European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00131.23W.0906.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 751,92 EUR (darin 125,32 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Die beklagte Gesellschaft ist ein Energieanbieter; sie ging in einer vom Verein für Konsumenteninformation (folgend: VKI) im Herbst 2020 initiierten Aktion zur Ermittlung des günstigsten Gemeinschaftsenergietarifs als Bestbieterin für Strom und Gas hervor. In dem vom VKI erstellten Werbeauftritt für die Beklagte wurde eine Preisgarantie für 18 Monate und eine einjährige Bindefrist ab Lieferbeginn erwähnt und optisch getrennt dargestellt.
[2] Der Kläger, der schon zuvor bereits mehrfach an ähnlichen Aktionen des VKI teilgenommen hatte, schloss mit der Beklagten einen Stromliefervertrag beginnend mit 12. März 2021. In dem vom Kläger ausgefüllten Antragsformular ist eine „Vertragsbindung“ mit 12 Monaten angegeben, wobei dazu angemerkt ist: „Kündigungsfrist: Die erstmögliche Kündigung ist bis 2 Wochen zum Ablauf der Mindestvertragslaufzeit möglich. Danach gelten die Bedingungen unter Ziff. 3 unserer AGB Strom.“ Auf dem dem Kläger gleichzeitig bereitgestellten Preisblatt zum Stromtarif ist im oberen Bereich ebenfalls die Vertragsbindung mit 12 Monaten und die Kündigungsfrist mit zwei Wochen abgedruckt. Der Kläger erhielt am 10. März 2021 ein Schreiben der Beklagten mit der Bestätigung des Vertragsabschlusses, wobei in Fettdruck als „Vertragsinformationen“ die Preise, der Lieferbeginn, die Mindestvertragslaufzeit von 12 Monaten und die Kündigungsfrist „2 Wochen zum Laufzeitende“ sowie die Energiepreisgarantie von 18 Monaten angegeben waren. Als „Vertragslaufzeit“ ist außerdem festgehalten, dass der Vertrag „auf unbestimmte Zeit mit einer Bindungsfrist von einem Jahr abgeschlossen“ werde und dass er vom Anbieter „unter Einhaltung einer Frist von 8 Wochen ordentlich gekündigt werden“ könne. Der Kunde könne den Vertrag „unter Einhaltung einer Frist von 2 Wochen ordentlich kündigen“. Für den Kläger war die 18‑monatige Preisgarantie ein wesentlicher Grund für den Vertragsabschluss. Er verstand die Klauseln so, dass er selbst eine Bindung von 12 Monaten eingehe und dass die Beklagte wegen der Preisgarantie 18 Monate lang gebunden sei. Die Beklagte ging hingegen von einer beiderseitigen Vertragsbindung von 12 Monaten aus.
[3] Mit Schreiben vom 6. Dezember 2021 kündigte die Beklagte den Vertrag mit dem Kläger zum 11. März 2022 und begründete dies mit den zuletzt explodierenden Energiepreisen. Sie belieferte den Kläger bis einschließlich 11. März 2022 mit Strom. Der Kläger schloss inzwischen einen Stromlieferungsvertrag mit einem anderen Anbieter.
[4] Der Kläger begehrte von der Beklagten Zahlung von 681,79 EUR sA sowie die Feststellung der Haftung für jeden künftigen Schaden aus der Kündigung vom 6. Dezember 2021. Die Kündigung sei rechtswidrig gewesen, der neue Vertragsabschluss habe bereits einen Schaden in Höhe des Zahlungsbegehrens verursacht, weitere Schäden könnten noch nicht beziffert werden.
[5] Die Beklagte wendete zusammengefasst ein, sie habe zulässigerweise von ihrem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht; auf die 12‑monatige Mindestlaufzeit sei der Kläger schon im Auftrag zur Stromlieferung sowie auch im Annahmeschreiben deutlich hingewiesen worden.
