Spruch:
Der Rekurs wird, soweit er sich gegen die Kostenentscheidung des Rekursgerichts richtet, als unzulässig zurückgewiesen.
Im Übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.751,04 EUR bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin 291,84 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin brachte am 18. 6. 2010 gegen die O***** (im Folgenden: Schuldnerin [§ 275 Abs 1 Z 23 IO]) eine Klage mit dem Begehren ein, die Beklagte für schuldig zu erkennen, den auf der Liegenschaft der Beklagten bestehenden und grundbücherlich sichergestellten Servitutsweg zugunsten Grundstück Nr 307/5 der EZ 405 GB ***** wiederherzustellen und die Beklagte zur Zahlung von 1.000 EUR sA zu verpflichten. Der Voreigentümer der Beklagten habe auf seinem Grundstück Bauarbeiten vorgenommen und mit der Errichtung einer Tiefgarage bis an die Grundstücksgrenze begonnen. Dabei sei der bestehende Zufahrtsweg abgetragen worden. Seither befinde sich dort eine steile Böschung. Über das Vermögen des früheren Eigentümers sei während der Bauarbeiten an der Tiefgarage das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Weg sei bis heute nicht wiederhergestellt worden, weshalb die Klägerin über keine Zufahrt zu dem von ihr bewohnten Haus mehr verfüge. Die Beklagte habe die Klägerin fortlaufend vertröstet und zugesagt, den Zufahrtsweg wiederherzustellen, sobald mit dem Bau begonnen werden könne. Aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Schuldnerin sei eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten, sodass die Klägerin nicht mehr an eine allfällige Zusage hinsichtlich eines Zuwartens gebunden sei.
Die Schuldnerin hielt dem entgegen, die Klägerin habe sich ausdrücklich mit dem Bauvorhaben einverstanden erklärt und die Wiederherstellung des vorigen Zustands erst nach abgeschlossener Bauführung verlangt. Während der Bauarbeiten müsse die Klägerin die Benutzung des Wegs durch die Beklagte dulden.
Im zweiten Rechtsgang wendete der inzwischen an die Stelle der vormaligen Beklagten und nunmehrigen (Insolvenz-)Schuldnerin Beklagte darüber hinaus Verjährung ein, weil die Klägerin die Forderung im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Rechtsvorgängerin der Beklagten anzumelden gehabt hätte.
Am 5. 1. 2011 wurde über das Vermögen der Schuldnerin zu 40 S ***** des Landesgerichts ***** das Insolvenzverfahren eröffnet. Das gegenständliche Verfahren wurde gemäß § 7 Abs 1 IO durch Beschluss vom 20. 1. 2011 unterbrochen (ON 9).
Ein (erster) Fortsetzungsantrag der Klägerin wurde mit Beschluss vom 27. 1. 2011 abgewiesen (ON 12).
Über einen weiteren Fortsetzungsantrag der Klägerin setzte das Erstgericht durch Anberaumung einer mündlichen Streitverhandlung das Verfahren gegen den Insolvenzverwalter fort.
Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Wiederherstellungsbegehren statt und verpflichtete den Insolvenzverwalter (und nunmehrigen Beklagten) zur Wiederherstellung des Servitutswegs.
Diese Entscheidung wurde durch das Gericht zweiter Instanz aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen, dies unter Hinweis auf die Bestimmungen der §§ 7 Abs 3 und 113 iVm § 110 IO. Da nicht aktenkundig sei, in welcher Höhe eine Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren erfolgt sei und ob sich die Bestreitung auf die gesamte angemeldete Forderung bezogen habe, sei dies mit den Parteien zu erörtern und der Klägerin Gelegenheit zu geben, ihr Begehren auf ein Feststellungsbegehren umzustellen.
Im zweiten Rechtsgang brachte die Klägerin ergänzend vor, dass sich die Wiederherstellungskosten des Wegs auf 30.000 EUR belaufen würden und diese Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet worden sei. Der Insolvenzverwalter habe die Forderung dem Grunde nach nicht, jedoch der Höhe nach bestritten. Das Leistungsbegehren wurde in ein Feststellungsbegehren umgewandelt, wonach zwischen den Streitteilen festgestellt werde, dass die im Konkurs der Beklagten angemeldete Forderung im Betrag von 30.000 EUR zu Recht bestehe.
