European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00172.16X.0830.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Der beklagte Rechtsanwalt wirbt auf seiner Website unter Anführung einer Adresse in Wien samt einer Telefonnummer mit Wiener Vorwahl mit einem „Standort in Wien“, wobei sich seine Kanzleiadresse in Vorarlberg befindet, zu der alle an die Wiener Telefonnummer gerichteten Anrufe automatisch weitergeleitet werden, während der Beklagte in Wien weder über eine von ihm geführte noch nach außen erkennbare Geschäftsräumlichkeit verfügt. An der angeführten Adresse mietet der Beklagte nur sporadisch und stundenweise ein Besprechungszimmer, was im Jahr 2015 zweimal geschah.
Die Vorinstanzen untersagten dem Beklagten, in Bezug auf seine Rechtsanwaltskanzlei zu behaupten, er betreibe an einer Adresse in Wien einen Standort, oder sonst den Eindruck zu erwecken, dass sich dort seine Anwaltskanzlei befindet.
Rechtliche Beurteilung
In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigt der Beklagte keine erheblichen Rechtsfragen iSv § 528 Abs 1 ZPO auf:
1. Wie die angesprochenen Kreise eine Angabe im Geschäftsverkehr verstehen und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher in der Regel ebenso wenig eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RIS‑Justiz RS0107771; RS0043000; RS0053112) wie die Frage, ob eine andere Beurteilung der festgestellten Äußerung vertretbar ist (RIS‑Justiz RS0107768).
2. Der Rechtsansicht der Vorinstanzen, der beklagte Rechtsanwalt werbe in irreführender und damit wettbewerbswidriger Weise mit einem „Standort in Wien“, liegt jedenfalls keine krasse Fehlbeurteilung zugrunde, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss (RIS‑Justiz RS0107771; RS0043000 [T7]).
3. Mit seinem Hinweis, dass der Begriff der „Sprechstelle“ einer Rechtsanwaltskanzlei einer höchstgerichtlichen Klärung bedürfe, zeigt der Beklagte schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil das Unterlassungsgebot sich bereits auf die Werbung mit einem „Standort in Wien“ stützt. Die Vorinstanzen haben aus den Angaben des Beklagten in ihrer Gesamtheit (RIS‑Justiz RS0078352) jedenfalls vertretbar abgeleitet, dass er damit den falschen Eindruck einer Mindestkanzleiorganisation samt einem anwesenden Ansprechpartner erweckt.
4. In der von den Vorinstanzen vertretenen Ansicht, die örtliche Nähe und die kurzfristige Erreichbarkeit eines Rechtsanwalts sei für potentielle Mandanten eines Anwalts auch ein wesentliches Entscheidungskriterium, weshalb die irreführenden Angaben geeignet seien, einen Marktteilnehmer dazu zu veranlassen, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte, liegt keine krasse Fehlbeurteilung, weshalb auch hier keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung begründet wird (vgl RIS‑Justiz RS0121680 [T2]).
5. Das Unterlassungsgebot hat sich immer am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren. Es ist daher auf die konkrete Verletzungshandlung sowie auf ähnliche Fälle einzuengen (RIS‑Justiz RS0079278; RS0115334; RS0037645), um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen (RIS‑Justiz RS0037607; RS0037733). Ob es zu weit gefasst wurde, ist grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0037671 [T5]). Eine solche wird vom Beklagten nicht aufgezeigt.
6. Das vom Rekursgericht im Anlassfall gewonnene Ergebnis bedarf keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.
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