Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragsgegners wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Ein bei der Schlichtungsstelle gestellter Antrag, der dort noch beliebig verändert und erweitert werden kann, kann bei Gericht nicht mehr geändert, erweitert, ausgedehnt oder präzisiert werden, ohne dass dies infolge Fehlens der zwingenden Prozessvoraussetzung der Anrufung der Schlichtungsstelle (§ 39 MRG) zu einer Nichtigkeit der Entscheidungen und deren ersatzloser Beseitigung führt (RIS-Justiz RS0070401). Für die Identität der „Sache“ kommt es also entscheidend darauf an, dass vor Gericht derselbe Anspruch aufgrund desselben Sachverhalts wie vor der Schlichtungsstelle geltend gemacht wird (vgl RIS-Justiz RS0070068; RS0109931).
Bloß geringfügige Änderungen eines Antrags hindern die Identität des ursprünglichen Begehrens mit dem neuerlichen Begehren nicht (vgl etwa 5 Ob 220/00i). An die Bestimmtheit eines Begehrens sind allgemein keine allzu strengen Anforderungen zu stellen, insbesondere dann nicht, wenn zur endgültigen Klärung der Art durchzuführender Arbeiten - wie hier - die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich ist (vgl RIS-Justiz RS0070562 [T7; T9; T25]). Es genügt, wenn das Begehren deutlich erkennbar ist, das heißt, das Verfahrensziel klar umschrieben und die Art der vorzunehmenden Arbeiten bezeichnet ist. Die Detaillierung kann dann den Ergebnissen eines einzuholenden Sachverständigengutachtens vorbehalten werden (vgl 5 Ob 220/00i). Erforderlichenfalls hat diesfalls das Gericht den Antragsteller nach Einholung des Gutachtens zur entsprechenden Präzisierung seines Begehrens anzuleiten (vgl 5 Ob 155/01g). Eine solche Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe zur Klarstellung von Anspruchs- und Entscheidungsgrundlagen steht entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers jedem Antragsteller in Verfahren zu, die den Regeln des § 37 Abs 3 MRG unterliegen und ist daher keineswegs auf Mieter als Antragsteller zu beschränken.
Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurswerbers ist der vorliegende Fall mit jenem, der der Entscheidung 5 Ob 192/06f zugrunde lag, nicht zu vergleichen, weil es dort zu einer gänzlichen Auswechslung der im Antrag bestimmt bezeichneten, nicht genehmigungsfähigen Ausführungsart erst im gerichtlichen Verfahren kam.
Für die Beurteilung der Frage, ob im gegenständlichen Fall Identität der „Sache“ vorliegt, sind nach der anzuwendenden zweigliedrigen Streitgegenstandstheorie (vgl RIS-Justiz RS0109931 [T1]) außer dem Duldungsbegehren auch jene Ausführungen heranzuziehen, mit denen im Antrag die notwendigerweise durchzuführenden Wärmedämmungsmaßnahmen im Inneren des Bestandobjekts des Antragsgegners geschildert werden, wobei die unrichtige Bezeichnung „abgehängte Decke“ für die an der Decke angebrachte Isolierschicht mit einer Gipskartonplattenabdeckung augenfällig ist.
Wenn daher die Vorinstanzen unter Berücksichtigung des dem Antrag in seiner Gesamtheit zu entnehmenden Verfahrensziels die nach den Ergebnissen des Sachverständigengutachtens vorgenommene Modifizierung (im Antrag: eine Tiefe von etwa 1,9 m; im stattgebenden Sachbeschluss: eine Tiefe von 1 m über die oberen Terrassen in den Wohnbereich reichend) als zulässige Präzisierung und nicht als aliud angesehen haben, stellt dies jedenfalls keine durch den Obersten Gerichtshof korrekturbedürftige Fehlbeurteilung dar (RIS-Justiz RS0041192).
Dies hat zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses des Antragstellers zu führen.
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