Spruch:
Der ordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung
Die - am 13. Juni 1931 geborene - Erstantragstellerin ist grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** GB *****h. Ob dieser Liegenschaft ist sub B‑LNR 3e zu TZ 7191/2007 die „Bestellung eines Sachwalters (13 P 35/07t)" angemerkt. Nach dem Beschluss des Bezirksgerichts Leibnitz vom 19. Oktober 2007, GZ 13 P 35/07t‑12, hat der gemäß § 268 Abs 3 Z 2 ABGB bestellte Sachwalter Rechtsanwalt Dr. Gerhard H***** für die betroffene Erstantragstellerin die Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern sowie die Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen, wahrzunehmen. In der Beschlussbegründung wird auszugsweise festgestellt:
„Bezugnehmend auf die vorbereitende psychiatrische Befundaufnahme vom 20. September 2007 ist festzuhalten, dass bei der Betroffenen ein hirnorganisches Psychosyndrom (leicht bis mittelgradig ausgeprägt) vorliegt. Auf Grund dieses Zustandsbildes ist sie nicht verlässlich in der Lage, komplexere Sachverhalte ausreichend in ihrer Bedeutung zu begreifen und in ihren Erfahrungsbereich einzuordnen. Bei Problemen ist sie außer Stande, alternative Lösungsmöglichkeiten sinnvoll und überlegt gegeneinander abzuwägen, um daraus resultierende realitätsangepasste und situationsadäquate Entscheidungen zu treffen. Zusammenhänge können nicht mehr gänzlich erfasst werden, die Urteilsbildung ist vermindert."
Die Antragsteller begehrten mit ihrem beim Erstgericht am 5. Dezember 2007 eingelangten Grundbuchsgesuch aufgrund des Schenkungsvertrags vom 7. Dezember 2006 sowie der Abtrennungsbewilligung vom 27. Dezember 2006 ua die Abschreibung bestimmter Grundstücke von der Liegenschaft EZ ***** GB ***** der Erstantragstellerin, die Eröffnung einer neuen Grundbuchseinlage hiefür und die Vormerkung des Eigentumsrechts hierauf für den Zweitantragsteller.
Mit dem die Eintragungsgrundlage bildenden, in Form eines Notariatsakts errichteten Schenkungsvertrag hat die Erstantragstellerin dem Zweitantragsteller ua näher bezeichnete, den Gegenstand des Grundbuchsgesuchs bildende Grundstücke geschenkt. Auf diesem Schenkungsvertrag sind der Genehmigungsbescheid der Grundverkehrsbehörde sowie der Stempelaufdruck „Bescheid rechtskräftig" angebracht. Dieser Stempelaufdruck ist aber weder unterfertigt noch mit einem Beglaubigungsvermerk versehen.
Bei Einbringung des Grundbuchsgesuchs waren beide Antragsteller durch einen öffentlichen Notar, die Erstantragstellerin aber nicht durch ihren Sachwalter vertreten.
Das Erstgericht bewilligte das Grundbuchsgesuch. Es hatte vor seiner Entscheidung einen Aktenvermerk angelegt mit folgendem Wortaut:
„Nach Einsichtnahme in den hg Sachwalterschaftsakt (13 P 35/07t) sowie des Beschlusses auf Grund deren die Geschenkgeberin ... unter Sachwalterschaft gestellt wurde, bestand für den Grundbuchsrechtspfleger keine Veranlassung, eine Genehmigung seitens der Sachwalterschaft zu verlangen."
Gegen den Beschluss des Erstgerichts erhob die Erstantragstellerin - vertreten durch ihren Sachwalter - Rekurs mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Antragsabweisung. Mit ihrem Rekurs legte die Erstantragstellerin eine psychiatrische Stellungnahme Dris. Eva K***** vom 22. Jänner 2008 vor, in welcher der Erstantragstellerin attestiert wird, dass das bei ihr „im Rahmen der Untersuchung im September 2007 festgestellte hirnorganische Psychosyndrom bereits seit Jahren vorliegt und damit die Geschäftsfähigkeit nicht mehr gegeben war. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass im Herbst 2006 bei Frau P***** Geschäftsunfähigkeit vorlag."
