European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00199.23K.0111.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.265,66 EUR (darin 377,61 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Gegenstand des Rechtsstreits sind Gewährleistungs‑ und Schadenersatzansprüche des klagenden Käufers eines gebrauchten Oldtimers (Chevrolet Corvette C1).
[2] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang des zur Mängelbehebung erforderlichen Aufwands sowie vorprozessualer Kosten statt und wies das Mehrbegehren auf Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden aus dem mangelhaften Zustand des Fahrzeugs sowie ein Zahlungs‑ und Zinsenmehrbegehren (unbekämpft) ab.
[3] Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Beklagten erhobenen Berufung Folge, hob die Entscheidung auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung zurück.
[4] Der Rekurs sei zur Klarstellung zulässig, ob im Fall von erst im Prozess hervorkommenden weiteren Mängeln die Geltendmachung von Verbesserungsansprüchen dadurch verwirkt sei, dass der Geschädigte bereits Preisminderung begehrt habe.
[5] In seinem dagegen gerichteten – vom Kläger beantworteten – Rekurs beantragt der Beklagte die Abänderung der Entscheidung im klageabweisenden Sinn, hilfsweise die Aufhebung des Beschlusses.
Rechtliche Beurteilung
[6] Der Rekurs ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 526 Abs 2 ZPO) – nicht zulässig, er zeigt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO auf. Dies ist kurz zu begründen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO; RS0043691):
[7] 1.1 Im Rekursverfahren ist unstrittig, das der Sachverhalt nach österreichischem Recht – unter Ausschuss des UN‑Kaufrechts, zumal der Beklagte den Oldtimer offensichtlich zum persönlichen Gebrauch erworben hat – zu beurteilen ist.
[8] 1.2 Die vom Berufungsgericht in seiner Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage greift der Beklagte nicht auf: Er wendet sich nicht gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, nach welcher der Kläger die Möglichkeit, Verbesserungsansprüche geltend zu machen, durch sein auf Preisminderung gerichtetes Klagebegehren bereits verwirkt habe. Auf die vom Berufungsgericht als Begründung für die Zulässigkeit des Rekurses angeführte Rechtsfrage ist daher nicht einzugehen (vgl RIS‑Justiz RS0048272 [T8]).
[9] 2.1 Die Auslegung von Prozessvorbringen sowie die Frage der Schlüssigkeit einer Klage bildet, soweit es sich um keine aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung handelt, regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (vgl RS0042828 [T24, T25, T27]; RS0037780).
[10] 2.2 Klagegrund ist das tatsächliche Vorbringen, nicht die rechtliche Beurteilung dieses Vorbringens (RS0037551). Das Tatsachenvorbringen ist vom Gericht nach allen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Nur dann, wenn das Klagebegehren ausdrücklich und ausschließlich auf einen bestimmten Rechtsgrund beschränkt ist, ist es dem Gericht nach der herrschenden Rechtsprechung verwehrt, dem Begehren aus anderen Gründen stattzugeben (RS0037610 [T43]).
[11] 2.3 Der Kläger, dessen Klageänderungen das Erstgericht jeweils (unbekämpft) zuließ, stützte sein – mit Hinweis auf die Mängel des ihm vom Beklagten übergebenen Fahrzeugs begründetes – Zahlungsbegehren auf Gewährleistung und Schadenersatz, (gemeinsamen) Irrtum und Verkürzung über die Hälfte sowie „jeden erdenklichen Rechtsgrund“. Zunächst brachte er vor, der Oldtimer sei abweichend vom – durch ein vom Beklagten übermitteltes Wertgutachten dokumentierten – Marktwert erheblich weniger wert als vertraglich zugesichert, später führte er (zu einer Ausdehnung seines Begehrens) die inzwischen erhobenen Reparaturkosten für die Höhe seines Zahlungsbegehrens ins Treffen. Sowohl aus dem Titel der Gewährleistung als auch des Schadenersatzes habe ihm der Beklagte die Wertdifferenz zu ersetzen. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, nach der sich aus dem Vorbringen des Klägers hinreichend klar ergebe, dass er vom Beklagten trotz Ausdehnung seines Begehrens (mit Hinweis auf die Reparaturkosten) weiterhin (auch) Preisminderung und/oder Geldersatz wegen der Mängel des Oldtimers forderte, nicht zu beanstanden. Wenn aber das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung (hier: betreffend Details zur Wertrelation für die Möglichkeit der Ermittlung des Preisminderungsanspruchs) noch nicht genügend geklärt ist, kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RS0042179).
