Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Beklagte hatte mit einem pharmazeutischen Unternehmen (in der Folge: Auftraggeberin) einen „Logistikvertrag" geschlossen, der auszugsweise wie folgt lautete:
„1. Vertragsgegenstand, Leistungsumfang
[Die Auftraggeberin] übergibt an [die Beklagte] und [die Beklagte] übernimmt von [der Auftraggeberin] die logistische Behandlung von Medizinprodukten und Pharmazeutika in Österreich. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um nachfolgende Serviceleistungen: Warenübernahme, quantitative bzw optische Eingangskontrolle, Verbuchung der Warenzugänge, Lagerung, Kommissionierung, Kontrolle, Verpackung und Versand, fertige Bereitstellung der Versandaufträge, Transport der Sendungen zum Kunden, Bearbeitung von Reklamationen und Sendungsnachforschungen.
Die Details des Arbeitsablaufes und des Leistungsumfanges sowie die von [der Beklagten] zwingend zu beachtenden Vorschriften werden in einem gemeinsam [..] erstellten Pflichtenheft festgelegt. Das Pflichtenheft stellt einen integrierenden Bestandteil dieser Vereinbarung dar.
[..]
7. Gewährleistung/Haftung/Versicherung
[..] Grundlage der Haftung des Auftragnehmers sind für im Transport- und Umschlagbereich [sic!] die einschlägigen zwingenden Bestimmungen des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr (CMR). [..]
[Die Beklagte] hat das Recht, ohne Rücksprache mit [der Auftraggeberin] für die Erbringung der vertragsgegenständlichen Leistungen Dritte zu beauftragen, wobei weiterhin ausschließlich [die Beklagte] für die vertrags- und gesetzeskonforme Erbringung der von diesem Vertrag umfassten Leistungen gegenüber [der Auftraggeberin] haftet.
[..]
13. Schlussbestimmungen
[..] Soweit in diesem Vertrag nichts anderes vereinbart ist, finden die CMR und die AÖSp Anwendung. [..]"
Die Geschäftsbeziehung begann Ende September 2004; der Vertrag selbst wurde am 22. November 2004 unterfertigt. Zu Beginn der Geschäftsbeziehung hatte die Auftraggeberin der Beklagten ein Musterdokument für das im Vertrag genannte Pflichtenheft übermittelt, das Grundlage für die weiteren Verhandlungen war. Dabei wurde in allen - nicht unterfertigten - Entwürfen zwischen Normal-, Sonder- und „Emergency-Aufträgen" (Notfallaufträgen) unterschieden. Eine zeitliche Beschränkung für die Auftragsannahme gab es nur für Normalaufträge (Freitag 13.00 Uhr). Bei Notfallaufträgen sollte die Beklagte der Auftraggeberin eine „verbindliche Zusage, über die termingerechte = sofortige Bearbeitung und den Versand dieses Auftrages" geben. Dabei auftretende „Zusatzkosten (sofortige Sondereigenzustellung, DPD Prime Time, Botendienste)" sollten gesondert verrechnet werden. Bei der Leistungsbeschreibung war von der Übergabe der zu versendenden Ware „an den Frachtführer" die Rede.
Tatsächlich lieferte die Beklagte die Medikamente nur im Raum Wien und Umgebung selbst aus; sonst machte sie die Ware versandfertig und übergab sie einem Frachtführer.
Am 26. November 2004, einem Freitag, benötigte das Universitätsklinikum Graz dringend ein bestimmtes Medikament. Eine Mitarbeiterin der Auftraggeberin erteilte daher einer Sachbearbeiterin der Beklagten um 14.00 Uhr telefonisch den Auftrag, dieses Medikament bis spätestens 12.00 Uhr des folgenden Tages nach Graz zu „liefern". Es handelte sich dabei um den ersten Notfallauftrag in der Geschäftsbeziehung.
Die Sachbearbeiterin der Beklagten entschied sich für den Versand mit einem Paketdienst. Zu diesem Zweck musste sie den Auftrag in der unternehmenseigenen EDV erfassen, wobei sie die Versandart „DPD Primetime 9.00 Uhr" wählte. Sie wusste nicht, dass die Medikamente bei der dadurch veranlassten Anweisung an den Paketdienst erst am Montag um 9.00 Uhr zugestellt würden; richtig wäre die Versandart „DPD Primetime Samstag 9.00 Uhr" gewesen.
