OGH 6Ob172/05w

OGH6Ob172/05w16.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gotthard A*****, vertreten durch Mag. Erich Frenner, Rechtsanwalt in Saalfelden, gegen die beklagte Partei R***** reg.Gen.m.b.H., ***** vertreten durch Steger & Partner Rechtsanwälte in St. Johann/Pg., wegen EUR 8.310,08, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 25. April 2005, GZ 22 R 61/05g-55, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Saalfelden vom 20. Jänner 2005, GZ 2 C 103/02w-48, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt den Ersatz irrtümlich zuviel bezahlter Zinsen, welche die beklagte Partei aus zwei Kreditverträgen berechnet habe. Die beklagte Partei habe die Kreditrückzahlungen nicht den Entwicklungen am Geld- und Kapitalmarkt angepasst, obwohl während der Laufzeit der Kredite bzw der Rückzahlungszeiträume erhebliche Zinsbewegungen nach unten zu verzeichnen gewesen seien, die an den Kläger durch Reduzierung der Rückzahlungen weiterzugeben gewesen wären. Die vereinbarte Zinsanpassungsklausel sei nichtig im Sinne des § 6 Abs 1 KSchG. Für die Berechnung des Zinsschadens sei das arithmetische Mittel aus Sekundärmarktrendite (SMR) und VIBOR bzw EURIBOR anzuwenden.

Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren; die Zinsenberechnung sei vereinbarungsgemäß sowie bankangemessen erfolgt. Für die Zinsberechnung könne keinesfalls das arithmetische Mittel der Indikatoren SMR sowie VIBOR/EURIBOR herangezogen werden. Für die beklagte Partei als überwiegend regional tätiges Kreditinstitut seien vielmehr die Finanzierungskosten maßgeblich. Im Übrigen sei der Rückforderungsanspruch des Klägers verjährt.

Das Erstgericht sprach EUR 9,76 sA zu; insoweit ist das Ersturteil in Rechtskraft erwachsen. Das Mehrbegehren von EUR 8.310,08 samt Anhang wies es ab.

Das Erstgericht ging dabei von folgendem Sachverhalt aus: Banken in der Struktur und Größenordnung der beklagten Partei, also kleine Banken, refinanzieren sich nicht bei anderen Banken und auch nicht auf dem Kapitalmarkt, sondern überwiegend mit Spareinlagen von Privatkunden. Diese Banken folgen bei der Anpassung des Zinssatzes für Spareinlagen überwiegend dem Kapitalmarktzinssatz, also jenem für längerfristige Anlagen in Wertpapieren. Der Indikator hiefür ist die Sekundärmarktrendite. Die beklagte Partei verwendet bei der Zinsenberechnung den Indikator „Verzinsung Primäreinlagen Raiffeisen-Bankengruppe Salzburg". Unter Zugrundelegung dieses Indikators verrechnete die beklagte Partei zu Konto Nr 331959 während des gesamten Vertragszeitraumes EUR 2.062,64 zuviel. In den letzten drei Jahren vor Klagserhebung hat die beklagte Partei die verrechneten Zinssätze allerdings stärker abgesenkt als es der von ihr verwendete Indikator erfordert hätte, sodass sie allein in diesem Zeitraum dem Kläger EUR 502,03 zu wenig verrechnete. Zu Konto Nr 332148 verrechnete die beklagte Partei auf Basis des genannten Indikators dem Kläger um EUR 157,63 zuviel, in den letzten drei Jahren vor Klagserhebung hingegen nur um EUR 9,76 zuviel.

Der Kläger hat die ihm durch die Beklagte zugesendeten Kontoauszüge unwidersprochen gelassen und am 28.10.2003 während des Verfahrens nach Anfrage bei der Beklagten den angeblich noch offenen Saldo vorbehaltlos abgedeckt.