[12] 3.1 Der Wille, im Namen eines Anderen zu handeln, muss im Geschäftsverkehr ausdrücklich erklärt werden oder aus den Umständen erkennbar sein (Offenlegungsprinzip; RS0088884; RS0019558; RS0019427). Ist der Wille, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar, kann die Wirkung der direkten Stellvertretung nicht eintreten, das Geschäft kommt dann – im Zweifel – mit dem Handelnden selbst zustande (RS0019540 [T9]; RS0019516 [T1]). Die Beurteilung der Frage, ob nach den festgestellten Umständen im eigenen oder fremden Namen gehandelt wurde, bildet im Hinblick auf ihre Einzelfallbezogenheit im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 2 ZPO (vgl RS0108494).
[13] 3.2 Das Berufungsgericht ging – ebenso wie bereits das Erstgericht – aufgrund der festgestellten Umstände bis zum Vertragsabschluss davon aus, dass der Beklagte nicht hinreichend auf eine bloße Vermittlungstätigkeit hingewiesen habe. Fest steht, dass der Kläger zunächst ausschließlich mit dem Beklagten persönlich über den Ankauf des Oldtimers korrespondierte, dass der Beklagte im Wertgutachten als Halter des Fahrzeugs aufschien und dass erstmals im schriftlichen Kaufvertrag eine weitere Person als am Verkauf Beteiligte(r) genannt war, was der Beklagte auf Rückfrage des Klägers mit einer „üblichen Vorgangsweise“ erklärte. Der Rekurs zeigt auch hier keine aufzugreifende Fehlbeurteilung auf: Die im Rechtsmittel angeführten Umstände, dass der Beklagte eine „Agentur“ für historische Fahrzeuge betreibt und (grundsätzlich) Verträge als Vermittler schließt, stehen nicht im Widerspruch zum Beurteilungsergebnis der hier fehlenden hinreichenden Offenlegung. Eine allgemeine „Klarstellung (...) zu Inseraten auf Verkaufsplattformen“ ist in Anbetracht der Einzelfallbezogenheit der Beurteilung festgestellten Verhaltens als (gegebenes oder nicht vorliegendes) Handeln in fremdem Namen nicht möglich.
[14] 4. Nach § 9 Abs 1 KSchG können Gewährleistungsrechte des Verbrauchers vor Kenntnis des Mangels nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der im Kaufvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss sei unwirksam, ist nicht zu beanstanden. Die Verbrauchereigenschaft des Klägers blieb unbestritten und der Beklagte betont auch in seinem Rekurs, dass er als „Agenturchef“ unternehmerisch tätig sei. Aus welchem Grund der hier zu beurteilende Kaufvertrag infolge seiner Qualifikation als Eigengeschäft des Beklagten – wie er im Rekurs meint – nicht zu seiner unternehmerischen Tätigkeit gehören sollte, ist nicht nachvollziehbar.
[15] 5. Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Im Zwischenstreit über die (mangels erheblicher Rechtsfrage verneinte) Zulässigkeit des Rekurses gegen den Aufhebungsbeschluss im Sinn des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO gibt es keinen Kostenvorbehalt nach § 52 ZPO (RS0123222 [T4]). Der Kläger hat in seiner Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen. Im Rekursverfahren an den Obersten Gerichtshof gebührt allerdings – wegen Fehlens einer dem Berufungsverfahren entsprechenden Rechtsgrundlage in § 23 RATG – nicht der dreifache, sondern nur der einfache Einheitssatz für Nebenleistungen (RS0115069). Der ERV‑Zuschlag gemäß § 23a RATG für die Rekursbeantwortung beträgt nur 2,10 EUR (RS0126594 [T3, T4]).
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