizeibeamter teilnahm. Dabei wurde von den Gerichtsvollziehern des Bezirksgerichts ***** ein Gerichtsauftrag gegen den Unternehmensinhaber (in der Folge: „Einzelunternehmer“) zur Eröffnung eines Konkursverfahrens mit Anschlussexekution vollzogen und dazu die Polizei als Exekutivorgan zur Unterstützung beigezogen.
Die Liegenschaft und die darauf errichteten Gebäude, die Gegenstand der Amtshandlung waren, standen bzw stehen im Alleineigentum des Einzelunternehmers. Die Amtshandlung begann gegen ca 9:00 Uhr und dauerte ca eine Stunde. Die im Gebäude des Unternehmens anwesende Beklagte und der Einzelunternehmer wurden von der Amtshandlung überrascht. Neben zwei Gerichtsvollziehern schritten maskierte und nicht maskierte Polizeibeamte unter dem Kommando von Oberstleutnant F***** L***** ein. Unmittelbar nach Beginn der Amtshandlung und Eintreten der Gerichtsvollzieher und mehrerer Polizeibeamter über den Haupteingang des Gebäudes des Unternehmens forderte der Einzelunternehmer die Beklagte, die auch als Büroangestellte im Unternehmen beschäftigt ist, auf, die Amtshandlung mittels eines dem Unternehmen gehörenden Mobiltelefons per Videoaufnahme zu filmen, was die Beklagte daraufhin auch tat. Mit dieser Videoaufnahme beabsichtigte der Einzelunternehmer, den Ablauf der Amtshandlung vor allem zu Beweiszwecken zu dokumentieren, wobei er mitbekommen hatte, dass die Amtshandlung auch durch einschreitende Polizeibeamte mittels am Körper befestigter sowie in der Hand getragener Videokameras gefilmt wurde. Kurz nachdem die Beklagte mit dem Filmen der Amtshandlung begonnen hatte, bemerkte dies Oberstleutnant F***** L***** und erteilte der Beklagten die ausdrückliche Belehrung, dass sie zwar berechtigt sei, die Amtshandlung per Videoaufnahme zu filmen, dass jedoch eine Veröffentlichung dieser Filmaufnahme unzulässig und in diesem Fall mit zivilrechtlichen Folgen zu rechnen sei. Die Beklagte setzte daraufhin das Filmen der Amtshandlung fort. Sie begann mit der Videoaufnahme um 9 Uhr 4 Minuten und 57 Sekunden. Die Dauer der gesamten Videoaufnahme beträgt 14 Minuten und 41 Sekunden. Der Kläger ist auf dieser Aufnahme zu sehen und wird vom Einzelunternehmer einmal mit seinem Namen angesprochen.
Nach Beendigung der Amtshandlung wurde der Kläger in den Nachmittagsstunden desselben Tages von Kollegen angesprochen, dass die Amtshandlung gefilmt, die hergestellte Filmaufnahme auf „YouTube.com“ zu sehen und er zu erkennen sei. Er schaute sich daraufhin diese Videoaufnahme auf „YouTube“ selbst an.
Tatsächlich wurde die von der Beklagten hergestellte Videoaufnahme noch am 26. 1. 2017 im Internet auf „YouTube.com“ hochgeladen und ab diesem Zeitpunkt unbeschränkt veröffentlicht. Wer diese Videoaufnahme auf „YouTube.com“ hochgeladen und damit veröffentlicht hat, kann nicht festgestellt werden; insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die von ihr erstellte Videoaufnahme auf „YouTube.com“ hochgeladen und damit veröffentlicht bzw daran mitgewirkt hat.
Nachdem die von der Beklagten erstellte Videoaufnahme noch zumindest bis 16. 3. 2017 auf „YouTube.com“ unbeschränkt öffentlich abspiel- und einsehbar war, richtete der Klagevertreter ein mit 16. 3. 2017 datiertes Schreiben an die Beklagte mit der Aufforderung, die Videoaufzeichnung zu löschen und die Veröffentlichung zu unterlassen/zu beseitigen.
Daraufhin übermittelte die Beklagte ein mit 22. 3. 2017 datiertes Schreiben an den Klagevertreter, wobei sie auf dessen Aufforderungen nicht konkret einging, aber unter anderem anführte:
„ ...
Der Mann [voller Name des Klägers] sollte überdenken, ob die Handlungen als POLIZIST [voller Name des Klägers] der Würde des Menschen, Ehre und Moral entsprechen. Rechtsbrüche gegenüber lebenden Menschen werden online gestellt, vergleichbar mit der Veröffentlichung der vermummten Exekution in den Medien. Jeder Mensch darf sehen, wie Recht und Gesetz mit Füßen getreten werden, gegenüber einem lebenden Weib.
Mangels Vertrag erfolgt keine Kostenübernahme.
... “
In der Folge wurde das von der Beklagten erstellte Video auf „YouTube.com“ gelöscht.
