Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen (ausgenommen: Pkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses) werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens über die Klage unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Die Kosten des Rekurs- und des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit Beschluss des Landesgerichtes Steyr vom 23. 5. 2003, *****, wurde über das Vermögen der Fa. Ferdinand E*****, Inh. Walter Josef A*****, der Konkurs eröffnet und der Beklagte zum Masseverwalter bestellt. Am 6. 6. 2003 erhob die Klägerin trotz Konkurseröffnung eine Drittschuldnerklage gegen den Gemeinschuldner über EUR 1.031,98 sA mit der Behauptung, ihr seien mit Beschluss des Bezirksgerichtes Liezen vom 4. 4. 2003, *****, die Bezügeforderungen des Verpflichteten Nazim T***** gegen den Gemeinschuldner zur Einziehung überwiesen worden. Der hierauf vom Erstgericht am 11. 6. 2003 laut Klage gegen den Gemeinschuldner erlassene Zahlungsbefehl wurde am 17. 6. 2003 dem Masseverwalter zugestellt. Dieser erhob am 26. 6. 2003 Einspruch gegen den Zahlungsbefehl und beantragte dessen Nichtigerklärung sowie die Zurückweisung der Klage, wobei er auf die Konkurseröffnung vom 23. 5. 2003 hinwies.
Die Klägerin meldete - noch bevor das Erstgericht über die vorstehenden Anträge des Masseverwalters entschied - die Klageforderung im Konkursverfahren an. Bei der Prüfungstagsatzung vom 15. 7. 2003 wurde ihre Forderung vom Masseverwalter bestritten; der Klägerin wurde eine Frist von einem Monat zur Geltendmachung der bestrittenen Forderung bestimmt. Mit Schriftsatz vom 5. 8. 2003, der am 7. 8. 2003 beim Erstgericht einlangte, allerdings aus ungeklärten Gründen nicht in den erstgerichtlichen Akt gelangte, stellte die Klägerin im Hinblick auf den Konkurs das Klagebegehren gemäß § 110 KO von einem Leistungsbegehren auf Feststellung einer Konkursforderung von EUR 1.031,98 sA sowie die Bezeichnung des Beklagten vom Gemeinschuldner auf den Masseverwalter um.
Erst mit Beschluss vom 19. 9. 2003 reagierte das Erstgericht auf die vom Masseverwalter bekanntgegebene Konkurseröffnung und wies den Antrag des Masseverwalters auf Nichtigerklärung des Zahlungsbefehls ab (Pkt 1) sowie die Klage zurück (Pkt 2) und verpflichtete die Klägerin zum Kostenersatz (Pkt 3). Die Klagezurückweisung beruhe auf § 6 Abs 1 KO, wonach Rechtsstreitigkeiten, welche die Geltendmachung oder Sicherstellung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörende Vermögen bezwecken, nach der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner weder anhängig gemacht noch fortgesetzt werden können. Durch die Einspruchserhebung trete der Zahlungsbefehl außer Kraft; eine Aufhebung des Zahlungsbefehls durch das Erstgericht komme nicht in Betracht.
Dem gegen den erstgerichtlichen Beschluss, und zwar erkennbar nur gegen die Pkte 2 und 3, erhobenen Rekurs der Klägerin gab das Rekursgericht nicht Folge. Es trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei. Rechtsstreitigkeiten außerhalb des Konkurses widerstreiten dem Zweck des § 6 Abs 1 KO, der eine gemeinschaftliche und gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger aus der Konkursmasse gebiete. Eine Heilung der bei Klageeinbringung gegebenen Unzulässigkeit des Rechtsweges durch Anmeldung im Konkurs und Bestreitung bei der Prüfungstagsatzung noch vor der Klagezurückweisung sei nicht eingetreten. Andernfalls wäre nämlich die Zulässigkeit des Rechtsweges bei Klageeinbringung entgegen der Prozesssperre nach § 6 Abs 1 KO davon abhängig, ob das Erstgericht die Klage sofort oder wie im vorliegenden Fall erst mit einer Verzögerung von drei Monaten zurückweise. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig, weil zu dieser Rechtsfrage eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss iSd des Antrages der Klägerin auf Verfahrensfortsetzung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
Rechtsstreitigkeiten, welche die Geltendmachung oder Sicherstellung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezwecken, was hier unstrittig der Fall ist, können nach der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner weder anhängig gemacht noch fortgesetzt werden (§ 6 Abs 1 KO). Alle bereits anhängigen Rechtsstreitigkeiten, in denen der Gemeinschuldner Kläger oder Beklagter ist, werden mit hier nicht relevanten Ausnahmen durch die Konkurseröffnung unterbrochen (§ 7 Abs 1 KO). Das Verfahren kann vom Masseverwalter, von den Streitgenossen des Gemeinschuldners und vom Gegner aufgenommen werden (§ 7 Abs 2 KO). Bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die der Anmeldung im Konkurs unterliegen, kann das Verfahren vor Abschluss der Prüfungstagsatzung nicht aufgenommen werden (§ 7 Abs 3 KO). Die Konkursgläubiger haben ihre Forderungen, auch wenn darüber ein Rechtsstreit anhängig ist, nach den Vorschriften der §§ 103 ff KO im Konkurs geltend zu machen (§ 102 KO). Gläubiger, deren Forderungen in Ansehung der Richtigkeit oder Rangordnung streitig geblieben sind, können deren Feststellung, sofern der Rechtsweg zulässig ist, mittels Klage geltend machen, die gegen alle Bestreitenden zu richten ist (§ 110 KO).