In rechtlicher Sicht erwog das Erstgericht, dass die zwischen den Parteien vereinbarte Zinsanpassungsklausel wegen Anführung zahlreicher, die Kreditzinsen möglicherweise beeinflussender Parameter nichtig sei. Die Zugrundelegung des Indikators „Verzinsung Primäreinlagen Raiffeisen-Bankengruppe Salzburg" entspreche am ehesten dem hypothetischen Parteiwillen. Die dreijährige Verjährungsfrist beginne mit der Zahlung jeder einzelnen überhöhten Rate.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es billigte im Wesentlichen die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Der hypothetische Parteiwille hänge davon ab, was bei Vertragsabschluss mit den in der tatsächlich zunächst vereinbarten Klausel angeführten Umständen (Änderung durch Erhöhung der Einlagenzinssätze oder der Bankrate oder der Kapitalmarktrendite oder durch kredit- und währungspolitische Maßnahmen hinsichtlich der Zahlungsbereitschaft, des Kreditvolumens oder der Mindestreserven oder durch Änderung der Bestimmungen über die Verzinsung von geförderten Krediten) gemeint war, und ob es für die damit gemeinten Umstände (gemessen am Erfahrungshorizont des Jahres 1991) objektive Parameter gebe. Zu diesen Tatfragen habe der Kläger aber weder ein Vorbringen noch ein Beweisanbot erstattet. Der Kläger habe lediglich damit argumentiert, dass der von der Arbeiterkammer Salzburg verwendete Indikator, nämlich das arithmetische Mittel aus SMR und EURIBOR, anzuwenden sei, was aber der herrschenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes widerspreche (unter Berufung auf 4 Ob 73/03v). Welche andere - den gesetzlichen Anforderungen entsprechende - Klausel dem hypothetischen Parteiwillen besser entsprochen hätte als die gegenständliche nichtige Klausel, habe der Kläger nicht einmal behauptet.

Aus der Entscheidung der Europäischen Kommission vom 11. 6. 2002 im Zusammenhang mit dem „Lombardklub" sei für den Rechtsstandpunkt des Klägers nichts abzuleiten, weil die beklagte Partei als selbständige Raiffeisenbank sich ein allfälliges Fehlverhalten der Raiffeisenzentralbank Österreich AG (RZB) keinesfalls zurechnen lassen müsse.

Dass der beklagten Partei selbst eine bewusste Irreführung bzw Arglist im Zusammenhang mit einem europäischen Kartellrechtsverstoß anzulasten sei, könne weder dem Vorbringen noch den Beweisergebnissen entnommen werden.

In der ausführlich begründeten, grundlegenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 4 Ob 73/03v (= SZ 2003/73) gehe das Höchstgericht offensichtlich davon aus, dass die dreijährige Verjährungsfrist mit der Leistung jeder einzelnen überhöhten Rate zu laufen beginne. Ungeachtet der durchaus beachtlichen Argumente der die gegenteilige Auffassung vertretenden Lehre und verschiedener zweitinstanzlicher Gerichte sei an dieser Rechtsansicht festzuhalten.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage des Beginns der dreijährigen Verjährungsfrist bei der Rückforderung von Zinszahlungen aus ungerechtfertigter Bereicherung bisher nur eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vorliege. Die herrschende Lehre und ein Teil der zweitinstanzlichen Judikatur verträten demgegenüber die Auffassung, dass eine Bereicherung der Bank erst mit der „Überzahlung" eintrete. Dieses Argument müsste konsequenterweise dazu führen, dass entgegen der nunmehr einhelligen Judikatur des Obersten Gerichtshofes von einer 30-jährigen Verjährungsfrist auszugehen sei. Soweit es nämlich vor der „Überzahlung" von einzelnen Raten zu einer vorzeitigen Rückzahlung des Kredites komme, sei auch kein wiederkehrender Betrag, sondern der einmal zuviel bezahlte Betrag geltend zu machen. Damit fehle es aber - zumindest für die Fälle einer vorzeitigen Kreditrückzahlung - auch an einer tauglichen Grundlage für eine Analogie.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Klägers ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist auch berechtigt.