Der Kläger begehrt, der Beklagten die Anfertigung sowie die Veröffentlichung von ihn zeigenden Lichtbildern, Videoaufnahmen oder ähnlichen Abbildungen zu verbieten. Er brachte vor, sie habe ihn gegen seinen Willen gefilmt. Da bei der Amtshandlung mit Widerstand habe gerechnet werden müssen, seien neben örtlichen Polizeikräften auch Cobra‑Beamte beigezogen worden. Im Gegensatz zu diesen seien die Beamten aber nicht vermummt und daher problemlos erkennbar gewesen. Er sei deutlich zu erkennen, werde auch in der Aufzeichnung namentlich gerufen und sei damit eindeutig identifiziert. Sie habe insbesondere seine Persönlichkeitsrechte im Sinn des § 16 ABGB verletzt. Dem stünden keine schutzwürdigen Interessen der Beklagten gegenüber. Die gesamte Amtshandlung sei von der Polizei videodokumentiert worden, weil es die berechtigte Befürchtung gegeben habe, dass es sich bei der Beklagten und ihrem Mann um sogenannte „Staatsverweigerer“ gehandelt habe. Die Beklagte habe ihrerseits die Amtshandlung mit einem Mobiltelefon aufgezeichnet und dann die Veröffentlichung dieses Videos veranlasst. Sie sei mehrmals aufgefordert worden, Aufzeichnungen zu unterlassen. Zwar sei das Video infolge des Aufforderungsschreibens des Klagevertreters von der Internetplattform „YouTube“ gelöscht, gleichzeitig aber erneut auf „YouTube“ veröffentlicht worden. Bei dem Video handle es sich offenkundig um „Schulungsmaterial“ für weitere „Staatsverweigerer“.
Die Beklagte bestritt, Videoaufnahmen gegen den Willen des Klägers angefertigt zu haben. Das Filmen während des Polizeieinsatzes sei vom Einsatzleiter sogar genehmigt worden. Sie habe Videos oder Lichtbilder oder Ähnliches auch nicht auf „YouTube.com“ veröffentlicht, keine solchen Aufträge erteilt und auch nicht Aufzeichnungen an Dritte weitergegeben. Der Exekutionsversuch habe in einem Gebäude, daher im privaten und nicht im öffentlichen Bereich stattgefunden. Der Firmensitz sei ihrem Gatten und damit auch ihr zuordenbar. Sie sei berechtigt gewesen, im eigenen Haushalt eine Videoaufnahme des Exekutionsversuchs zu Beweiszwecken herzustellen. Die massive Amtspräsenz, mit der sie und ihr Gatte konfrontiert worden seien, sei vollkommen unnötig gewesen; das Video sollte dies und allfällige beim Einsatz verursachte Schäden nur dokumentieren. Da die Polizei die Amtshandlung videodokumentiert habe, entspreche es der Waffengleichheit, dies auch der Beklagten zuzugestehen. Auf dem Video sei eine große Anzahl von Polizeibeamten zu sehen. Daher und auch wegen der schlechten Qualität sei der Kläger nicht eindeutig zu identifizieren. Der Beklagten sei es nicht darauf angekommen, jeden einzelnen Beamten auf Video aufzunehmen, um ihn identifizieren zu können. Der Gatte der Beklagten habe den Familiennamen des Klägers beiläufig erwähnt, er sei erkennbar überrascht gewesen, dass ein ihm bekannter Polizist an der Amtshandlung beteiligt gewesen sei. Nicht zu sehen sei jedoch, um welche Person es sich dabei gehandelt habe. Die Beklagte habe nicht die Absicht gehabt, den Kläger als Individuum zu filmen, sondern es sei Zufall gewesen, dass der Kläger namentlich identifiziert worden sei.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf die wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, das Herstellen einer Filmaufnahme eines aufgrund gesetzmäßiger gerichtlicher oder behördlicher Anordnung vorgenommenen Polizeieinsatzes, mit dem in das Hausrecht einer von diesem Einsatz betroffenen Person eingegriffen werde, sei zulässig, wenn die Filmaufnahme Beweiszwecken diene und dadurch keine berechtigten Interessen der einschreitenden Polizeibeamten verletzt würden. Seien dabei einzelne Polizeibeamte individuell erkenn- oder identifizierbar, sei eine Rechtsgüterabwägung zwischen den Persönlichkeitsinteressen des Beamten und dem Interesse des von einem Polizeieinsatz Betroffenen, insbesondere an der Dokumentation von Beweisergebnissen, vorzunehmen. Dabei seien alle Umstände des Ablaufs eines derartigen Polizeieinsatzes mitzuberücksichtigen, wobei es hinsichtlich der Bildaufnahmen von dabei individuell identifizierbaren Beamten unter anderem darauf ankomme, ob diese durch eine derartige Filmaufnahme bei objektiver durchschnittlicher Betrachtungsweise als herabgewürdigt oder unzumutbar bloßgestellt erschienen. Unter Anwendung dieser Grundsätze sei die Anfertigung der Videoaufnahme durch die Beklagte zulässig und somit der erste Teil des Unterlassungsbegehrens abzuweisen. Die vom zweiten Teil des Unterlassungsbegehrens umfasste Veröffentlichung sei zwar unzulässig, der dafür erforderliche Beweis, dass die Beklagte die von ihr erstellte Videoaufnahme veröffentlicht habe, sei dem Kläger aber nicht gelungen. Daher sei auch dieser Teil des Klagebegehrens abzuweisen.
