European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E127481
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
I. Der Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Abweisung des Antrags auf Gewährung eines vorläufigen Unterhalts (Beschluss des Rekursgerichts zu AZ 44 R 169/19g) wird zurückgewiesen.
II. Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts in Bezug auf die Bestätigung der Zurückweisung des Antrags auf Festsetzung eines Unterhalts (Beschluss des Rekursgerichts zu AZ 44 R 170/19d) dahin abgeändert, dass der vom Rechtspfleger des Erstgerichts erlassene Beschluss und das diesem vorangegangene Verfahren, soweit es nicht das Verfahren über die Verpflichtung zur Leistung eines vorläufigen Unterhalts betrifft, aufgehoben werden und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung durch den Richter aufgetragen wird.
Begründung:
Die im Jahr 2015 geborene M* und deren Eltern sind rumänische Staatsbürger. Das Kind und die Mutter haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Wien, der Vater seinen in Bukarest.
Der Vater wurde mit einem rechtskräftigen Zivilurteil eines rumänischen Amtsgerichts verpflichtet, dem minderjährigen Kind ab 18. 3. 2016 ein Versorgungsgeld in Höhe von 25 % des durch diesen erzielten monatlichen Nettoeinkommens, jedoch nicht weniger als 25 % des Wirtschaftsbruttomindesteinkommens in Rumänien zu leisten (Zivilurteil Nr 414 des Amtsgerichts Bukarest Bezirk 3, Rumänien, vom 20. 1. 2017, Zl 6094/301/2016).
Die durch den zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträger vertretene Minderjährige stellte den Antrag, den Vater ab 1. 4. 2016 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von 160 EUR sowie gemäß § 382a EO zu vorläufigen Unterhaltsleistungen von 121,90 EUR zu verpflichten. Der Vater sei zwar von einem rumänischen Amtsgericht zur Leistung eines Versorgungsgeldes verpflichtet worden. Mangels ziffernmäßiger Bestimmung des Unterhalts sei diese Entscheidung jedoch kein nach österreichischem Recht vollstreckbarer Unterhaltstitel.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Zuerkennung eines vorläufigen Unterhalts ab (Beschluss vom 8. 4. 2019, GZ 5 Pu 34/19p‑4) und den Antrag auf Leistung eines laufenden Unterhalts zurück (Beschluss vom 8. 4. 2019, GZ 5 Pu 34/19p‑5). Diese Entscheidungen traf eine Rechtspflegerin.
Ein vorläufiger Unterhalt sei dem minderjährigen Kind gemäß § 382a Abs 1 EO nur dann zu gewähren, wenn der Unterhaltsschuldner nicht schon aus einem vollstreckbaren Titel zu Unterhalt verpflichtet sei. Mit dem Zivilurteil des Amtsgerichts Bukarest Bezirk 3 vom 20. 1. 2017 liege aber ein solcher Titel vor. Dass dieser Unterhaltstitel im Inland nicht (sofort) vollstreckt werden könne, spiele keine Rolle. Dies ergebe sich schon aus dem Wortlaut des § 382a Abs 1 EO, der nur von einem „vollstreckbaren Unterhaltstitel“, und nicht von einem „im Inland vollstreckbaren Unterhaltstitel“ spreche. Liege somit ein – eventuell nur im Ausland – vollstreckbarer Unterhaltstitel vor, stehe dieser der Gewährung von vorläufigem Unterhalt nach § 382a EO entgegen.
Zur Exekution des vorliegenden Bruchteilstitels eines rumänischen Gerichts bedürfe es zwar der Konkretisierung durch eine Entscheidung des zuständigen Vollstreckungsgerichts iSd § 18 Auslandsunterhaltsgesetz 2014 iVm § 7 EO. Mangels eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthaltsorts des Vaters in Österreich könne die Zuständigkeit eines inländischen Vollstreckungsgerichts nicht begründet werden. Die Minderjährige sei mit ihrem Begehren auf ziffernmäßige Bestimmung des Unterhalts vielmehr auf die Vollstreckungsbehörden in Rumänien zu verweisen.