[6] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
[7] Ein verständiger durchschnittlicher Verbraucher habe den Vertrag und die konkret abgegebenen Erklärungen so verstanden, dass beide Vertragsteile für 12 Monate an den Vertrag gebunden seien und dass für den Fall der aufrechten Vertragsdauer über die Mindestlaufzeit hinaus die Preisgarantie für weitere sechs Monate gewährt werde. Die Energiepreisgarantie sowie die Vertragsbindung bzw Mindestlaufzeit seien optisch getrennt voneinander dargestellt; es sei klar, dass es sich um zwei unterschiedliche Punkte handle, und die Dauer der Preisgarantie sei kein Grund dafür, die klar formulierte Kündigungsbestimmung als missverständlich anzusehen. Die Kündigungsbestimmung schaffe einen angemessenen Interessenausgleich und entspreche nahezu wörtlich der Bestimmung des § 76 Abs 1 ElWOG.
[8] Das Berufungsgericht gab der Berufung dagegen nicht Folge.
[9] Die vom Erstgericht vorgenommene Vertragsauslegung sei zutreffend und stehe im Einklang mit einer in einem ähnlichen Fall vom Landesgericht St. Pölten ergangenen Entscheidung. Die Kündigungsklausel sei nicht rechtsmissbräuchlich und auch nicht ungewöhnlichen Inhalts im Sinn des § 864a ABGB. Auch eine Intransparenz der Bestimmung im Sinn des § 6 Abs 3 KSchG liege nicht vor, weil sie weder unklar noch unverständlich formuliert sei. Im Übrigen stehe die Formulierung der AGB im Einklang mit § 76 Abs 1 ElWOG. Eine Änderungskündigung liege hier nicht vor, ebenso wenig könne sich der Kläger auf die Grundversorgung nach § 77 ElWOG berufen, zumal sich aus der Bestimmung nicht ergebe, dass die Kündigung der Beklagten rechtswidrig gewesen wäre.
[10] Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die Revision zulässig sei, weil die Entscheidung für zahlreiche Kunden der Beklagten Bedeutung habe und bereits divergierende Entscheidungen der Rechtsmittelgerichte zweiter Instanz vorlägen (Landesgericht Feldkirch 2 R 264/22x, das eine Intransparenz der Klauseln erkannt habe, und Landesgericht St. Pölten 21 R 259/22d, dem nun die Berufungsentscheidung gefolgt sei).
[11] Gegen das Urteil wendet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, dem Klagebegehren stattzugeben, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[12] Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[13] Die Revision ist zur Klarstellung zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.
[14] 1. Der Oberste Gerichtshof ist auch zur Auslegung von AGB‑Klauseln nicht jedenfalls, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtet hat oder wenn für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (RS0121516). Dies ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn die fraglichen Klauseln bisher vom Obersten Gerichtshof noch nicht zu beurteilen waren und deren Auslegung nicht eindeutig ist (3 Ob 54/23x ua). Von den AGB der Beklagten ist eine größere Anzahl von Kunden betroffen und es liegen divergierende Entscheidungen zweiter Instanz über deren Wirksamkeit vor, weshalb es dazu einer Klarstellung bedarf.
[15] 2.1 Die in der Revision behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor: Der Umstand, dass das Berufungsgericht nicht auf alle rechtlichen Argumente der Berufung eingegangen ist, könnte allenfalls zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung führen, verwirklicht aber nicht den Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO (RS0043231 [T13]).
[16] 2.2 Der weiteren Prüfung ist voranzustellen, dass es sich vorliegend nicht um einen Verbands-, sondern um einen Individualprozess handelt. Im Individualprozess hat die Auslegung zunächst nach den Grundsätzen der §§ 914, 915 ABGB zu erfolgen (RS0016590 [T32]) und zwar so, wie sie sich einem durchschnittlichen Angehörigen aus dem angesprochenen Adressatenkreis erschließen (RS0008901 [T15]). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [T7, T87]). Unklarheiten gehen zu Lasten des Verwenders, das heißt, im Regelfall zu Lasten des Unternehmers (RS0050063 [T3]).