Das Berufungsgericht gab dem gesamten Klagebegehren statt. Die von der Beklagten vorgetragenen Argumente für die Zulässigkeit der Aufnahmen (Beweiszwecke, Hausrecht, Waffengleichheit) seien nicht stichhaltig: Ein schutzwürdiges Interesse an einer den Kläger identifizierenden Aufnahme bestehe für die Beweiszwecke nicht. Dass dieser übergriffig gewesen wäre, Schäden verursacht hätte oder auch nur eine Schadenszufügung gerade durch ihn gedroht hätte, sei nicht behauptet worden. Die massive Polizeipräsenz, die der Beklagten offenbar missfallen habe, hätte auch durch Aufnahmen dokumentiert werden können, die die einzelnen einschreitenden Beamten nicht identifizierbar gemacht hätten, insbesondere daher nicht das Gesicht des Klägers gezeigt und nicht seinen Namen genannt hätten. Auch das Hausrecht rechtfertige nicht die Identifikation des Klägers, um allenfalls eine ungerechtfertigte Amtshandlung nachweisen zu können. Der Grundsatz der Waffengleichheit zeichne weder das Verhältnis zwischen Vollzugsorgan und Verpflichtetem noch zwischen Staatsbürger und Exekutive aus. Nach der Entscheidung 6 Ob 256/12h könne auch die Herstellung von Bildnissen einer Person in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen und ohne Verbreitungsabsicht einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen. Schon das damit verbundene fotografische Festhalten einer bestimmten Tätigkeit oder Situation könne vom Abgebildeten als unangenehm empfunden werden und ihn an der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit hindern. Dies gelte insbesondere in Anbetracht der Verbreitungs-, aber auch Manipulationsmöglichkeiten durch die moderne (Digital‑)Technik, könne der Aufgenommene doch im Vorhinein nie wissen, wie der Fotografierende die Aufnahme in der Folge verwenden werde. Bei der im Einzelfall vorzunehmenden umfassenden Güter- und Interessenabwägung komme es zunächst darauf an, ob der Abgebildete auf der Aufnahme zu identifizieren sei. Je weniger deutlich das der Fall sei, umso geringer sei die Beeinträchtigung. Außerdem sei zu berücksichtigen, ob die Aufnahme gezielt erfolge oder eine Person nur zufällig auf ein Bild gerate. Der Kläger sei auf den Videoaufnahmen identifizierbar. Dazu trete die hier abwertende namentliche Nennung des Klägers. Die Aufnahme sei gezielt auf das Gesicht des Klägers gerichtet gewesen und sei nochmals erfolgt, nachdem der Kläger versucht gehabt habe, sein Gesicht zu verdecken. Ein schutzwürdiges Interesse an der Notwendigkeit, eine den Kläger identifizierende Aufnahme anzufertigen, bestehe nicht, weshalb der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers durch Herstellen eines ihn identifizierenden Videos unzulässig sei. Auch die Veröffentlichung sei unzulässig gewesen. Nach § 1301 ABGB hafte für einen widerrechtlich zugefügten Schaden nicht nur der unmittelbare Täter, sondern auch der Anstifter und Beitragstäter. Der Unterlassungsanspruch richte sich nicht bloß gegen den unmittelbaren Täter, sondern gegen jeden, der die Störung als mittelbarer Störer zu verantworten habe. Die Auffassung, der Unterlassungsanspruch setze den Nachweis voraus, dass die Beklagte selbst das Video auf „Youtube.com“ hochgeladen habe, erweise sich als zu eng. Mit dem Antwortschreiben der Beklagten an den Klagevertreter sei aber nicht nur die Wiederholungsgefahr hinsichtlich der Filmanfertigung, sondern auch die ernstliche und unmittelbare Gefahr der Veröffentlichung evident. Der Unterlassungsanspruch setze die Feststellung schon erfolgter Störungen oder doch zumindest die Gefahr künftiger Störungen voraus, denen mit vorbeugender Unterlassungsklage begegnet werden könne.
Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob § 78 UrhG eine vorbeugende Unterlassungsklage gewähre, wenn die begründete Besorgnis bestehe, dass in das Recht auf das eigene Bild eingegriffen werde.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und teilweise berechtigt.