1. Zur Verjährung

1.1. Nach der schon vom Berufungsgericht zutreffend zitierten Grundsatzentscheidung 4 Ob 73/03v (= SZ 2003/73) verjährt der Anspruch des Kreditschuldners auf Rückzahlung zuviel gezahlter Zinsen grundsätzlich nach drei Jahren. Allerdings tritt nach neuerer Rechtsprechung die Bereicherung des Darlehensgebers wegen vom Darlehensnehmer diesem überhöht verrechneter und von diesem geleisteter Darlehenszinsen bei Pauschalraten erst mit der Tilgung aller Rückzahlungsansprüche des Darlehensgebers ein, sodass die Verjährung von bereicherungsrechtlichen Rückforderungsansprüchen des Darlehensnehmers nicht vor der Tilgung der Raten beginnt (RIS-Justiz RS0119813). Allfällige Rückforderungsansprüche wegen zu hoch berechneter Zinsen entstehen bei Zahlung von Annuitäten daher nicht schon mit Zahlung der monatlichen Raten, sondern erst ab „Überzahlung" (7 Ob 222/04d; 7 Ob 190/04y; ebenso Riss, Zur Verjährung schadenersatzrechtlicher Ansprüche auf Rückzahlung überhöhter Kreditzinsen, ÖBA 2005, 782 [784]). Wann eine derartige Überzahlung vorlag, ist den Feststellungen des Erstgerichtes aber nicht zu entnehmen.

1.2. Dazu kommt, dass sich der Kläger zusätzlich auch auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes stützt. Ein derartiger Schaden des Kreditnehmers kann aber gleichfalls erst mit dem Zeitpunkt der Überzahlung vorliegen (Dullinger, Zur Verjährung der Rückforderung überhöhter Kreditzinsen, FS Welser 121 [134]); vor diesem Zeitpunkt geleistete Rückzahlungen reduzierten ja - wenn auch allenfalls vor vertraglich bedungener Fälligkeit - die Darlehensschuld des Darlehensnehmers.

Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung stellt die Verwendung einer mit § 6 Abs 1 Z 5 KSchG unvereinbaren (weil unbestimmten) Zinsänderungsklausel durch die beklagte Bank im Rahmen von Verbraucherkreditverträgen ein rechtswidriges Verhalten dar, das geeignet ist, eine Schadenersatzpflicht der Bank zu begründen, wenn dem Kunden durch dieses Verhalten ein Schaden entsteht (RIS-Justiz RS0119840). Dies gilt auch für die Rechtslage vor der KSchG-Novelle 1997 (1 Ob 68/05i).

Für das Verschulden gilt der objektivierte Maßstab des § 1299 ABGB; die Beweislast für das fehlende Verschulden trifft nach § 1298 ABGB den Kreditgeber (7 Ob 190/04y). Von einer Bank kann erwartet werden, dass sie sich vor der Vereinbarung von Vertragsbedingungen über deren Zulässigkeit informiert. Nur wenn auch bei gewissenhafter Beschäftigung mit Gesetz, Rechtsprechung und Lehre die Unzulässigkeit der Klausel nicht zu erkennen war, liegt kein Verschulden vor. Die Weiterverwendung der Klausel auch nach dem Zeitpunkt, in dem die Rechtsunwirksamkeit erkannt werden musste, ist jedenfalls als rechtswidrig zu qualifizieren (10 Ob 23/04m; 7 Ob 190/04y, 1 Ob 68/05i je mwN). Die Ausführungen von Dullinger (FS Welser 121 [133]), Lukas (JBl 2005, 450) und Apathy (ÖBA 2005, 557) bieten keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen, zumal in der Literatur schon 1992 von Krejci (in Rummel, ABGB² § 6 KSchG Rz 86) und in der Folge von Koziol (in Avancini/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht II Rz 1/157) auf die Unzulässigkeit derartiger Klauseln hingewiesen wurde.