[17] 3.1 Die hier von den Streitteilen dem Vertrag zugrunde gelegten Vertragsbestimmungen lauten wörtlich: „3. Vertragslaufzeit/Kündigung: 3.1 Sofern nicht anders vereinbart, wird der Vertrag auf unbestimmte Zeit mit einer Bindungsfrist von einem Jahr abgeschlossen. 3.2 Der Vertrag kann von M* unter Einhaltung einer Frist von 8 Wochen ordentlich gekündigt werden. 3.3 Der Kunde kann den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von 2 Wochen ordentlich kündigen. Sind Bindungsfristen vereinbart, so ist die ordentliche Kündigung der Vertragsparteien unter Einhaltung der genannten Fristen zum Ende der Bindungsfrist, bei Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs 1 Z 2 Konsumentenschutzgesetz („KSchG") oder Kleinunternehmern jedenfalls zum Ende des ersten Vertragsjahres und in weiterer Folge jederzeit unter Einhaltung einer Frist von 2 Wochen möglich. (…) 6. Preise/ Steuern/Abgaben/Gebühren/Zuschläge/Preisänderungen (…) 6.3.3 Für sämtliche Preisänderungen gelten folgende Rahmenbedingungen: Preisänderungen sind erst (i) nach Ablauf der Fristen für etwaige vereinbarte Preisgarantien und/oder (ii) nach Ablauf einer zumindest 2‑monatigen Frist ab Vertragsabschluss und jedenfalls höchstens 2 Mal pro Kalenderjahr zulässig.“
[18] 3.2 Die Regelungskomplexe der Vertragsbindung sowie die Möglichkeit und Bedingungen der Kündigung einerseits und die einer Preisgarantie andererseits sind zwei unterschiedliche, voneinander getrennte Aspekte des Vertragsverhältnisses über die Lieferung von Energie (hier Strom). Dem entspricht der Text der von der Beklagten formulierten Klauseln, der diese unterschiedlichen Themenbereiche klar voneinander getrennt behandelt und regelt. Die beiderseitige Vertragsbindung (Mindestlaufzeit) ist mit 12 Monaten festgelegt und dem entsprechend ist beiden Vertragsparteien eine Kündigung erst zum Ende dieser Frist vertraglich eingeräumt. Durch eine eigene Überschrift gekennzeichnet und von der Regelung über die Mindestlaufzeit von einem Jahr getrennt bestimmt Punkt 6.3.3 („Preise/(…)/Preisänderungen"), dass Preisänderungen (unter anderem) erst nach Ablauf der Fristen für etwaige vereinbarte Preisgarantien zulässig sind. Damit ist aber für den Leser der vorformulierten Regelungen des Vertrags klar, dass der Energieanbieter die Dauer seiner allfälligen Preisgarantie gesondert zusagt und diese nicht – wie der Kläger offenbar meint – ihrerseits Auswirkungen auf die Mindestlaufzeit haben sollte. Die Beklagte erklärte mit ihrer insgesamt 18 Monate geltenden Preisgarantie, dass sie für den Fall der längeren Vertragsdauer noch für eine längere Zeit (sechs weitere Monate nach Ende der Mindestlaufzeit) auf ihr Preisanpassungsrecht verzichte und in diesem längeren Zeitraum (bei aufrechter Vertragsbeziehung) keine Änderung der Preise vornehmen werde.
[19] 3.3 Der Kläger meint, die Klausel spreche in der Mehrzahl von „Bindungsfristen" und beschränke sich daher nicht auf eine Bindungsfrist; der „Geschäftszweck“ der Energieversorgung spreche für eine Bindung für die Dauer der Garantie. Dem ist zu erwidern, dass auch § 76 Abs 1 ElWOG von „Bindungsfristen“ spricht, dies allerdings nur im Zusammenhang mit den einzuhaltenden Kündigungsfristen, nicht aber mit einer Preisgarantie. Darauf haben bereits die Vorinstanzen hingewiesen; die Revision befasst sich mit diesem Argument jedoch nicht.