Die Prozesssperre bewirkt, dass der Gemeinschuldner weder Passiv- noch Aktivprozesse, die die Konkursmasse berühren, führen kann (Schubert in Konecny/Schubert, KO § 6 Rz 16 mwN). Wird entgegen § 6 Abs 1 KO nach Konkurseröffnung eine Klage gegen den Gemeinschuldner eingebracht, so ist sie nach herrschender Auffassung zurückweisen; ein allenfalls durchgeführtes Verfahren ist für nichtig zu erklären (Schubert aaO § 6 Rz 18 f mwN). Die Zulässigkeit des strittigen Rechtsweges wird bei Konkursforderungen, die der Anmeldung unterliegen, erst nach Anmeldung und Bestreitung im Konkurs eröffnet. Bis zur Bestreitung kann der Anspruch nur im Konkursverfahren geltend gemacht werden (Schubert aaO § 6 Rz 24 und § 7 Rz 51; Konecny in Konecny/Schubert, KO § 110 Rz 8; 1 Ob 106/02y; 2 Ob 73/02b; RIS-Justiz RS0036735 ua). Dies soll sicherstellen, dass die Forderung zur Vermeidung eines unnötigen Prozessaufwandes vorerst dem außerstreitigen Prüfungsverfahren im Konkurs unterzogen wird (9 Ob 40/03b ua).
Zur Heilung der Nichtigkeit (und damit Wegfall eines Klagezurückweisungsgrundes) kommt es allerdings, wenn wie im vorliegenden Fall vor der gerichtlichen Wahrnehmung der Unzulässigkeit des Rechtsweges der Prozessgegner des anmeldenden Gläubigers in der Prüfungstagsatzung eine Bestreitungserklärung abgegeben hat (Schubert aaO § 7 Rz 51; Konecny aaO § 110 Rz 8). Wenngleich die Prozessvoraussetzungen in jeder Lage des Verfahrens gegeben sein müssen, wird ihr früheres Fehlen unbeachtlich, wenn sie noch im Laufe des Verfahrens eintreten (RIS-Justiz RS0039748 ua). Dies gilt auch für den nachträglichen Wegfall des Prozesshindernisses der Unzulässigkeit des Rechtsweges (5 Ob 523/95 ua).
Insbesondere in der Zeit zwischen Bestreitung der Klageforderung in der Prüfungstagsatzung und der Klagezurückweisung durch das Erstgericht wäre eine neue Klage zufolge Streitanhängigkeit auch gar nicht zulässig gewesen, worauf die Revisionsrekurswerberin zutreffend hinweist. Auf der gleichen Überlegung basiert auch die Auffassung, dass im Falle eines durch Konkurseröffnung unterbrochenen Verfahrens gilt, dass für den Bestreitungsfall in der Prüfungstagsatzung die Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens zwingend vorgesehen ist (8 Ob 341/99a); einer anstelle des Fortsetzungsantrages eingebrachten neuen Klage stünde gleichfalls die Streitanhängigkeit entgegen (Schubert aaO § 7 Rz 55; Konecny aaO § 113 Rz 1).
Dem Rekursgericht ist zuzubilligen, dass der Beurteilung der Heilung bei der vorliegenden Konstellation ein gewisses aleatorisches Element innewohnt, je nach dem wie rasch das Erstgericht auf das Bekanntwerden des Umstandes reagiert, dass der Konkurs über das Vermögen der beklagten Partei bereits vor Klageeinbringung eröffnet wurde. Dies ist allerdings kein substanzieller Aspekt, der zur Verneinung der Heilung führen muss. Im Übrigen trat das erste aleatorische Element hier bereits auf, als das Erstgericht trotz Konkurseröffnung (durch das Erstgericht) nicht mit einer a-limine-Zurückweisung der Klage, sondern mit Erlassung des Zahlungsbefehls vorging.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)