Das Rekursgericht gab den gegen diese beiden Beschlüsse des Erstgerichts gerichteten Rekursen der Minderjährigen nicht Folge.
Der von einem rumänischen Amtsgericht geschaffene Unterhaltstitel sei gemäß Art 17 EuUVO einem österreichischen Unterhaltstitel gleichzuhalten. Der Umstand, dass es sich dabei um einen Bruchteilstitel handle, stehe der Exekution in Österreich im Hinblick auf § 405 EO idF BGBl I 2016/100 nicht entgegen. Wesentliches Tatbestandselement des § 382a EO sei aber, dass der Unterhaltsschuldner nicht bereits aus einem vollstreckbaren Unterhaltstitel zu Unterhalt verpflichtet sei. Das – zur Entscheidung in dieser Unterhaltssache international und örtlich zuständige – Erstgericht habe daher den Antrag auf Gewährung vorläufigen Unterhalts im Ergebnis zutreffend abgewiesen.
Der Unterhaltsfestsetzungsantrag werde ausdrücklich darauf gestützt, dass kein vollstreckbarer Unterhaltstitel bestehe, nicht jedoch darauf, dass eine wesentliche Umstandsänderung gegenüber dem bereits bestehenden Unterhaltstitel eingetreten sei. Die Einmaligkeitswirkung des denselben Bemessungszeitraum betreffenden Unterhaltstitels des Amtsgerichts Bukarest stehe aber der Schaffung eines neuerlichen Titels entgegen.
Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Antragstellung nach § 382a EO iVm § 405 EO idF BGBl I 2016/100 bei Bestehen eines in einem EU-Mitgliedstaat geschaffenen, nicht auf einen bestimmten Geldbetrag lautenden Unterhaltstitels fehle.
Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Minderjährigen. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass a) die einstweilige Verfügung nach § 382a EO antragsgemäß erlassen und b) dem Erstgericht eine inhaltliche Entscheidung über den Unterhaltsfestsetzungsantrag aufgetragen werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Abweisung des Antrags auf Verpflichtung zur Leistung eines vorläufigen Unterhalts ist absolut unzulässig. In Bezug auf die Bestätigung der Zurückweisung des Antrags auf Festsetzung eines Unterhalts ist aus Anlass des Revisionsrekurses ein schwerwiegender Verfahrensmangel als Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG wahrzunehmen, weil die Vorinstanzen den Richtervorbehalt des § 16 Abs 2 Z 6 RPflG nicht beachtet haben.
I. Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Abweisung des Antrags auf Gewährung eines vorläufigen Unterhalts nach § 382a EO
1. Die beantragte Gewährung vorläufigen Unterhalts basiert auf einer speziellen unterhaltsrechtlichen einstweiligen Verfügung nach § 382a EO.
2. Wenn das Verfahren einen Beschluss über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hat, ist der Revisionsrekurs gemäß § 402 Abs 1 EO grundsätzlich nicht schon deshalb unzulässig, weil das Gericht zweiter Instanz die angefochtene Entscheidung zur Gänze bestätigt hat. Das gilt jedoch nach § 402 Abs 2 EO nicht für einen Rekurs der gefährdeten Partei gegen die Abweisung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wenn der Antragsgegner zu dem Antrag nicht einvernommen wurde. Nach ständiger Rechtsprechung ist daher der Revisionsrekurs gegen eine Entscheidung, mit der – wie hier – die Abweisung eines Antrags auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ohne Einvernahme des Gegners der gefährdeten Partei bestätigt wurde, gemäß §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO jedenfalls unzulässig (RIS‑Justiz RS0012260).
II. Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Zurückweisung des Unterhaltsfestsetzungsantrags
1.1. Auf alle nach dem 18. 6. 2011 eingeleiteten Verfahren ist in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die VO (EG) 2009/4 des Rates vom 18. 12. 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen [EuUVO] anzuwenden (Art 75, 76 EuUVO; 5 Ob 152/15m mwN).