[20] 3.4 Die Auslegungsregel des § 915 ABGB ist erst dann für die Auslegung heranzuziehen, wenn die Ermittlung der erklärten Absicht der Parteien ohne eindeutiges Ergebnis geblieben ist (vgl RS0109295). Steht der Vertragsinhalt eindeutig fest, dann ist für die Anwendung des § 915 ABGB kein Raum (RS0017752; RS0017957). Der Hinweis der Revision auf einen Beitrag im Schrifttum (Kemetmüller, Energierecht: Rechtssicherheit in Krisenzeiten? Ein (unvollständiger) Überblick, VbR 2022, 156 [158]), in dem eine Anwendung des § 915 ABGB damit befürwortet wird, dass die Gerichte erster Instanz die Frage der Wirksamkeit einer Preisgarantie unterschiedlich beurteilt hätten, zeigt eine unklare Formulierung im Sinn des § 915 ABGB für den hier zu beurteilenden Fall gerade nicht auf.
[21] 3.5 Nach dem unmissverständlichen Wortlaut der erwähnten Bestimmungen über die Mindestlaufzeit und die Preisgarantie ist der Kläger als Verbraucher 12 Monate an den Vertrag gebunden, er kann zwei Wochen zum Laufzeitende kündigen und sein Preis kann sich für insgesamt 18 Monate (während der tatsächlichen Laufzeit) nicht erhöhen. Daraus erklärt sich auch, dass die Vertragsunterlagen nur die für ihn geltende Kündigungsfrist von zwei Wochen nennen. In Übereinstimmung mit § 76 Abs 1 ElWOG beträgt die Kündigungsfrist für die Beklagte als Energielieferantin acht Wochen. Dass sie diese eingehalten hat, ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.
[22] 4.1 Nach § 864a ABGB werden Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte, es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen. Als objektiv ungewöhnlich wird eine Klausel beurteilt, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, sodass er mit ihr nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte. Bei der Beurteilung der Ungewöhnlichkeit eines Inhalts im Sinn des § 864a ABGB ist ein objektiver Maßstab anzulegen (RS0014627 [T6]). Der Inhalt der Klausel, auf den es dabei alleine nicht ankommt, spielt vor allem im Zusammenhang mit der Stellung im Gesamtgefüge des Vertragstextes eine Rolle, denn das Ungewöhnliche einer Vertragsbestimmung ergibt sich insbesondere aus der Art ihrer Einordnung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (RS0014659 [T2]). § 864a ABGB erfasst alle dem Kunden nachteilige Klauseln, eine grobe Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB wird nicht vorausgesetzt (RS0123234).
[23] 4.2 Auch aus dieser Bestimmung ist für den Standpunkt des Klägers nichts zu gewinnen. Zutreffend haben die Vorinstanzen die vereinbarten Regelungen als klar formuliert, durch Überschriften gekennzeichnet und als durchaus nicht „versteckt“ oder überraschend im Sinn des § 864a ABGB beurteilt. Durch die Kündigung der Beklagten, die der vertraglichen Vereinbarung entsprach, wurde nicht– wie der Kläger meint – „das Leistungsversprechen (...) verkürzt“; es kam lediglich die für einen längeren Zeitraum als die Mindestlaufzeit in Aussicht gestellte Preisgarantie infolge früher zulässiger Beendigung des Liefervertrags durch die Beklagte nicht im gesamten Zeitraum zugunsten des Klägers zu tragen.
[24] 5.1 Nach § 6 Abs 3 KSchG ist eine in AGB oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist (Transparenzgebot). Maßstab ist das Verständnis des für die jeweilige Vertragsart typischen Durchschnittskunden (RS0126158). Die AGB müssen so gestaltet sein, dass der Verbraucher durch ihre Lektüre klare und verlässliche Auskunft über seine Rechtsposition erhält (RS0115217 [T14]). Das Transparenzgebot begnügt sich dabei nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher „durchschaubar“ sind (RS0122169 [T2, T6]). Es sollen daher auch jene Klauseln beseitigt werden, die dem Verbraucher ein unzutreffendes oder auch nur unklares Bild seiner vertraglichen Position vermitteln. Es soll verhindert werden, dass er dadurch von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird oder ihm unberechtigte Pflichten auferlegt werden. Das setzt die Verwendung von Begriffen voraus, deren Bedeutung dem typischen Verbraucher geläufig sind oder von ihm jedenfalls festgestellt werden können (vgl RS0115217 [T3]).