Die Revisionswerberin macht geltend, das Berufungsgericht sei von der Entscheidung 6 Ob 256/12h abgewichen, weil im vorliegenden Fall – anders als in der Vorentscheidung – die Videoaufnahme nicht in einem der Öffentlichkeit zugänglichen Bereich gemacht worden sei. Beide Unterlassungsbegehren seien schrankenlos gestellt worden und zu weit gefasst und deshalb nicht berechtigt. Sie sei aufgrund der ausdrücklichen Rechtsbelehrung durch den Einsatzleiter zur Videoaufnahme der Amtshandlung berechtigt gewesen; der Kläger müsse sich diese Belehrung zurechnen lassen. Dieser habe nicht als Privatperson, sondern als Polizeibeamter hoheitlich gehandelt. Bei – wenn auch rechtmäßigen – staatlichen Eingriffen könne es zu Gesetzesverstößen oder Beschädigungen kommen, weshalb ein gerechtfertigtes Interesse der davon betroffenen Privatperson bestehe, den Eingriff (auch zu Beweiszwecken) zu filmen; dies könne auch deeskalierend wirken. Das Unterlassungsbegehren betreffend die Veröffentlichung sei unberechtigt, weil eine Beteiligung der Revisionswerberin an der Veröffentlichung nicht feststehe und dadurch berechtigte Interessen des Klägers als an einer Fahrnisexekution teilnehmender Polizist – anders etwa als bei Teilnahme an einer Kindeswegnahme oder Abschiebung – nicht verletzt würden.
Hierzu wurde erwogen:
1. Zum ersten Unterlassungbegehren (Anfertigen von Aufnahmen)
1.1. § 22 Mediengesetz verbietet Fernseh- und Hörfunkaufnahmen und ‑übertragungen sowie Film- und Fotoaufnahmen von Verhandlungen der Gerichte.
Der Vollzug einer Fahrnisexekution ist aber keine Gerichtsverhandlung (vgl auch 6 Ob 256/12h ErwGr 7.2.).
Nach § 78 Abs 1 UrhG dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten oder, falls er gestorben ist, ohne die Veröffentlichung gestattet oder angeordnet zu haben, eines nahen Angehörigen verletzt würden.
Diese Norm betrifft somit nur die Veröffentlichung und Verbreitung von Bildnissen, nicht aber deren Anfertigung.
Auf Normen des Datenschutzrechts hat sich der Kläger schon in seiner Berufung nicht gestützt, weshalb dies hier nicht zu prüfen ist.
1.2. Der Kläger stützt seinen Unterlassungsanspruch betreffend das Verbot von Videoaufnahmen auf eine Verletzung des aus § 16 ABGB entspringenden Persönlichkeitsrechts.
In diesem Zusammenhang ist allgemein auf folgende Rechtsprechung zu verweisen: Es ist anerkannt, dass das Recht auf Achtung der Geheimsphäre als Persönlichkeitsrecht im Sinn des § 16 ABGB anzusehen ist (RS0009003). Das Recht auf Wahrung der Geheimsphäre schützt sowohl gegen das Eindringen in die Privatsphäre der Person als auch gegen die Verbreitung rechtmäßig erlangter Information über die Geheimsphäre (RS0009003 [T2]). So wurde etwa eine Videokameraattrappe für unzulässig befunden, da sich der Kläger immer kontrolliert fühlen musste, wenn er sein Haus betritt oder verlässt oder sich in seinem Garten aufhält (6 Ob 6/06k). Geheime Bildaufnahmen im Privatbereich, fortdauernde unerwünschte Überwachungen und Verfolgungen stellen eine Verletzung der Geheimsphäre dar (RS0107155). Es darf nicht der Eindruck des Überwachtwerdens im Sinn systematischer, identifizierender Überwachungsmaßnahmen entstehen (vgl RS0107155 [T8]).
Gleichzeitig ist auch anerkannt, dass eine Überspannung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen anderer und jener der Allgemeinheit führen würde; es bedarf vielmehr einer Wertung, bei welcher dem Interesse am gefährdeten Gut stets auch die Interessen der Handelnden und die der Allgemeinheit gegenübergestellt werden müssen (RS0008990). Systematische, verdeckte, identifizierende Videoüberwachung stellt zunächst immer einen Eingriff in das geschützte Recht auf Achtung der Geheimsphäre dar (RS0120422). Den Verletzer trifft dann die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass er bei dem Eingriff in die Privatsphäre eines anderen in Verfolgung eines berechtigten Interesses handelte und dass die gesetzte Maßnahme ihrer Art nach zur Zweckerreichung geeignet war; entspricht er dieser Behauptungs- und Beweislast, kann der Beeinträchtigte behaupten, dass die Maßnahme nicht das schonendste Mittel zur Zweckerreichung darstellt; stellt sich dabei heraus, dass die Maßnahme nicht das schonendste Mittel war, erübrigt sich die Vornahme einer Interessenabwägung (RS0120423).