Die Sachbearbeiterin machte das Medikament selbst versandfertig, versah es - da es bei 2° bis 8o gelagert werden musste - mit Kühlelementen und übergab es einem Mitarbeiter im Versand. Dieser reichte es an den Paketdienst weiter, dessen LKW schon wartete.
Aufgrund der Anweisung, die die Sachbearbeiterin über die unternehmenseigene EDV erteilt hatte, blieb das Medikament bis Montag Früh beim Paketdienst liegen. Die Beklagte konnte der Auftraggeberin nicht bestätigen, dass während dieser Zeit die erforderliche Kühlung sichergestellt war. Daraufhin wurde das Medikament vernichtet.
Bei der Klägerin bestand eine Transportversicherung. Sie zahlte der Auftraggeberin am 23. Dezember 2004 einen Betrag von 16.732,60 EUR.
Mit ihrer am 24. November 2005 eingelangten Klage begehrt die Klägerin den Rückersatz dieses Betrags. Der Schaden der Auftraggeberin habe netto 17.223,80 EUR betragen. Die Beklagte hafte als Frachtführerin. Sie habe grob fahrlässig gehandelt, da sie nicht für eine ununterbrochene Kühlkette gesorgt habe. Insbesondere falle ihr ein grobes Organisationsverschulden zur Last, da sie die Sachbearbeiterin nicht in die unterschiedlichen Versandmöglichkeiten eingeschult habe. Die in § 64 AÖSp vorgesehene sechsmonatige Verjährung sei wegen der zwingenden Anordnung einer einjährigen Verjährungsfrist in Art 32 CMR nicht anzuwenden.
Die Beklagte bestritt, als Frachtführerin gehandelt zu haben. Sie sei im Rahmen des Logistikvertrags nur mit dem Versand des Medikaments beauftragt gewesen. Der Fehler der Sachbearbeiterin habe sich bei der Auftragserteilung an den Frachtführer (Paketdienst) ereignet. Die Haftung der Beklagten richte sich daher nicht nach der CMR, sondern nach den AÖSp. Da die Verjährungsfrist nach § 64 AÖSp sechs Monate betrage, sei die Forderung verjährt. Es stehe auch nicht fest, dass die Medikamente tatsächlich unbrauchbar gewesen seien. Die Auftraggeberin sei überdies verpflichtet gewesen, die Waren gegen alle Risiken unter Regressverzicht zu versichern. Weiters habe die Beklagte nicht grob fahrlässig gehandelt. Nach dem „Pflichtenheft" hätten Aufträge nur „bis Dienstschluss" der Beklagten erteilt werden dürfen. Die Auftraggeberin habe die Sachbearbeiterin der Beklagten „vereinbarungswidrig" zur Durchführung des Auftrags „überredet". In der darauf folgenden Hektik sei der Sachbearbeiterin ein „Augenblicksversagen" unterlaufen. Eine allfällige Haftung nach der CMR sei daher nach dem Gewicht der Ware auf 2,18 EUR beschränkt. Dem Vorwurf der Klägerin, die Sachbearbeiterin sei nicht in die EDV eingeschult worden, trat die Beklagte in der Sache nicht entgegen.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte fest, dass „Transportaufträge an die Beklagte nur im Raum Wien und Umgebung erteilt" worden seien, „sonst wurden die Waren versandfertig gemacht und einem Transporteur übergeben". Die Beklagte sei (daher) nicht Frachtführerin gewesen, sie habe den Schaden vielmehr in ihrer Eigenschaft als „Lagerhalterin und Kommissionärin" verursacht. Der Anspruch sei daher nach § 64 AÖSp verjährt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach letztlich aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Die CMR gelte nur für Güterbeförderungsverträge; auf Speditionsverträge sowie Lager- und Verwahrgeschäfte sei sie nicht anzuwenden. Das gelte, soweit nicht die Haftung aus der entgeltlichen Güterbeförderung in Anspruch genommen werde, nach der Entscheidung 1 Ob 2374/96s auch für einen Vertrag über den Betrieb eines Auslieferungslagers, bei dem die Speditions- und Lagertätigkeit im Vordergrund stehe und die entgeltliche Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen in ihrer Bedeutung weitgehend zurücktrete. Der Klagsanspruch sei daher nach § 64 AÖSp verjährt. Das grobe Verschulden des Spediteurs, das hier wegen der unterbliebenen Einschulung der Sachbearbeiterin in die verschiedenen Versandarten vorliege, sei daher irrelevant. Eine erhebliche Rechtsfrage liege vor, da Rechtsprechung zur Haftung für die Verletzung von Pflichten aus einem Logistikvertrag fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.