Zusätzlich ist bei Schadenersatzansprüchen zu beachten, dass nach § 1489 ABGB die Verjährung erst dann beginnt, wenn dem Geschädigten der Schaden und die Person des Schädigers bekannt waren (vgl nur 10 Ob 23/04m).

Die Erkundigungsobliegenheit des Kreditnehmers darf in diesem Zusammenhang nicht überspannt werden. Sofern nicht ausnahmsweise konkrete Verdachtsmomente bestehen, kann der Kreditnehmer einer Bank darauf vertrauen, dass diese keine nach der Rechtslage unzweifelhaft nichtige Vertragsklauseln verwendet (7 Ob 204/05h). Erst wenn der der Kreditnehmer dahingehende konkrete Verdachtsmomente hat, aus denen er schließen kann, dass diese Verhaltenspflicht von der Bank nicht eingehalten worden sein könnte, kommt seine Erkundigungsobliegenheit zum Tragen und es ist von ihm zu verlangen, dass er Maßnahmen setzt, um das Verhalten der Bank zu kontrollieren (7 Ob 204/05h).

Dazu ist darauf zu verweisen, dass das Vorliegen von Medienberichten für den Beginn der Verjährung jedenfalls dann nicht ausreicht, wenn sich daraus nur allgemein ergibt, dass Banken Zinssenkungen nicht entsprechend weitergegeben haben (1 Ob 68/05i). Entscheidend wäre vielmehr, ob und ab welchem Zeitpunkt sich die Medieninformationen derart verdichtet hatten, dass für die Kreditnehmer ersichtlich werden musste, auch ihre konkreten Kreditverträge seien unkorrekt abgerechnet (1 Ob 68/05i). Vor diesem Zeitpunkt kann eine Verletzung der die Kreditnehmer treffende Obliegenheit, Erkundigungen bzw fachlichen Rat einzuholen, keinesfalls angenommen werden (1 Ob 68/05i).

In Hinblick auf die dargelegte neuere Judikatur bedarf es im vorliegenden Fall daher weder eines Eingehens auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob durch Abstellen der Verjährung auf den Zeitpunkt der Überzahlung ein entscheidendes Argument für das Vorliegen einer regelmäßigen, der kurzen Verjährungsfrist unterliegenden Leistung weggefallen ist, noch auf die in der Lehre an der Entscheidung (vgl etwa G. Graf, Rechtswidrige Zinsanpassungsklauseln und Verjährungsrecht, ecolex 2003, 648 ff) geäußerte Kritik.

2. Zum Vorliegen eines Anerkenntnisses

Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung kommt, wenn die vom Punkt 10 der AGB der Kreditunternehmungen geforderte fristgebundene Reklamation gegen Rechnungsabschlüsse unterlassen wird, dem hiedurch bewirkten Saldoanerkenntnis im Regelfall nur deklarative Wirkung zu; ein konstitutives Anerkenntnis wäre nur dann anzunehmen, wenn damit im konkreten Fall in der Tat ein ernstlicher Streit oder Zweifel beigelegt werden sollte (1 Ob 27/01d = SZ 74/80 = ecolex 2001/206 = JBl 2001, 593 = ÖBA 2002, 67 = RdW 2001/498; 4 Ob 73/03v = SZ 2003/73; RIS-Justiz RS0115012; zuletzt 7 Ob 222/04d). Aus der unterlassenen Reklamation gegen die übermittelten Salden kann daher jedenfalls kein Anerkenntnis der von der beklagten Partei verrechneten Zinsen abgeleitet werden.

