OGH 6Ob172/10b

OGH6Ob172/10b22.9.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. C***** L*****, vertreten durch Wildmoser/Koch & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. F***** M*****, 2. M***** GmbH, *****, beide vertreten durch Partnerschaft Schuppich Sporn & Winischhofer Rechtsanwälte in Wien, wegen 2.100.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 26. April 2010, GZ 5 R 40/10g-27, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Grundsätzlich greift die Kondiktion wegen Zweckverfehlung in Analogie zu § 1435 ABGB dann ein, wenn die Umstände, die nach dem Sinn und Zweck des Geschäfts die Grundlage der Leistung waren, weggefallen sind (RIS-Justiz RS0033855; 8 Ob 538/89 mwN). Erschöpfen sich die Zuwendungen in reinen Dienstleistungen, so stützt sich die Rechtsprechung bei diesen zweckverfehlenden Arbeitsleistungen grundsätzlich nicht auf § 1435 ABGB, sondern wendet auf diese § 1152 ABGB analog an (9 ObA 217/01d mwN; Mader in Schwimann, ABGB3, § 1435 Rz 20; Deixler-Hübner, Probleme der Leistungsabgeltung im Zusammenhang mit der Auflösung der Lebensgemeinschaft, ÖJZ 1999, 201). Dass es sich im vorliegenden Fall bei den von Dr. M***** erbrachten Leistungen um Arbeitsleistungen in diesem Sinne handelte, kann keinem Zweifel unterliegen.

2. Es ist in Lehre und Rechtsprechung anerkannt, dass derjenige, der eine Leistung, die in der Natur nicht mehr zurückgenommen werden kann, vor allem eine Arbeitsleistung, in Anspruch nimmt, diese aufgrund des im § 1152 ABGB zum Ausdruck kommenden Prinzips angemessen zu entlohnen hat, außer er braucht nicht damit zu rechnen, dass er sie besonders zu vergüten hat (F. Bydlinski, Lohn- und Kondiktionsansprüche aus zweckverfehlenden Arbeitsleistungen, in FS Wilburg [1965], 45 [72]; RIS-Justiz RS0021263). Für den Bereich der außergeschäftlichen Erbringung von Arbeitsleistungen ist es daher entscheidend, ob der Empfänger die Leistungen bewusst entgegengenommen hat (8 Ob 538/89; RIS-Justiz RS0021589; RS0014516). Es liegt dann andererseits am Empfänger, die Unentgeltlichkeit der Leistungen zu beweisen (RIS-Justiz RS0021589; RS0014516).

3. Für das Entstehen eines Kondiktionsanspruchs iSd § 1435 iVm § 1152 ABGB ist aber jedenfalls notwendig, dass der Leistungsempfänger sich darüber im klaren war oder bei Berücksichtigung der gesamten Umstände hätte im klaren sein müssen, dass die Arbeitsleitungen in Erwartung einer späteren Zuwendung erfolgte (RIS-Justiz RS0033606; RS0021597, RS0021813; 6 Ob 113/05v mwN).

4. Sofern den Leistenden kein Verschulden an der Zweckverfehlung trifft, ist sein Anspruch vom verschafften Nutzen unabhängig. Dann, wenn der Leistende selbst den zunächst angestrebten Erfolg durch sein Verhalten vereitelt hat oder ihn an der Zweckverfehlung seiner Leistung ein Verschulden trifft, kann er nur Ansprüche im Rahmen der Bereicherung, also des Vorteils des Leistungsempfängers stellen, sodass ein Verschulden generell nur die Beschränkung seines Anspruchs auf den dem Leistungsempfänger erwachsenen Vorteil bzw den ihm verschafften Nutzen zur Folge haben kann (9 ObA 217/01d mwN; 8 Ob 538/89; RIS-Justiz RS0033767; RS0021833; RS0033709). Ein völliger Entfall des Bereicherungsanspruchs ist nur unter der Voraussetzung denkbar, dass der Leistende den Leistungszweck wider Treu und Glauben vereitelt hat, wovon erst dann auszugehen sein wird, wenn der Leistende sich Maßnahmen widersetzt oder ein Verhalten an den Tag legt, das ein weiteres Zusammenleben unzumutbar macht, sohin eindeutig gegen die Interessen des Empfängers handelt (8 Ob 538/89).