1. Die Parteien haben einen „Logistikvertrag" geschlossen, der als gemischter Vertrag Elemente mehrerer gesetzlich geregelter Vertragstypen enthält (vgl dazu Wieske, Rechtliche Probleme bei Logistikverträgen, TranspR 2002, 177; Gran, Vertragsgestaltung im Logistikbereich, TranspR 2004, 1; Krins, Haftung und Versicherung in der Kontraktlogistik: Ein Überblick, TranspR 2007, 269; aus der Rsp OLG Frankfurt/Main 21 U 9/05 = TranspR 2007, 78; in der Sache schon 1 Ob 2374/96s = SZ 70/142). Bei gemischten Verträgen ist für die Beurteilung jeder einzelnen Leistungspflicht die sachlich am meisten befriedigende Vorschrift heranzuziehen (RIS-Justiz RS0013941). Nach der herrschenden Kombinationstheorie ist das die Regelung jenes Vertragstyps, dem die zu beurteilende Pflicht entstammt (2 Ob 99/97s = RdW 2000, 22; 2 Ob 85/05x = EvBl 2006/27; Bollenberger in KBB3, § 859 Rz 15; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II13 14; speziell zum Logistikvertrag für das deutsche Recht ua Wieske, TranspR 2002, 178; Gran, TranspR 2004, 2; Krins, TranspR 2007, 271; Koller, Transportrecht6 [2007] § 454 HGB Rz 37). Das muss um so mehr gelten, wenn - wie möglicherweise hier - für einzelne in den gemischten Vertrag aufgenommene Leistungspflichten zwingende Bestimmungen - hier die CMR - gelten.
Dass die Parteien ausdrücklich die Anwendung nicht nur der AÖSp, sondern auch der CMR vereinbarten, ändert nichts an dieser Beurteilung. Denn mangels anderer Anhaltspunkte ist diese Vereinbarung dahin zu verstehen, dass diese Regelwerke auf die jeweils davon erfassten Leistungspflichten angewendet werden sollen.
2. Für den Rechtsstreit ist entscheidend, ob es sich beim Auftrag an die Beklagte um einen Transportauftrag im frachtrechtlichen Sinn gehandelt hatte. Denn dann betrüge die Verjährungsfrist nach Art 32 Abs 1 CMR (zumindest) ein Jahr, wobei abweichende Vereinbarungen nach Art 41 Abs 1 CMR nichtig wären. Die Beklagte könnte sich daher nicht auf die sonst geltende sechsmonatige Verjährung nach § 64 AÖSp berufen.
Die von den Vorinstanzen angeführte Entscheidung 1 Ob 2374/96s (= SZ 70/142) stünde diesem Ergebnis nicht entgegen. Denn in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die Parteien zwar ebenfalls einen Vertrag geschlossen, der unter anderem Elemente eines Lager-, eines Speditions- und möglicherweise auch eines Frachtvertrags enthalten hatte. Strittig waren dort aber ausschließlich Lagerverluste gewesen. Für diesen Fall lehnte der Oberste Gerichtshof die Anwendung der CMR auf den Gesamtvertrag ab, „soweit jedenfalls nicht die Haftung aus der entgeltlichen Güterbeförderung in Anspruch genommen" werde. Damit fügt sich diese Entscheidung in die oben dargestellte Rechtsprechung, wonach bei Streitigkeiten über Leistungsstörungen in gemischten Verträgen jeweils die Regelungen jenes Vertragstyps heranzuziehen sind, dem die angeblich verletzte Pflicht entstammt.