Die Beklagte stellte die Höhe der Forderung außer Streit sowie den Umstand, dass die Forderung im Insolvenzverfahren angemeldet worden sei. Außer Streit steht weiters, dass die Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten wurde und „eine Prüfungstagsatzung gar nicht stattgefunden“ habe.
Im zweiten Rechtsgang stellte das Erstgericht fest, dass die im Konkurs der Schuldnerin angemeldete Forderung von 30.000 EUR zu Recht besteht. Dazu wurde unter anderem festgestellt:
Die Klägerin hat im Konkursverfahren zu 40 S ***** des Landesgerichts ***** den Anspruch auf Wiederherstellung des Servitutswegs als Geldforderung von 30.000 EUR angemeldet. Der Masseverwalter hat diese Forderung bestritten. Nicht feststellbar ist, zu welchem Zeitpunkt die Anmeldung der Forderung im Konkursverfahren als auch die Bestreitung derselben erfolgt sind.
Der gegen dieses Urteil wegen Nichtigkeit erhobenen Berufung des Beklagten gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob das angefochtene Urteil und aus Anlass der Berufung das diesem vorangegangene, ab Fortsetzung über den Antrag der Klägerin vom 4. 4. 2011 durchgeführte Verfahren als nichtig auf und wies den Fortsetzungsantrag vom 4. 4. 2011 zurück.
Nach Erhebungen des Berufungsgerichts stellte es Folgendes fest:
Die Anmeldung der gegenständlichen Forderung durch die Klägerin im Insolvenzverfahren erfolgte am 13. 4. 2012 mit Schriftsatz zu Post Nr 46 des Anmeldungsverzeichnisses. Die Prüfungstagsatzung im Insolvenzverfahren hatte aber bereits am 14. 2. 2011 stattgefunden, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin ihre Forderung noch nicht im Insolvenzverfahren angemeldet hatte. Eine (nachträgliche) Prüfungstagsatzung über die verfahrensgegenständliche Forderung der Klägerin fand bisher nicht statt.
Diese Tatsache beurteilte das Berufungsgericht in rechtlicher Hinsicht wie folgt:
Eine Verfahrensfortsetzung nach § 7 Abs 3 IO sei erst nach Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren und nach Abschluss der (nachträglichen) Prüfungstagsatzung bei sonstiger Unzulässigkeit des Rechtswegs möglich. Ergehe dennoch ein Aufnahmebeschluss in Rechtsstreitigkeiten, welche die Geltendmachung oder Sicherstellung von Ansprüchen auf das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen bezweckten ohne Prüfung, ob sämtliche Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verfolgung des Anspruchs im Rechtsweg gegeben seien, so habe ein solcher rechtskräftiger Aufnahmebeschluss nur die Wirkung einer prozessleitenden Verfügung und hindere das Rechtsmittelgericht nicht, die Prozessvoraussetzungen für die Fortsetzung des Verfahrens selbständig zu prüfen (RIS-Justiz RS0074970). Das habe für den gegenständlichen Rechtsstreit die Nichtigkeit des ab dem Fortsetzungsantrag der Klägerin vom 4. 4. 2011 geführten Verfahrens und der nunmehr angefochtenen Entscheidung des Erstgerichts wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zur Folge.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Hilfsweise wird beantragt, den Ausspruch über die Prozesskosten abzuändern.
Die beklagte Partei beantragte, den Rekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Der Rekurs der Klägerin ist in analoger Anwendung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig (vgl E. Kodek in Rechberger 3 § 519 ZPO Rz 9). Er ist jedoch nicht berechtigt.