Ebensowenig stellt die während des anhängigen Verfahrens erfolgte vorzeitige Rückzahlung ein Anerkenntnis dar. Gerade bei der Annahme eines stillschweigenden Verzichts ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung besondere Vorsicht geboten (Rummel in Rummel, ABGB I³ § 863 Rz 14; EvBl 1977/124; SZ 44/106; WBl 1994, 22 ua). In Anbetracht des vom Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits gerichtlich verfolgten Rückzahlungsanspruches konnte ein redliches Kreditinstitut bei vorzeitiger Tilgung des Kredites keineswegs den Eindruck erhalten, damit verzichte der Kreditnehmer gleichzeitig auf die Weiterverfolgung des damals bereits gerichtsanhängigen Begehrens auf Rückzahlung überhöhter Kreditzinsen.

3. Wissentliche Zahlung einer Nichtschuld

In der Abdeckung des nach Auskunft der Bank aushaftenden Betrages während des Verfahrens ist entgegen der Rechtsansicht der Beklagten auch keine der Rückforderung entgegenstehende wissentliche Zahlung einer Nichtschuld zu erblicken. „Wissen" im Sinne des § 1432 ABGB bedeutet nämlich nur sichere Kenntnis; Zweifel am Bestehen der Schuld schließen eine Rückforderung nicht aus (Rummel in Rummel, ABGB³ § 1432 Rz 7). Im Übrigen läge in der zum Zeitpunkt der Abdeckung der klagsgegenständlichen Konten bereits erfolgten gerichtlichen Geltendmachung des Rückforderungsanspruches zumindest ein konkludenter Vorbehalt der Rückforderung (vgl JBl 1963, 388; SZ 52/98).

4. Zur Höhe des Anspruchs

4.1. Für den Fall, dass sich nach dem Gesagten die Ansprüche des Klägers als nicht verjährt erweisen, ist auf die Höhe des Anspruchs des Klägers einzugehen: Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits in einer Reihe von Entscheidungen mit den Anforderungen an Zinsgleitklauseln befasst (7 Ob 222/04d; RIS-Justiz RS0117774), auf die hier verwiesen werden kann. Demnach ist nach dem - auf den vorliegenden Fall noch anzuwendenden - § 6 Abs 1 Z 5 KSchG aF Gültigkeitserfordernis für eine Gleitzinsklausel, dass die für die Erhöhung maßgebenden Umstände im Vertrag klar umschrieben werden. Dies ist nur dann der Fall, wenn der maßgebliche Sachverhalt hinreichend deutlich, eindeutig und unmissverständlich - und nicht nur nach Art einer Generalklausel - beschrieben wird; dazu kommt weiters, dass bei Bezugnahme auf verschiedene Umstände deren Verhältnis zueinander (kumulative oder alternative Verwirklichung als Abänderungserfordernis?) festzulegen ist. Die Bestimmung ist nur dann wirksam, wenn sie - bei einer Betrachtung ex ante - hinreichend deutlich erkennen lässt, innerhalb welcher Grenzen die Zinsenveränderung vorgenommen werden darf, um so den Gestaltungsspielraum der zur Anpassung berechtigten Vertragspartei festzulegen und willkürliches Handeln zu Lasten der anderen Vertragsparteien auszuschließen.

Die - zutreffende - Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die von der beklagten Partei gewählte Zinsanpassungsklausel den angeführten Erfordernissen nicht genügt, wird von den Parteien im Revisionsverfahren nicht mehr in Zweifel gezogen.