1.3. Speziell zum hier gegenständlichen Begehren auf Unterlassen des Anfertigens von Bildnissen etc ist die vom Berufungsgericht und den Parteien herangezogene Entscheidung des Senats 6 Ob 256/12h SZ 2013/25 „Zur Belustigung“ = ecolex 2013, 548 (zust Hofmarcher ) = EvBl 2013/104 (zust Karner ) = ÖBl 2013, 228 (abl Büchele ) = ZIR 2013, 205 (krit Höhne ) (vgl auch abl Zöchbauer, MR 2013, 59; zust Thiele, jusIT 2013, 85; abl Noll, ÖBl 2013, 196; krit Fischer, AnwBl 2013, 476; krit Donath, GRUR Int 2013, 534) ergangen: Dort fotografierte der Beklagte als Eigentümer eines Wohnhauses zu Beginn einer Befundaufnahme durch einen Sachverständigen im Rahmen eines Zivilprozesses unter anderem den Kläger (geschäftsführender Gesellschafter einer Rechtsanwalts-GmbH) im allgemein zugänglichen Bereich des Hauses. Dessen Begehren, diese Aufnahme zu löschen, kam der Beklagte nicht nach und erklärte dem Kläger auf dessen Frage nach dem Zweck der Aufnahme: „Zur Belustigung“.
Der Senat gab dem auf Unterlassung der Anfertigung von Lichtbildern des Klägers oder sonstiger Bildnisse vergleichbarer Art gerichteten Begehren statt und führte aus, es könne bereits die Herstellung eines Bildnisses ohne Einwilligung des Abgebildeten einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellen. Dabei werde das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen nicht nur dann verletzt, wenn Abbildungen einer Person in deren privatem Bereich angefertigt werden, um diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Vielmehr könne auch die Herstellung von Bildnissen einer Person in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen und ohne Verbreitungsabsicht einen unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen darstellen. Schon das damit verbundene fotografische Festhalten einer bestimmten Tätigkeit oder Situation könne vom Abgebildeten als unangenehm empfunden werden und ihn an der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit hindern. Dies gelte insbesondere in Anbetracht der Verbreitungs-, aber auch Manipulationsmöglichkeiten durch die moderne (Digital‑)Technik, könne der Aufgenommene doch im Vorhinein nie wissen, wie der Fotografierende die Aufnahme in der Folge verwenden werde (ErwGr 6.2.). Dabei bedürfe es allerdings – wie stets bei der Ermittlung von Umfang und Grenzen von Persönlichkeitsrechten – einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall. Hierbei komme es zunächst darauf an, ob der Abgebildete auf der Aufnahme zu identifizieren sei. Je weniger deutlich dies der Fall sei, umso geringer ist die Beeinträchtigung. Außerdem sei zu berücksichtigen, ob die Aufnahme gezielt erfolge oder eine Person nur zufällig auf ein Bild gerate. Im ersteren Fall werde ein Gefühl der Überwachung vermittelt, das den Abgebildeten an der freien Entfaltung seiner Persönlichkeit hindere.
Sei der Abgebildete überhaupt nicht mehr zu identifizieren – wie etwa bei Urlaubsfotos außenstehende Personen im Hintergrund der Aufnahme – scheide eine Persönlichkeitsrechtsverletzung in der Regel jedenfalls dann aus, wenn der Abgebildete nicht den Eindruck erhalte, er werde gezielt fotografiert (ErwGr 6.3.). Außerdem habe der Beklagte kein schutzwürdiges Interesse an der Notwendigkeit der Anfertigung einer Fotografie dargetan (ErwGr 6.5.). Er habe nach eigener Angabe die Aufnahme „zur Belustigung“ angefertigt, womit die Aufnahme für den Kläger als besonders bedrohlich erscheinen habe müssen (ErwGr 6.6.).
1.4. Stellungnahme
1.4.1. Zunächst ist die Ansicht der Revisionswerberin, sie sei bereits aufgrund der Belehrung durch den Einsatzleiter berechtigt gewesen, den Einsatz zu filmen, unzutreffend: Diese Belehrung ist nicht als (rechtsgeschäftliche) Zustimmung zu einer Aufnahme anzusehen, sondern als bloße Wissenserklärung des Einsatzleiters über die Rechtslage. Diese Wissenserklärung muss mit der wahren Rechtslage nicht übereinstimmen und könnte bei tatsächlicher Rechtswidrigkeit des Filmens dieses auch nicht rechtfertigen. Selbst wenn man diese Belehrung als zivilrechtlich wirksame Zustimmung zum Filmen deuten wollte, so könnte der Einsatzleiter nur für sich selbst, nicht aber für den Kläger zustimmen, zumal die Beklagte gar nicht behauptet hat, der Einsatzleiter wäre diesbezüglich vom Kläger zur Zustimmung bevollmächtigt gewesen.