Die Rekursausführungen gestehen zu, dass die streitgegenständliche Forderung im Insolvenzverfahren zwar angemeldet, nicht aber darüber eine (nachträgliche) Prüfungstagsatzung durchgeführt wurde. Die Strittigkeit der Forderung sei aber ausdrücklich zugestanden worden. Die Erklärung des Insolvenzverwalters sei im strittigen Zivilprozess erfolgt. Die Parteien hätten die Tatsache der Strittigkeit der Forderung außer Streit gestellt, woran das Gericht im Zivilverfahren gebunden sei. Es sei daher nicht entscheidend, ob eine nachträgliche Prüfungstagsatzung im Insolvenzverfahren stattgefunden habe. Es reiche aus, dass bereits eine allgemeine Prüfungstagsatzung stattgefunden habe und feststehe, dass die Forderung vom Masseverwalter bestritten werde. Eben das sei Sinn der Bestimmung des § 7 IO und des Schutzzwecks dieser Norm. Verhindert werden solle, dass Prozesse, die die Masse beträfen, ohne Wissen bzw Teilnahme des Insolvenzverwalters geführt würden und im Sinn der Einheit des Verfahrens sämtliche Rechtsstreitigkeiten im Insolvenzverfahren Berücksichtigung fänden.
Zur Kostenentscheidung wurde im Rekurs überdies vorgetragen, dass der Beklagte die Unzulässigkeit der Fortsetzung des Verfahrens unverzüglich, bei sonstiger Verpflichtung zur Tragung der Prozesskosten einzuwenden gehabt hätte. Damit wäre ihm nur ein Schriftsatz nach TP 1 zu honorieren gewesen, nicht aber die Kosten einer Berufung und damit verbundener Barauslagen.
Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 7 Abs 1 IO werden alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Schuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der in § 6 Abs 3 bezeichneten Streitigkeiten, durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen. § 7 Abs 3 IO ordnet an, dass bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die der Anmeldung im Insolvenzverfahren unterliegen, das Verfahren vor Abschluss der Prüfungstagsatzung nicht aufgenommen werden kann.
Mit ihren Argumenten übersieht die Rekurswerberin, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung des § 7 Abs 3 IO ein zwingender Vorrang des insolvenzrechtlichen Prüfungsverfahrens besteht und erst im Fall der Bestreitung der Forderung im Insolvenzverfahren eine Fortsetzung des nach § 7 Abs 1 IO unterbrochenen Verfahrens und damit eine Fortsetzung der Verfolgung des Anspruchs im streitigen Rechtsweg zulässig ist (RIS-Justiz RS0036735; 9 ObA 105/04p SZ 2004/162; 8 Ob 61/08s ZIK 2008/219, 130). Das Klagebegehren im Prüfungsprozess kann nur auf den Grund gestützt werden, der in der Anmeldung und bei der Prüfungstagsatzung angegeben worden ist; ohne die ordnungsgemäße Abwicklung des Prüfungsverfahrens gibt es keinen Prüfungsprozess. Diese Begrenzung der Prüfungsklage ist von Amts wegen jederzeit zu beachten (RIS-Justiz RS0039281; zuletzt 7 Ob 53/11m; 4 Ob 125/12d). Die Notwendigkeit der Feststellung der Forderung außerhalb des Konkursverfahrens im Wege des Prüfungsprozesses ergibt sich nämlich nur im Fall der Bestreitung des Anspruchs bei der Prüfungstagsatzung (Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 7 KO Rz 1).
Daraus ergibt sich unmissverständlich, dass eine Bestreitung im gerichtlichen Verfahren ebenso wenig ausreicht wie eine Außerstreitstellung der Tatsache der Bestreitung der Forderung durch den Insolvenzverwalter. Solange das dargestellte Prozesshindernis nicht beseitigt ist, sind eine Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens und der streitige Rechtsweg unzulässig.
Zutreffend hat das Berufungsgericht daher erkannt, dass vor Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren und vor Abschluss des Prüfungsverfahrens der streitige Rechtsweg unzulässig ist, zumal das rechtliche Gehör der übrigen Insolvenzgläubiger verletzt wird. Das stellt eine Nichtigkeit vom Gewicht des § 477 Abs 1 Z 6 ZPO dar (RIS-Justiz RS0036735 [T4; T6 bis T9]). Bei nachträglicher Forderungsanmeldung verlangt § 107 Abs 1 IO ausdrücklich die Anordnung einer besonderen (nachträglichen) Prüfungstagsatzung.
2. Soweit sich der Rekurs gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts im Kostenpunkt wendet, sind die entsprechenden Ausführungen grundsätzlich und ausnahmslos unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO).
3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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