1.2. Den Normen der EuUVO kommt dabei der Anwendungsvorrang vor autonomen einfachgesetzlichen Bestimmungen zu (Art 76 Satz 3 EuUVO). Die innerstaatlichen Normen des Auslandsunterhaltsgesetzes 2014 (AUG 2014) sind daher für den Geltungsbereich der EuUVO ausdrücklich als Ausführungsbestimmungen deklariert (§ 1 Abs 1 Satz 2 AUG 2014; L. Fuchs in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG II § 1 AUG 2014 Rz 3, 4).
2.1. Art 3 EuUVO regelt die internationale und örtliche Zuständigkeit und bietet vier gleichwertige Zuständigkeitstatbestände an, die dem Antragsteller alternativ zur Verfügung stehen (RS0128712).
2.2. Das Rekursgericht erachtete zu Recht den Zuständigkeitstatbestand des Art 3 lit b EuUVO als verwirklicht, wonach das Gericht des Orts, an dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, für Entscheidungen in Unterhaltssachen zuständig ist. Das den Antrag stellende Kind hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.
3.1. Eine in einem Mitgliedstaat, der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist, ergangene Entscheidung wird in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann (Art 17 Abs 1 EuUVO). Eine in einem Mitgliedstaat, der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist, ergangene Entscheidung, die in diesem Staat vollstreckbar ist, ist in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf (Art 17 Abs 2 EuUVO).
3.2. Die Europäische Union hat das Haager Unterhaltsübereinkommen im Namen aller Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks unterzeichnet und ratifiziert. Unterhaltstitel aus anderen Mitgliedstaaten, wie im vorliegenden Fall Rumänien, werden demnach in Österreich ex lege anerkannt und sind unmittelbar vollstreckbar, ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf (Fucik in Fasching/Konecny 2 Art 17 EuUVO Rz 1, 4; Kaller‑Pröll in Gitschthaler, Internationales Familienrecht, EuUVO Art 17 Rz 5, 21; Nademleinsky/Neumayr,Internationales Familienrecht² Rz 10.102 ff).
3.3. Vorbehaltlich der Bestimmungen der EuUVO gilt für das Verfahren zur Vollstreckung der in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaats. Eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung, die im Vollstreckungsmitgliedstaat vollstreckbar ist, wird dort unter den gleichen Bedingungen vollstreckt wie eine im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangene Entscheidung (Art 41 Abs 1 EuUVO). Unabhängig vom anzuwendenden materiellen Recht ist daher in Österreich jeder Unterhaltstitel nach der EO zu vollziehen (Fucik in Fasching/Konecny 2 Art 41 EuUVO Rz 1; Kaller‑Pröll in Gitschthaler, Internationales Familienrecht, EuUVO Art 17 Rz 21). (Derartige) Ausländische Exekutionstitel, die aufgrund einer völkerrechtlichen Vereinbarung oder eines Rechtsakts der Europäischen Union ohne gesonderte Vollstreckbarerklärung zu vollstrecken sind, sind gemäß § 2 Abs 2 EO den inländischen Exekutionstiteln gleichgestellt. Sowohl das Bewilligungs- als auch das Vollzugsverfahren unterliegen keinen Besonderheiten, wenn dem Exekutionsantrag ein Exekutionstitel iSd § 2 Abs 2 EO zugrunde liegt (Jakusch in Angst/Oberhammer, EO³ § 2 EO Rz 3, 5).