5. Die Beweislast für eine verschuldensbedingte Anspruchsbegrenzung sowie dafür, dass der Eintritt des Geschäftszwecks wider Treu und Glauben durch den Leistenden vereitelt wurde, trifft den Leistungsempfänger (RIS-Justiz RS0033709 [T18]).

6. Das „Entgelt“ iSd § 1152 ABGB umfasst neben dem eigentlichen Gehalt auch die übrigen ordentlichen und außerordentlichen Leistungen zusätzlicher Art, wie insbesondere auch eine Provision, die sich grundsätzlich nach dem Ergebnis der Arbeit richtet und somit ein von der Leistung des Angestellten, aber auch von der Marktlage und Geschäftslage, abhängiges Entgelt in der Form einer Erfolgsvergütung ist (RIS-Justiz RS0027975 [T2]).

7. Auch wenn für Dienstleistungen unter nahen Angehörigen (in erster Linie Kinder und Ehepartner/Lebensgefährte) aufgrund familiärer Beistands- und Mitwirkungspflichten grundsätzlich kein Entgeltanspruch besteht, wird von Rechtsprechung und Lehre gerade für den Fall der zweckverfehlenden Arbeitsleistung angemessene Entlohnung iSd § 1152 ABGB analog zugesprochen (RIS-Justiz RS0021632; Pfeil in Schwimann, ABGB3, § 1152 Rz 4 f).

8.1. In der Anwendung dieser Grundsätze durch das Berufungsgericht ist keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

8.2. Bei der Frage, ob die beklagten Parteien aufgrund des bestehenden Verwandtschaftsverhältnisses zu Recht von einer Unentgeltlichkeit der von Dr. M***** erbrachten Leistungen ausgehen konnten, handelt es sich nicht um eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 ZPO, zumal sie nur nach den Umständen des Einzelfalls zu beantworten ist. Wenn das Berufungsgericht aufgrund der Vielzahl der Tätigkeiten, die Dr. M***** im Rahmen des klagsgegenständlichen Projekts leistete, davon ausging, dass den beklagten Parteien klar sein hätte müssen, dass die Arbeitsleistungen in Erwartung einer späteren Zuwendung erfolgten, ist dies in Anbetracht des Umstands, dass zwischen Dr. M***** und dem Erstbeklagten nur eine Schwägerschaft dritten Grades (§§ 40, 41 ABGB) besteht und die von Dr. M***** erbrachten Leistungen weit über das hinausgingen, was nach redlicher Verkehrssitte als unentgeltliche Leistung aufgrund eines Angehörigenverhältnisses angesehen werden könnte, nicht zu beanstanden, hatte Dr. M***** doch nicht nur die entscheidende Geschäftsidee eines „Holz-Clusters“ in Russland selbst, die später von der Zweitbeklagten verwirklicht wurde, sondern hat er auch mehrere Konzepte erstellt und maßgeblich an der Umsetzung seiner Idee mitgewirkt.

8.3. Nicht stichhältig ist auch der Einwand, Dr. M***** habe den ihm angebotenen Liefervertrag abgelehnt. Abgesehen davon, dass darin keine Zweckvereitelung läge, sondern dieser Umstand den geltend gemachten Anspruch nicht dem Grunde nach, sondern nur der Höhe nach beeinflussen könnte, übersieht diese Argumentation, dass nach den Festststellungen des Erstgerichts Dr. M***** mit seiner Tätigkeit nicht nur den Abschluss eines günstigen Holzliefervertrags bezweckt hat, sondern seine Leistungen auf verschiedene Weise honoriert hätten werden können. Im Übrigen ist das Vorbringen der beklagten Parteien in ihrer Berufungsbeantwortung offenbar dahin zu verstehen, dass lediglich der Abschluss eines Liefervertrages zu marktüblichen Konditionen angeboten wurde. Warum damit die Leistungen von Dr. M***** bereits in ausreichender Weise abgegolten sein sollten, ist den diesbezüglichen Ausführungen der Berufungsbeantwortung nicht zu entnehmen.

9. Zusammenfassend gelingt es den beklagten Parteien daher nicht, Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität aufzuzeigen, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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