[25] 5.2 In diesem Zusammenhang hat bereits das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass der durchschnittliche Verbraucher seit vielen Jahren mit Begriffen wie „Mindestvertragsdauer“ und „Preisgarantie“ in unterschiedlichen Lebensbereichen vertraut sei. Diese Vertragsbestandteile sind nicht nur für Energielieferverträge, sondern ebenso etwa für TV-, Internet- und Telefonanbieter und ähnliche Leistungen von Bedeutung, bei denen ebenfalls sowohl der Aspekt der Vertragsbindung als auch der einer allfälligen Preisgarantie eine wesentliche Rolle spielt. Wenn der Kläger daher argumentiert, die Beklagte habe nicht gesondert darauf hingewiesen, dass sie „von ihrer Grantiezusage durch Kündigung abgehen“ könne, so vermag sie eine fehlende Transparenz der Regelungen damit nicht aufzuzeigen. Wie bereits mehrfach erwähnt, sind die beiden Bereiche der Vertragsbindung und der Preisgarantie getrennt voneinander zu betrachten und sie sind hier dementsprechend auch getrennt voneinander sowie hinreichend klar formuliert. Der durchschnittliche Verbraucher erkennt aus dieser Regelung einer 12‑monatigen Vertragsbindung, dass er seinerseits mit dem Ablauf eines Jahres kündigen kann, wenn er einen günstigeren Anbieter findet, und ihm ist ebenso bewusst, dass auch das Unternehmen nach Ablauf der Mindestvertragsdauer kündigen kann, der Vertrag damit aufgelöst und die Preisbindung für den darüber hinausgehenden Zeitraum dann nicht wirksam wird.
[26] 6. In Punkt 3.3 der AGB ist entgegen der Meinung der Revision auch keine gröbliche Benachteiligung im Sinn des § 879 Abs 3 ABGB zu erkennen, denn sein Inhalt entspricht der Regelung des § 76 Abs 1 EIWOG 2010. Der Kläger meint, die vertragliche Bindung der Beklagten müsse mindestens so lang wie die Preisgarantie dauern; er nennt allerdings keine Begründung dafür, dass es keine sachliche Rechtfertigung für eine kürzere Vertragsbindung der Beklagten geben würde. In Anbetracht der in den letzten Jahren durchaus außergewöhnlichen Preissteigerungen auf dem Energiesektor erscheint es sachgerecht, der Beklagten ein Interesse daran zuzubilligen, dass sie die Dauer der Vertragsbindung dem wirtschaftlichen Risiko anpasst.
[27] 7. § 6 Abs 2 Z 3 KSchG will verhindern, dass sich der Unternehmer das Recht auf weitgehende, den Interessen des Verbrauchers widersprechende, einseitige Leistungsänderungen vorbehält. Die Vorschrift dient der Sicherung der Vertragstreue des Unternehmers und schützt das Vertrauen des Verbrauchers in die vertragliche Zusage seines Partners. Einseitige Leistungsänderungen (Menge, Qualität, Farbe, sonstige Eigenschaften der Sache, Maße, Material, Leistungszeit, Erfüllungsort, Nebenpflichten) durch den Unternehmer müssen dem Verbraucher zumutbar sein. Zudem muss die Änderungsmöglichkeit möglichst genau umschrieben sein (vgl dazu etwa Apathy/Frössel in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 6 KSchG Rz 72). Eine Kündigung ist jedoch keine einseitige Änderung der vertraglich geschuldeten Leistung im dargestellten Sinn, weshalb der Kläger auch daraus für sein Begehren keine Begründung finden kann.
[28] 8. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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