3.4. Nach österreichischem Exekutionsrecht können Bruchteilstitel nicht (mehr) geschaffen und vollstreckt werden. Zur Vollstreckung von Bruchteilsunterhaltstiteln aus anderen EU-Mitgliedstaaten, die nach Art 41 Abs 1 EuUVO unter denselben Bedingungen zu vollstrecken sind wie inländische, wurde daher mit der Exekutionsordnungsnovelle 2016 (EO‑Nov 2016; BGBl I 2016/100) die Bestimmung des § 405 EO neu eingefügt. Danach hat in jenen Fällen, in denen aufgrund von ausländischen Exekutionstiteln Unterhalt oder sonstige wiederkehrende Leistungen in einem Bruchteil des Einkommens des Verpflichteten geschuldet werden, die Berechnung der hereinzubringenden Forderung durch das Gericht zu erfolgen, das über die Bewilligung der Exekution zu entscheiden hat (ErläutRV 1294 BlgNR 25. GP 11; Höllwerth in Burgstaller/Deixler‑Hübner, Exekutionsordnung § 405 EO Rz 1 ff). Bei der Anpassung nach § 405 EO hat das Gericht den Bruchteilstitel also in einen Festbetragstitel umzuwandeln, indem der Umfang der zu vollstreckenden Forderung in der Exekutionsbewilligung betragsmäßig festgesetzt wird. Die Berechnungsbasis dafür ist die Erklärung der bezugauszahlenden Stelle oder Person über die Höhe der Bezüge des Verpflichteten (Höllwerth in Burgstaller/Deixler‑Hübner, Exekutionsordnung § 405 EO Rz 13).
4. Als Zwischenergebnis ist daher festzuhalten, dass der von einem rumänischen Amtsgericht geschaffene Unterhaltstitel gemäß Art 17 EuUVO in Österreich ex lege anerkannt (Abs 1) und – die inländische Gerichtsbarkeit für ein Exekutionsverfahren vorausgesetzt – unmittelbar vollstreckbar (Abs 2) ist. Der Umstand, dass es sich dabei um einen Bruchteilstitel handelt, steht der Vollstreckbarkeit in Österreich im Hinblick auf § 405 EO nicht entgegen.
5.1. Das prozessrechtliche Institut der Anerkennung einer fremden Entscheidung bedeutet, ihr grundsätzlich die einer inländischen Entscheidung zukommenden verfahrensrechtlichen Wirkungen einzuräumen (4 Ob 230/18d). Die bedeutendste anzuerkennende Urteilswirkung ist jene der materiellen Rechtskraft. Die Anerkennung erstreckt sich dabei sowohl auf die Einmaligkeitswirkung als auch auf die Bindungs- und Präklusionswirkung (4 Ob 88/18x).
5.2. Auch die im Verfahren außer Streitsachen ergangenen Entscheidungen sind der materiellen Rechtskraft fähig und entfalten Einmaligkeits-, Bindungs- sowie Präklusionswirkung (Rechberger in Rechberger, AußStrG² § 43 Rz 1; Deixler‑Hübner in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I2 § 43 Rz 13). Nur gegenüber nachträglichen Tatbestandsänderungen hält die – in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu beachtende (RS0007477) – materielle Rechtskraft nicht Stand (RS0007477 [T8]; RS0007171 [T25]; RS0007148 [T9]). Eine Neufestsetzung des Unterhalts kann daher grundsätzlich nur bei geänderter Sachlage erfolgen (RS0047398 [T1]). Da hier Entsprechendes nicht behauptet wurde, verneinten die Vorinstanzen die Zulässigkeit des Antrags auf neuerliche Unterhaltsfestsetzung.
5.3. Richtig ist zwar, dass der Grundsatz der entschiedenen Rechtssache insofern auch im internationalen Kontext gilt (4 Ob 88/18x), als auch Entscheidungen ausländischer Gerichte materielle Rechtskraft äußern können, wenn sie im Inland – wie etwa hier auf Basis der EuUVO – im Inland anzuerkennen sind (RS0110172 [T1, T3, T7]). Die Anerkennung führt dabei zur Wirkungserstreckung. Dies bedeutet, dass der ausländischen Entscheidung im Inland die gleichen rechtlichen Wirkungen wie im Urteilsstaat zukommen (4 Ob 88/18x mwN). Ein Urteil eines ausländischen Gerichts kann im Inland also auch nur jene Wirkungen entfalten, die ihm im Bereich der Jurisdiktion dieses Gerichts zukommt (RS0110172 [T4]). Nach diesem Grundsatz der Wirkungserstreckung, der den anzuerkennenden Inhalt der Rechtskraftwirkung betrifft, sind die objektiven und subjektiven Grenzen der Rechtskraft dem Recht des Urteilsstaats zu entnehmen (4 Ob 88/18x mwN; vgl Kaller-Pröll in Gitschthaler, Internationales Familienrecht, EuUVO Art 17 Rz 6). Die Rechtswirkungen der ausländischen Entscheidung sind also nach dem ausländischen Recht zu beurteilen, das der Entscheidung zugrunde liegt (6 Ob 142/18b).