4.2. Zu den Rechtsfolgen der Unwirksamkeit einer Zinsanpassungsklausel hat bereits der 4. Senat in seiner Entscheidung 4 Ob 73/03v (= SZ 2003/73; ebenso 1 Ob 68/05i) ausgeführt, dass die gesetzwidrige Vertragsbestimmung nach dem Normzweck des § 6 KSchG Teilnichtigkeit des Vertrages ex tunc bewirke. Die Zinsanpassungsklausel falle nicht ersatzlos weg; vielmehr habe eine Vertragsanpassung nach den allgemeinen Regeln der Vertragsinterpretation und -ergänzung zu erfolgen. Als Behelf ergänzender Auslegung komme zunächst die Frage nach dem hypothetischen Parteiwillen in Betracht. Die Suche nach einer angemessenen Regelung hat sich daran zu orientieren, was redliche und vernünftige Parteien bei angemessener Berücksichtigung der Interessen beider Teile vereinbart hätten, wenn sie sich bei Vertragsschluss der Ungültigkeit der von ihnen gewollten Zinsanpassungsklausel bewusst gewesen wären. Bei der gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung ist insbesondere sicherzustellen, dass die Zinsanpassungsklausel die Bank nicht einseitig begünstigt. Es muss daher gewährleistet sein, dass eine Bank bei sinkendem Zinsniveau und Verbesserung der Refinanzierungskonditionen auch zur entsprechenden Herabsetzung des Zinssatzes gegenüber dem Kreditnehmer (Anpassungssymmetrie) verpflichtet sei. Die Frage, was redliche und vernünftige Parteien bei angemessener Berücksichtigung der Interessen beider Teile vereinbart hätten, wenn sie sich bei Vertragsschluss der Ungültigkeit der hier zugrunde gelegten Zinsanpassungsklausel bewusst gewesen wären, kann erst dann abschließend beurteilt werden, wenn feststeht, was mit den in der tatsächlich zunächst vereinbarten Klausel angeführten Umständen gemeint war und ob es für die damit gemeinten Umstände - gemessen am Erfahrungshorizont zum Zeitpunkt des Abschlusses der Kreditverträge - objektive Parameter gibt.

4.3. An diesen vom 4. Senat entwickelten und in der Folge vom 1. Senat übernommenen Grundsätzen ist festzuhalten. Sofern der „hypothetische Parteiwille" nicht feststellbar sein sollte (vgl die Glosse Rummels zu JBl 2004, 50), ist hilfsweise auf die redliche Verkehrsübung und Treu und Glauben abzustellen. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass es bei der ergänzenden Auslegung um die Ermittlung des hypothetischen Willens beider Parteien geht. Das Argument des Erstgerichtes, dass eine Bank „eher weniger bereit wäre, von ihren Kreditkonditionen abzugehen", sagt über den in gleicher Weise maßgeblichen hypothetischen Parteiwillen des Klägers noch nichts aus. Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung ist vielmehr - sofern keine tatsächliche entsprechende Parteienabsicht feststellbar ist - jene Regelung zugrundezulegen, die redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (Rummel in Rummel, ABGB³ § 914 Rz 12; SZ 57/71; JBl 1983, 593; JBl 1986, 197 ua). Selbst wenn feststünde, dass sich die Parteien wegen Übermacht einer Partei hypothetisch auf eine einseitig belastende Regelung geeinigt hätten, dürfte der Richter nur einen angemessenen Interessenausgleich vorsehen (Rummel aaO; SZ 49/86).

4.4. Die prinzipielle Ablehnung des der Klage zugrundeliegenden aus dem Mittel von VIBOR und SMR gebildeten Indikators durch das Berufungsgericht steht mit der neueren Rechtsprechung nicht im Einklang. Vielmehr hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 9 Ob 62/04i eine derartige, von zahlreichen Kreditinstituten seit 1997 verwendete Klausel als möglicherweise dem hypothetischen Parteiwillen am ehesten entsprechend angesehen, weil im zugrundeliegenden Fall schon in der ursprünglichen Klausel Elemente des Kredit- als auch des Geld- und Kapitalmarkts angedeutet waren. G. Graf pflichtete diesem Ansatz bei (G. Graf, ÖBA 2005, 648 [Anmerkung zu 9 Ob 62/04i]). Die Maßgeblichkeit der späteren Vertragspraxis liegt darin, dass die Verwendung der Klausel durch die Bank zum Ausdruck bringt, dass diese Klausel aus ihrer Sicht am besten geeignet ist, das angestrebte Ziel der Anbindung des Vertragszinses an die allgemeine Entwicklung des Geld- und Kapitalmarkts zu gewährleisten (G. Graf aaO). In diesem Sinne könnten daher auch von der beklagten Partei nach 1997 verwendete (zulässige) Zinsgleitklauseln Aufschlüsse über den aus Sicht der Beklagten am ehesten geeigneten Indikator bieten.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte in der ursprünglichen Zinsanpassungsklausel gerade nicht ausschließlich auf die Höhe der Einlagenzinssätze abgestellt, sondern auch auf Änderungen der Bankrate, der Kapitalmarktrendite, kredit- und währungspolitische Maßnahmen und die Bestimmungen über die Verzinsung von geförderten Krediten, mithin auch auf Aspekte des Kapital- und Geldmarktes. In Hinblick darauf wäre das von der Revisionswerberin vertretene Abstellen nur auf die konkrete Refinanzierungssituation der Beklagten unter Ausklammerung der Entwicklung des Kapital- und Geldmarktes einseitig.