1.4.2. Zur Entscheidung 6 Ob 256/12h ist eine Auseinandersetzung mit den kontroversen Lehrmeinungen nicht nötig, weil sich der vorliegende Sachverhalt von dem der Vorentscheidung maßgeblich unterscheidet, weshalb die dort gegebenen Gründe im vorliegenden Fall eine Stattgebung des Unterlassungsbegehrens nicht tragen können:
Die Beklagte ist nicht in die Privatsphäre oder Geheimsphäre des Klägers eingedrungen (vgl die unter Punkt 1.2. zitierte Rechtsprechung), sondern hat diesen anlässlich einer Amtshandlung gefilmt. Da sich der Kläger als Polizist im Einsatz befand, waren die Möglichkeiten der freien Entfaltung seiner Person im Zeitpunkt der Aufnahme ohnehin eingeschränkt. Der Kläger wird in der Aufnahme nicht herabgewürdigt oder unzumutbar bloßgestellt; er wird als Polizist bei einem Polizeieinsatz, somit in der Ausübung seines Berufs, gefilmt.
Die Namensnennung des Klägers durch den Einzelunternehmer ist insofern nicht von Bedeutung, als die Beklagte davor ja nicht wissen konnte, dass der Name des Klägers genannt werden würde. Dazu kommt, dass jemand, der den Kläger kennt, diesen auf dem Video auch ohne Namensnennung erkennen kann, während jemand, der ihn nicht kennt, bei der Mehrzahl einschreitender Polizeibeamter den genannten Namen nicht zwingend dem Kläger zuordnen kann.
Dass es dem Kläger möglicherweise unangenehm war, gefilmt zu werden, begründet für sich noch keinen Eingriff in von der Rechtsordnung geschützte Interessen.
Behaupteter Zweck der Aufnahme war die Dokumentation der Amtshandlung als solcher zu Beweiszwecken, nicht aber die gezielte Aufnahme (nur und speziell) des Klägers. Dass sich aus diesem Zweck der Aufnahmen deren Rechtswidrigkeit ergäbe, ist nicht ersichtlich und kann aus keiner gesetzlichen Bestimmung abgeleitet werden (vgl dagegen §§ 384 ff ZPO über die Beweissicherung). Darin unterscheidet sich der Fall maßgeblich von der Vorentscheidung, in dem das Motiv für die Aufnahme die „Belustigung“ war.
Beim Filmen der Amtshandlung ist das Mitfilmen der einschreitenden Polizisten unvermeidlich; der Zweck des Filmens könnte nicht erreicht werden, wenn etwa die Kamera ständig nur in Richtung des Fußbodens gerichtet sein müsste, um identifizierende Aufnahmen der Polizisten zu verhindern.
Die Staatsgewalt muss bei einem hoheitlichen Einsatz mit Zwangsgewalt akzeptieren, dass diese Vorgänge festgehalten werden, zumal dadurch auch ein gewisser präventiver Effekt gegen allfällige rechtswidrige Übergriffe erreicht wird. Demgegenüber war in der Vorentscheidung der klagende Rechtsanwalt gerade nicht mit der Befugnis zur Ausübung von Zwangsmitteln ausgestattet.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann für die Erlaubtheit des Filmens nicht erforderlich sein, dass etwa der Kläger übergriffig geworden wäre oder Sachen beschädigt hätte: Eine Aufnahme, die erst nach einem erfolgten Übergriff oder einer Beschädigung beginnt, kann den Dokumentationszweck nicht erfüllen. Die Beklagte ist auch nicht als „unbeteiligte Dritte“ zu einem Polizeieinsatz dazugekommen und hat diesen quasi als „Gafferin“ zur Befriedigung der Sensationslust gefilmt, sondern war – stellvertretend für ihren Mann als Verpflichteten beim Vollzug einer Fahrnisexekution – selbst vom Polizeieinsatz betroffen. Schließlich lag hier auch keine verdeckte Ermittlung (vgl 4 Ob 172/00y) vor.
1.4.3. Zusammengefasst unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem der Entscheidung 6 Ob 256/12h maßgeblich und ergibt die vorzunehmende Interessenabwägung, dass keine ausreichenden Gründe vorhanden sind, der Beklagten das Filmen der Amtshandlung zu verbieten.
2. Zum zweiten Unterlassungbegehren (Veröffentlichung)
2.1. Allgemeine Grundsätze
Die Veröffentlichung von Bildern wird durch § 78 UrhG geregelt. Demnach soll jedermann gegen einen Missbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, also insbesondere auch dagegen, dass er durch Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, dass dadurch sein Privatleben der Öffentlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Missdeutungen Anlass geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt (RS0078161). Die Veröffentlichung von Lichtbildern kann auch dann gegen § 78 UrhG verstoßen, wenn sie als solche unbedenklich sind, das heißt wenn sie den Abgebildeten weder entstellen noch Vorgänge wiedergeben, die seinem höchstpersönlichen Lebensbereich zuzuordnen sind; es genügt, dass der Abgebildete durch den Begleittext mit Vorgängen in Verbindung gebracht wird, mit denen er nichts zu tun hat, oder der Neugierde und Sensationslust der Öffentlichkeit preisgegeben wird (RS0078161 [T7]). Es ist auch nicht nur das Bild allein für sich zu beurteilen, sondern auch die Art der Verbreitung und der Rahmen, in welchen das Bild gestellt wurde (RS0078077). Bei der Beurteilung, ob berechtigte Interessen verletzt würden, ist darauf abzustellen, ob die Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind (RS0078077 [T11]).