3. Die Klägerin legt ihrer Revision die Auffassung zugrunde, dass die Auftraggeberin der Beklagten einen Frachtauftrag erteilt habe. Die Beklagte wäre dann Frachtführerin gewesen, der von ihr herangezogene Paketdienst Unterfrachtführer. Unter dieser Prämisse bestünde der Anspruch der Klägerin dem Grunde nach zu Recht.
3.1. Der Obhutszeitraum nach Art 17 CMR beginnt zwar nicht schon mit der Übernahme des Gutes zur vorübergehenden oder auch längeren Einlagerung vor dem eigentlichen Transport (9 Ob 79/01k = RdW 2002, 463). Wohl aber haftet der Frachtführer in einem solchen Fall ab jenem Zeitpunkt nach den frachtrechtlichen Bestimmungen, in dem er den Entschluss zur Beförderung fasst und dies durch konkrete Handlungen manifestiert (Koller aaO § 425 HGB Rz 21). Denn damit lässt der Frachtführer erkennen, dass er die Herrschaftsgewalt über das Gut (nun) zum Zweck der Beförderung ausübt (vgl 9 Ob 79/01k). Zu seinen schon frachtrechtlich zu beurteilenden Pflichten kann ab diesem Zeitpunkt nach Maßgabe der konkreten Vereinbarung auch die Verladung des Gutes gehören (vgl allgemein RIS-Justiz RS0073725). Überdies wäre die Haftung der Beklagten im konkreten Fall schon deswegen begründet, weil jedenfalls die Unterbrechung der Kühlkette während des Obhutszeitraums eintrat. Den Entlastungsbeweis nach Art 17 Abs 2 oder 4 CMR hat die Beklagte nicht angetreten; er wäre nach dem festgestellten Sachverhalt auch nur schwer zu erbringen gewesen.
3.2. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagten falle „ein dem Vorsatz gleichzuhaltendes Verschulden" iSv Art 29 CMR, also grobe Fahrlässigkeit (RIS-Justiz RS0073961), zur Last, wäre nicht zu beanstanden: Zwar trifft die Beweislast dafür auch im Frachtrecht grundsätzlich den Kläger (RIS-Justiz RS0062591); der vom Berufungsgericht insofern herangezogene § 1298 Satz 2 ABGB (idF BGBl I 1997/6) erfasst nur eine vertraglich auf grobe Fahrlässigkeit beschränkte Haftung (etwa jene nach den AÖSp, die die weitergehende Haftung nach dem UGB einschränkt, RIS-Justiz RS0118098). Der Frachtführer muss aber nach Treu und Glauben darlegen, wie er sein Unternehmen zur Sicherung des übernommenen Gutes organisiert und welche Maßnahmen er im konkreten Fall zu diesem Zweck gepflogen hat (6 Ob 2200/96i = ecolex 2000, 28; RIS-Justiz RS0062591 insb T2, T4, T7, T15, T21). Die Verletzung dieser Darlegungsobliegenheit kann Anlass für die Tatsacheninstanzen sein, bestimmte Prozessbehauptungen des für das grobe Verschulden beweispflichtigen Geschädigten für wahr zu halten (9 Ob 12/05p = SZ 2005/73).
Im konkreten Fall hat die Klägerin behauptet, dass die Beklagte ihre Sachbearbeiterin nicht in die unternehmenseigene EDV eingeschult habe. Die Beklagte hat dem nur entgegengehalten, dass Aufträge am Freitag Nachmittag nicht mehr zulässig gewesen seien. Das war aber nach den Feststellungen nicht der Fall, da sich die Zeitbeschränkungen des Pflichtenhefts nur auf „Normalaufträge" bezogen. Demgegenüber hat die Beklagte nicht behauptet, dass sie die Sachbearbeiterin in das EDV-Programm eingeschult hätte. Damit konnte das Berufungsgericht auf der Tatsachenebene das Unterbleiben einer Einschulung annehmen. Die Bewertung dieses Verhaltens als grob fahrlässiges Organisationsverschulden ist nicht zu beanstanden. Ein solches Verschulden erfordert zwar einen objektiv und subjektiv schweren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt; es muss unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall eigentlich jedem hätte einleuchten müssen (RIS-Justiz RS0110748; zuletzt etwa 10 Ob 47/06v mwN). Das trifft aber ohne Zweifel zu, wenn eine Dienstnehmerin nicht in die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen EDV-Programme eingewiesen wurde.