4.5. Selbst wenn es zuträfe, dass ein durchschnittlicher Kreditnehmer sich am ehesten unter dem Begriff „Einlagenzinsen" etwas „vorstellen kann", vermag dies weder die einseitige und von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung losgelöste Anbindung des Zinssatzes nur an den Einlagenzinssatz noch das Abstellen gerade auf den Indikator „Verzinsung Primäreinlagen Raiffeisen-Bankengruppe Salzburg" zu begründen. Gegen die Heranziehung des Indikators „Verzinsung Primäreinlagen Raiffeisen-Bankengruppe Salzburg" spricht zudem - abgesehen davon, dass nach den Feststellungen die beklagte Partei sich in den letzten drei Jahren nicht einmal selbst an den von ihr gewünschten Indikator gehalten hat -, dass dieser Indikator nicht veröffentlicht wird und daher allfällige Zinsänderungen vom Kreditnehmer in keiner Weise nachvollzogen werden können. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen ausgesprochen, dass die vom Kreditinstitut selbst festgesetzten Einlagezinsen keinen ausreichenden Indikator für die Anpassung der Kreditzinsen darstellen (9 Ob 62/04i), weil es hier an einem ausreichend vorhersehbaren objektiven Merkmal fehlt. Ähnliche Bedenken stellen sich aber bei dem von der beklagten Partei gewünschten Abstellen auf die Einlagenzinsen einer - noch dazu regional beschränkten - Bankengruppe, der die beklagte Partei angehört.

4.6. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes sind die Behauptungen des Klägers zur hypothetischen Parteienabsicht (AS 145) ausreichend deutlich. Auch das Erstgericht hat das diesbezügliche Vorbringen offenbar als ausreichend angesehen. Wenn das Berufungsgericht dieses Vorbringen für ergänzungsbedürftig erachtete, durfte es jedenfalls nicht ohne dass dem Kläger zuvor gemäß § 182 ZPO Gelegenheit gegeben werde, sein Vorbringen zu ergänzen, die Prozessbehauptungen des Klägers als nicht ausreichend einstufen (vgl RIS-Justiz RS0036787, RS0036871, RS0036355 RS0037300). Im Übrigen fällt die Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Parteiwillen, sofern nicht auf bestimmte Tatsachen, sondern auf allgemeine Überlegungen wie die redliche Verkehrssitte und Treu und Glauben abgestellt wird, in den Bereich der rechtlichen Beurteilung. Auch aus dieser zusätzlichen Erwägung waren entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes weitere Tatsachenbehauptungen insoweit nicht erforderlich.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht daher Feststellungen zum Verjährungsbeginn sowie gegebenenfalls zur Ermittlung des hypothetischen beiderseitigen Parteiwillens zu treffen haben. Im Hinblick auf die ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht der Vorinstanzen bisher unterbliebenen fehlenden Feststellungen zu diesen Punkten war spruchgemäß mit Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen vorzugehen (§ 510 Abs 1 Satz 3 ZPO).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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