5.4. Im vorliegenden Verfahren ist daher eine Auseinandersetzung mit dem rumänischen Recht erforderlich; das zwar nicht für die Frage der Anerkennung des rumänischen Urteils an sich, aber für die Beurteilung, ob dieses (auch) eine Einmaligkeitswirkung entfaltet.
6.1. Die Generalklausel des § 19 Abs 1 RPflG weist die Geschäfte in Pflegschaftsangelegenheiten dem Rechtspfleger zu. Das Verfahren über den gesetzlichen Unterhalt ist in § 19 Abs 2 RPflG nicht als eine dem Richter vorbehaltene Angelegenheit genannt; dies unabhängig davon, ob es sich bei den Kindern um Österreicher, Ausländer oder Staatenlose handelt, ob sie in Österreich oder im Ausland ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder ob sie überhaupt der inländischen Pflegschaftsgerichtsbarkeit unterworfen sind. Voraussetzung für die Zuständigkeit des Rechtspflegers ist im Hinblick auf den generellen Richtervorbehalt des § 16 Abs 2 Z 16 RPflG nur, dass nicht „ausländisches Recht anzuwenden ist“ (6 Ob 142/18b mwN). Dabei ist das Recht der Europäischen Union nicht als ausländisches Recht anzusehen (RS0125906 [T2]). Gleiches gilt für das HUP (6 Ob 142/18b).
6.2. Für das Wirksamwerden des Richtervorbehalts gemäß § 16 Abs 2 Z 6 RPflG reicht es aus, dass die Notwendigkeit der Berücksichtigung einer ausländischen Rechtsvorschrift zumindest in Betracht kommt (RS0125906). Dass die Notwendigkeit der Berücksichtigung rumänischer Rechtsvorschriften im vorliegenden Verfahren in Betracht kommt, war bereits aufgrund des Antragsvorbringens erkennbar.
6.3. Gemäß § 58 Abs 4 Z 2 iVm § 58 Abs 3 AußStrG hat das Gericht in Fällen, in denen – wie hier –anstelle eines Richters ein Rechtspfleger entschieden hat, den angefochtenen Beschluss und das vorangegangene Verfahren aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung, allenfalls nach Verfahrensergänzung oder -wiederholung, an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen. Dieser Verfahrensmangel ist, auch wenn er im Rechtsmittel nicht geltend gemacht wurde, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens wahrzunehmen (RS0007465 [T2, T8, T10]). Die Entscheidung des Rekursgerichts war daher im Sinn der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des diesem vorangegangenen Verfahrens abzuändern.
6.4. Allerdings erwächst auch ein vom Rechtspfleger in Überschreitung seiner Kompetenz erlassener Beschluss, wenn er nicht oder bloß mit einem unzulässigen Rechtsmittel angefochten wird, in Rechtskraft (RS0007465 [T7]). Von diesem Zeitpunkt an kann sich niemand mehr auf die Mangelhaftigkeit des Beschlusses berufen (6 Ob 142/18b). Die Abweisung des Antrags auf Gewährung eines vorläufigen Unterhalts durch den Rechtspfleger des Erstgerichts ist in Rechtskraft erwachsen. Die Aufhebung hat daher diese Abweisung und das (auch) diesem Provisorialverfahren zuzuordnende Verfahren nicht zu umfassen.
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