3.3. Auch die übrigen Einwände der Beklagten griffen bei Vorliegen eines Frachtvertrags nicht durch. Aus einem solchen Vertrag wäre jedenfalls eine Nebenpflicht zur Dokumentation der Kühlkette abzuleiten. Unterblieb eine solche, hätte die Beklagte für die im Zweifel erforderliche Vernichtung der Medikamente einzustehen. Die Vereinbarung eines Regressverzichts wäre ein Vertrag zu Lasten des Versicherers und daher unwirksam (6 Ob 349/97k = VersE 1774). Zudem bezieht sich die diesbezügliche Vertragsklausel ohnehin nur auf Schäden in Zusammenhang mit der Einlagerung der Waren; Transportschäden sind nicht erfasst.
4. Die Beklagte vertritt allerdings die Auffassung, dass sie nicht mit dem Transport, sondern nur mit dessen Organisation beauftragt gewesen sei. Dann wäre kein Fracht-, sondern ein Speditionsauftrag vorgelegen. In diesem Fall wäre die CMR nicht anwendbar, sodass die auf die Klägerin übergegangenen Schadenersatzansprüche ausschließlich nach den AÖSp zu beurteilen und nach deren § 64 verjährt wären. Ob das zutrifft, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden.
4.1. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen bekam die Beklagte den Auftrag, das Medikament nach Graz zu „liefern". Diese Formulierung deckt sowohl einen Fracht- als auch einen Speditionsauftrag. Die Abgrenzung zwischen diesen Vertragstypen ist theoretisch eindeutig: Der Spediteur schuldet nach § 407 UGB die Besorgung der Beförderung durch einen anderen und übernimmt daher keine eigene Beförderungspflicht; der Frachtführer schuldet demgegenüber die Beförderung. Was beim Spediteur durch ein Ausführungsgeschäft erreicht wird, ist beim Frachtführer unmittelbarer Geschäftsinhalt (3 Ob 584/83 = TranspR 1985, 265; Schütz in Straube, HGB I3 § 407 Rz 6; P.Bydlinski in Münchener Kommentar zum HGB [1997] § 407 Rz 38 ff; Koller aaO § 453 HGB Rz 16 ff). Im Einzelfall kann aber die Zuordnung einer konkreten Vereinbarung - wie auch hier - durchaus schwierig sein (vgl dazu P.Bydlinski und Koller aaO mwN).
4.2. Der Inhalt des strittigen Auftrags ist durch dessen Auslegung zu ermitteln. Ausgangspunkt dafür muss die Rahmenvereinbarung zwischen der Auftraggeberin und der Beklagten sein. Dazu gehören aufgrund des darin enthaltenen Verweises auch (zumindest) jene Teile des Pflichtenhefts, die zwischen den Vertragspartnern unstrittig waren; dies jedenfalls dann, wenn es das Pflichtenheft zum Zeitpunkt des strittigen Vorfalls bereits gab oder sonst Einigkeit über seinen Inhalt bestand. Weiters ist bei der Ermittlung des Vertragsinhalts auch die tatsächliche Praxis der Vertragspartner zu berücksichtigen.
(a) Gegen das Vorliegen eines Transportauftrags spricht vordergründig die Feststellung des Erstgerichts, dass „Transportaufträge [..] an die Beklagte nur im Raum Wien und Umgebung erteilt [wurden], sonst wurden die Waren versandfertig gemacht und einem Transporteur übergeben". Diese Formulierung könnte allerdings auch als bloße Beschreibung der tatsächlichen Auftragsabwicklung verstanden werden. Denn dem Erstgericht war die Problematik der Abgrenzung zwischen Fracht- und Speditionsvertrag offenkundig nicht bewusst. Daher schließt es diese Feststellung nicht aus, dass die Beklagte auch für Lieferungen außerhalb des Wiener Raums Fracht- und nicht Speditionsaufträge erhielt. Allerdings kann die unstrittige Durchführung solcher Transporte durch Dritte ein Indiz dafür sein, dass insofern keine (eigene) Transportpflicht der Beklagten begründet werden sollte.