Bei nicht allgemein bekannten Personen des öffentlichen Lebens wird – so wie bei unbekannten Privatpersonen – die Verletzung durch die Beigabe des Bildes noch verschärft und eine „Prangerwirkung“ erzielt, weil die Person des Angegriffenen damit erst einer breiten Öffentlichkeit auch optisch kenntlich gemacht wird (RS0077767). Behauptet derjenige, der das Bild verbreitet, seinerseits ein Interesse an diesem Vorgehen, dann müssen die beiderseitigen Interessen gegeneinander abgewogen werden (RS0078088 [T2]). Auf die Frage, ob der Veröffentlicher, insbesondere wegen eines nach den Umständen des konkreten Falls gegebenen Informationsbedürfnisses der Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse daran hat, das Bildnis einer Person zu veröffentlichen und zu verbreiten, ist aber regelmäßig nur einzugehen, wenn er darüber entsprechende Behauptungen aufstellt (RS0077785). Bezweckt die Veröffentlichung des Bildes einer Person primär die Befriedigung der Neugierde und der Sensationslust der breiten Öffentlichkeit, dann werden damit die Grenzen einer zulässigen Berichterstattung jedenfalls überschritten und die rechtlich geschützten Interessen der abgebildeten Person verletzt (RS https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=78c3534c-ed27-4e06-9565-dca28d384cd1&Position=101&Abfrage=Justiz&Gericht=&Rechtssatznummer=&Rechtssatz=&Fundstelle=&AenderungenSeit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False&GZ=&VonDatum=&BisDatum=18.01.2019&Norm=UrhG §78&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=&Dokumentnummer=JJR_19750624_OGH0002_0040OB00318_7500000_001 077777).
2.2. Vorliegender Fall
Nach den dargestellten Grundsätzen ist die Beurteilung der Vorinstanzen zutreffend, wonach die Veröffentlichung des Videos unzulässig war: Durch die Verbreitung im Internet wurde (ua) der Kläger einer breiten Öffentlichkeit „vorgeführt“. Dazu kommt hier, dass die Beiziehung von Polizei, der Spezialeinheit „Cobra“ sowie von Polizeihunden zur Durchführung einer Fahrnisexekution keineswegs der Regelfall ist. Wenn das Gericht diesen Polizeieinsatz für erforderlich hielt, muss es begründete Besorgnis gegeben haben, dass anders ein Vollzug nicht möglich wäre, etwa weil sich der Verpflichtete unter Umständen auch gewaltsam gegen den Vollzug wehren würde. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Veröffentlichung des Videos gerade dazu dienen sollte, in den entsprechenden Verkehrskreisen die Staatsgewalt und somit auch den Kläger, der als Polizist für diese einschritt, herunterzumachen. Schließlich wurde der Kläger im Video mit seinem Namen angesprochen, sodass auch seine Anonymität ohne sachlichen Grund beeinträchtigt wurde (vgl RS0089997; RS0008998).
Irgendwelche Gründe, die hier die Interessenabwägung für ein Recht auf Veröffentlichung ausschlagen lassen würden (zB Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit; vgl RS0077785), hat die Beklagte nicht genannt.
2.3. Unterlassungsverpflichtung speziell der Beklagten
2.3.1. Rechtswidrig ist die Unterlassung einer besonderen Verbindlichkeit, das Übel zu verhindern. Eine Pflicht zum Handeln kann auch dann vorliegen, wenn jemand eine verpflichtende Vorhandlung gesetzt hat (Ingerenzprinzip; RS0022458; vgl auch RS0022392). Unterlässt jemand die Abwendung einer Schädigung absolut geschützter Güter Dritter, so handelt er ua dann rechtswidrig, wenn er die Gefahrensituation verursacht hat (RS0022458 [T7]).
2.3.2. Auch vom mittelbaren Störer – das ist von jenem, der die tatsächliche und rechtliche Möglichkeit hat, die auf ihn zurückgehende, seiner Interessenwahrung dienende, aber unmittelbar von Dritten vorgenommene Störhandlung zu steuern und gegebenenfalls auch zu verhindern – kann Unterlassung und nicht bloß Einwirkung auf den unmittelbaren Störer begehrt werden (RS0103058). Die Unterlassungspflicht schließt auch die Verpflichtung in sich, auf solche Dritte im Sinne der Unterlassung einzuwirken, auf welche der zur Unterlassung Verpflichtete Einfluss zu nehmen in der Lage ist (RS0011737). Der Unterlassungsanspruch ist gegeben, wenn die Störungshandlung zwar nicht vom Beklagten selbst, aber doch von ihm direkt veranlasst wurde, indem er durch Handlungen oder Unterlassungen die Voraussetzung dafür schuf, dass der Dritte die Störung begehen konnte (RS0011737 [T5, vgl auch T18, T20]).