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erstantragstellerin Folge und wies das Grundbuchsgesuch ab. Der Rekurs sei trotz „antragsgemäßer" Bewilligung zulässig, weil beim einleitenden Grundbuchsgesuch der Sachwalter für die Erstantragstellerin einschreiten hätte müssen. Auch bei der Sachentscheidung dürfe die erfolgte Anmerkung der Sachwalterschaft nicht außer Acht gelassen werden, selbst wenn in dem der Sachwalterbestellung zu Grunde gelegenen Gutachten eine ausdrückliche Stellungnahme der Sachverständigen zur Geschäfts(un)fähigkeit der Erstantragstellerin zur Zeit des Abschlusses des Schenkungsvertrags im Dezember 2006 nicht enthalten sei. Der Abbau geistiger Fähigkeiten erfolge oft schleichend, weshalb angenommen werden könne, dass die Geschäftsfähigkeit der Erstantragstellerin schon vor der Einleitung von Schutzmaßnahmen gelitten haben könnte. Im Hinblick auf den Zeitraum von nur rund 10 Monaten zwischen Vertragsabschluss und Sachwalterbestellung bestünden in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme der Sachverständigen vom 22. Jänner 2008 begründete Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit der Erstantragstellerin bei Abschluss des Verfügungsgeschäfts. Schließlich sei die Rechtskraftbestätigung für den auf dem Schenkungsvertrag angebrachten Bescheid der Grundverkehrsbehörde nicht unterfertigt, sodass dessen Rechtskraft nicht nachgewiesen sei. Aus all diesen Gründen habe das Grundbuchsgesuch nicht bewilligt werden dürfen.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt und - nach Zulassungsvorstellung des Zweitantragstellers - dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht habe die erst mit dem Rechtsmittel vorgelegte psychiatrische Stellungnahme berücksichtigt und dadurch allenfalls gegen die in 5 Ob 197/06s zum Nachweis der Vertretungsbefugnis entwickelten Grundsätzen zum Neuerungsverbot verstoßen.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs des Zweitantragstellers mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Bewilligung des Grundbuchsgesuchs.
Rechtliche Beurteilung
Der ordentliche Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) - Ausspruch des Rekursgerichts unzulässig:
1. Das Bezirksgericht Leibnitz hat mit Beschluss vom 19. Oktober 2007, GZ 13 P 35/07t‑12, für die Erstantragstellerin einen Sachwalter bestellt (ua) zur Vertretung der Betroffenen vor Gerichten. Nach der Aktenlage war die Erstantragstellerin bei Einbringung des Grundbuchsgesuchs nicht durch ihren Sachwalter vertreten und auch der einschreitende Notar nicht von diesem bevollmächtigt. Daraus folgen Bedenken im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG sowie die - vom Rekursgericht somit zu Recht bejahte - Rekurslegitimation der Erstantragstellerin trotz „antragsgemäßer Bewilligung" des Grundbuchsgesuchs durch das Erstgericht (5 Ob 253/06a = NZ 2007/690, 313 [Hoyer, 318] = immolex 2007/111, 211).
2.1. Gemäß § 94 Abs 1 Z 2 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn kein gegründetes Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand, den die Eintragung betrifft, oder gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten vorhanden ist; Bedenken im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG sind ein innerer Vorgang des über das Ansuchen entscheidenden Rechtspflegeorganes (Richter oder Rechtspfleger), die im Zeitpunkt der Beschlussfassung bestehen oder nicht bestehen können. Es wird dadurch dem Rechtspflegeorgan ein gewisser Ermessensspielraum eingeräumt (5 Ob 175/05d = MietSlg 57.573; 5 Ob 106/92 = NZ 1993, 133 [Hofmeister, 135]).
2.2. Für die Versagung der Eintragungsbewilligung genügt es, wenn die Beschränkung der Verfügungsfähigkeit aus beachtlichen Gründen anzunehmen ist (1 Ob 95/47 = JBl 1947, 397 = SZ 21/22). Dabei muss, weil dem Grundbuchsrichter beziehungsweise Rechtspfleger Beweisaufnahmen durch Zeugen, Sachverständige oder persönlichen Augenschein verwehrt sind, mit einer kursorischen Feststellung und Überprüfung der „Bedenken" im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG das Auslangen gefunden werden. Ein entsprechend dem § 94 Abs 1 Z 2 GBG „gegründetes Bedenken" gegen die Verfügungsfähigkeit des Liegenschaftseigentümers kann sowohl durch amtliches als auch durch privates Wissen des Grundbuchsrichters ausgelöst werden (Hoyer, Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchsrichters, FS Kralik, 223), sofern die Überprüfung des Eintragungshindernisses objektiv möglich ist. Entsprechende Verdachtsmomente sind auch dann von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn sie sich nicht (nur) auf eine Eintragung im Grundbuch, sondern beispielsweise - wie hier - (auch) auf den Inhalt von Pflegschaftsakten stützen (vgl Bartsch, GBG7, 82), der auch objektiv überprüfbar ist (5 Ob 175/05d = MietSlg 57.573; 5 Ob 1045/91 = RPflSlgG 2330).