(b) Der Rahmenvertrag selbst ist ebenfalls nicht eindeutig: Nach seinem Punkt 1 schuldete die Beklagte einerseits „Verpackung und Versand" sowie die „fertige Bereitstellung der Versandaufträge", andererseits aber auch den „Transport der Sendungen zum Kunden". Ersteres spricht für ein bloßes Speditionsgeschäft, letzteres für ein Frachtgeschäft. Möglicherweise sollten diese Formulierungen aber auch nur die verschiedenen Arten der faktischen Auftragsabwicklung erfassen und rechtlich einordnen: eigener Transport in Wien und Umgebung (Frachtauftrag), sonst nur Verpackung und Versand (Speditionsauftrag). Das spräche für den Standpunkt der Beklagten.
Auch Punkt 7 des Vertrags bringt keine endgültige Klärung. Danach durfte die Beklagte zwar für die Erbringung der „vertragsgegenständlichen Leistungen" Dritte beauftragen; sie haftete aber auch in diesem Fall selbst für deren „vertrags- und gesetzeskonforme Erbringung". Diese Haftung setzte allerdings im konkreten Fall das Bestehen einer Transportpflicht auch außerhalb des Wiener Raums voraus; gerade diese Pflicht ist aber strittig. Sie allein aus der Klausel abzuleiten, wäre ein Zirkelschluss. Wohl aber lässt die Klausel inhaltlich die Tendenz erkennen, den Auftraggeber möglichst umfassend abzusichern. Im Zweifel ließe das wohl auf den Willen der Vertragspartner schließen, in jedem Fall eine eigene Transportpflicht der Beklagten zu begründen. Ob ein solcher Zweifel vorliegt, lässt sich aber noch nicht beurteilen.
(c) Angesichts der Unklarheiten im Rahmenvertrag kommt es entscheidend auf Inhalt und Geltung des die Vertragspflichten konkretisierenden Pflichtenhefts an. Nach dem Vorbringen der Beklagten soll sich daraus ergeben, dass sie nicht für „Transportschäden" hafte. Das wäre zwar eine nach Art 41 CMR unzulässige Haftungsbeschränkung, wenn die Beklagte tatsächlich einen Transportauftrag erhalten hätte. Im Kontext ist dieses Vorbringen aber dahin zu deuten, dass aus der vertraglichen Risikoverteilung auf das Vorliegen eines Speditionsauftrags geschlossen werden müsse.
Der ausdrücklich festgelegte „Haftungswille" der Parteien wäre tatsächlich ein entscheidendes Kriterium für die Einordnung des Auftrags (vgl Basedow, Der Transportvertrag [1987] 44; Koller, Die Abgrenzung zwischen Speditions- und Frachtverträgen, NJW 1988, 1756, 1757; vgl auch P.Bydlinski aaO § 407 HGB Rz 41). Sollte die Haftung für Transportschäden tatsächlich ausgeschlossen worden sein, was offenkundig nur den Transport durch Dritte betreffen konnte, bestünde im Zusammenhalt mit der tatsächlichen Abwicklung und der mehrfachen Verwendung des Begriffes „Versand" kein Zweifel am Vorliegen eines (bloßen) Speditionsauftrags. Da die Beklagte die Fracht in der jeweils anfallenden Höhe weiterverrechnen konnte, läge auch keine - die Anwendung der CMR auslösende (RIS-Justiz RS0073686) - Fixkostenspedition vor; dieses Element spräche vielmehr ebenfalls für einen Speditionsauftrag (vgl Schütz aaO § 409 Rz 7; Kerzendorfer/Geist in Jabornegg, HGB [1997] § 409 Rz 9).
4.3. Ausreichende Feststellungen zu diesem Vorbringen und überhaupt zum Inhalt und zur Geltung des Pflichtenhefts gibt es indes nicht. Das führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen. Das Erstgericht wird nach Erörterung und gegebenenfalls ergänzender Beweisaufnahme weitere Feststellungen zu diesen Fragen zu treffen haben. Sollte sich daraus - in Zusammenhalt mit den oben genannten Indizien - ergeben, dass die Beklagte nur zur Organisation des Transports verpflichtet war, wird die Klage neuerlich wegen Verjährung abzuweisen sein. Läge demgegenüber ein Transportauftrag vor, wären die Ansprüche der Klägerin dem Grunde nach berechtigt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)