European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118760
Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Zur Abgrenzung von Geschäftsraummiete und Unternehmenspacht besteht eine umfangreiche ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs. Danach lassen sich für die Abgrenzung der Unternehmenspacht zur Geschäftsraummiete keine festen, allgemein anwendbaren Regeln aufstellen (RIS-Justiz RS0031183 [T4], RS0020338 [T10]), es kommt vielmehr auf die Gesamtheit der Umstände des Einzelfalls an (RIS-Justiz RS0031183, RS0020486 [T2], RS0020513 [T5], RS0020338 [T10], RS0020398 [T13], RS0020451 [T15]). Der Lösung dieser Frage kommt daher im Allgemeinen auch keine erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zu (RIS-Justiz RS0031183 [T5]).
2.1. Ausgehend von den konkreten Umständen des hier zu beurteilenden Einzelfalls haben die Vorinstanzen das zwischen den Verfahrensparteien bestehende Rechtsverhältnis als Pachtvertrag beurteilt. Dies stellt keine im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung dar.
2.2. Der Revisionswerberin ist zwar zuzugestehen, dass ihr der Kläger weder Betriebsmittel noch eine Gewerbeberechtigung zur Verfügung gestellt hat, noch der vereinbarte Zins abhängig von einer Höhe des erzielten Umsatzes war (vgl RIS-Justiz RS0020398 [T2], RS0020513 [T15], RS0020486, RS0020586). Dem steht jedoch gegenüber, dass das (den Bestandgegenstand bildende) Gastronomieunternehmen seit Jahrzehnten in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang mit der Veranstaltungstätigkeit eines Kulturvereins steht und diese Verknüpfung auch im Bestandvertrag in detaillierten Vereinbarungen über Kooperation, Betriebsführung und Betriebspflicht ihren Niederschlag findet. Dabei sollen diese Vereinbarungen die Erfüllung der korrespondierenden (eigenen) vertraglichen Verpflichtungen des Klägers gegenüber diesem Verein gewährleisten.
2.3. Im Allgemeinen ist die Vereinbarung einer Betriebspflicht das wesentlichste Kriterium für die Qualifikation als Pachtvertrag, sofern das auf einem wirtschaftlichen Interesse des Bestandgebers an der Art des Betriebs und an seinem Bestehen sowie seiner Weiterführung beruht, nicht aber schon dann, wenn eine solche in den Vertrag als Leerformel ohne echtes Substrat aufgenommen wird (RIS-Justiz RS0020361, RS0020451 [T6, T16], RS0020513 [T14]). Für die – mit der hier vorliegenden durchaus vergleichbaren – Konstellation der räumlichen Einbindung des Unternehmens des Bestandnehmers in das Unternehmen des Bestandgebers (RIS-Justiz RS0020319) und/oder dessen Funktion als Nebenbetrieb (RIS‑Justiz RS0020355) hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass – selbst bei Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung – dies als Indiz für das Vorliegen einer Unternehmenspacht auszulegen ist (8 Ob 108/04x).
2.4. Wenn daher das Berufungsgericht hier das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der ausdrücklich vereinbarten Betriebs- und Kooperationspflicht bejaht und diese in seiner Gesamtbeurteilung der von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungskriterien letztlich als ausschlaggebend ansieht, ist dies jedenfalls nicht unvertretbar. Insbesondere schließen auch die Neugestaltung des Geschäftslokals samt Veränderung des Gastronomiekonzepts die Annahme einer Unternehmenspacht nicht aus, zumal der Unternehmensgegenstand sich dadurch nicht entscheidend geändert hat (vgl 3 Ob 115/11z). Gleiches gilt für eine allfällige, auf den schlechten Zustand zurückzuführende Notwendigkeit von Investitionen (RIS‑Justiz RS0031183 [T8]) und die (durch die Umbauarbeiten bedingte) bloß vorübergehende Stilllegung des Unternehmens (RIS‑Justiz RS0020528).
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