2.3.3. Aus dieser Rechtsprechung hat bereits das Berufungsgericht zutreffend die (grundsätzliche) Unterlassungsverpflichtung der Beklagten bejaht. Dadurch, dass die Beklagte die Videoaufnahmen angefertigt hat, hat sie im Sinn der unter 2.3.1. zitierten, zum Schadenersatzrecht ergangenen Judikatur eine „verpflichtende Vorhandlung“ gesetzt bzw die Gefahrensituation, dass das Video im Internet veröffentlicht werden könnte, verursacht. Nach dem Ingerenzprinzip ist sie besonders verpflichtet, alles ihr Mögliche vorzukehren, um die Veröffentlichung der Videoaufnahmen des Klägers zu verhindern. Sie hätte daher zB das Mobiltelefon, mit dem sie die Aufnahmen gemacht hat, nicht aus ihrer Gewahrsame geben dürfen oder es sicher und für andere unzugänglich (versperrt) verwahren müssen oder nur einer Person übergeben dürfen, von der sie sicher sein konnte, dass diese Gewähr dafür bieten würde, dass es nicht zu einer Veröffentlichung kommt. Dass sie derart vorgesorgt hätte, hat sie nicht einmal behauptet.
Die unter 2.3.2. zitierte, zur actio negatoria (§ 523 ABGB) bzw zum Nachbarrecht (§ 364 Abs 2 ABGB) ergangene Rechtsprechung hat der erkennende Senat bereits auch auf Datenschutz bzw Achtung der Geheimsphäre gestützte Unterlassungsansprüche angewendet (6 Ob 126/12s – Unbekannte IP‑Adresse = RS0103058 [T16, T17, T18], vgl auch RS0103058 [T19, T20]). In der Entscheidung 6 Ob 203/16w = RS0103058 (T21, T22) hat der Senat diese Grundsätze überdies auf § 1330 ABGB (Recht auf Ehre als absolutes Gut) bzw § 16 ABGB (Persönlichkeitsrecht) gestützte Unterlassungsansprüche ausgeweitet.
Für die hier in Rede stehenden Persönlichkeitsrechte auf Unterlassung der Veröffentlichung von Lichtbildern etc im Sinn des § 78 Abs 1 UrhG kann nichts Anderes gelten.
2.3.4. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen ist (zumindest) von einem Beitrag der Beklagten zur Veröffentlichung der Videoaufnahme auszugehen. Daher stellt sich die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage über die Berechtigung einer vorbeugenden Unterlassungsklage nach § 78 UrhG nicht.
In ihrem Schreiben vom 22. 3. 2017 hat die Beklagte deutlich zum Ausdruck gebracht, sich zum Onlinestellen von „Rechtsbrüchen gegenüber lebenden Menschen“, somit offenbar auch zur Veröffentlichung der gegenständlichen Videoaufnahme, für berechtigt zu halten. Sie hat diesbezüglich im Verfahren auch nicht das Gegenteil behauptet und auch keinen Unterlassungsvergleich angeboten. Die Wiederholungsgefahr ist somit gegeben.
2.3.5. Zusammengefasst ergibt sich die Berechtigung des Unterlassungsanspruchs betreffend die Veröffentlichung bereits aus dem Beitrag der Beklagten, der im Filmen selbst liegt. Darauf, welchen (sonstigen) Beitrag sie zur Veröffentlichung geleistet hat, kommt es somit nicht an.
2.4. Zur Fassung des Unterlassungbegehrens
Betreffend das Begehren auf Unterlassung der Veröffentlichung wurden keine substanziierten Einwendungen erhoben.
3. Die Kostenentscheidung gründet auf § 43 Abs 1 (und § 50) ZPO. Das Klagebegehren besteht aus zwei Unterlassungsbegehren, die der Kläger nicht gesondert bewertet hat. Die wirtschaftliche Bedeutung des Unterlassungsbegehrens betreffend die Veröffentlichung überwiegt, weshalb insgesamt von einem Obsiegen des Klägers mit 75 % auszugehen ist und er Anspruch auf Ersatz seiner halben Kosten (bzw drei Viertel der in § 43 Abs 1 Satz 3 ZPO genannten Kosten) in erster und zweiter Instanz hat. Im Revisionsverfahren war demnach die Beklagte mit einem Viertel erfolgreich. Im Revisionsverfahren beträgt der Einheitssatz nur 50 % (§ 23 Abs 3 RATG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)