Rechtssatz
Steht ein Eingriff in die Privatsphäre fest (hier: durch systematische, identifizierende Videoüberwachung), trifft den Verletzer die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass er in Verfolgung eines berechtigten Interesses handelte und dass die gesetzte Maßnahme ihrer Art nach zur Zweckerreichung geeignet war.
Entspricht er dieser Behauptungs- und Beweislast, kann der Beeinträchtigte behaupten, dass die Maßnahme nicht das schonendste Mittel zur Zweckerreichung darstellt. Stellt sich dabei heraus, dass die Maßnahme nicht das schonendste Mittel war, erübrigt sich die Vornahme einer Interessenabwägung.
4 Ob 70/07h | OGH | 22.05.2007 |
Auch; Beisatz: Hier: Hat der Kläger kein konkretes Vorbringen dazu erstattet, dass es schonendere Mittel zur Erlangung der von der Beklagten in einem anderen Verfahren benötigten Beweise gegeben hätte. (T1) |
6 Ob 38/13a | OGH | 04.07.2013 |
Beisatz: Hier: Überwachung des Dachbereichs eines Hauses. (T2) |
5 Ob 69/13b | OGH | 17.12.2013 |
Vgl auch; Beisatz: Bei Prüfung der Duldungspflicht eines Vermieters findet keine derartige Interessenabwägung statt. (T3) |
6 Ob 231/16p | OGH | 29.03.2017 |
Beisatz: Hier: Die vom Beklagten montierte Videokamera ist für den von ihm angestrebten Überwachungszweck „schlicht ungeeignet“ und es steht mit der Verwendung eines Lärm- bzw Schallpegelmessgeräts ein gelinderes Mittel zur Verfügung, um Lärmbelästigungen festzustellen und zu dokumentieren. Der Vornahme einer Interessenabwägung bedürfte es damit nicht. (T4) |
6 Ob 16/18y | OGH | 24.05.2018 |
Vgl auch; Beisatz: Dass eine Videoüberwachung in die absolut geschützte Geheimsphäre anderer Personen eingreift, indiziert ihre Rechtswidrigkeit. (T5) |
6 Ob 236/19b | OGH | 23.01.2020 |
Vgl; Beisatz: Hier: Veröffentlichung von Teilen einer Filmaufnahme als gelindestes Mittel. (T6) |
7 Ob 38/23y | OGH | 22.03.2023 |
Beisatz: Die verdeckte, identifizierende technische Überwachung des höchstpersönlichen Lebensbereiches der Antragstellerin (hier mit Voicerecorder, Kamera und Peilsender) zur Gewinnung allfälliger Beweise im Scheidungsverfahren für einen bloß unsubstantiiert vermuteten Ehebruch rechtfertigt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382d EO. (T8) |
Dokumentnummer
JJR_20051219_OGH0002_0080OB00108_05Y0000_002
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