2.3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass sich Bedenken gegen die Verfügungsfähigkeit insbesondere auf Grund der Bestellung eines (einstweiligen) Sachwalters ergeben können, weil sie eine Behinderung des Betroffenen im Sinn des § 273 Abs 1 ABGB indiziert (vgl 5 Ob 175/05d = MietSlg 57.573; 5 Ob 1045/91 = RPflSlgG 2330; 5 Ob 185/01v = NZ 2002/546, 376 = [Hoyer, NZ 2002, 379] = MietSlg 53.624; 5 Ob 207/04h = NZ 2006/36, 176 [Hoyer] = MietSlg 56.608; zum Verfahrenssachwalter vgl auch Feil/Marent/Preisl, Grundbuchsrecht, § 94 GBG Rz 23). Da sich ein Eintragungshindernis aber nur aus „beachtlichen" Bedenken ergeben kann, spielt für die fragliche Bedeutung der Einschränkung der Diskretions- und/oder Dispositionsfähigkeit des Betroffenen, die durch die Überprüfung der Notwendigkeit einer Sachwalterbestellung indiziert wird, der zeitliche Zusammenhang zur maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Erklärung eine nicht unwesentliche Rolle (vgl 5 Ob 175/05d = MietSlg 57.573; 5 Ob 207/04h = NZ 2006/36, 176 [Hoyer] = MietSlg 56.608; 5 Ob 108/97m = NZ 1998/408, 90 [Hoyer]). Die Vermutung, dass jeder erwachsene Mensch voll handlungsfähig ist, aber auch Gründe der Rechtssicherheit gebieten es, die Indizwirkung einer notwendig gewordenen Sachwalterbestellung für eine anzunehmende Beschränkung der Handlungsfähigkeit des Betroffenen maximal auf den Zeitraum von einem Jahr vor dem Bestellungsakt auszudehnen, sofern nicht konkrete Belege für einen bereits länger anhaltenden Zustand beschränkter Handlungsfähigkeit vorliegen (RIS‑Justiz RS0060681 [T4]; zu weiter zurückreichenden Bedenken vgl 5 Ob 253/06a = immolex 2007/111, 221). Dieser zeitliche Konnex ist im vorliegenden Fall gegeben.
2.4. Dass bei dem an der Vertragserrichtung mitwirkenden Notar möglicherweise keine Zweifel an der Diskretions- und/oder Dispositionsfähigkeit einer Vertragspartei vorlagen, kann „Bedenken" im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG nicht schlechthin ausschließen. Ein Notar mag sich zwar aufgrund seiner Berufspraxis eine gewisse Erfahrung beim Erkennen von Mängeln der Geschäftsfähigkeit aneignen können, aus medizinisch‑psychiatrischer Sicht indizierte Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit einer Person werden dadurch aber nicht (jedenfalls) entkräftet.
2.5. Die vom Rekursgericht und vom Zweitantragsteller als erheblich erkannte Rechtsfrage, ob die mit dem Rekurs der Erstantragstellerin vorgelegte psychiatrische Stellungnahme vom 22. Jänner 2008 im Lichte des Neuerungsverbots (§ 122 Abs 2 GBG) berücksichtigt werden durfte, ist tatsächlich nicht entscheidungswesentlich, ließen sich doch die Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit der Erstantragstellerin bei Abschluss des Schenkungsvertrags schon aufgrund des erstgerichtlichen Erkenntnisstands vertretbar annehmen. Aus dem vom Erstgericht eingesehenen Sachwalterbestellungsbeschluss ging bereits hervor, dass die Erstantragstellerin an einem hirnorganischen Psychosyndrom leidet, welches mit nicht unbeträchtlichen geistigen Beeinträchtigungen verbunden ist. Derartige Erkrankungen treten bei älteren Menschen typischerweise nicht schlagartig auf, sondern resultieren regelmäßig aus einem längerfristigen Krankheitsverlauf. Schon allein daraus durften also begründete Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit der Erstantragstellerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des Schenkungsvertrags abgeleitet werden, sodass es auf die psychiatrische Stellungnahme vom 22. Jänner 2008 nicht mehr entscheidend ankam.
3. Nach § 30 Abs 1 Steiermärkisches Grundverkehrsgesetz darf ein Recht an einem land- und forstwirtschaftlichen Grundstück im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch ein rechtskräftiger Bescheid der Grundverkehrsbehörde beigeschlossen ist, der die erforderliche Genehmigung enthält oder aus dem sich ergibt, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist. Auf dem die Eintragungsgrundlage bildenden Schenkungsvertrag vom 7. Dezember 2006 ist zwar der Genehmigungsbescheid der Grundverkehrsbehörde angebracht, doch ist dieser lediglich mit dem Stempelaufdruck „Bescheid rechtskräftig" versehen, während eine Unterschrift des bestätigenden Organs bzw ein Beglaubigungsvermerk fehlt. Damit weist die „Rechtskraftbestätigung" (der bloße Stempelaufdruck) nicht die Qualität eines behördlichen Aktes auf (vgl Hengstschläger/Leeb, § 18 AVG Rz 14; VwGH 94/05/0097; VwGH 0291/80).
Das Rekursgericht hat somit alle Abweisungsgründe zutreffend erkannt, ohne dass dabei eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 126 Abs 2 GBG) zu beantworten gewesen wäre; der Revisionsrekurs ist somit unzulässig und zurückzuweisen.
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